Der Fall Mollath: Das Bundesverfassungsgericht hat gesprochen

Rosenkrieg 2Fortsetzung von:

https://gabrielewolff.wordpress.com/2013/08/18/der-fall-mollath-etappensieg-und-raumgewinn/

Am 26.5.2013 schrieb ich mit Blick auf das Bundesverfassungsgericht:

„Von der Strafvollstreckungskammer in Bayreuth hört man nichts, ebensowenig von Prof. Dr. Pfäfflin, der gut daran täte, den „Ergänzungsauftrag“ zu seinem Gutachten von Februar 2011, Exploration von November 2010 (!), dankend abzulehnen. Die lediglich die eigene Kränkung dokumentierenden Verlaufsmitteilungen von Dr. Leipziger und dem ›Behandlungsteam‹, das nicht behandelt, liefern keine Basis für Prognoseentscheidungen – jedenfalls keine zu einer künftigen Kriminalität von Gustl Mollath.

Und daß ihm das Gericht auch noch vorschreibt, die Wiederaufnahmeanträge zu ignorieren und unbeirrt an der „Feststellung“ der Straftaten in dem Urteil vom 8.8.2006 festzuhalten, stellt einen Angriff auf die wissenschaftliche Redlichkeit dar. Neue Informationen führen zu neuen Wahrnehmungen, das gilt auch für das Strafvollstreckungsverfahren, und es gilt in gleichem Maße für Psychiater wie für Juristen. Die Kammer hat sich selbst ins Aus katapultiert, und den auserkorenen Gutachter gleich mit. Er wird den Teufel tun, seinem ersten Gutachtenfehler, für den er indirekt eine Verfasssungsbeschwerde kassierte, weil die Kammer die groben Widersprüche zwischen seinem schriftlichem und seinem mündlichem Gutachten nicht evaluierte, einen zweiten hinzuzufügen. Das muß ihr, der Kammer, doch eigentlich klar gewesen sein. Sie hat sich ja nicht grundlos geweigert, dieses unbrauchbare Gutachten zu evaluieren. Wie es nach ihr auch das OLG Bamberg tat. Bayern eben.

http://www.gustl-for-help.de/download/2012-01-11-Kleine-Cosack-Verfassungsbeschwerde.pdf

Sie muß nun, sehr mühsam, mit offenen Augen, ganz von vorn anfangen. Die unbegründeten Routine-Anträge der formularmäßig ankreuzenden Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth (»Bloß nicht rauslassen!«) werden aus dem Dilemma nicht heraushelfen: sie sind per se ein Anschlag auf den Intellekt. Wie eigentlich alles, was im Fall Mollath verantwortlich für dessen Schicksal war.

[…]

Niemand, weder Psychiater (die schon gar nicht) noch Juristen im Dienst der Justiz, will der erste sein, der das Offensichtliche fordert oder veranlaßt: nämlich die rechtswidrige Freiheitsberaubung Gustl Mollaths anzuerkennen und sie schleunigst zu beenden.

[…]

Wenn da nicht die Beharrungskraft eines rechtskräftigen Urteils wäre, die mangelnde Fehlerkultur – und die Abwesenheit von Selbstreinigungskräften in der Justiz, die in Bayern besonders ausgeprägt ist, wo schneidiges Auftreten und schneidige Urteile schließlich mit Beförderung belohnt werden.

Das alles gemahnt langsam an ein Drama antiken Ausmaßes. Warten wir also auf den deus ex machina in Gestalt des Bundesverfassungsgerichts. Die Paralyse, die hier besichtigt werden kann, muß ihr Ende finden. Die Schreckstarre in Bayern kann möglicherweise nur von außen gelöst werden.“

https://gabrielewolff.wordpress.com/2013/05/26/der-fall-mollath-eine-hangepartie/

Glücklicherweise hatte ich mich mit der letzten Einschätzung geirrt: es war der 1. Strafsenat des OLG Nürnberg, der am 6.8.2013 die Schreckstarre der bayerischen Justiz endlich löste und die überfällige Wiederaufnahme des Verfahrens zugunsten von Gustl Mollath anordnete. Gustl Mollath bescherte diese Entscheidung die Freiheit und der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth ersparte sie die Peinlichkeit, nach einem Ausweg aus dem selbstgeschaffenen Dilemma zu suchen, der ohne Gesichtsverlust zu beschreiten wäre.

Die Rolle des Bundesverfassungsgerichts will ich dennoch nicht schmälern, auch wenn es davon absehen konnte, in eigener Entscheidung die Vollstreckung des Maßregelvollzugs wegen Unverhältnismäßigkeit zu beenden. In der am 5.9.2013 bekanntgegebenen Entscheidung vom 26.8.2013 betont die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts:

36

Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer aufgrund des Wiederaufnahmebeschlusses des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 6. August 2013 zwischenzeitlich aus dem Maßregelvollzug entlassen wurde. Denn die angegriffenen Entscheidungen waren Grundlage eines tiefgreifenden Eingriffs in das Grundrecht des Beschwerdeführers auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG (vgl. BVerfGE 128, 326 <389>). Der Beschwerdeführer hat daher ein fortbestehendes schutzwürdiges Interesse an einer nachträglichen verfassungsrechtlichen Überprüfung und gegebenenfalls einer hierauf bezogenen Feststellung der Verfassungswidrigkeit dieses Grundrechtseingriffs durch das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfGE 9, 89 <92 ff.>; 32, 87 <92>; 53, 152 <157 f.>; 91, 125 <133>; 104, 220 <234 f.>).

http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20130826_2bvr037112.html#abs36

Die Verfassungsbeschwerde war „offensichtlich begründet“, und zwar bezogen auf die mit Verfassungsbeschwerde angegriffenen Fortdauerentscheidungen aus dem Jahr 2011:

Der Beschluss des Landgerichts Bayreuth vom 9. Juni 2011 – StVK 559/11 – und der Beschluss des Oberlandesgerichts Bamberg vom 26. August 2011 – 1 Ws 337/11 – verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Bamberg vom 26. August 2011 – 1 Ws 337/11 – wird aufgehoben. Damit ist der Beschluss des Oberlandesgerichts Bamberg vom 9. Dezember 2011 – 1 Ws 337/11 – gegenstandslos.

http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20130826_2bvr037112.html

Mit dem letztgenannten Beschluß war eine Anhörungsrüge gegen den nun aufgehobenen Beschluß vom 26.8.2011 abgewiesen worden. Gegenstand der Anhörungsrüge war der Vorwurf, daß sich das Gericht nicht mit dem in sich widersprüchlichen, wissenschaftlichen Anforderungen nicht genügenden, Gutachten von Prof. Dr. Pfäfflin auseinandergesetzt habe.

