Der Fall Gustl Mollath: Rosenkrieg und Versagen von Justiz & Psychiatrie VI

Rosenkrieg 1

Fortsetzung von:

https://gabrielewolff.wordpress.com/2013/01/01/der-fall-gustl-mollath-rosenkrieg-und-versagen-von-justiz-psychiatrie-v/

Je länger und je intensiver man sich mit dem Verfahren gegen Gustl Mollath beschäftigt, je mehr Neuigkeiten ans Licht des Tages kommen, desto abgründiger erscheint es. Undenkbares wird plötzlich nicht nur denkbar, sondern erweist sich als naheliegende Hypothese, die sich schon deshalb nicht von der Hand weisen läßt, weil alternative Erklärungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung stehen.

Wie könnte man folgende prozessuale Pause erklären?

Mit Vehemenz hatte Richter am AG Eberl im Jahr 2004 mit zwei verfassungswidrigen Beschlüssen darauf hingewirkt, daß es endlich zu einer Begutachtung des Angeklagten kam.

Am 25.7.2005 hatte Dr. Leipziger das zum größeren Teil auf verfassungswidriger Totalbeobachtung  des Patienten basierende Gutachten, das sich ansonsten lediglich auf subjektive Interpretationen von Aktenmaterial stützte, endlich, und mit dem erwarteten Ergebnis, fertiggestellt:

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Strafanzeige-2013-01-04.pdf

  • 2005-08-04 Die Staatsanwaltschaft beantragt, dem Antrag auf Entbindung des Pflichtverteidigers stattzugeben und das Verfahren an das Landgericht Nürnberg-Fürth abzugeben.

http://www.gustl-for-help.de/chronos.html

Damit wäre der Richter den schwierigen Fall losgeworden: es lag ein Gutachten vor, das die Anwendung einer Unterbringung empfahl, und für Unterbringungen ist das Landgericht zuständig. Selbst wenn das Gutachten qualitativ unterdurchschnittlich war, und auch, wenn der Richter das erkannt hätte: das Landgericht hätte das Verfahren auf jeden Fall übernehmen müssen, da eine Unterbringung zumindest in Erwägung zu ziehen war. Wieso also legte Richter Eberl die Akte letztlich erst am 29.12.2005 dem Landgericht Nürnberg-Fürth zur Übernahme vor?

Hierfür gibt es nur eine Erklärung: nämlich die Kenntnisnahme der nachfolgenden Entscheidung der Staatsanwaltschaft, deren Folge üblicherweise ist, daß die Akte dem Gericht, das das schwerwiegendere Verfahren führt, als Beiakte übersandt wird:

 2005-08-11 Vorläufige Einstellung des Verfahrens [wegen Sachbeschädigung gegen Gustl Mollath] gemäß § 154 StPO im Hinblick auf das anhängige Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung.

http://www.gustl-for-help.de/chronos.html

Damit war allerdings das Gutachten von Dr. Leipziger mit einem Schlag entwertet. Wir erinnern uns:

2005-05-04 Ein Staatsanwalt macht folgenden Aktenvermerk: „Von Dr. Leipziger wurde nach Rücksprache mit Richter Eberl zur Begutachtung um neue, weitere Vorgänge gegen Herrn Mollath gebeten“

http://www.gustl-for-help.de/chronos.html

Natürlich hatte die Staatsanwaltschaft nach Eingang des bei der PI Nürnberg-Ost geführten Verfahrens wegen Sachbeschädigung dieser Bitte entsprochen, und die Informationen, die sich aus dieser Akte ergaben, waren in das ja nicht grundlos erst am 25.7.2005 abgeschlossene Gutachten eingeflossen. Ohne diese neuen ›Erkenntnisse‹, die einen Tatnachweis Mollaths hinsichtlich der Sachbeschädigungen allerdings schuldig blieben, hätte Dr. Leipziger niemals zu der These der Gemeingefährlichkeit Mollaths finden können, die sich allein daraus ergab, daß Mollath nunmehr beliebige Dritte in sein Schwarzgeld-›Wahnsystem‹ integriere und gegen diese vorgehe. Und nun war dieses seine These allein stützende Verfahren sang- und klanglos eingestellt worden. Ein Debakel.

Wird der Vorsitzende Richter am LG, 7. Große Strafkammer, Otto Brixner, den Fall in diesem Zustand übernehmen? könnte Richter Eberl sich gefragt haben. Was sich wirklich ereignet hat, muß hier offenbleiben. Vielleicht kann die Staatsanwaltschaft Regensburg in ihrem Bemühen, zugunsten von Gustl Mollath einen Wiederaufnahmeantrag zu begründen, hier Licht ins Dunkel bringen. Die späte Rettung jedenfalls nahte aus einer vertrauten Richtung:

  • 2005-09-27 Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens durch den Rechtsanwalt (von Petra M.) Greger.

  • 2005-10-04 Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens durch den Rechtsanwalt (von Petra M.) Dr. Woertge.

  • 2005-10-06 Anklageerhebung wegen 9 Fällen von Sachbeschädigung unter Einstelllung weiterer Fälle gemäß § 154 StPO.

http://www.gustl-for-help.de/chronos.html

Wobei diese Darstellung insoweit zu korrigieren ist, daß Rechtsanwalt Greger niemals Anwalt der Ex-Ehefrau von Gustl Mollath war, sondern lediglich Sozius ihres Anwalts Dr. Woertge, der für sie aktiv Zwangsvollstreckungen gegen den Ex-Ehemann begleitete und sie als Nebenklägervertreter im Strafverfahren gegen Gustl Mollath beim Amtsgericht Nürnberg-Fürth vertrat.

Wer oder was mag die Sozii der hochmögenden Kanzlei, die im Lager der Ehefrau und ihres neuen Lebensgefährten Martin M., Direktor bei der HypoVereinsbank Group, Immobiliensparte, stand, zu ihrer späten, wenn auch für Eberl nicht zu späten, Reaktion auf die Einstellung des Verfahrens wegen Sachbeschädigung gegen Gustl Mollath vom 11.8.2005 animiert haben?

Eine originäre Beschwerdemöglichkeit gegen eine, meist aus Nachweisbarkeitsproblemen resultierende, Einstellung gemäß § 154 StPO gibt es nicht. Sie hat lediglich den Rang einer Dienstaufsichtsbeschwerde, die in der Regel fff – formlos, fristlos, fruchtlos – ist. Dennoch wurde durch die Staatsanwaltschaft umgehendst reagiert, nämlich mit der Anklage vom 6.10.2005, in der alles aussortiert wurde, was beim ›besten Willen‹ keinen hinreichenden Tatverdacht gegen Gustl Mollath begründen konnte.

Zunächst hatte die Polizei keinerlei Hinweise auf den bzw. die Täter. Doch dann übermittelte Rechtsanwalts [!] Woertge der Polizei ein an ihn gerichtetes Schreiben des Angeklagten vom 04.08.2004, in dem sämtliche oben aufgeführte Geschädigte aufgeführt […] werden.

http://www.gustl-for-help.de/download/2006-08-08-Mollath-Urteil-Landgericht.pdf

[S. 15]

Bloß keinen Ärger, mag sich der Dezernent bei der Staatsanwaltschaft gedacht haben – was wiederum Rückschlüsse auf Rang und Einfluß der im Lager der Ex-Ehefrau stehenden Freunde, Kunden und Rechtsvertreter in Nürnberg zuläßt.

Warum nach Anklageerhebung vom 6.10.2005 wegen Sachbeschädigung gegen Mollath dennoch mehr als zweieinhalb Monate zugewartet wurde, bis Richter am Amtsgericht Eberl am 29.12.2005 endlich das Verfahren dem Landgericht zur Übernahme vorlegte, ist unerfindlich – genauso wie der Umstand, warum dem Entpflichtungsantrag des Pflichtverteidigers Dolmany wegen fehlendem Vertrauensverhältnisses zum Mandanten, der zuvor mehrfach bereits seinen vom Gericht ausgewählten Pflichtverteidiger abgelehnt hatte, nicht stattgegeben wurde. Das ist ausgesprochen ungewöhnlich, und dieses Procedere bedeutet im Endeffekt ganz krass: der Angeklagte war in einem Verfahren, in dem es um seine Existenz ging, praktisch unverteidigt.

Nun trat auf: Otto Brixner, der Ende Juni 2008 in den Ruhestand ging.

Ulrike Löw porträtierte ihn im Mai 2008 für die NÜRNBERGER NACHRICHTEN so:

Brixner ist ein Einfacher, ein Gerader. Er hat keinen familiären Juristenstammbaum vorzweisen, sondern wuchs in der Bahnhofswirtschaft von Herrenberg auf. Er hat sich hochgearbeitet aus kleinen Verhältnissen.

[…]

1973 fing er am 1. April als Staatsanwalt an, in seiner ersten Beurteilung wurde ihm bescheinigt, für diesen Beruf «geboren zu sein». Nicht ohne Ironie schildert er, wie er damals mit den verdeckten Ermittlern der Polizei im Gebüsch kauerte – und ewig nach fünf bis zehn Gramm Haschisch stöberte.

Drei Jahre später wechselte er als Richter zum Amtsgericht Erlangen. Dort bearbeitete er sowohl Straf- wie auch Zivilsachen. Er arbeitete sich weiter nach oben, wurde im Oktober 1987 zum Richter am Landgericht ernannt und wechselte zum Landgericht Nürnberg-Fürth. Auch dort war er sowohl in Straf- als auch in Zivilangelegenheiten tätig. Als er für Betreuungssachen zuständig war, strich er den Betreuern rigoros ihre Rechnungen zusammen. «Sie kann man hinstecken wo man will, Sie fallen überall auf», wurde er justizintern kritisiert; später wurde Gesetz, was er schon lange so entschied.

Nach seiner Ernennung zum Vorsitzenden Richter am Landgericht übernahm Otto Brixner im Juli 1998 zunächst den Vorsitz der 6. kleinen Strafkammer, die vornehmlich mit Berufungen in Betäubungsmittelsachen befasst war. Zuletzt wurde er mit dem Vorsitz der 7., der großen Strafkammer, betraut und damit zuständig für Betäubungsmittelstrafsachen und allgemeine Strafsachen. Ende Juni 2008 tritt er in den Ruhestand.

Da fragt man sich schon, warum jemand, der überall auffällt, weil er die Gesetze nach Gusto auslegt, in seinen letzten Berufsjahren auch noch mit der Machtfülle eines Vorsitzenden Richters einer Großen Strafkammer ausgestattet wird? Was hat sich das Präsidium des Landgerichts Nürnberg-Fürth dabei gedacht? Immerhin hatte seine Eigenmächtigkeit bei der Behandlung von Betreuer-Rechnungen Folgen gehabt:

So strich er einst als Betreuungsrichter die seiner Meinung nach überhöhten Honorarforderungen der Betreuer zusammen. Worauf die Betroffenen sich in einem Protestzug beim Justizpräsidenten über ihn beschwerten.Brixner wurde versetzt – und freute sich, als die Betreuer per Gesetz strenger reglementiert wurden.

http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.nuernberg-mutiger-richter-fordertsperrt-schwerverbrecher-laenger-weg.513e966e-652b-493f-b098-f19eeead98c9.html

Auch seine mit dem Rechtsstaat kollidierende Straflust dürfte dem Präsidium nicht verborgen geblieben sein:

«Zu hohe Haftstrafen?» Das Lächeln gleitet aus seinem Gesicht. Ginge es nach Brixner, würde ganz anders geurteilt. Er hält es für «einigermaßen schizophren», dass junge Leute zwar mit 18 Jahren wählen, aber wegen «Entwicklungsverzögerungen» mit Jugendrecht rechnen dürfen. Schulschwänzer würde er «wesentlich engmaschiger beaufsichtigen» und den Jugendknast hält er «auch für eine Chance». «Meine Lieblingsstrafe für Jugendliche – etwa drei Jahre, da können die wenigstens einen Beruf im Knast erlernen.»

Ja, der das Jugendstrafrecht beherrschende Erziehungsgedanke läßt sich auch zum Nachteil der Angeklagten auslegen: wenn der ›erzieherische Bedarf‹ wuchtiger ausfällt als die zur Aburteilung anstehenden Taten, ist es durchaus möglich, daß sich ein Jugendlicher mehr einfängt als ein Erwachsener. Und eben eine Brixner’sche »Lieblingsstrafe« kassiert. Seine sonstigen »Lieblingsstrafen« waren ja leider mit der Rechtsordnung, insbesondere mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur lebenslangen Freiheitsstrafe, nicht zu vereinbaren:

„Die lebenslange Strafe gehört abgeschafft“, fordert Richter Otto Brixner (64). Das klingt zunächst nicht nach härteren Gesetzen. Doch der mutige Jurist verlangt stattdessen: „Schafft zeitlich abgestufte Strafen bis zu 40 Jahren Haft. Das ist gerechter.“ Was den Mann, der sich seit über 40 Jahren vor allem mit großen Sündern beschäftigt, aufregt: Die Schwerstkriminellen kommen gegenüber den einfacheren Tätern immer besser weg – mit viel geringeren Strafen. . .