Mit seinem Beschluß in Sachen Mollath setzt die 2. Kammer des 2. Senats seine Serie von Aufhebungen von Fortdauerbeschlüssen in Maßregelvollzugsangelegenheiten fort. Grundlage ist eine seit langer Zeit gefestigte Rechtsprechung zur Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes:

Der verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beherrscht Anordnung und Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Das sich hieraus ergebende Spannungsverhältnis zwischen dem Freiheitsanspruch des betroffenen Einzelnen und dem Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit vor zu erwartenden erheblichen Rechtsgutsverletzungen verlangt nach gerechtem und vertretbarem Ausgleich. Je länger die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus andauert, um so strenger werden die Voraussetzungen für die Verhältnismäßigkeit des Freiheitsentzuges sein.


Beschluß

des Zweiten Senats vom 8. Oktober 1985

— 2 BvR 1150/80 und 1504/82 —

http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv070297.html

Das mußte erwähnt werden, weil die bayerische Justizministerin diese zweite Ohrfeige des Bundesverfassungsgerichts für ihre Gerichte in Bayreuth und Bamberg, deren Beschlüsse in einer gleichlagerten Angelegenheit bereits am 9.10.2012 als verfassungswidrig eingestuft worden waren,

http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/bverfg/12/2-bvr-442-12.php

volksverdummend wie folgt kommentierte:

Es ist wichtig, dass unser höchstes Gericht nun Klarheit geschaffen hat, welche Anforderungen an die Begründung von Entscheidungen über den lange währenden Freiheitsentzug eines Menschen gelten. Das schafft ein Stück Rechtsklarheit und gibt unseren Gerichten Orientierung.

http://www.justiz.bayern.de/presse-und-medien/pressemitteilungen/archiv/2013/233.php

Beate Merk bedarf dieser Orientierung in der Tat immer wieder neu, wie ihre eigene Stellungnahme gegenüber dem Bundesverfassungsgericht schmerzhaft vor Augen führt. Leider aber auch die bayerischen Gerichte, deren Vorsitzende Richter und Chefrichter sie seit zehn Jahren ernennt und die es ihr auch noch übel heimzahlten, als sie im Juli 2013, um ihr Image beim Wahlvolk besorgt, im Zusammenhang mit dem Fall Mollath jenen uralten Satz des Bundesverfassungsgerichts zu erwähnen wagte: „Je länger die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus andauert, um so strenger werden die Voraussetzungen für die Verhältnismäßigkeit des Freiheitsentzuges sein.“ Das wurde ihr vom 1. Vorsitzenden des bayerischen Richtervereins und Amtsgerichtsdirektor  – zurecht, wie man jetzt sieht! – als unbotmäßige Kritik an der Strafvollstreckungskammer Bayreuth und dem 1. Strafsenat des OLG Bamberg angekreidet und als Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit gerügt. Das Verfassungsverständnis der Kollegen kümmert Herrn Groß ersichtlich weniger.

Was hatte das Bundesverfassungsgericht an den Entscheidungen der bayerischen Gerichte auszusetzen? Nun, eigentlich alles.

50

2. Mit diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben sind die angegriffenen Beschlüsse des Landgerichts Bayreuth vom 9. Juni 2011 sowie des Oberlandesgerichts Bamberg vom 26. August 2011 nicht zu vereinbaren. Die in den Beschlüssen aufgeführten Gründe genügen nicht, um die Anordnung der Fortdauer der Unterbringung des Beschwerdeführers zu rechtfertigen. Es fehlt bereits an der im Rahmen des verfassungsrechtlich Gebotenen ausreichenden Konkretisierung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr künftiger rechtswidriger Taten (a). Den Beschwerdeführer entlastende Umstände finden im Rahmen der notwendigen Prognoseentscheidung keine erkennbare Berücksichtigung (b). Daneben wird in den angegriffenen Beschlüssen nicht ausreichend dargelegt, dass die von dem Beschwerdeführer ausgehende Gefahr das angesichts der Dauer der Unterbringung zunehmende Gewicht seines Freiheitsanspruchs aufzuwiegen vermag (c). Schließlich fehlt auch eine Befassung mit der Frage, ob dem Sicherungsinteresse der Allgemeinheit nicht auch durch den Beschwerdeführer weniger belastende Maßnahmen Rechnung hätte getragen werden können (d).

http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20130826_2bvr037112.html#abs50

Mit anderen Worten: nicht einmal die Mindeststandards werden erreicht. Kritiklose Übernahme unzureichender Gutachten und inhaltsloser Stellungnahmen des BKH Bayreuth, ein paar Leerformeln, fertig ist der Routinebeschluß, der ebenso routiniert vom Obergericht gehalten wird. Man ist schließlich seit Jahren ein eingespieltes Team. In aller Deutlichkeit zeigt das Bundesverfassungsgericht die Schwächen des den Entscheidungen zugrundeliegenden, mündlichen wie schriftlichen, Gutachtens von Prof. Dr. Pfäfflin auf, dem die Gerichte nicht hätten folgen dürfen [Hervorhebungen von mir]:

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aa) Das Landgericht beschränkt sich im Rahmen der Gefahrenprognose auf den Hinweis, der Sachverständige habe im Termin zur mündlichen Anhörung – in Übereinstimmung mit den Vorgutachtern – ausgeführt, dass er im derzeitigen Stadium (d.h. ohne therapeutische Bearbeitung der Anlasstaten) die Wahrscheinlichkeit, dass es zu vergleichbaren Taten – auch gegenüber bis dahin nicht beteiligten Personen – kommen könnte, für sehr hoch halte. Daraus ergebe sich, dass im Falle der Entlassung die Begehung neuer rechtswidriger Taten zu erwarten sei.