Auch Mörder. Denn wer einmal tötet, kassiert meist lebenslang. Doch das sind im Schnitt nur rund 15 Jahre Haft. Bei zwei Taten sind es dann 20 bis 25 Jahre – und auch nur, wenn das Schwurgericht eine „besondere Schwere der Schuld“ feststellt. Das Missverhältnis besteht aber nicht nur bei Tötungsdelikten. „Besonders auffällig ist es bei Drogentätern“, sagt der Vorsitzende der 7. Strafkammer am Nürnberger Landgericht. Mit denen hatte er die letzten Jahre viel zu tun.

„Am Amtsgericht wird ein kleiner Dealer vergleichsweise härter bestraft als ein großer Drogenhändler am Landgericht“, klagt Brixner an. Der Grund: „Der Strafrahmen von maximal 15 Jahren reicht bei den immer größeren Rauschgiftmengen, mit denen gehandelt wird, nicht mehr aus!“ So muss ein Drogenkurier, der mit wenigen Kilo Heroin erwischt wird, mit Strafen zwischen fünf und acht Jahren Gefängnis rechnen. Ein Rauschgiftboss, der mit Helfern im Wohnmobil 1,2 Tonnen Hasch nach Deutschland schmuggelte, erhielt von einem anderen Richter elf Jahre Knast! „Das ist ungerecht“, sagt Brixner, der weiß, dass er mit seiner Meinung bei den Kollegen aneckt.

http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.nuernberg-mutiger-richter-fordertsperrt-schwerverbrecher-laenger-weg.513e966e-652b-493f-b098-f19eeead98c9.html

Man kann Brixner nicht einmal als Law &  Order Man bezeichnen, denn die bestehenden Gesetze lehnt er ja als zu lasch ab. Und den Deal nicht etwa, weil damit die Gefahr falscher erpreßter Geständnisse verbunden ist, sondern weil er etwas gegen Rabatte hat:

Er machte auch nie den so genannten Deal beim Strafmaß mit. Heißt: Wenn der Angeklagte gesteht, bekommt er einen dicken Bonus im Urteil. Grund: Das Gericht kann so einen kurzen Prozess ohne Zeugen und zeitraubendes Durcharbeiten von Aktenbergen anberaumen. „Das treibt derartige Blüten, dass es auch für den BGH ein Armutszeugnis ist“, weiß der streitbare Jurist. Wenn man beispielsweise bei einer Straferwartung von sieben Jahren auf nur noch drei Jahre im Urteil kommt.

http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.nuernberg-mutiger-richter-fordertsperrt-schwerverbrecher-laenger-weg.513e966e-652b-493f-b098-f19eeead98c9.html

Nein, nein, so geht das natürlich nicht. In diesem Porträt eines »harten Hundes« dürfen auch die naturnotwendig dazugehörigen Ressentiments gegen Ausländer nicht fehlen:

Der lange Atem der deutschen Justiz

Einbrecher nach 18 Jahren verurteilt: – 15.02.2008

«Die deutsche Justiz hat einen langen Atem und einen langen Arm!» Das wurde der Vorsitzende Richter Otto Brixner nicht müde, einem Einbrecher mit auf den Weg zu geben.

[…]

«Die deutsche Justiz vergisst nix! Sagen Sie das Ihren rumänischen Landsleuten», scherzte Richter Brixner. Man habe diesmal Milde walten lassen, weil man ihm nicht seine in den letzten 20 Jahren in Rumänien aufgebaute bürgerliche Existenz zerstören wolle. Und weiter sagte er zu Egon B.: «Vermeiden Sie künftig Straftaten – jedenfalls, wenn Sie nach Deutschland kommen.»

http://www.nordbayern.de/nuernberger-zeitung/2.192/der-lange-atem-der-deutschen-justiz-1.960427

Oder so:

Als er in einem Vergewaltigungsprozess gegenüber türkisch-stämmigen Angeklagten Suren aus dem Koran zitierte («der Mann darf zu Frauen gehen, wann immer er will») und anfügte, dass sich hier nicht integrieren könne, wer nach dem Koran lebe, schlugen die Wogen hoch. Der Nürnberger CSU-Stadtrat klatschte Beifall, die türkisch-islamische-Union erstattete eine Dienstaufsichtsbeschwerde.

Die ersichtlich folgenlos blieb. Hauptsache, er kriegt Beifall von der CSU. Das scheint in Bayern für eine Karriere zu reichen. Dieser Mann, der auch noch Oberstleutnant der Reserve war, sollte also über den friedensbewegten Aktivisten und Kriegsgegner Gustl Mollath zu Gericht sitzen. Schlimmer hätte es für Mollath nicht kommen können.

Ob Brixner, wie von den NÜRNBERGER Nachrichten am 30.11.2012 berichtet wurde, tatsächlich bereits Anfang 2004 auf die Finanzbehörde einwirkte, die Strafanzeige Mollaths wegen Steuerhinterziehung nicht zu bearbeiten, wird zur Zeit von der Staatsanwaltschaft Regensburg untersucht:

Wie Behördenkreise gegenüber unserer Zeitung berichteten, dauerte es keine drei, vier Wochen, bis die Finanzbeamten das mehrseitige Material abhakten und sich nicht mehr weiter damit beschäftigten. Das habe einen besonderen Grund gehabt, sagen intime Kenner dieser Vorgänge. Es habe einen eindeutigen Anruf aus der Justiz gegeben. Der Mann, also Gustl Mollath, sei nicht klar bei Verstand. Man müsse ihn nicht sonderlich ernst nehmen. Und so geschah es auch.

http://www.nordbayern.de/region/ein-anruf-bei-finanzbehorden-stoppte-brisanten-vorgang-1.2544018

Dieser für mich wahrscheinlichen Bestätigung bedarf es gar nicht. Daß Brixner tatsächlich befangen war, ist nämlich evident.

Am 27.1.2006 übernahm seine Kammer das Verfahren gegen Gustl Mollath, und schon am 1.2.2006 erließ sie einen vorläufigen Unterbringungsbeschluß gemäß § 126 a StPO. [Urteil S. 9]

§ 126a StPO

(1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, daß jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 des Strafgesetzbuches) begangen hat und daß seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt angeordnet werden wird, so kann das Gericht durch Unterbringungsbefehl die einstweilige Unterbringung in einer dieser Anstalten anordnen, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert.

Zu diesem Zeitpunkt lagen die letzten vorgeworfenen Taten, reine Privatklagedelikte, auch schon ein Jahr zurück – wieso erforderte die öffentliche Sicherheit seine vorläufige Unterbringung? Und wieso wurde Mollath nicht heimatnah in Erlangen, sondern im Bezirkskrankenhaus Straubing untergebracht? Hier seine Unterbringungsorte:

  • vom 27.02.2006 bis 02.03.2006 wieder BKH Erlangen
  • vom 02.03.2006 bis 24.04.2006 im BKH Bayreuth
  • vom 24.04.2006 bis 14.05.2009 im BKH Straubing

http://www.gustl-for-help.de/analysen.html#weinberger

Wieso wurde der harmlose Gustl Mollath jahrelang in der Hochsicherheitsforensik von Straubing verwahrt? Und das schon während seiner vorläufigen Unterbringung?

Ferner besteht seit 1990 die Forensisch-Psychiatrische Klinik in Straubing, die derzeit auf 236 Plätze erweitert wird. Die Klinik hat die Aufgabe, zur Entlastung der forensischen Einrichtungen der anderen Bezirkskrankenhäuser Patientinnen und Patienten mit hohem Sicherheitsrisiko, die nach § 63 StGB untergebracht sind, aufzunehmen. Aus der Klinik werden keine Direktentlassungen vorgenommen. Zur Entlassungsvorbereitung werden die Patientinnen und Patienten in die forensischen Einrichtungen der Bezirkskrankenhäuser zurückverlegt.

http://www.agvb.de/pdf/psygrubay_070322.pdf

[S. 109]

Und obwohl in diesem Verfahren eine existenzielle Folge, nämlich eine zeitlich unbegrenzte Unterbringung, drohte, erging der Beschluß, daß die Kammer nur in kleiner Besetzung, also mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen (statt mit drei Berufsrichtern und zwei Schöffen), verhandeln werde. Damit konnte Brixner zusammen mit den beiden Schöffen die beisitzende Berufsrichterin überstimmen.

Seit dem 1.1.2012 ist aufgrund des reformierten § 76 Abs.2 Nr.2 GVG eine solche ›kleine Besetzung‹ in Verfahren, in denen Unterbringung in ein psychiatrisches Krankenhaus droht, nicht mehr möglich – eine Rechtsänderung, die für Gustl Mollath zu spät kam. Und so gestaltete der Vorsitzende Richter das Verfahren ganz nach seinen Vorstellungen:

Am 27.2.2006 erfolgte Mollaths Unterbringung, terminiert wurde erst auf den 8.8.2006, gegen Ende der 6-Monats-Frist, aber noch innerhalb der Frist – so entfiel die automatische Überprüfung des Unterbringungsbeschlusses durch das Oberlandesgericht. Es sollte ersichtlich kurzer Prozeß gemacht werden: ein einziger Hauptverhandlungstag mußte ausreichen.

Für Erklärungen des Angeklagten zu dem Grund von Entfremdung, Streitigkeiten und Trennung von seiner Frau, nämlich – neben deren Abgleiten in die Esoterik – deren Mitwirkung bei Steuerhinterziehungen ihrer Kunden,u.a. durch Bargeldschmuggel in die Schweiz, ihre riskanten Spekulationsgeschäfte u.a., blieb da keine Zeit. Zudem war das alles nur ein Wahngebilde des Angeklagten, dessen Realitätsgehalt bewußt nicht untersucht werden sollte. Denn an einer Aufdeckung von Falschbelastungsmotiven der Ehefrau, die wegen der Angaben ihres Mannes gegenüber der Bank entlassen worden war, hatte Brixner kein Interesse. Und so schildert der damalige Schöffe Karl-Heinz Westenrieder, wie der Vorsitzende Richter damals die Verhandlung gestaltete:

Karl-Heinz Westenrieder im Interview mit Oliver García:

[…]

Mich hat die Verhandlungsführung von Herrn Brixner eigentlich nicht so sehr gewundert. Ich kannte ihn ja aus einem weiteren Verfahren. Insofern war es für mich nicht ungewöhnlich, daß er verhältnismäßig aggressiv reagiert hat, daß er den Beschuldigten Mollath angeschrien und ihm das Wort verboten hat, wenn Mollath über Schwarzgeldverschiebungen erzählen wollte. Daß er auch abgelehnt hat, Unterlagen anzunehmen, die Mollath ihm vorlegen wollte.

Wann hat denn Mollath versucht, Unterlagen vorzulegen?

Während der Hauptverhandlung.

Wurde Brixner nur laut, wenn Mollath sich zu dem Schwarzgeld äußerte oder durchgehend?

Auch bei anderen Dingen. Wenn Mollath Fragen an seine Ex-Frau gestellt hat.

Diese autoritär-diktatorische Atmosphäre jener Hauptverhandlung wird auch von anderen Prozeßbeobachtern bestätigt:

Der Brief ist laut Gerichtsstempel am 18. August 2006 beim Nürnberger Landgericht eingegangen, er stammt von einer Augenzeugin, die den Prozess gegen Gustl Mollath im Gerichtssaal verfolgt hat. Der Brief richtet sich an Otto Brixner, den Vorsitzenden Richter im damaligen Verfahren. Die Verfasserin trägt einen spanischen Namen, ihr Schriftdeutsch wirkt ein bisschen kurios. Aber den Tenor ihres Schreibens – das der Süddeutschen Zeitung vorliegt – erfasst man sehr gut: „Wie kommt es dazu“, fragt die am Verfahren ansonsten unbeteiligte Frau, dass ein „verantwortlicher und gesunder Richter“ einen angeblich kranken Angeklagten acht Stunden lang „malträtiert“ und „provoziert“?

[…]

„Respektabler Vorsitzender Richter“, schreibt die Augenzeugin im Brief: „Herr Mollath hat nach meiner Ansicht großes Durchhaltevermögen“ bewiesen und „nicht die Haltung und Respekt Ihnen gegenüber verloren.“ Immerhin sei er acht Stunden „ununterbrochen angeschrien“ worden. Brixner dagegen habe sie „sehr unbeherrscht und sehr zornig“ erlebt. „Warum nahmen Sie Herrn Mollath die menschliche Würde ab?“, fragt sie – diesem „von Ihnen betrachtete kranke Mensch?“.

Und auch das will die Augenzeugin wissen von Brixner: „Mir ist es in den Gedanken gekommen, wie würden Sie sich fühlen, wenn auf Grund Ihres Verhalten, diese Gesellschaft ein Gutachten verlangen würde über Ihren Geisteszustand?“. Wie einen „Diktator“ habe sie ihn erlebt, schreibt die Augenzeugin, nicht wie einen „würdigen Richter“. „Sie müssen mir glauben, dass das alles für mich bestürzend war.“

Titus Schüller, 26, kann das bestätigen. Auch Schüller, er ist Orthopädietechniker, war Augenzeuge in dem Prozess. Er kennt Mollath unter anderem aus der Friedensbewegung, hat ihn als sanftmütigen und sehr höflichen Menschen erlebt. Gegen den Irak-Krieg etwa habe sich Mollath engagiert. Dass es im Prozess 2006 tatsächlich kaum um den von Mollath beschriebenen „Schwarzgeldkomplex“ ging, kann Schüller nur bestätigen. Der Vorsitzende Richter habe das einfach nicht hören wollen.

Dass sich der Vorsitzende Richter nicht so verhalten habe, wie man sich einen solchen vorstellen würde, kann Schüller ebenfalls bestätigen. „Es war verheerend“, sagt Schüller. „Vor allem, wenn man wie Brixner davon ausging, es mit einem Kranken zu tun zu haben.“ Er habe Mollath als „extrem konzentriert“ wahrgenommen. Aber auch als einen, der offenbar große Angst hatte, man könnte ihm was anhängen.

Hat der vom Gericht bestellte Pflichtverteidiger sich getraut, einen Befangenheitsantrag zu stellen? Auf die Gefahr hin, nie wieder einen Pflichtverteidigungsauftrag vom Gericht zu erhalten? Ich tippe mal: wohl kaum.

Den Schöffen spielte Brixner einen falschen Film vor: das Datum des verlesenen Attestes erwähnte er nicht, so daß dessen verspätete Ausstellung und die um noch einmal weitere Monate verzögerte Erstattung einer Strafanzeige nicht problematisiert wurde. Daß die Ehefrau wegen der sie belastenden Angaben Mollaths gegenüber der Bank, bei der sie beschäftigt war, fristlos gekündigt worden war, wurde ebenfalls nicht thematisiert. Beide Umstände, die für die Glaubwürdigkeitsprüfung der Zeugin wichtig gewesen wären, wurden offenbar aber auch von der Verteidigung nicht angesprochen:

Und dann darf man nicht vergessen, wie entscheidend die emotionalen Momente in einer Hauptverhandlung, die ja immer auch ein ritualisiertes Drama ist, auf die Überzeugungsbildung einwirken – ausschließlich rational geht sie nicht vor sich; und da sehen die Schöffen einen nach mehr als fünf Monaten in einer Hochsicherheitsforensik zwangsweise verwahrten Angeklagten, der in Handschellen vorgeführt wird und einen verwirrten Eindruck macht in einem von 30 – 40 Menschen bevölkerten Sitzungssaal: der muß ja gefährlich sein, schießt es ihnen unwillkürlich durch den Kopf.

Dann erscheint die Frau, die ihren Ex als Monster schildert (und das muß ja stimmen, das ist doch irgendwie immer so), geradezu absurd, daß der Angeklagte behauptet, sie habe ihn angegriffen und er habe sich nur gewehrt, wo gibt es denn sowas…

Dagegen seine Frau: lässige Finanzmanagerin, die später von einer Prozessbeobachterin als „schöne, schmale Frau mit beeindruckenden Augen“ beschrieben werden wird. Die sich allmählich von ihrem handwerklich hochbegabten, aber wirtschaftlich nicht sehr erfolgreichen Ferrari- Restaurateur wegbewegt. Die Berlin toll findet, nicht Nürnberg.

http://dokumentenblog.files.wordpress.com/2012/12/2012-12-03-sz-der-verraeumte-mann.pdf

Mollath war schon verurteilt, bevor er den Gerichtssaal betrat.

Auch wenn der Schöffe Westenrieder das Gutachten von Dr. Leipziger schon damals als »schwach« empfand und heute zu seinem Urteil nicht mehr steht: er war an dem Urteil beteiligt, und nun regt sich, was bei professionellen Richtern so gut wie nie der Fall ist, sein Gewissen – was ihn sehr ehrt:

Am Mittwoch meldete sich in der Causa Heinz Westenrieder, 67, zu Wort. Westenrieder saß im Jahr 2006 im Verfahren gegen Mollath als Schöffe zu Gericht. Im Licht der neuen Erkenntnisse über den „Schwarzgeldkomplex“ halte er das damals ergangene Urteil inzwischen für „überaus angreifbar“, sagte der frühere Schöffe im SZ-Gespräch. Das Gericht hätte den diversen Schwarzgeldvorwürfen des Angeklagten Gustl Mollath damals „unbedingt nachgehen“ müssen.

Es hätte auch einen „zweiten psychiatrischen Gutachter hinzuziehen“ müssen. Mollath hatte sich vom Gutachter im Verfahren nicht explorieren lassen. Der ehemalige Schöffe Westenrieder sagte, das Gutachten sei deshalb „weitgehend nach Aktenlage“ erstellt worden. Er habe es bereits damals als „schwaches Gutachten“ eingeschätzt. Westenrieder, ein ehemaliger Klinikdirektor, gab an, als Schöffe an etwa 60 Verfahren beteiligt gewesen zu sein.

Einen so scharfen richterlichen Ton wie in dem Prozess gegen Mollath habe er allerdings nie vorher oder hinterher erlebt. Der Vorsitzende Richter habe den Angeklagten mehrfach zurecht gewiesen, er solle zu dem „Schwarzgeldkomplex“ schweigen.

Der Schöffe habe sich entschieden, an die Öffentlichkeit zu gehen. „Nachdem das Verfahren öffentlich war, muss ich über das, was im Saal vorgegangen ist, nicht schweigen“, sagte Westenrieder. Er habe kein schlechtes Gewissen wegen des damaligen Urteils. „Vor allem aber deshalb, weil ich mich nun dazu äußern will.“

http://www.sueddeutsche.de/bayern/nach-unterbringung-in-psychiatrie-schoeffe-kritisiert-mollath-verfahren-1.1523589

Aber unter dem Eindruck der von Brixner zielgerichtet gestalteten Hauptverhandlung und dem ohne Not aufgebautem Zeitdruck kam es zu einer Verurteilung. Brixner wußte genau, was er tat:

2006 ist in den Nürnberger Nachrichten ein kurzer Bericht über das Mollath-Verfahren erschienen. „Das Gericht schickt ihn auf unbestimmte Zeit in die Psychiatrie“, notiert die Autorin. Brixner wird zitiert mit den Worten: „Wenn Sie so weitermachen, kommen Sie nie wieder heraus.“

Wem eine Wahndiagnose anhaftet, der darf seinen Wahn nicht leugnen, denn die Leugnung ist ja Krankheitssymptom. Und eine Behandlungsverweigerung führt zu Aufrechterhaltung und Verfestigung des Wahns, der (angeblich) nur mit Neuroleptika mit teilweise schwersten Nebenwirkungen zu heilen ist. Nie wieder kommt er heraus? Auch Otto Brixner kennt den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht: aber da ist er in Bayern ja in bester Gesellschaft bis hin zum Justizministerium, das »offensichtlich« verfassungswidrige Entscheidungen der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth und des Oberlandesgerichts Bamberg über die Fortdauer von Maßregelvollzug aus den Jahren 2011 und 2012 unter Verkennung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unterstützte:

http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/bverfg/12/2-bvr-442-12.php

Nun müßte die Verfassungsbeschwerde Mollaths gegen ihn benachteiligende Beschlüsse derselben Gerichte eigentlich auch Erfolg haben, zumal beide Instanzen auch noch hartnäckig die kritische Würdigung eines außerordentlich widersprüchlichen psychiatrischen Gutachtens verweigert hatten…

Wie kam es, daß Otto Brixner ersichtlich keine Sekunde daran zweifelte, daß sein Urteil auch vor dem BGH Bestand haben würde?

Nun, den Ruf des ›Kahn-Senats‹, der auch das Unhaltbare noch hält, hat sich der für Bayern und Baden-Württemberg zuständige 1. Strafsenat redlich erworben und damit ein Rechtsbiotop erschaffen, in dem Vorsitzende Richter von Großen Strafkammern unkontrollierte Halbgötter in Schwarz sind, deren horrende Strafen im Rest der Republik völllig aus dem Rahmen fallen.

http://blog.delegibus.com/2011/12/04/bundesgerichtshof-die-schiere-freude-am-strafen/

Aber wenn man auf diese bekannte höchstrichterliche Protektion nicht bauen kann, weil der Fall eine Verurteilung überhaupt nicht hergibt, dann existiert für einen Richter vom Typus Brixner auch noch eine andere Methode. Rechtsanwalt Johann Schwenn hat sie in seinem Aufsatz:

Fehlurteile und ihre Ursachen – die Wiederaufnahme im Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs

erschienen in der Zeitschrift ›Der Strafverteidiger‹ 2010, S. 705 – 711, so skizziert:

Die Zurückhaltung des 3. Strafsenats galt einem Tatrichter, dessen Respekt vor dem Revisionsgericht nur schwach ausgeprägt war. Daß die Nebenklägerin ihre Aussage während der Ermittlungen in einem Punkt von sich aus berichtigt hätte, konnte die Strafkammer dem Revisionsgericht widerspruchsfrei vermitteln, weil sie die Bekundungen zweier Zeugen verschwiegen hatte, die dazu auch in der Hauptverhandlung gehört worden waren. Die Wiedergabe ihrer Bekundungen hätte die Urteilsausführungen mit einem – weiteren – Erörterungsmangel belastet[38].

[38]       Es handelt sich um einen besonders krassen Fall des Phänomens »falscher Film« (Begriff bei Nack FS Rieß, 2002, S. 361 [368] – siehe dazu auch Eschelbach FS Widmaier, 2008, 5.137 [131 ff.] und Geipel StraFo 2010, 272 [273 f.]) – gegen den Vorwurf der Rechtsbeugung (vgl. BGHSt 43, 212 [216] = StV 1997, 561) nahm das OLG Oldenburg die Berufsrichter der Strafkammer im Klageerzwingungsverfahren mit dem Hinweis in Schutz, es sei nicht die Aufgabe des Tatrichters, »alle nach den Beweisergebnissen nicht ganz fern liegenden Möglichkeiten der Würdigung umfassend zu erörtern und die Erwägungen, die ihn zu einer bestimmten Überzeugung bewogen haben, in ihrer Gesamtheit in den schriftlichen Urteilsgründen erschöpfend darzustellen« (Beschl. v. 23.05.2007, 2 Ws 07/07 [Hervorhebung dort]). Das hatten die Verletzten nicht verlangt: Die schwerwiegende Entfernung vom Recht sahen sie darin, daß die Beschuldigten mit ihrem »Kunstgriff« des Verschweigens von Zeugen nicht nur den Erfolg der Sachrüge vereitelt, sondern zugleich sichergestellt hatten, daß die unerwähnten Zeugen und deren Bekundungen nicht mit Aussicht auf Erfolg als neue Beweismittel und eine neue Tatsache i. S. d. § 359 Nr.5 StPO beigebracht werden konnten.

StV 2010, 705

Es wird einem geradezu schwindlig, wenn man das von Otto Brixner gefertigte und allein unterschriebene Urteil vom 8.8.2006 – die Beisitzerin war wegen Urlaubs an einer Unterzeichnung gehindert, und ihre Erholungsbedürftigkeit nach mutmaßlicher Überstimmung kann ich nachvollziehen – daraufhin untersucht, welche Lücken und welche Sachverhaltsverfälschungen es aufweist, die der BGH, der die Akten nicht liest, nicht erkennen konnte.

Die Aufstellung ist zugleich ein Plädoyer dafür, umfassende Reformen des Strafprozeßrechts vorzunehmen: denn so kann es nicht weitergehen. Das mindeste, was vonnöten ist, ist eine präzise Protokollierung der Hauptverhandlung und die Verpflichtung des BGH, zitierte Schriftstücke und behauptete prozessuale Abläufe anhand der Akte nachzuvollziehen.

Alle Auslassungen und alle Lügen, die Brixner manipulatorisch in sein schriftliches Urteil hineinbrachte, dienten dazu, Mollath als gestört erscheinen zu lassen, der Ehefrau mangelnden Belastungseifer zu bescheinigen und dem Angeklagten eine handfeste Motivation für die Sachbeschädigungen unterzuschieben.

Im Einzelnen:

Auf S. 5 heißt es:

Im November des Jahres 2002 erstattete die getrennt lebende Ehefrau des Angeklagten Anzeige wegen Körperverletzung gegen diesen, nachdem dieser ihren Bruder ebenfalls wegen Körperverletzung angezeigt hatte. Damit wollte sie erreichen, dass die Aggressivität des Angeklagten bekannt würde.

http://www.gustl-for-help.de/download/2006-08-08-Mollath-Urteil-Landgericht.pdf

Das ist falsch.

2002-11 Anzeige seiner Frau gegen ihn wegen Briefdiebstahls von 2002-11-23 (nicht wegen Körperverletzung, wie es das Urteil von 2006-08-08 nahelegt).

http://www.gustl-for-help.de/chronos.html

Mit dieser Unwahrheit sollte im Urteil vertuscht werden, daß das nachträglich am 3.6.2002 eingeholte Attest wegen einer angeblichen gefährlichen Körperverletzung durch den Ehemann vom 12.8.2001 diesem zunächst als Druckmittel im August 2002 zugefaxt, aber erst wesentlich später im nun langsam nicht mehr nur Rosenkrieg ›eingesetzt‹ worden war. Die Ehefrau mußte spätestens jetzt, als die bankinternen Ermittlungen angelaufen waren, auch die Kunden schützen, die von ihr und weiteren von Mollath benannten Mitarbeitern beraten worden waren. Und das waren gut betuchte Nürnberger Kunden, in einem Fall von erhöhtem Bekanntheitsgrad, die schwarzes Bares – Schweizer Franken und 1.000,- DM-Scheine – waschen ließen.

http://www.swr.de/report/-/id=10583092/property=download/nid=233454/1t395cp/index.pdf

[S. 7]

Der tatsächliche Verlauf der ehelichen Eskalation durch Petra Mollath wird im Urteil S. 5f. glattweg verschwiegen:

  • 2003-01-02 Petra Mollath meldet der Polizei in Nürnberg-Ost, dass ihr Ehemann über scharfe Waffen ohne erforderliche Dokumente aus Erbschaft der Mutter verfüge.