53

Dem Erfordernis, die Art und den Grad der Wahrscheinlichkeit zukünftiger rechtswidriger Taten des Beschwerdeführers eigenständig zu bestimmen und nachvollziehbar darzulegen, ist damit nicht Rechnung getragen. Das Landgericht setzt sich nicht damit auseinander, dass die Darlegungen des Sachverständigen zur Wahrscheinlichkeit künftiger rechtswidriger Taten im schriftlichen Gutachten vom 12. Februar 2011 und in der mündlichen Anhörung vom 9. Mai 2011 voneinander abweichen. In seinem schriftlichen Gutachten legt der Sachverständige dar, dass sich die Wahrscheinlichkeit neuer Straftaten nicht sicher quantifizieren lasse. Da der Beschwerdeführer keinen Zugang zu seiner eigenen Aggressivität habe, sei er gefährdet, erneut vergleichbare Handlungen vorzunehmen. Es liege die Annahme nahe, dass der Beschwerdeführer „womöglich wieder den im Einweisungsurteil genannten Taten vergleichbare Taten begehen“ werde. Demgegenüber erklärte der Sachverständige in der mündlichen Anhörung, er habe im Gutachten „vielleicht eine etwas zu weiche Formulierung“ gewählt. Berücksichtige man, dass die Anlasstaten losgelöst von der sonstigen Persönlichkeit des Beschwerdeführers begangen worden seien und dass andererseits eine therapeutische Bearbeitung nicht stattgefunden habe, halte er die Wahrscheinlichkeit vergleichbarer Taten für sehr hoch.

54

Vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen Einschätzungen durfte das Landgericht sich nicht auf eine bloße Bezugnahme auf die Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Anhörung vom 9. Mai 2011 beschränken.

http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20130826_2bvr037112.html#abs52

Das Landgericht Bayreuth hat also Rosinenpickerei betrieben: nach den Ausführungen im schriftlichen Gutachten hätte es die Unterbringung beenden müssen, denn die bloße Möglichkeit erneuter Straftaten erfüllt die Voraussetzung einer Unterbringung nicht. Begründungslos zonte Prof. Dr. Pfäfflin in der mündlichen Anhörung die bloße Möglichkeit zur hohen Wahrscheinlichkeit hoch: voilà, das Wunschergebnis war da, man mußte es nur noch übernehmen, ohne auch nur ansatzweise dem Widerspruch nachzugehen und die Beliebigkeit der Prognose zu hinterfragen.

Noch toller trieb es der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts, der sich zurecht auch im Anhörungsrügeverfahren weigerte, das unzulängliche Gutachten zu diskutieren, denn dann hätte er es verwerfen müssen:

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bb) Nichts anderes gilt im Ergebnis für den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 26. August 2011. Dieser nimmt auf das schriftliche Sachverständigengutachten Bezug, aus dem sich gerade keine sehr hohe Wahrscheinlichkeit künftiger rechtswidriger Taten ergibt. Soweit das Oberlandesgericht ergänzend auf die Stellungnahme des Bezirkskrankenhauses Bayreuth, in dem der Beschwerdeführer untergebracht war, Bezug nimmt, rechtfertigt dies keine andere Einschätzung, da diese Stellungnahme sich im Wesentlichen auf das Vollzugsverhalten, das als uneinsichtig, kaum kompromissfähig, provozierend und therapieabweisend beschrieben wird, bezieht und daher für die Annahme einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit künftiger erheblicher rechtswidriger Taten des Beschwerdeführers nicht ausreicht.

http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20130826_2bvr037112.html#abs55

Dr. Leipziger wird das Stellungnahmewesen des BKH Bayreuth fundamental ändern müssen: seit 2009 bestehen seine Stellungnahmen zu Gustl Mollath aus Negativbewertungen der mangelnden Kooperationsbereitschaft des „Patienten“, der keiner ist, aus Klagen über fehlende Anpassung an die autoritären Betriebsabläufe und aus Befremden angesichts der häufigen schriftlichen Beschwerden und der am Personal geäußerten Kritik. Ja, selbst „böse Blicke“ müssen herhalten – daß diese durch den Untergebrachten hervorgerufene Kränkungen verschriftlicht sein wollen, leuchtet ja noch ein. Daß sie als Anknüpfungspunkte für eine Gefährlichkeit unter den Bedingungen eines in Freiheit gelebten Alltags ausscheiden müssen, sollte auch einem Psychiater klar sein. Gut, daß das Bundesverfassungsgericht daran erinnert hat. Der entsprechende Hinweis von Prof. Dr. Pfäfflin in seinem schriftlichen Gutachten hat ja offensichtlich nicht ausgereicht:

Man mag dieses Verhalten [Verweigerung von Alkoholkontrollen nach Ausgängen] als trotzigen Widerstand gegen Stationsregeln bezeichnen. Hinweise auf eine spezifische Gefährlichkeit lassen sich daraus sicherlich nicht ableiten.

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Gutachten-Pfaefflin-2011-02-12.pdf#page=47

Im schriftlichen Gutachten hatte Pfäfflin zudem zahlreiche positive Befunde vermerkt, die seiner Prognose entgegenstanden. Weder er noch die beteiligten Gerichte haben sich mit ihnen und ihrer Bedeutung für die Prognose auseinandergesetzt.