  • 2003-01-15 Polizeiliche zeugenschaftliche Vernehmung in Nürnberg wegen der 2003-01-02 gemeldeten Waffendelikte: Petra Mollath zeigt die Geschehnisse von 2001-08-12 und 2002-05-31 an.

  • 2003-02-19 Obwohl Herr Mollath nicht vorbestraft ist, führen zwölf Polizeibeamte eine Razzia in Herrn Mollaths Haus durch. Bei dieser Hausdurchsuchung (Beschluss vom 31.01.03) wird ein erlaubnisfreies Luftgewehr gefunden, welches im Haus verbleibt. Dokumente zur Hausdurchsuchung [PDF-Datei]

http://www.gustl-for-help.de/chronos.html

Schließlich macht es sich nicht gut, wenn die angeblich ohne Belastungseifer agierende Ehefrau nachträglich – und sieben Monate nach dem aus ersichtlicher Berechnung erwirkten Attest – Körperverletzungsdelikte anzeigt, um eine unbegründete und erfolglose Hausdurchsuchung nach Waffen auszulösen.

S. 7 des Urteils

Nachdem der Angeklagte sich bereits zur Beobachtung und Gutachtenerstattung für eine Woche im Klinikum am Europakanal in Erlangen aufgehalten hatte, erklärte sich der dortige Sachverständige Dr. Wörthmüllert für befangen und bat, ihn von der Gutachtenerstellung zu entbinden, weil der Sachverständige von Nachbarn des Angeklagten privat auf dessen Zustand angesprochen worden war und er nicht den Anschein der Voreingenommenheit erwecken wollte.

http://www.gustl-for-help.de/download/2006-08-08-Mollath-Urteil-Landgericht.pdf

Angesichts dieser Lüge wird einem geradezu schlecht. Dr. Wörthmüller hatte seine Befangenheit bereits am zweiten Tag von Mollaths Zwangsaufenthalt bekundet, und aus dieser Erklärung geht eindeutig hervor, daß sein eigener, mit ihm befreundeter Nachbar, den Mollath gerade aufsuchen wollte, ihm seine Sicht über Mollath mitgeteilt hatte.

http://www.gustl-for-help.de/download/2004-07-01-Mollath-Forensik-Befangenheit.pdf

Die konnte nur negativ sein, denn dieser Nachbar war ein Finanzmakler, mit dem Mollaths Frau geschäftlich verbunden war und in dessen neugegründeter Vermögensberatungs AG zwei von Frau Mollaths früheren HypoVereinsbank-Mitarbeitern aktuell im Vorstand saßen.

Strafanzeige Mollath vom 5.8.2004

http://www.gustl-for-help.de/download/2003-2005-Mollath-Dokumente.pdf

Brixners Lüge diente lediglich dazu, Dr. Leipzigers haltloser Diagnose, die durch einen schlichten Anruf beim Kollegen Dr. Wörthmüller erledigt gewesen wäre, eine Basis zu verschaffen:

Eindrucksvoll könne am Beispiel des Dr. Wörthmüller ausgeführt werden, dass der Angeklagte weitere Personen, die sich mit ihm befassen müssten, in dieses Wahnsystem einbeziehe, wobei in geradezu klassischer Weise der Angeklagte eine für ihn logische  Erklärung biete,  dass Dr. Wörthmüller ihm angeboten habe, ein Gefälligkeitsgutachten zu schreiben, wenn  der Angeklagte die Verwicklung des Dr. Wörthmüller in den Schwarzgeldskandal nicht offenlege.

Auf S. 9 heißt es:

Aufgrund dieses Beschlusses konnte der Angeklagte am 27.2.2006 in seinem Haus in der Volbehrstraße 4 in Nürnberg festgenommen werden, wobei es zunächst so schien, als sei das Haus unbewohnt, weil die Rolläden heruntergelassen waren. Im Haus befanden sich jedoch Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte sich in dem Anwesen aufhielt (der Kamin rauchte, das Teewasser in der Küche war warm). Die Tür zum Dachboden war versperrt. Der Angeklagte konnte dann auch auf dem Dachboden in einem Zwischenboden, wo er sich vor der Polizei hinter einer Kiste versteckte, aufgefunden werden. Er ließ sich durch die Beamten festnehmen, schimpfte aber, er befände sich in einem Polizeistaat.

http://www.gustl-for-help.de/download/2006-08-08-Mollath-Urteil-Landgericht.pdf

Auch das ist wiederum eine Falschdarstellung: das Verstecken bezog sich auf eine frühere Festnahmesituation zur Vollstreckung einer Maßnahme gemäß § 81 StPO, mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die rabiat-schmerzhafte Festnahme der ihm übelgesonnenen PI Nürnberg-Ost vom 13.2.2005.

Der Antritt der gerichtlich angeordneten vorläufigen Unterbringung vom 27.2.2006 vollzog sich demgegenüber gänzlich anders:

http://www.gustl-for-help.de/download/2006-02-27-Mollath-Verhaftung.pdf

Und das ist schon komisch, wie sich Brixner aus dem echten Verhaftungsprotokoll vom 27.2.2006 das herauszieht, das den Angeklagten in seinen Augen zum Verrückten stempelt: daß er nämlich, weil ihm die Beamten am Rande der Montagsdemonstration, die ihn als friedlichen Demonstranten kannten, nicht glauben wollten, daß gegen ihn etwas vorliege, Rabatz machen und irgendwas von Polizeistaat schreien mußte, damit sie ihn überhaupt auf die Wache führten und dort tatsächlich das entsprechende Fahndungsersuchen vorfanden.

Cool zog Brixner diese beiden Festnahmesituationen zusammen – Mollath ist eh verrückt, was schadet da eine Kompilation?

Auf S. 10 des Urteils wird das Attest auszugsweise zitiert:

Petra Müller erlitt durch die Misshandlungen des Angeklagten eine Prellmarke und ein Hämatom an der rechten Schläfe von 3 x 5 cm Durchmesser, großflächige, zikuläre, handbreite Hämatome an beiden Oberarmen, großflächige konfluierende Hämatome, zirkolär [sic!] an beiden Unterschenkeln, fleckförmige Hämatome am linken Oberschenkel (etwa 5 x 5 cm) und im Bereich des linken Beckenkamms. Würgemale am Hals unterhalb des Kehlkopfs zentral-medial, Bisswunde am rechten Ellenbogen mit Abdruck von Ober- und Unterkiefer sowie Kopfschmerzen und Druckschmerzen über den beschriebenen Hämatomen.

In der Beweiswürdigung auf S. 17 heißt es hierzu:

Zudem wird ihre Schilderung von Fall 1 [vom 12.8.2001] durch ein ärztliches Attest von Dr. Madeleine Reichel, [….] vom 3.6.2002 bestätigt, das gemäß § 256 Abs. 1  Ziff. 2 StPO verlesen wurde. Darin werden die geschilderten Verletzungen dokumentiert, die mit der Darstellung des Vorfalls durch Petra Müller übereinstimmen.

http://www.gustl-for-help.de/download/2006-08-08-Mollath-Urteil-Landgericht.pdf

Auch das ist wiederum eine krasse Sachverhaltsverfälschung, denn das fragliche Attest enthielt eine dem BGH bewußt vorenthaltene Tatschilderung der Zeugin Petra Mollath, die von deren Tatschilderung in der Hauptverhandlung entscheidend abwich – und zusätzlich noch eine empathische, aber unprofessionelle Glaubhaftigkeitsbestätigung, die, wie wir jetzt wissen, nicht einmal von der Fachärztin für Allgemeinmedizin, Dr. Madeleine Reichel, sondern von ihrem Nicht-Facharztsohn Markus Reichel abstammt, so Beate Lakotta:

Laut Attest findet sich Gustl Mollaths Frau Petra am 14. August 2001 zur Untersuchung ein. Aber nicht Madeleine R. führt diese durch, sondern ihr Sohn Markus, ebenfalls Arzt, der zu der Zeit als Assistent in der Praxis arbeitet. Das Attest trägt deshalb den Stempel der Praxis mit seiner Unterschrift.

Er erinnert sich an die Patientin, ihre Angaben und die Verletzungen hat er dokumentiert. Noch heute sind sie in der Praxis-EDV nachzuvollziehen: Demnach gab Petra Mollath an, ihr Mann habe sie zwei Tage zuvor mehrfach mit der flachen Hand geschlagen, bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und sie gebissen. Sie sei in diesem Jahr schon zweimal von ihm misshandelt worden.

Als Petra Mollath sich ein Jahr später im Zuge der Trennung entschließt, ihren Mann wegen Körperverletzung anzuzeigen und den Arzt um ein entsprechendes Attest bittet, stützt er sich auf seine Aufzeichnungen: „Die bei uns durchgeführte Untersuchung am 14.08.01 um 11:30 zeigte folgende Befunde: Prellmarke und Hämatom der rechten Schläfe von 3×5 cm Durchmesser, handbreite Hämatome an beiden Oberarmen, Hämatome an beiden Unterschenkeln, am linken Oberschenkel, Würgemale am Hals unterhalb des Kehlkopfes, Bisswunde am rechten Ellenbogen mit Abdruck von Unter- und Oberkiefer (…). Die erhobenen Befunde und Verletzungsmuster decken sich mit der Anamnese, die Schilderungen der Patientin sind durchaus glaubhaft.“

Es ist zu konstatieren, daß Brixner dem BGH die Sachverhaltsschilderung aus diesem Attest bewußt vorenthielt – denn daraus ergab sich, daß die Schilderung der Zeugin in der Hauptverhandlung, wonach sie der Angeklagte mindestens 20 Mal mit beiden Fäusten auf den gesamten Körper geschlagen habe [S. 10] eine Aggravation darstellte. Auch die dort erwähnten Tritte fanden in dem Attest, das mir vorliegt, keine Erwähnung.

Daß Beate Lakotta nicht korrekt zitierte, ist angesichts der Hektik des journalistischen Geschäfts nicht weiter verwunderlich: in dem Attest wurde der Zeugin, abweichend von ärztlichen Gepflogenheiten, nicht nur bescheinigt, daß ihre Schilderungen »durchaus glaubhaft« seien, sondern gar »durchweg glaubhaft«. Allgemeinmediziner haben allerdings weder rechtsmedizinische noch aussagepsychologische Kenntnisse.

Das Attest, das durch unglaubliche Rechtschreibfehler bei der von Brixner unterschlagenen Tatschilderung imponiert, wurde im Rahmen des Urteils-Zitats durch Brixner auch noch ›korrigiert‹. Denn dort waren Würgemale »am Hals unterhalb des Kehlkopfes ventral medial« attestiert, die wohl noch nie ein Rechtsmediziner erblickt haben wird. Würgemale unterhalb des Kehlkopfes dürften bereits eine sensationelle Erscheinung sein, aber dann auch noch in Richtung des Bauches angeordnet?

Das schluckte sogar Brixner nicht, und so machte er aus dem ›ventral‹ doch lieber ein ›zentral‹, um der klassischen Darstellung Opfer-Frau gegen den Täter-Mann besser entsprechen zu können.

Auf S. 11 des Urteils heißt es:

Rechtsanwalt Wolfgang Greger ist zusammen mit seiner Ehefrau, Rechtsanwältin Regine Greger, und Rechtsanwalt Hans-Georg Woertge in einer Kanzleigemeinschaft.  Rechtsanwältin Regine Greger führte das Scheidungsverfahren für die Ehefrau des Angeklagten, Petra Mollath, jetzt Petra M.

Auf S. 12 des Urteils heißt es:

Rechtsanwalt Woertge hat eine Kanzleigemeinschaft mit dem Ehepaar Greger und wurde selbst im Zwangsvollstreckungsverfahren gegen den Angeklagten tätig.

http://www.gustl-for-help.de/download/2006-08-08-Mollath-Urteil-Landgericht.pdf

Die Dreistigkeit dieser Lüge verschlägt einem schier den Atem. Schon ein Blick auf den damaligen Kanzleibogen der Kanzlei verrät, daß Wolfgang Greger mit dem Anwaltskollegen Dr. Woertge und dessen Ehefrau Friederike Woertge, Rechtsanwältin und Mediatorin, in einer Kanzlei tätig war, und daß seine eigene Frau dort nicht tätig war. Sie war nicht einmal Rechtsanwältin: in einer Zeugenvernehmung vom 20.1.2005 wegen einer Reifenstecherei vom 18.1./19.1.2005 gab sie als Berufsbezeichnung an: »Sozial- und Erziehungsberufe, Lehrberufe«, (Bl. 9 des verbundenen Verfahrens wegen Sachbeschädigung 802 Js 13851/05).

[Mitteilung aus dem Unterstützerkreis]

Zur Verschleierung seiner Lüge zitierte Brixner das Schreiben vom 4.8.2004 von Gustl Mollath an Rechtsanwalt Dr. Woertge nur bruchstückhaft: denn aus dem Adressfeld ergibt sich bereits, daß es an Dr. Woertge, dessen Frau Friederike Woertge und an Rechtsanwalt Greger gerichtet ist – und daß im Endeffekt ein Hausverbot für RA Dr. Woertge und dessen Frau ausgesprochen wird.

http://www.gustl-for-help.de/download/2004-08-04-Mollath-Woertge.pdf

Natürlich hat Rechtsanwältin Woertge Mollaths Ehefrau bei der Scheidung vertreten. Aber Brixner wollte nun einmal diese Motivation Mollaths hinsichtlich der beweislos angelasteten Sachbeschädigungen unterstellen:

Im Zeitraum zwischen dem 31.12.2004 und dem 1.2.2005 beschädigte der Angeklagte Fahrzeuge verschiedener Personen, die in irgendeiner Weise mit seiner damals von ihm geschiedenen Ehefrau befreundet waren, mit dem Scheidungsverfahren und im weiteren Sinne mit Vollstreckungsverfahren des Angeklagten zu tun hatten, indem er Reifen zerstach oder – in einem Fall – die Scheiben zerkratzte.

http://www.gustl-for-help.de/download/2006-08-08-Mollath-Urteil-Landgericht.pdf

[S. 11]

Brixner brauchte eben ein nachvollziehbares Motiv, um Mollath die nicht nachweisbaren Sachbeschädigungen anhängen zu können – daß Dr. Leipziger dieses konstruierte Motiv ignorierte und von wahnhafter Erweiterung der von Mollath in den von ihm diagnostizierten Schwarzgeldwahn Einbezogenen schwadronierte, macht den Kohl dieses Fehlurteils nur noch fett. Da stützte ein Lahmer einen Blinden. Da die Staatsanwaltschaft Mollaths Strafanzeige wegen Steuerhinterziehung nicht ernstnahm, muß es sich bei seinem Vorbringen um einen Wahn handeln. Klaro.

Es fällt schwer, angesichts dieser Kooperation zwischen einem das Recht beugendem Richter und einem sich der Justiz anbiedernden Gutachter die Contenance zu bewahren.

Dem BGH wurde zwar die Hucke vorgelogen. Aber er ist nicht vom Haken. Daß er das schludrige Urteil, das nicht eine einzige stringente Beweiswürdigung enthält, begründungslos durchwinkte, wird an ihm kleben bleiben. Und Rechtsanwalt Strate sollte überlegen, ob er seine Strafanzeige nicht erweitern muß.

Update (16.1.2013)

Die Strafanzeige von Rechtsanwalt Strate vom 4.1.2013, die sich u.a. gegen Dr. Klaus Leipziger wegen schwerer Freiheitsberaubung richtet, zeigt Wirkung:

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Strafanzeige-2013-01-04.pdf

Selbstverständlich erzeugt sie Befindlichkeitsstörungen bei dem Angezeigten, der ohnehin unter ministeriellem Druck steht: denn der von der Justizministerin angeordnete Wiederaufnahmeantrag des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft Regensburg, wird, das ist ihm klar, Erfolg haben müssen, so eindeutig sind die in diesem Fall begangenen Rechtsfehler bzw. Rechtsbeugungen, und ebenso selbstverständlich wird sein willfähriges, im Interesse einer verurteilungsentschlossenen Justiz erstattetes, Gutachten obsolet werden. Wer ›Wahn‹ ohne Realitätscheck ferndiagnostiziert, wird mit den Folgen dieses professionalen Versagens leben müssen. Und wer verfassungswidrige Totalbeobachtungen  eines zwangsweise Untergebrachten zur 60%igen Grundlage seines Gutachtens macht, hat offensichtlich Rechtsstaatsdefizite.

Das zeigt sich überdeutlich in seiner aktuellen Reaktion auf die für ihn offenbar erstmals seine Funktion (und nur der verdankt er seine Autorität) erschütternde Strafanzeige: er will Gustl Mollath loswerden, der dreieinhalb Jahre seine Stellung ignoriert und die Diagnosezuschreibung und Behandlungsofferten abgelehnt  hat. Konnte das früher als Krankheitsuneinsichtigkeit  verbucht werden, so klappt das jetzt nicht mehr. Dr. Leipziger sieht seine Autorität bröckeln, bei den ›Patienten‹ wie bei den Ärzten, die traditionell unter den Hierarchien im System leiden. Diesen Störenfried muß er loswerden. Und so trug sich gestern Folgendes zu:

http://www.gustl-for-help.de/download/2013-01-15-Petition-BY-Landtag-plus-Anwaelte.pdf

Noch am 14.1.2013 hatte Mollaths Rechtsanwältin Erika Lorenz-Löblein  Dr. Leipziger um vorherige Bekanntgabe einer Verlegung Gustl Mollaths gebeten.

Am 15.1.2013 stellte sie fest, daß in einem Telefonat mit Dr. Leipziger am Vormittag zugesagt worden sei, sowohl Herrn Mollath als auch sie rechtzeitig vor einer geplanten Verlegung zu informieren.

Dennoch soll sich am Nachmittag desselben Tages Folgendes zugetragen haben:

Lorenz-Löblein:

Ich höre nun von Herrn Mollath, dass Sie diesem gegenüber behaupten, ich hätte Ihnen gegenüber einer Verlegung nach Ansbach zugestimmt, und dass Sie tatsächlich an Herrn Mollath das Ansinnen trugen, noch am Nachmittag des heutigen Tages die Überführung nach Ansbach anzutreten, wozu dieser jedoch nicht bereit gewesen sei.

Mir ist weder Ihre Behauptung meiner angeblichen Zustimmung noch ihr Vorgehen verständlich.

Ich verbitte mir, dass Sie mir eine Zustimmung unterstellen.

Rechtsanwalt Gerhard Strate legte mit einem fulminantem Schriftsatz vom 15.1.2013 nach, der die Verfassungswidrigkeit des willkürlichen Vorgehens vor Augen führte (es muß tatsächlich daran erinnert werden, daß Untergebrachte Subjekte und nicht Objekte sind, und das macht außer dem Bundesverfassungsgericht eigentlich niemand, schon gar nicht Ärzte mit ihrer Definitionsmacht).

Die Presse hat auf diesen Vorgang zwar reagiert:

http://www.br.de/nachrichten/mittelfranken/mollath-strate-wiederaufnahmeverfahren-100.html

http://www.merkur-online.de/nachrichten/bayern/klinik-prueft-verlegung-gustl-mollath-mm-2702869.html

war aber, wie üblich, nicht in der Lage, die Aktion von Dr. Leipziger zutreffend einzuordnen.

Denn wenn die Forensik des BKH Ansbach von einer Übernahmeanfrage nicht einmal etwas weiß, wenn der Verwaltungsbeamte des Bezirks erklärt, man habe sich wegen einer Verlegung an den Bezirk Unterfranken gewandt (das BKH Ansbach liegt im Bezirk Mittelfranken) – dann wird nur allzu deutlich, daß der Einwirkung von Dr. Leipziger auf Gustl Mollath bedenkliche persönliche Motive zugrundeliegen.

So sieht die objektive Lage aus:

https://gabrielewolff.wordpress.com/2013/01/12/der-fall-gustl-mollath-rosenkrieg-und-versagen-von-justiz-psychiatrie-vi/#comment-2115

Update 1 (17.1.2013)

Nun hat sich Dr. Klaus Leipziger gegenüber Michael Kasperowitsch von den NÜRNBERGER NACHRICHTEN doch noch zu seinem Motiv für eine Verlegung geäußert:

Klaus Leipziger, Leiter der Klinik für Forensische Psychiatrie in Bayreuth, bestätigte gegenüber unserer Zeitung entsprechende Pläne. Es fehle jede Basis für eine Zusammenarbeit mit dem Patienten, sagte der Mediziner zur Begründung.

Es sei zwar richtig, so Leipziger, dass der 56-Jährige von jeher jeden Kontakt zu Ärzten strikt abgelehnt hat. Die Lage habe sich aber verschärft. Der Klinikchef nannte die Anzeige wegen schwerer Freiheitsberaubung, die Mollaths Anwalt gegen ihn, Leipziger, auf den Weg gebracht hat. Auch würden er und andere Klinikmitarbeiter von fragwürdigen Unterstützern Mollaths bedroht. Eine Entscheidung über die Verlegung sei aber noch nicht gefallen.

http://www.nordbayern.de/nuernberger-nachrichten/region-bayern/mollath-soll-verlegt-werden-1.2633270

Worauf sich die Behauptung gründet, etwaige Drohanrufer seien Unterstützer von Mollath, wird nicht mitgeteilt; daß sie dem rührigen Unterstützerkreis Mollaths angehören, kann dagegen mit großer Sicherheit ausgeschlossen werden: mit solchen Methoden arbeitet der Unterstützerkreis nicht. Er beschränkt sich auf rechtsstaatlich einwandfreie Aktivitäten wie den Betrieb einer Homepage oder die Anbringung einer Petition gegen die geplante Verlegung am 15.1.2013:

http://www.gustl-for-help.de/download/2013-01-15-Petition-BY-Landtag-plus-Anwaelte.pdf

Gegen Dr. Leipziger wurden im Zusammenhang mit der Unterbringung von Gustl Mollath schon in den Jahren 2011 und 2012 Strafanzeigen erstattet, ohne daß diese die Lage verschärft hätten. Ist es, neben der Qualität der aktuellen Strafanzeige, nicht eher der von der Staatsanwaltschaft Regensburg verfolgte und von der Justizministerin angewiesene Antrag zur Wiederaufnahme des Verfahrens, der die Lage allein für den Klinikchef persönlich verschärft? Zwischen Gustl Mollath und den Ärzten des Maßregelvollzugs hat von jeher ein Unverhältnis existiert, das sich nicht nur aus seiner Sicht gar nicht verschärfen kann:

Der Anwalt [Gerhard Strate] weist Leipziger darauf hin, dass dieser selbst vor knapp einem Jahr Verlegungspläne für gescheitert erklärt habe, weil Gustl Mollath nicht kooperierte. „An dieser Haltung hat sich nichts geändert.“

Wenn Bayreuth diese Pläne nun doch plötzlich verfolgt, dränge sich der Gedanke auf, dass „sachfremde Motive“ vorliegen. Strate will „alle gebotenen rechtlichen Konsequenzen“ ziehen, sollte es tatsächlich zu einer Verlegung kommen.

http://www.nordbayern.de/nuernberger-nachrichten/region-bayern/mollath-soll-verlegt-werden-1.2633270

Im übrigen zeigt sich Dr. Leipziger gegenüber Olaf Przybilla von der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG vom heutigen Tag zugeknöpft:

Mollaths Anwältin Erika Lorenz-Löblein kritisierte Klinikchef Leipziger scharf. Dieser soll behauptet haben, sie habe einer Verlegung Mollaths zugestimmt. Dies sei falsch. Leipziger äußerte sich dazu nicht.

http://www.sueddeutsche.de/bayern/psychiatrieinsasse-mollath-verlegung-nach-ansbach-wird-erwogen-1.1575234

Immerhin, mittlerweile hat das BKH Ansbach eine Anfrage bekommen, ob es zur Übernahme des Patienten Mollath fähig und bereit sei.

Update 2 (17.1.2013)

Bayreuth/Nürnberg  |  17.01.2013  |  15:01 Uhr

Verlegung von Gustl Mollath nach Ansbach vom Tisch

Der gegen seinen Willen in der Psychiatrie untergebrachte Nürnberger Gustl Mollath wird nicht nach Ansbach verlegt. Ein solche Verlegung in das dortige Bezirksklinikum sei nur mit Einverständnis Mollaths möglich, teilte die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth am Donnerstag mit. Mollath selbst hatte aber über seinen Anwalt Gerhard Strate mitteilen lassen, dass er nicht aus seiner „bisherigen sozialen Umgebung herausgerissen werden“ wolle.

Mollath ist seit Jahren in der Klinik für Forensische Psychiatrie in Bayreuth untergebracht, weil er seine Frau misshandelt und Reifen zerstochen haben soll. Sein Anwalt Strate bestätigte der Nachrichtenagentur dpa: „Herr Mollath lehnt eine Verlegung ultimativ ab.“ Eine Unterbringung in Ansbach hatte nach Medienberichten der Leiter der Bayreuther Klinik, Klaus Leipziger, in die Diskussion gebracht, weil aus seiner Sicht jede Basis für eine Zusammenarbeit mit Mollath fehle.