56

b) Daneben bleiben im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose zu berücksichtigende Umstände außer Betracht. So wird im Sachverständigengutachten ausgeführt, dass das Verhalten des Beschwerdeführers sich inzwischen deutlich unauffälliger und angepasster darstelle, als dies zur Zeit seiner ersten Unterbringung der Fall gewesen sei. Er äußere an keiner Stelle konkrete Rachegedanken oder -absichten gegenüber seiner Frau oder anderen Personen, sondern stelle sein Bedürfnis nach Wahrheit und Gerechtigkeit als sein Hauptanliegen ins Zentrum seiner Ausführungen. Dies spreche dafür, dass die Jahre der Unterbringung nicht spurlos an ihm vorübergegangen seien. Gewährte Lockerungen seien ohne Beanstandungen verlaufen. Anhaltende wahnhafte Störungen könnten zwar, müssten aber nicht in (erneute) rechtswidrige gefährliche Handlungen münden. Empirisch abgesicherte Daten zu entsprechenden Rückfallhäufigkeiten lägen nicht vor. Zu diesen Umständen, die bei der Bestimmung des Risikos künftiger rechtswidriger Taten hätten berücksichtigt werden müssen, verhalten sich die angegriffenen Beschlüsse nicht.

http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20130826_2bvr037112.html#abs56

Das ist überhaupt das auffälligste Merkmal des Pfäfflin-Gutachtens: soweit es sich in Diagnose und Prognose kollegialiter schlicht dem Vorgutachter Dr. Leipziger anschließt, bleibt es bei bloßen Behauptungen. Begründet werden allein die diesem Ergebnis widersprechenden Ergebnisse aus Exploration und Vollstreckungsakte. Diesem unwissenschaftlichen Verfahren folgten auch die Gerichte, weil ihnen das Ergebnis recht war. Sicherheit geht schließlich vor Freiheit.

Die vom BKH Bayreuth seit Jahren in Anspruch genommene Leerformel: Nichtbehandlung = Gefahr, erneut Taten aus dem Spektrum der Anlaßtaten zu begehen, die die Gerichte im Gleichklang adaptiert haben, wird ebenfalls abgeräumt:

57

c) Die Verhältnismäßigkeit der Fortdauer der Unterbringung des Beschwerdeführers wird sowohl vom Landgericht als auch vom Oberlandesgericht ausschließlich mit dem Hinweis auf die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Körperverletzungsdelikte begründet. Das Landgericht verweist darauf, der Beschwerdeführer habe einen anderen Menschen bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt. Das Oberlandesgericht stellt darauf ab, dass sich unter den Anlasstaten auch Körperverletzungen zum Nachteil der früheren Ehefrau des Beschwerdeführers befänden, die mit erheblicher Aggressivität und Brutalität begangen worden seien. Die Gerichte setzen sich aber nicht damit auseinander, dass es sich bei den in Bezug genommenen Taten um Beziehungstaten handelt, die der Beschwerdeführer vor rund zehn Jahren begangen haben soll, als er noch verheiratet war und mit seiner Ehefrau zusammenlebte. Unerörtert bleibt, ob und gegebenenfalls wie sich die zwischenzeitliche Scheidung und langjährige Trennung des Beschwerdeführers von seiner früheren Ehefrau auf die von ihm ausgehende Gefahr ausgewirkt hat. Auch insoweit hätte es eigenständiger Darlegung bedurft, ob und in welchem Umfang aktuell die Gefahr besteht, dass der Beschwerdeführer im Sinne des § 63 StGB erhebliche Körperverletzungsdelikte zum Nachteil seiner früheren Ehefrau oder sonstiger Personen begehen werde. Damit fehlt es aber bereits an einer zureichenden Grundlage für die Abwägung zwischen den Sicherungsinteressen der Allgemeinheit und dem Freiheitsanspruch des Beschwerdeführers.

http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20130826_2bvr037112.html#abs57

In der Tat: eine solche eigenständige Darlegung hätten bereits Dr. Leipziger und die Brixner-Kammer im Jahr 2006 leisten müssen, denn da lag die angebliche Tat der gefährlichen Körperverletzung schon fünf Jahre zurück, die Trennung des Ehepaars vier Jahre und die Scheidung knapp zwei Jahre. Diese war unterblieben und wurde bis 2013 nicht vorgenommen. Einmal Anlaßtat, immer Gefahr. So geht es nicht.

Leider hat das Bundesverfassungsgericht wegen des Erfolgs der Verfassungsbeschwerde schon wegen der Verletzung des Grundrechts auf Freiheit davon abgesehen, auch noch den Verstoß gegen das rechtliche Gehör zu prüfen. Dann hätte es sich nicht nur mit der unzulänglichen Prognose Pfäfflins, sondern mit der noch viel weniger begründeten Wahn-Diagnose auseinandersetzen müssen, die ebenfalls im mündlichen Termin noch einmal inhaltlich abgeändert worden war.

Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts bedeutet, daß bereits im Jahr 2011 gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip verstoßen wurde; da die Fortdauerbeschlüsse beider Gerichte im Jahr 2012 auf demselben verfassungswidrigen Niveau verharrten wie die von 2011, gilt dies auch für 2012. Der Fortdauerbeschluß der Strafvollstreckungskammer vom 10.6.2013 unterschritt in seiner Begründungslosigkeit (der Sachverständige Pfäfflin hatte dann doch darauf verzichtet, der Kammer erneut unter die Arme zu greifen) noch die vorangegangenen. Auf die eingehende Beschwerde der Verteidigung hob das OLG Bamberg immerhin diese Entscheidung des Untergerichts auf und verwies die Sache zurück.

http://download.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Beschwerdebegruendung-Strafvollstreckung-2013-07-09.pdf

http://download.strate.net/de/dokumentation/Mollath-OLG-Bamberg-Beschluss-2013-07-16.pdf

Die Presseerklärung des bayerischen Justizministeriums, das Mollaths Verfassungsbeschwerde für unbegründet gehalten hatte, schlägt dem Faß den Boden aus. Immerhin werden keine O-Töne Merk verbreitet. Dort heißt es:

Zu der heutigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erklärt das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz: Das Bundesverfassungsgericht betont die Bedeutung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des Freiheitsrechts bei zunehmender Fortdauer einer Unterbringung. In diese Richtung ging auch die Stellungnahme des Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 5. Juli 2013 (vgl. Presseerklärung 180/2013 vom 9. Juli 2013).