[…]

http://www.pnp.de/nachrichten/bayern/634138_Verlegung-von-Gustl-Mollath-nach-Ansbach-vom-Tisch.html

Vielleicht ein wenig voreilig getitelt von der Passauer Neue Presse, denn die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hat nur ein Recht auf Anhörung, von dem sie sachlich richtig Gebrauch gemacht hat:

http://www.justiz.bayern.de/imperia/md/content/stmj_internet/staatsanwaltschaften/staatsanwaltschaft/nuernbergfuerth/presse2010/130117_pm_01_zur_beabsichtigen_verlegung_des_g._mollath.pdf

Aber entgegen dieser Stellungnahme wird der psychiatrische Komplex wohl kaum handeln: denn wenn es ein Autoritäts- und Leitungsproblem gibt, stehen bekanntlich andere Handlungsoptionen zur Verfügung als die in Aussicht genommene.

(Fortsetzung folgt)

hier:

Der Fall Gustl Mollath: Rosenkrieg und Versagen von Justiz & Psychiatrie VII

 


507 Gedanken zu „Der Fall Gustl Mollath: Rosenkrieg und Versagen von Justiz & Psychiatrie VI

  1. Über Vorsitzenden Richter i. R. Otto Brixner gibt es in Sachen Mollath landauf landab jede Menge Berichte und Kommentare.
    Aber was ist mit der 2. Berufsrichterin im LG-Verfahren Petra Heinemann?
    Gibt es auch hierüber Berichte? Gibt es hier Schonung?

  2. Aus dem berufsrechtlichen Urteil gegen den Psychiater, der die vier Steuerfahnder aus Frankfurt dienstunfähig geschrieben hat, habe ich ein paar Passagen zusammengestellt, die auch für den Fall Mollath gelten müßten [Hervorhebungen von mir]:

    VG Gießen Berufsgericht für Heilberufe
    Entscheidungsdatum: 16.11.2009
    Aktenzeichen: 21 K 1220/09.GI.B
    Dokumenttyp: Urteil
    Quelle:

    Normen: § 22 HeilBerG HE, § 25 S 1 ÄBerufsO HE

    Standesrechtliche Verstöße eines Arztes durch fehlerhafte Gutachtenerstellung in Zwangpensionierungsverfahren
    Leitsatz
    § 22 Hessisches Heilberufsgesetz; § 25 Satz 1 der Berufsordnung für die Ärzte und Ärztinnen in Hessen
    Tenor
    Dem Beschuldigten wird unter Erteilung eines Verweises wegen Verstoßes gegen seine ärztlichen Berufspflichten eine Geldbuße in Höhe von 12.000,00 Euro auferlegt.
    Der Beschuldigte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
    Die Gebühr wird auf 1.500,00 Euro festgesetzt.

    […]
    Die Definition des Begriffs „Wahn“ (abgeleitet aus dem griechischen Wort „Paranoia“) bedeutet in der Fachliteratur eine Abweichung in der privaten Wirklichkeitsüberzeugung von der Realität („die Wahnwirklichkeit ist nicht die Realität“).
    121
    Weshalb der Gutachter von vornherein die vom Probanden geschilderten Ereignisse – insofern kann jeweils auf Abschnitt I seiner Gutachten mit den Angaben der jeweiligen Probanden zurückgegriffen werden – für wahnhaft, also nicht der Realität entsprechend bewertet, ist an keiner Stelle des Gutachtens dargelegt und erschließt sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang.
    122
    Die entsprechenden fachlichen Fehler finden sich gleichermaßen in den Gutachten betreffend M und R.
    123
    Im psychischen Untersuchungsbefund (Seite 7 des Gutachtens) betreffend M ist ebenfalls dargestellt, es finde sich kein Anhalt für psychotisches Erleben. Lediglich auf die vom Gutachter so gesehene „äußerste“ Einengung der „Gedankenwelt“ des Probanden auf das ihm „vermeintlich zugefügte Unrecht“ wird die Schlussfolgerung des Beschuldigten gestützt, „seine diesbezüglich gewachsenen Überzeugungen müssen als paranoid-querulatorisch bezeichnet werden“. Dies ist offensichtlich nicht logisch aus dem Gutachten ableitbar.

    […]
    Bei den drei Gutachten des Beschuldigten, in welchen eine paranoide (wahnhafte) Entwicklung bzw. – bei R – von „partiell paranoiden Symptomen“ diagnostiziert wird, hat der Beschuldigte nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen den Grundsatz verletzt, dass ein Gutachter – insbesondere bei einer einmaligen kurzen Begegnung – immer in Erwägung ziehen muss, dass die Angaben des Probanden auch der Realität entsprechen können. Auch bei den wunderlichsten Behauptungen hat nach überzeugender Darlegung des Sachverständigen der zur Neutralität verpflichte Gutachter die Angaben als eine auch mögliche Realität zumindest in Erwägung zu ziehen. Dies hat unbedingt im Gutachten zum Ausdruck zu kommen. Eine entsprechende Erwägung findet sich in den Gutachten des Beschuldigten nicht, so dass davon auszugehen ist, dass er die ihm obliegende Neutralitätspflicht verletzt hat.

    […]
    Wörtlich äußert der Gutachter dazu: „Paranoid würde bedeuten, dass es sich um eine wahnhafte, nicht der Realität entsprechende Wahrnehmung und Erlebnisverarbeitung handelt.“ Dieser Eindruck hat sich aufgrund des Ergebnisses der Hauptverhandlung für das Gericht verfestigt, wobei davon auszugehen ist, dass der Gutachter auch dem von ihm mehrfach hervorgehobenen „Medienverhalten“ der Probanden, welches ihm bereits bei Erstellung der Gutachten bekannt war, wie er dargelegt hat, Krankheitswert beigemessen hat. Auf die entsprechende Frage des Gerichts hat er in diesem Zusammenhang erklärt, dass die Probanden im Zeitpunkt seiner Begutachtung bereits jahrelang Öffentlichkeitsarbeit betrieben hatten, wobei nichts herausgekommen sei, was für ihre Annahme spreche. Dass sie die Sache dennoch weiterverfolgten, zeige, dass bei ihnen nicht rationale Überlegungen führend seien, sondern das Anliegen, etwas aufzudecken, wo es vielleicht nichts mehr aufzudecken gebe. Diese Einlassung des Beschuldigten ist nicht geeignet, den im Sachverständigengutachten in diesem Zusammenhang festgestellten Mangel der Verletzung des Neutralitätsprinzips durch den Beschuldigten, der nicht einmal hypothetisch in Erwägung ziehe, dass die Angaben der Probanden auch teilweise oder ganz der Realität entsprechen könnten, auszuräumen.

    http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/jportal/portal/t/bm8/page/bslaredaprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=MWRE090003516:juris-r02&doc.part=L&doc.price=0.0&doc.hl

    • Tja, dann bleibt eigentlich nur eine Frage :
      Warum passiert das nicht im Fall Mollath ?
      Oder anders formuliert, wie lang ist die Verbindungsleitung der Justitia zwischen Aufnehmen durch Auge und Ohr übers Verarbeiten bis hin zum Ent- und Beschluß?
      Und wie lange brauchts dann noch bis zum Umsetzen dieses Beschlusses?

      Sorry, Gabriele, ich weiß, du kannst rhetorische Fragen nicht leiden, ich eigentlich auch nicht, aber ich konnte nicht widerstehen 🙂

      • Die Justiz wird sich meiner Meinug nach neben der Suche nach Gründen für ein Wiederaufnahmeverfahren auch Gedanken darüber machen, wie sie ihren Ruf maximal wahren kann, auch wenn sie Gustl Mollath dazu nasführt So wäre etwa eine Aufhebung der Unterbringung und gut ist eine elegante Methode, vor allem, wenn Fau Merk weterhin vekündet, dass sich die Justiz eben an die Gesetze halten muss, und diese nun mal nach einem Freispruch kein Wiederaufnahmeverfahren zulassen, und nach einer Unterbringung, die aufgehoben worden ist, möglicherweise die Vorgeschichte nicht mehr aufgerollt werden kann. Das würde allerdings bedeuten, dass dem Vorwurf der Freiheitsberaubung gar nicht weiter nachgegangen werden müsste. Dann bliebe aber noch übrig eine zivilrechtliche Klage und der Gang zum
        Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, oder irre ich mich da?

    • Wahn ist „eine Abweichung in der privaten Wirklichkeitsüberzeugung von der Realität“! In diese Definition könnte man als Philosoph sicherlich auch herrlich reingrätschen. Aber das ist wohl ein anderes Thema, dem sich die Psychiatrie mal annehmen könnte.
      Gibt es klare Verfahrensregeln, wie diese „Realität“ bei Wahndiagnosen in Gerichtsverfahren belegt werden muss bzw. beachtet werden muss, oder reicht die Überzeugung des Richters, dass es zum Zeitpunkt der Diagnose keine Schwarzgeld-Machenschaften gab? Oder anders: Gibt es überhaupt einen rechtlichen Spielraum, so dass die Beurteilung des Gutachtens über Herrn Mollath im rechtlich vertretbaren Rahmen war? Wenn nicht, wäre es theoretisch möglich dazu eine Strafanzeige von Seiten der Anwälte Herr Mollaths zu stellen oder kann man nur eine Beschwerde gegen die Begutachtung selbst stellen?
      Interessant in der o.g. Urteilsbegründung finde ich auch das zitierte Gutachten, in dem der Untersuchte eigentlich als total unauffällig beschrieben wird, aber zum Schluss dennoch aufgrund dünner Ansatzpunkte eine „paranoid-querulatorische Entwicklung“ diagnostiziert wurde inkl. „Realitätsverlust“ und „primärpersönlich ausgeprägten Gerechtigkeitsempfindens“.
      Gleiche Nummer wie bei Herrn Mollath, als gäbe es ein Handbuch dafür, wie man normale Menschen, die sich in Ungerechtigkeiten festgebissen haben und dadurch in Konflikte mit ihrer Umwelt geraten sind, zu beurteilen hat.

  3. @GabrieleWolff @Fotobiene @Horst Pachulke und wen´s sonst interessieren mag

    In diesem Blog hab ich von Anfang an mitdiskutiert. Jetzt seh ich´n Doppelproblem: daß aktuell von zwei Seiten abgelenkt wird von der am 4. 10. 2012 durchs BVerfG legalisierten sofortigen Freilassung von Herrn Mollath („free Mollath now“), auf die auch RA Strate durch Publikation seiner Strafanzeige hinarbeit/e, nämlich (1) durch dieses Ablenkungsmanöver um „Glaubwürdigkeit“ des Ex-Berufsrichters Bayern Heindl mit seinen Texten und jetzt dem „Interview“ und (2) durch die inzwischen überholte Forderung nach einem Neugutachten, was m.E. nur´n neuer Irrweg ist und – anstatt die Tertiärmacht dieser Psychos zurückzudrängen – diese wieder stützt. Soweit meine bewußt nur kurz gefaßte Meinung zum Stand der Dinge. RA.

    • @ Richard Albrecht:

      Das sehe ich genauso, weshalb ich die fruchtlose Diskussion um Heindl beendet habe.
      Was ein erneutes Gutachten angeht: das ist nach meinem Kenntnisstand durch die Staatsanwaltschaft beantragt worden, wobei diesem neuen Gutachter erstmals der Revisionsbericht der Hypovereinsbank vorgelegt werden soll, was die Wahrscheinlichkeit vergrößert, daß von der Wahndiagnose endlich Abstand genommen werden wird. Mollath hatte ohnehin Bedingungen für eine etwaige Teilnahme an einer Exploration gestellt – wie sich die Verteidigung zu dem Antrag der Staatsanwaltschaft verhält oder verhalten hat, ist bislang nicht bekannt geworden.

      M.E. wäre der kürzere und rechtlich genauso erfolgversprechende Weg, auf Erledigungserklärung wegen Unverhältnismäßigkeit abzustellen.

      Ansonsten:

      Die Klagen wegen (realer) Unterbesetzung der Justiz gab es schon immer und wird es auch immer geben, völlig unabhängig von dem Einzelfall, wegen dem sich der Richterverein ja zu Unrecht von der Presse und dem Internet gescholten sieht. Da sehe ich keinen Entschuldigungs-Zusammenhang.

      • @Gabriele Wolff

        Können sie mir bitte erklären, warum die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth den Antrag auf ein neuerliches Gutachten stellt?

        Ich dachte immer, Nürnberg-Fürth ist momentan komplett aussen vor?

        Robert Stegmann

      • Nürnberg-Fürth ist und bleibt die zuständige Strafvollstreckungsbehörde, weil ein Urteil des LG Nürnberg-Fürth vollstreckt wird. Daran ändert auch ein auswärtiger Unterbringungsort oder ein anderswo geprüftes Wiederaufnahmeverfahren nichts.

      • @Gabriele Wolf

        [quote]M.E. wäre der kürzere und rechtlich genauso erfolgversprechende Weg, auf Erledigungserklärung wegen Unverhältnismäßigkeit abzustellen.[/quote]

        Würden bitte einem Laien erklären, was sie damit meinen?

      • Allerdings kann ich hier Herrn Albrecht (und Herrn Strate) völlig nachvollziehen: Sollte die Untersuchung tatsächlich rechtswidrig erfolgt sein und die Gutachten nachprüfbar nicht den Regeln der Kunst entsprechen, so sind sie nichtig, die Unterbringung rechtswidrig und Herr Moath unverzüglich freizulassen. Ein erneutes Gutachten müsste, ebenso wie die Vorgängergutachten, ohne Mitwirkung des Herrn Mollath zustande kommen. Dabei müsste insbesondere die zweifelhafte Qualität des Europakanalgutachtens thematisiert werden.