http://www.justiz.bayern.de/presse-und-medien/pressemitteilungen/archiv/2013/233.php

Zunächst wird unterschlagen, daß die Stellungnahme des Ministeriums von Frau Dr. Merk persönlich unterschrieben wurde: damit hat sie sich das Elaborat aus ihrer Strafrechtsabteilung zueigen gemacht und muß es gegen sich gelten lassen. Die Stellungnahme ging keineswegs in die Richtung des BVerfG, sondern eklatant gegen sie. Frau Merk hielt nicht nur die Fortdauer des Maßregelvollzugs von 2011 bis 2012, sondern, wie zu diesem Zeitpunkt durch das Landgericht Bayreuth am 10.6.2013 entschieden, sogar von 2013 bis 2014 und darüber hinaus für verhältnismäßig. An diesem unfaßbaren Statement muß man sie messen, nicht an irgendwelchen Pressemitteilungen ihres Hauses:

Auch wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gerade keiner durch Gesetz vorgegebenen zeitlichen Begrenzung unterliegt, wird der geltenden Höchststrafe von 10 Jahren für die gefährliche Körperverletzung die aktuelle Dauer des Maßregelvollzugs gegenüber zu  stellen sein. Bei einer bereits vorliegenden Unterbringungsdauer von nunmehr 7 Jahren nähert man sich dieser Grenze und damit Schritt für Schritt einer möglichen Unverhältnismäßigkeit der weiteren Unterbringung an.

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Stellungnahme-Staatsministerin-2013-07-05.pdf#page=25

So ungefähr ab 2015 nähert man sich dieser 10-Jahres-Höchstgrenze und kann eventuell anfangen, eine mögliche Unverhältnismäßigkeit richtig ernsthaft zu prüfen. In den Zeiträumen davor genügen floskelhafte Befassungen mit Freiheitsgrundrecht und Verhältnismäßigkeit, solange man Gutachter und Staatsmediziner findet, die die gewünschten „sachverständigen“ Ergebnisse liefern.

Eine Justizministerin, die sich traut, dem Bundesverfassungsgericht eine solche Stellungnahme vorzulegen, ist untragbar. Welche Wirkung ein derartiges Spitzenpersonal auf die unabhängigen Gerichte hat, läßt sich an der Reaktion des OLG Bamberg ablesen:

Nürnberger Nachrichten (Print) 6.9.2013, S. 1

Karlsruhe gibt Mollath recht

 Verfassungsgericht rügt Unterbringung in Psychiatrie — Merk unter Druck

[…]

Die Beschwerde richtete sich gegen Beschlüsse der Justiz in Bayreuth und Bamberg aus dem Jahre 2011, die da­für sorgten, dass Mollath eingesperrt blieb. Dabei seien, so das höchste deut­sche Gericht, das Grundrecht auf Frei­heit und der Verhältnismäßigkeits­grundsatz verletzt worden.

Die Gerichte in Oberfranken hätten nicht konkret genug dargelegt, warum von Mollath auch in Zukunft eine Gefahr für die Allgemeinheit aus­gehe. Außerdem seien für Mollath ent­lastende Momente nicht erkennbar berücksichtigt worden. Das Ober­landesgericht in Bamberg muss nun erneut entscheiden.

Die dortige Justiz wies den Vorwurf eines fahrlässigen Umgangs mit Mol­laths Grundrechten mit Nachdruck zurück. Erst im Juli habe man ein Urteil über die Fortdauer der Unter­bringung mit Hinweis auf veränderte Umstände und die Verhältnismäßig­keit aufgehoben.

Was ist denn mit dem eigenen aufgehobenen Beschluß vom 26.8.2011? Dem eigenen Fortdauerbeschluß vom 27.9. 2012? Und der hanebüchene Beschluß der Strafvollstreckungskammer vom 10.6.2013 soll mit Hinweis auf die Verhältnismäßigkeit aufgehoben worden sein? Das liest sich aber extrem anders:

Derzeit kann der Senat schließlich nicht selbst die Maßregel wegen Unverhältnismaßigkeit für erledigt erklären (§ 67 d Abs. 6 Satz 1, 2. Alt. StGB). Einerseits wird die Maßregel seit 13.02.2007 (nach vorangegangener einstweiliger Unterbringung seit 27.02.2006) vollzogen.

Andererseits stellen die Körperverletzungsdelikte zum Nachteil der geschiedenen Ehefrau des Untergebrachten eine massive Beeinträchtigung eines hochwertigen Rechtsgutes, nämlich der körperlichen Unversehrtheit dar. Sie beinhalteten in der rechtskräftig festgestellten und damit den Senat bindenden Form zugleich ein erhebliches Gefährdungspotential für das Leben des Opfers. Der Freiheitsanspruch des Untergebrachten stößt dort an seine Grenzen, wo es im Hinblick auf die Art der von ihm drohenden rechtswidrigen Taten, deren Bedeutung und deren Wahrscheinlichkeit vor dem staatlichen Schutzauftrag für die Rechtsgüter des Einzelnen und der Allgemeinheit unvertretbar erscheint, den Untergebrachten in die Freiheit zu entlassen (BVerfG, Beschluss vom 21 .01.2010,2 BvR 660/09 bei juris Rn. 22).

Der  Sachverständige Prof. Pfäfflin hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 12.02.2011 ausgeführt, es läge die Annahme nahe, der Untergebrachte werde zukünftig wieder den Anlasstaten vergleichbare Taten begehen. Art, Häufigkeit und Schweregrad der zu erwartenden Delikte könnten allerdings nicht sicher quantifiziert werden. Bei seiner mündlichen Anhörung am 09.05.2011 erläuterte der Sachverständige diese Ausführungen und gab an, im schriftlichen Gutachten eine zu weiche Formulierung verwendet zu haben. Vielmehr halte er die Wahrscheinlichkeit (der Begehung) neuer Straftaten durch den Untergebrachten für sehr hoch. Nach den Berichten des Bezirkskrankenhauses hat sich hieran seitdem nichts geändert.

Nachdem die Prognose auch bei der Abwägung im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung eine erhebliche Rolle spielt, bedarf es auch insoweit im Hinblick auf den Zeitablauf, die neuen Erkenntnisse im Wiederaufnahmeverfahren und die beschriebenen Veränderungen in den Lebensverhältnissen des Untergebrachten weiterer Aufklärung durch Hinzuziehung eines externen Sachverständigen.

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-OLG-Bamberg-Beschluss-2013-07-16.pdf#page=13

Noch am 16.7.2013 sah das OLG Bamberg keinen Anlaß für eine Beendigung der Unterbringung aus Verhältnismäßigkeitsgründen, womit es das Unrecht seiner jetzt aufgehobenen Entscheidung vom 26.8.2011 perpetuierte und durch die überflüssige Anregung eines Aktengutachtens (dies vorzüglich zur Entscheidung, ob die Erkenntnisse aus dem Wiederaufnahmeverfahren eine Fehldiagnose von Anfang an beweisen) auch noch verlängerte.

„Wir haben alles richtig gemacht!“ scheint die einzig mögliche Reaktion einer in die Kritik geratenen Justiz zu sein. In diesem Sinn steuert ihre Spitzenvertreterin die ihr unterstellten Generalstaatsanwälte, aktuell den GStA München: nein, eine Strafverfolgung gegen Richter und Gutachter, die im Fall Mollath schwer gefehlt haben, darf es nicht geben. Nicht einmal einen Anfangsverdacht! Nicht einmal wegen uneidlicher Falschaussage vor dem Untersuchungsausschuß!

Es ist noch ein langer Weg, bis der Rechtsstaat in Bayern zu einer Selbstverständlichkeit wird. Mal sehen, ob auch das OLG München, bei dem ein Ermittlungserzwingungsverfahren gegen die Staatsanwaltschaft Augsburg anhängig ist, der Nachhilfe durch ein höheres Gericht bedarf.

Jetzt hat der Rechtsstaat erst einmal ein Problem: das Bundesverfassungsgericht hat die Sache zur erneuten Entscheidung an das OLG Bamberg zurückverwiesen. Und den Fall gab es wohl noch nie, daß die Wiederaufnahme eines Verfahrens die Vollstreckung faktisch beendet, während zugleich wegen Verfassungswidrigkeit eines zwei Jahre zurückliegenden Fortdauerbeschlusses eine neue Entscheidung verlangt wird. Überhaupt ist noch keine materielle Entscheidung über die Beendigung der Maßregel erfolgt. Das OLG ist ratlos:

Das kritisierte Oberlandesgericht Bamberg hat am Donnerstag (05.09.13) angekündigt, erst einmal den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts im Wortlaut abwarten zu wollen. Die Entscheidung sei aber “selbstverständlich zu respektieren”, erklärte Gerichtssprecher Franz Truppei dem Bayerischen Rundfunk. Unklar sei allerdings, wie sich die Bamberger Richter noch einmal mit dem Fall Mollath beschäftigen sollen. Das Vollstreckungverfahren habe sich ja mit der beschlossenen Wiederaufnahme des Prozesses erledigt, so Truppei.

http://www.br.de/nachrichten/mittelfranken/mollath-wiederaufnahme-beschwerde-100.html

Eine vertrackte Situation. Da die Wiederaufnahme nur die Rechtskraft des Urteils beseitigt, es aber nicht aufhebt – dies könnte nur das Wiederaufnahmegericht nach durchgeführter Hauptverhandlung – besteht ein Anspruch auf eine rechtlich einwandfreie Entscheidung in der Sache, die nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ein eindeutiges Ergebnis haben muß: die Beendigung der Vollstreckung wegen Unverhältnismäßigkeit.

Analog der Überlegung des BVerfG zum Fortbestehen eines Rechtsschutzinteresses an der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde trotz Anordnung der Wiederaufnahme besteht in gleicher Weise ein Anspruch darauf, daß das Vollstreckungsgericht in der Sache entscheidet. Denn zur Zeit liegt keine abschließende rechtskräftige Entscheidung vor.

Und ansonsten, ganz schlicht: Ober sticht Unter. Wenn das Bundesverfassungsgericht in Kenntnis der Sachlage zur erneuten Entscheidung zurückverweist, da gibt es kein Vertun. Da mag man zwar maulen, aber wat mutt dat mutt. Auch wenn es der erste einschlägige Beschluß sein sollte, in dem mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz operiert wird.

In diesem Sinn also doch ein deus ex machina mit pädagogischer Wirkung, die sich hoffentlich auch auf die Protagonisten der Psychiatrie erstreckt. Deren Produktionen in Sachen Mollath liegen jetzt öffentlich vor. Man wünschte sich, daß es auch in der Psychiatrie eine Instanz wie das Bundesverfassungsgericht gäbe.

Update (7.9.2013):

Gestern hat Rechtsanwalt Strate eine Erklärung der Verteidigung zum Beschluß des Bundesverfassungsgerichts veröffentlicht, in der er sich auch zu den Folgen dieser Entscheidung äußert:

Der Tenor der vom Oberlandesgericht Bamberg nun zu treffenden Entscheidung wird allein die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 26.8.2011 und des vorausgegangenen Beschlusses des Landgerichts Bayreuth vom 9.6.2011 sein. In der Begründung muss das Oberlandesgericht retrospektiv die Abwägungsgesichtspunkte mit einstellen, deren mangelnde Berücksichtigung das Bundesverfassungsgericht beanstandet hat. Es wird in der Begründung auch dartun müssen, welche Entscheidung bei einer verfassungsrechtlich ordnungsgemäßen Abwägung der für und gegen die Fortdauer der Unterbringung sprechenden Umstände hätte getroffen werden müssen. Zwar wird es dem Oberlandesgericht grundsätzlich nicht verboten sein, in der Rückschau auch die Fortdauer der Unterbringung als eine damals mögliche Entscheidung zu konstatieren. Angesichts des klaren Widerspruchs zwischen den Darlegungen des Sachverständigen Pfäfflin in seinem schriftlichen Gutachten und in seinem mündlichen Vortrag bei der Anhörung durch Strafvollstreckungskammer ist dies aber nur eine theoretische Möglichkeit. Die Heraufstufung der Gefahrenprognose von einer bloßen Möglichkeit der Begehung von Straftaten zu einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit blieb faktisch ohne jede Begründung. Sie wurde allein darauf gestützt, dass „die Anlasstaten losgelöst von der sonstigen Persönlichkeit des Untergebrachten begangen wurden“ (und die therapeutische Bearbeitung dieser Taten bislang nicht stattgefunden habe).