        Nehmen wir im Rahmen eines Gedankenexperimentes an, man ließe zu, dass das Schreiben einer Person, eine andere, ihr völlig unbekannte Person sei psychisch krank und für andere gefährlich, gar zu entmündigen – wenn in Rahmen eines derartigen Vorgehens erstellte Dokumente als voll gültig erachtet werden und darauf aufbauende Dokumente auch, wenn plötzlich die mit einer derartigen Intrige überzogene Person beweisen muss, dass die gegen sie aufgebrachten Anschuldigungen haltlos sind, obwohl eben das evident ist?

        Man stelle sich vor, im Rahmen einer illegalen Hausdurchsuchung werden „Beweismittel“ gefunden und später stellt sich heraus, diese „Beweismittel“ wurden dort vom Durchsuchenden plaziert.
        Muss dann das Haus zehn Jahre später nochmal durchsucht werden, diesmal mit Durchsuchungbeschluss? Und wenn ja: WAS sagen durch diese zweite Durchsuchng erlangte weiter „Beweismittel“ überhaupt noch aus?

      • Aus der Klinik am Europakanal kam die Stellungnahme (nicht Gutachten, sry) Herr Mollath sei mit hoher Wahrscheinlichkeit psychisch krank. Aufgrund der Schilderung einer dritten Person, von einer Person erstellt, die Herrn Mollath nie zu Gesicht bekam…

      • @Horst Pachulke @GabrieleWoff

        (1) Theoretisch folge ich Ihnen, Herr Pachulke, auch ohne Gedankenexperiment, unter Verweis auf Egon Schneiders Argument/e -> http://duckhome.de/tb/archives/9816-LOGIK-FUER-JURISTEN.html

        (2) Aber wenn – wie´s auschaut – die Herren OLG-Richter in Bamberg obwohl sie´s schon lange hätten tun müssen nach dem BVerfG 4.10.2012 Beschluß -> http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/bverfg/12/2-bvr-442-12.php – nämlich Herr Mollath aus der Anstalt freisetzen -, dieses eben n i c h t tun, wiewohl per legem dazu verpflichtet (und sie wissen was sie – durch Unterlassen – tun) -, dann darf auf die so naheliegende wie pragmatische Lösung, Stichwort Grundsatz Verhältnismäßigkeit, nicht verzichtet werden; insofern trägt Ihr praxisbezogener Hinweis, Frau Wolff.

        (3) Die aktive Öffentlichkeitsarbeit von RA Strate ist m.E. gut, auch seine fundierte Strafanzeige gegen Amtsrichter und Gutachter im Erstverfahren wegen „schwerer Freiheitsberaubung“ -> http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Strafanzeige-2013-01-04.pdf – aber auch Herr Strate ist weder´n deus ex machina noch kann er irgendwas erzwingen. Sondern hat sich bei allem menschenrechtlichen Engagement als “Organ der Rechtspflege“ an Gesetz und Recht zu halten …

        Freundliche Grüße

        Richard Albrecht
        http://eingreifendes-denken.net

        • @ Richard Albrecht
          @ Horst Pachulke
          @ GabrieleWoff

          … und dann war da noch der Wunsch des Mandanten auf vollständige Rehabilitierung, den Strate berücksichtigen muß…

      • @gabriele Wolff @Richard Albrecht @ an Alle !
        Den aktuellen Kommentaren der blog-Inhaberin Frau Gabriele Wolff und Herrn
        Richard Albrecht ist zuzustimmen: Die kreative „Schwarmintelligenz“ soll wieder
        eine konstruktive Richtung finden. Es geht um „Gustl Mollath“ und was können
        Kommentatoren dazu beitragen, seine Rehabilitierung und Freilassung zu erreichen!
        Nach fast sechs blog-Kapitel mit sehr aufklärenden Beiträgen stellt sich m.E.
        die Frage, welche Themenbereiche müssen noch (vorrangig) abgearbeitet
        bzw. ergänzt werden ? Die m.E. zu wenig reflektierten Rollen der Ex-Frau,
        des jetzigen Ehemannes und früheren Manager der H y p oBV, später
        H y p o RealEstate (das schwarze Loch) und des Unbekannten und Drahtziehers?

    • @ Frau Wolff: Zwei Fragen zum Neu-Gutachten: Ist bei postivem Ausgang für Herrn Mollath, also bei einer prognostizierten Ungefährlichkeit und der folgenden Entlassung aus der Unterbringung, das Wiederaufnahmeverfahren hinfällig?
      Was mag die Staatsanwaltschaft veranlasst haben, eine Neu-Begutachtung der Unverhältnismäßigkeit vorzuziehen?

      • Zu den Fragen:

        Das Vollstreckungsverfahren und ein etwaiges Wiederaufnahmeverfahren laufen unabhängig voneinander. Sollte die Wiederaufnahme zugelassen werden, hat aber das Wiederaufnahmegericht die Möglichkeit, die Vollstreckung auszusetzen.

        Die Vollstreckung einer Unterbringung wird dann für erledigt erklärt, wenn entweder die Erkrankung, die zur Unterbringung geführt hat, nicht (mehr) vorhanden ist oder wenn der weitere Vollzug unverhältnismäßig wäre. Die Staatsanwaltschaft hat sich vermutlich für die erste Variante entschieden, weil die Strafvollstreckungskammer Bayreuth und das Oberlandesgericht Bamberg offensichtlich eine sehr restriktive Auslegung von „verhältnismäßig“ pflegen, weshalb das BerfG am 4.10.2012 entsprechende Entscheidungen der beiden Gerichte aufgehoben hat, und zwar zugunsten einer gestörten Frau, die ihren Mann getötet und zerstückelt hat und ihn auch zuvor schon öfter betäubt und festgebunden hatte. Diese Frau befand sich seit 12 Jahren in Unterbringung, jetzt sind nach einem Gutachten nur noch Körperverletzungsdelikte im sozialen Nahbereich von ihr zu erwarten. Die Gerichte hatten ohne hinreichende Prüfung eine Verhältnismäßigkeit der Fortdauer bejaht.

      • @ Frau Wolff:
        Vielen Dank für die Antworten.
        Ich hatte schon vor längerer Zeit bzgl. einer erneuten Begutachtung und einem darauf basierenden Ende der Vollstreckung die Meinung gelesen, dass damit einem Wiederaufnahmeverfahren die Grundlage fehle und somit die Möglichkeit der Rehabilitierung bzgl. der als bewiesen angesehenen Straftaten.
        Leider habe ich keinen Verweis, wo ich dies gelesen habe.
        In der Anwendung der Möglichkeit der Unverhältnismäßigkeit wären die Konsequenzen wahrscheinlich aus psychlogischer Sicht noch schlechter, da damit ausgedrückt wird, dass Herr Mollath erstens allgemeingefährlich war und zudem wahnhaft und das vielleicht sogar noch ist, aber die Unterbringung inzwischen nicht mehr verhältnismäßig ist. Dies wäre, wie Sie sagten, die schnellste Lösung, die zu einer Freilassung führte, aber der Rehabilitierung, die Herrn Mollath verständlicherweise sehr wichtig ist, nicht entsprechen würde.
        Wurde von Herr Mollaths Anwälten ein Verweis auf die Unverhältnismäßigkeit offiziell angegeben, oder wird von Seiten Herrn Mollaths diese Strategie aus den o.g. Gründen gar nicht verfolgt?

      • Danke, Frau Wolff, hat meine Fragen beantwortet, Herr Mollaths offizielle Rehabilitätion wird also ggf. schwierig. Nebenbei: Mein Respekt, wie sie die Kommentarstellen aus dem Ärmel schütteln, man merkt, wo sie herkommen 😉

    • Da möchte ich meine Meinung zum „Stand der Dinge“ auch mal äußern.

      Herr Mollath hat nirgends bekundet so schnell wie möglich entlassen zu werden. Im Gegenteil, ihm ist die vollständige Rehabilitierung wichtiger. So habe ich das zumindest verstanden.

      Wie die interne Hydraulik des Justizsystem versuchen wird einen Anschein von Anstand, Moral oder gar „Recht“ zu wahren ist zwar interessant, aber Beamtengewichtel. Herr M. wird (nach Wahrung einer „Schamfrist“) so oder so und über diesen oder jenen Weg raus gelassen. Scheint doch das Licht der Öffentlichkeit zu sehr auf das dumpfe verfaulte Gebaren das, so scheint es mir, unter Roben und Talaren Alltag und Gewohnheit ist,

      Was hier so als „Recht“ dargestellt wird hat genügend Spielräume. Wenn Ekeljuristen ans Werk gehen leider auch um Unschuldige wie u.v.A. Herrn Kachelmann fertig zu machen.

      Herr M. kommt raus, und dann? Tja dann ist da das bundesdeutsche Nichts. Gar nichts. Keine Habe, keine Wohnung, kein Job und keine Freunde oder gar Partnerin.

      Die Entschädigung die er zu erwarten hat ist ein Witz. Sie wird, wenn überhaupt, nach einer halben Ewigkeit ausgezahlt. Bei Häftlingen noch mit Abzügen wie „Bewirtungskosten“ gespickt. Zynischer als diese Regelungen, schäbiger und amoralischer kann das erbarmungslose Justizsystem nicht sein, Großzügiger Weise gehen Strom, Heizung und fiktive Miete „auf’s Haus“. Wahrscheinlich weil die Spiesser den Aufwand der in ihrer Welt üblichen Heizkostenabrechnung scheuen. Hier zeigt sich der deutsche Staat in seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit. Die Anhänger können stolz auf diese Gebilde sein.

      Davor und danach bleibt Hartz IV. Wenn SIe Herrn M. helfen wollen dann halte ich Diskussionen über profilneurotische Trittbrettfahrer für weniger hilfreich als z.B eine Hilfe bei der Schaffung von Auffangstrukturen. Einer günstigen und anständigen Wohnung z.B. Geldleistungen Unterstützen nur den Täterstaat sich um die seinen zu drücken.

      In einer Gesellschaft in der Meinungsfreiheit über Medienmanipulation gesteuert wird kann ein jeder sich über die Strukturen des Unrechtsstaates straflos echauffieren. Diskussionsform sind da im übrigen eine interessante Form der Obrigkeitshörigkeit. Der Blick und die Hoffnung bleiben in Richtung „nach oben verhaftet“, die max. Widerstandsform ist eine „Demo“.

      Bei den Taten trennt sich die Spreu vom Weizen, nicht nur im Justizsystem sondern auch und gerade bei „Unterstützern“.

      • Die Probleme der Justiz anderswo:

        Qualität in Gefahr
        Angela

        Der Standort Mannheim als „Pfeiler der Justiz“ – Minister Stickelberger spart nicht an Lob bei seiner Stippvisite durch die Gerichte. Das tut den ansässigen Juristen nach der Kachelmann-Schelte sicher gut – hilft aber nichts. Tatsächlich häuft sich auf den Tischen der Richter einiges an. Hilfsstrafkammern müssen gebildet, Verfahren zügig durchgezogen werden, manche – wie beispielsweise das aktuelle Verfahren um Manfred Schmieder an der Wirtschaftsstrafkammer – ziehen sich über Jahre. Und das wirkt sich auch auf die Urteile aus. „Ohne Deals“, so gibt es Landgerichtspräsident Günter Zöbeley unumwunden zu, „wären wir nicht mehr arbeitsfähig“.
        […]
        Bei vielen Prozessen, die kürzlich öffentlichkeitswirksam hier verhandelt wurden, kam das Ergebnis durch einen Deal zustande. Das Volk, in dessen Namen die Urteile ergehen, darf nicht den Eindruck gewinnen, dass dabei die Gerechtigkeit verloren geht.

        © Mannheimer Morgen, Freitag, 18.01.2013

        Da kann man nur gespannt sein, wie denn die Justiz- und die Finanzminister reagieren, wenn das BVerfG den „Deal“ für verfassungswidrig erklärt. Der ist ja lediglich wegen der personellen Unterbesetzung erfunden worden.

      • @ Gabriele Wolff:

        Die im „Mannheimer Morgen“ geschilderten Zustände sind Anzeichen einer Willkürjustiz. Bei derartigen Zuständen können schließlich Verfahren selektiv verschleppt oder tatsächlich bearbeitet und Fristen versäumt werden – je nachdem, ob das vom Verfahren betroffene Subjekt protegiert wird oder nicht, gar missliebig ist. Ferner können bei derartigen Zuständen berechitgte Verfahrenszüge mit einem dahingeschnodderten „dafür ist keine Zeit“ in all seinen Kolorierungen (unnötig, kein Erkenntnisgewinn „erwartet“, haben schon genug gehört etc.) abgebügelt werden. Und alle professionellen Verfahrensbeteiligten nicken zu diesem Spruch „wissend“, während das betroffene Subjekt mit der StPO in der Hand die Fragezeichen im Gesicht nicht mehr los wird. Nicht, dass diese Handlungen meist aus Zeitnot geschehen – aber missbräuchlichem Handeln ist Tür und Tor geöffnet.