http://download.strate.net/de/dokumentation/Mollath-LG-Bayreuth-Protokoll-2011-05-09.pdf

(S. 11/12)

Was damit gemeint sein sollte, blieb das nie gelüftete Geheimnis des Sachverständigen, ein Geheimnis, dem die Strafvollstreckungskammer in Bayreuth und das Oberlandesgericht Bamberg ohne Kenntnis seines Inhalts sich jeweils „angeschlossen“ hatten. Das Oberlandesgericht Bamberg wird auch jetzt nicht in der Lage sein, dieses Geheimnis zu dechiffrieren. Es ist deshalb klar, dass das Oberlandesgericht – allein gestützt auf das schriftliche Gutachten Pfäfflins – konstatieren muss, dass eine die Fortdauer der Unterbringung rechtfertigende Gefahrenprognose am 9.6.2011 nicht bestanden hat und deshalb die Maßregel der Unterbringung gemäß § 67d Abs. 6 Satz 1 StGB für erledigt hätte erklärt werden müssen. Das Oberlandesgericht wird gut daran tun, bei der Abfassung seiner neuen Entscheidung den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts als Linienpapier zu benutzen.

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Erklaerung-der-Verteidigung-2013-09-06.pdf#page=2

Die in der Anhörung vom 9.5.2011 abgegebene „Begründung“ für die überraschende Aufwertung der bloßen Möglichkeit des Begehens neuer Straftaten zu einer hohen Wahrscheinlichkeit lautet im Zusammenhang wie folgt:

Frage des Verteidigers:

Wenn Sie in Ihrem Gutachten auf S. 46 schreiben, dass die Annahme nahe liege, dass Herr Mollath womöglich wieder, wie die im Einweisungsurteil genannte Tat, vergleichbare Taten begehen wird, sehe ich darin die Anforderungen der obergerichtlichen Rechtssprechung für nicht erfüllt.

[Antwort des Sachverständigen:]

Ich habe da vielleicht eine etwas zu weiche Formulierung gewählt.

Wenn man berücksichtigt, dass die Anlasstaten losgelöst von der sonstigen Persönlichkeit des Untergebrachten begangen wurden und dass andererseits eine therapeutische Bearbeitung dieser Taten bislang gar nicht stattgefunden hat, halte ich die Wahrscheinlichkeit vergleichbarer Taten für sehr hoch.

http://download.strate.net/de/dokumentation/Mollath-LG-Bayreuth-Protokoll-2011-05-09.pdf#page=11

Das ist nun allerdings nicht neu, daß eine therapeutische Bearbeitung der (bestrittenen) Taten nicht stattgefunden hat. Wenn sie allerdings nach Meinung des Sachverständigen, der den Probanden als ruhig, unaggressiv und auf rechtsstaatliche Lösungen bedacht erlebt hat, persönlichkeitsfremd waren, mithin Ausdruck einer krankhaften Störung zu den lange zurückliegenden Tatzeiten, dann müßten konsequenterweise nicht die im Zustand der nicht ausschließbaren Schuldunfähigkeit begangenen Taten, sondern die Störung therapeutisch bearbeitet werden. Für eine aktuelle Gefährlichkeitsprognose im Jahr 2011 gibt dieser Aspekt jedenfalls gar nichts her.

Nicht minder trägt zur Verwirrung bei, daß sich im schriftlichen Gutachten eine ganz andere Einschätzung (im Rahmen der Bejahung der Voraussetzungen für § 63 StGB) findet: danach waren die Taten nämlich gar nicht persönlichkeitsfremd, der Proband glaubt das nur [Hervorhebung von mir]:

Die im Einweisungsurteil beschriebenen aggressiven Handlungen gegenüber seiner früheren Ehefrau charakterisiert Herr M. ebenso wie die ihm zugeschriebenen gefährlichen Beschädigungen von Fahrzeugen (Reifenaufstechen) als Unterstellungen und letztlich als in Bezug auf sich persönlichkeitsfremd. Geht man vom rechtskräftigen Urteil aus, muss man daher zu dem Schluss kommen, dass er keinen Zugang zu seiner eigenen Aggressivität hat und daher gefährdet ist, erneut vergleichbare gefährliche Handlungen vorzunehmen, was die oben im Kasten abgegebene Beurteilung begründet.

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Gutachten-Pfaefflin-2011-02-12.pdf#page=45

Hier also ist es erstaunlicherweise gar nicht die angebliche Wahnsymptomatik, die in eine „maßlose Enttäuschung über den Rechtsstaat“ insgesamt mündet [ebd.] (womit der Proband natürlich vollkommen recht hatte), die ihn gefährlich macht, sondern daß er die ihm zugeschriebenen Taten als persönlichkeitsfremd bezeichnet und damit beweist, daß er seine sehr wohl vorhandene Aggressivität verkennt.

Gut, daß der 1. Strafsenat Gelegenheit erhalten hat, sich erneut mit diesem überzeugenden Gutachten zu befassen. Dann wird ihm eventuell auch auffallen, daß Prof. Pfäfflin nicht nur die Frage (3) nach Art, Häufigkeit und Schweregrad zukünftiger Straftaten nicht beantwortet hat, sondern auch die Fragen (4) und (5) nach Maßnahmen, die das Risiko zukünftiger Straftaten verringern bzw. nach Umständen, die das Risiko von Straftaten steigern könnten, links liegen gelassen hat.