      • @ Menschenrechtler
        @ BernDasBrot
        zum „Stand der Dinge“

        @ Menschenrechtler:

        was können Kommentatoren dazu beitragen, seine Rehabilitierung und Freilassung zu erreichen

        Recht wenig, wenn wir ehrlich sind.
        Das Thema am Leben erhalten,damit es nicht vergessen wird.
        Die Blog-Autorin inhaltlich anregen und ermuntern, neue Beiträge zu schreiben, die weiter so juristisch fundiert und klar sind, daß sie von Mitlesenden (sei es Beteiligte, Presse, andere Blogger, Twitterer…) zu Gunsten von Gustl Mollath verwendet werden können.

        @ BernDasBrot:

        Bei den Taten trennt sich die Spreu vom Weizen, nicht nur im Justizsystem sondern auch und gerade bei “Unterstützern”.

        Ich halte nicht viel davon, Unterstützer in tätige und untätige zu trennen, erst recht nichts von Aussagen wie „Diskussionsform sind da im übrigen eine interessante Form der Obrigkeitshörigkeit.“
        Jede koordinierte und sinnvolle Tat zugunsten von Mollath setzt eine Diskussion voraus, und die findet – wie man an internationalen und nationalen Beispielen reichlich sehen kann – heutzutage vor allem im Internet statt und kann genau DARUM eine noch nie gesehene Kraft entfalten.
        Die Koordination sinnoller Taten geschieht, soweit ich das sehe, über gustl-for-help.de . Tatfreudige können sich jederzeit dorthin wenden, gleichzeitig aber auch hier in Gabriele Wolffs Blog, anderen Blogs oder in Foren diskutieren – wobei das jeweilige Schwerpunktthema des Blogs zu beachten wäre.

        @ Menschenrechtler:

        welche Themenbereiche müssen noch (vorrangig) abgearbeitet
        bzw. ergänzt werden ?

        Ich bin sicher, daß wir auf weitere Anregungen der Blogautorin nicht mehr lange warten müssen.

        Die m.E. zu wenig reflektierten Rollen der Ex-Frau,des jetzigen Ehemannes und früheren Manager der H y p oBV, später H y p o RealEstate (das schwarze Loch) und des Unbekannten und Drahtziehers?

        Das interessiert mich persönlich auch brennend, jedoch sehe ich außer Spekulationen, allgemeinen Zusammenhängen in Geschichte und Politik momentan wengig Chancen, da näher heran zu kommen, ohne das Wissen von Gustl Mollath…
        Ich fürchte daher, wir müssen uns gedulden, bis er frei ist und endlich auspacken kann.

      • Zynischer ging es schon einmal. In den Zeiten, als die Todesstrafe noch eine übliche Strafe war, wurden die Hinrichtungskosten den Angehörigen in Rechnung gestellt. Der Zynismus zeigt sich heute in der Auflage für die Therapie während der Unterbringung, im Maßregelvollzug: Stets hat das Therapeutenteam von den im Urteil festgestellten Sachverhalten auszugehen. Damit ist automatisch eine Doppelbestrafung für unschuldig verurteilte Menschen vorgegeben. Sie bleiben länger drin, haben während dieser Zeit keine Unterstützung durch die Therapie, und erhalten miese Prognosegutachten von den Therapeutikern, die das ablehnen müssten, nähmen sie ihren therapeutischen Auftrag ernst. Sie sind halt doch ein Teil des Strafvollzuges

  4. Der kritisierte Gutachter hatte aufgeführt, dass Mollath die Misshandlungen gegen seine Ehefrau weiterhin leugne, obwohl das Nürnberger Landgericht diese als erwiesen ansah. Zudem habe Mollath von dem Sachverständigen die Aufklärung der Schwarzgeld-Vorwürfe erwartet, so der Psychiater. Das könne er aber gar nicht leisten, rechtfertigte sich der Arzt. Aus diesen Gründen [sic!] ging der Gutachter davon aus, dass Mollath weiterhin eine Gefahr für die Allgemeinheit sei. Auf BR-Anfrage wollte sich der Mediziner nicht zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen von Mollaths Unterstützern äußern.

    http://www.br.de/nachrichten/mittelfranken/gustl-mollath-gutachten-102.html

    Das wird ja immer bunter, ich hoffe, nur ein Mißverständnis die Gründe betreffend?!

    • Nein, das steht tatsächlich so im Pfäfflin-Gutachten, zitiert in Mollaths Verfassungsbeschwerde: eine therapeutische Bearbeitung der Taten habe bislang nicht stattgefunden (S. 21) – das sind die dieselben Gründe, die dazu führten, daß Horst Arnold seine Strafe voll verbüßen mußte. Das Urteil ist rechtskräftig und damit zutreffend, also wird die Aufarbeitung der Taten (selbst bei nicht ausgeschlossener Schuldunfähigkeit wegen akuter Wahnsymptomatik) erwartet, um die eigene Aggressivität in den Griff zu bekommen.

      Der erstgenannte Grund wird in der Verfassungsbeschwerde zwar nicht aufgeführt, das Festhalten an dem „Wahn“ aber durchaus: und denkbar ist es schon, daß es zu einem Wortwechsel über den Realitätsgehalt der Steuerhinterziehung kam, in dessen Verlauf der Psychiater gebeten wurde, diesen Komplex doch aufzuklären.

    • … Gustl Mollath hat sich gestern von denen, die ihn durch ungesetzliche Aktivitäten meinen unterstützen zu können, offiziell distanziert. Damit war – meiner Meinung nach, auch Dr. Pfäfflin gemeint.

      Und vielen Dank an Robert Stegmann für den Link zum Bayerischen Richter e.V. Die „Kampfansage“ des 1 Vorsitzenden Herrn Walter G-Punkt an die User und Bloger, ist angekommen.

      Stresstest – „Großraum Krefeld“

      • … völlig richtig, gabriele. Dr. Pfäfflin scheint ja ein personifizierter „Irrtum“ zu sein.

        Stresstest – „Großraum Krefeld“

        • Ja, aber er war nie ein Unterstützer – er war ein Gutachter, der ihn in einem sehr widersprüchlichen Gutachten negativ beurteilte, was zur mit Verfassungsbeschwerde angegriffenen Fortdauerentscheidung der StVK Bayreuth/des OLG Bamberg im Jahr 2011 führte.

  5. @Fotobiene @Horst Pachulle @GabrieleWolff @Wen´s interessieren mag

    Aussageform(en) von Herrn Heindl

    -Am 6.1.2013 hab´ ich die „eV“ von Herrn Heindl kritisch kommentiert mit dem Ergebnis: es gibt dort gar kein zu beeidendes Faktum

    Der Fall Gustl Mollath: Rosenkrieg und Versagen von Justiz & Psychiatrie

    -Das „Anzeige“ genannte, auch auf „Hochverrat“ anhebende, Schriftstück von Herrn Heindl kommt auch mir (als Text eines jahrzehntelang tätigen Amtsrichters) „ein wenig schlicht“ vor

    -„… mit Heindl befasse ich mich nicht“ (Gabriele Wolff, aaO.). Das mach´ ich jetzt auch so …

    Freundliche Grüße

    Richard Albrecht

  6. Schon jemand auf die Homepage des Bayerischen Richterveeins geschaut?

    http://www.bayrv.de/

    In seiner Festrede anläßlich der Weihnachtstagung hatte der 1. Vorsitzende des Bayerischen Richtervereins, Herr Walter Groß wieder nichts anderes zu tun, als im Fall M.(ollath) die Medien, die selbternannten Sachverständigen und deren einseitige Darstellungen zu kritisieren.

    Er mache sich auch große Sorgen um das Ansehen der Gerichte und Staatsanwaltschaften.

    In der Hoffnung, dass Herr Groß auch auf diese Homepage schaut, möchte ich als Bürger des Freistaates Bayern mit wenig juristischem Sachverstand wie folgt darauf antworten.

    „Sehr geehrter Herr Groß“

    Für das miese Ansehen das die Gerichte und Staatsanwaltschaften haben, ist nicht der Bürger verantwortlich, sondern die juristischen Winkelzüge die sich Gerichte und Staatsanwaltschaften einfallen lassen um Urteile „Im Namen des Volkes“ auszusprechen, die der Bürger so nie ausgesprochen hätte.

    Sie sind in Ihrer Festrede auch auf das Vorkommnis in Dachau eingegangen. Das es Mord war, steht für mich außer Zweifel, deshalb lebenslänglich. Die anschließende Sicherungsverwahrung halte ich jedoch für überzogen. Abgesehen davon, dass der verurteilte Straftäter schon lebenslang aller Voraussicht nach nicht überleben wird, sollten auch über die Hintergründe nachgedacht werden, die zu dieser Tat geführt haben.

    Auch hier haben Gerichte Urteile „Im Namen des Volkes“ gesprochen, die das Volk so vielleicht gar nicht gesehen hätte. Als Bürger des Freistaates Bayern ist der Mann einfach deswegen durchgedreht.

    Nochmal, lebenslang ja. Anschließende Sicherungsverwahrung meiner Auffassung nach nein.

    Robert Stegmann

    • Au weia:

      Dass die Medien mittlerweile zur 4. Staatsgewalt geworden sind, die droht, die anderen in der Verfassung vorgesehenen Staatsgewalten zu dominieren, war mir schon bewusst.

      Wenn die Öffentlichkeit, die Demokatie, plötzlich dominiert – ja wo kommen wir denn DA hin???

      In den Äußerungen mancher Medien, erst recht im Shit-Storm in Foren und Blogs spielen Persönlichkeitsrechte keine Rolle mehr. So wird etwa aus Sachverständigengutachten wörtlich zitiert, oder Name und jetzige Tätigkeit der früheren Ehefrau des Gustl M. werden ungeniert öffentlich gemacht.

      Es wäre natürlich untragbar, wenn ein Anwalt Persönlichkeitsrechte seines Mandanten verletzt. Wir können sicher sein, daß das nicht der Fall ist.
      Meint Herr Groß hier nicht vielleicht „Urheberrechte“ (des Verfassers des Gutachtens)? Wird ja immer wieder gerne genommen, das Argument…

      Der fehlende Hinweis darauf, daß die frühere Ehefrau des Gustl M. ihre jetzige (und frühere!) Tätigkeit selbst auf ihrer eigenen Homepage darstellt, gehört aber nicht zum „Weglassen von Informationen und eine einseitige Darstellung“, Herr Groß????
      –> http://www.petra-maske.de/index.php/ueber-mich.html

      Hauptproblem ist also „Fehlbestand an Richtern und Staatsanwälten“?
      Ach so… äh… wie meinen Sie das jetzt in Bezug auf den Fall Mollath, Herr Groß?

      • @Fotobiene

        Als Internet-Baby kenne ich mich leider mit der Zitatfunktion bei WordPress nicht aus, deshalb möchte ich einfach auf Ihren letzten Absatz verweisen.

        Es war eine Festrede zum Anlass der Weihnachtstagung. Darin hat Herr Groß unter anderem auch seine Meinung zum Fall M.(ollath) geäussert.

        Bei der ebenfalls anwesenden Justizministerin hat er sich dann über den Fehlbestand von Personal bei Gerichten und Staatsanwaltschaften beklagt.

        Vielleicht wollte er damit die schlampige Arbeit von Gerichten und Staatsanwaltschaften insgesamt verteidigen, oder die langen Verfahrensdauer in vielen Fällen. Der Fall M.(ollath) ist ja kein Einzelfall. Der Fall Ulvi K. zum Beispiel und andere Fälle, die nicht so spektakulär sind, dass sie eine breitere Öffentlichkeit wahr nimmt.

        Robert Stegmann

      • @ Robert Stegmann

        „Vielleicht wollte er damit die schlampige Arbeit von Gerichten und Staatsanwaltschaften insgesamt verteidigen“

        So habe ich das auch verstanden. Wäre damit auch eine Art Eingeständnis, daß da (auch) im Fall Mollath etwas nicht stimmt, oder? 🙂

    • @Fotobiene

      Na ja, jetzt arbeiten sie ja anscheinend gründlich. Wenn sich alleine in Regensburg 4 Staatsanwälte mit dem Antrag auf Wiederaufnahme befassen, wie man in der SZ lesen konnte.

      Hintenan stehen müssen dafür wohl wieder andere Fälle.

      So wird wohl so mancher Fall im Amts- und Landgerichtsbezirk Regensburg weniger ordentlich abgearbeitet oder die gesetzliche Frist von einem halben Jahr für eine Entscheidung in der ersten Instanz wird mehrmals gebrochen.

      Was dann mit den außergewöhnlichen Umständen erklärt wird, die Staatsanwaltschaft und Gericht zu diesem Rechtsbruch zwangen. Fehlendes Personal.

      • Die Rede von Groß, dem Richtervereinsvorsitzenden, kam mir doch irgendwie bekannt vor. Seit den 70er Jahren höre ich im Jahrestakt weitgehend vergleichbare Reden, die jährlich und nutzlos vor Kollegen gehalten wurden und werden. Oberbegriff: Personalknappheit, steigende Prozeßflut, mangelnde Arbeitsmittel, fehlende Mitbestimmung. Geändert hat sich kaum etwas. Ich gehe aber davon aus, dass keiner dieser Gründe irgend etwas mit der „causa“ Mollath zu tun hat.

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