Diese Fragen beziehen sich naturgemäß auf ein Leben in Freiheit und eventuell zu ergreifende Maßnahmen per Bewährungsauflagen oder bei Ausgestaltung der Führungsaufsicht. Stattdessen gibt er dem BKH Bayreuth den guten Rat, im Rahmen der weiteren Unterbringung (!) doch nicht so schroff-bürokratisch mit Herrn M. umzugehen, weil dies, wie auch ein Streiten über Überzeugungen, nur zur Verhärtung der Fronten führe.

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Gutachten-Pfaefflin-2011-02-12.pdf#page=48

Dem Ergebnis der vom BVerfG auferlegten Strafarbeit wird jedenfalls mit Interesse entgegengesehen, zumal noch mehr Arbeit auf das OLG zukommen wird, wie die Verteidigung angekündigt hat:

Die Verteidigung wird – im Rahmen der anstehenden „Folgenbeseitigung“ – beim Oberlandesgericht Bamberg beantragen, die Rechtswidrigkeit der im Jahre 2012 ergangenen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth und des Oberlandesgerichts Bamberg festzustellen. Eine derartige Feststellung dürfte durch die jederzeitige Prüfungsbefugnis des für die Vollstreckung zuständigen Gerichts gemäß § 67e Abs. 1 StGB gedeckt sein. Die beiden Entscheidungen aus dem Jahre 2013 blieben „unvollendet“, bedürfen deshalb nicht einer derartigen Feststellung.

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Erklaerung-der-Verteidigung-2013-09-06.pdf#page=2

Update (12.9.2013)

Nachzutragen bleibt die vollständige Stellungnahme des OLG Bamberg zu der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, wie sie offenbar Medienvertretern zugesandt wurde. In meinem Artikel hatte ich lediglich ein Zitat daraus aufgeführt, wie es in der Printausgabe der Nürnberger Nachrichten vom 6.9.2013 veröffentlicht worden war.

Stellungnahme des Oberlandesgerichts Bamberg zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Sachen Gustl Mollath

9. September 2013 von Redaktion

Das Oberlandesgericht Bamberg respektiert selbstverständlich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, mit der der Verfassungsbeschwerde des Gustl M. gegen die Beschlüsse des Landgerichts Bayreuth und des Oberlandesgerichts Bamberg aus dem Jahr 2011 stattgegeben wurde.

Der in der Öffentlichkeit erhobene Vorwurf eines fahrlässigen Umgangs der bayerischen Justiz mit einem Menschenrecht ist gleichwohl mit Nachdruck zurückzuweisen. Die vom Verfassungsgericht vorgenommenen Beanstandungen beziehen sich in erster Linie auf einen unzureichenden Begründungsinhalt der aus dem Jahr 2011 stammenden Entscheidungen. Gerade die vom Verfassungsgericht herangezogenen Gesichtspunkte hat das Oberlandesgericht Bamberg aber in seinem jüngsten Beschluss vom 16.07.2013 zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht. Unter Hinweis auf die unzureichende Berücksichtigung veränderter Umstände und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hat es die letzte Entscheidung des Landgerichts Bayreuth über die Fortdauer der Unterbringung des Gustl M. daher aufgehoben.

http://www.wiesentbote.de/2013/09/09/stellungnahme-des-oberlandesgerichts-bamberg-zur-entscheidung-des-bundesverfassungsgerichts-in-sachen-gustl-mollath/

Entsprechend abwiegelnd hat sich der Vizepräsident des OLG Bamberg, Ernst Tschanett, (gern gesehener Grußwortsprecher bei den Bayreuther Forensik-Tagungen von Dr. Leipziger) in einem Interview mit Elmar Schatz geäußert, das am 7.9.2013 im Nordbayerischen Kurier erschienen ist (S. 5):

Ist der Spruch des Bundesverfassungsgerichts nicht eine Schelte für Bayreuther und Bamberger Richter?

Tschanett: Natürlich ist es bedauerlich, dass die Entscheidungen des Landgerichts (Bayreuth) und des Oberlandesgerichts (Bamberg) von den Verfassungsrichtern als grundrechtsverletzend bewertet wurden. Daran kann keinem Gericht gelegen sein. Es gehört aber zu den bewährten Mechanismen des Rechtsstaats, wenn Gerichtsentscheidungen von einem übergeordneten Gericht überprüft und gegebenenfalls beanstandet werden. Nichts anderes ist hier geschehen, das hat man zu respektieren und da tun wir auch. Von „Schelte“, „Klatsche“ oder gar einem „Tiefpunkt“ für die gesamte bayerische Justiz als solche zu sprechen, wie dies in einigen Medien der Fall war, halte ich bei allem Respekt vor der verfassungsgereichtlichen Entscheidung nicht für angemessen.

Als ob die Aufhebung durch das Bundesverfassungsgericht wegen eines „offensichtlichen“ Verstoßes gegen ein Grundrecht denselben Charakter hätte wie die Aufhebung des Urteils eines Amtsgerichts durch das Landgericht. Da halte ich es lieber mit Heribert Prantl, der am 6.9.2013 unter der Überschrift: „Fehler, Fehler, Fehler“ in der SÜDDEUTSCHEN (S. 4) u.a. so kommentierte:

Und, niederschmetternd: Mollaths Richter haben entlastende Umstände nicht berücksichtigt. Das ist Fundamentalkritik. Auch der Sachverständige kommt schlecht weg. Die große Schelte aber gilt dem Gericht.

Die Entscheidungen dieser Gerichte waren unhaltbar; sie waren freiheitsberaubend; sie waren verfassungswidrig. Sie sind eine Schande. Mollath ist mittlerweile frei. Die Schande bleibt.

Das sieht der Vizepräsident natürlich ganz anders:

Worum ging es dem Verfassungsgericht?

Tschanett: Übersehen wird, dass das Verfassungsgericht in erster Linie einen unzureichenden Begründungsinhalt der angegriffenen Entscheidungen – nicht das Ergebnis als solches – beanstandet hat.

Soweit das BVerfG nicht ausnahmsweise durchentscheidet, ist genau das seine Aufgabe: die Mißachtung von Verfassungsrechten bei Entscheidungen der Fachgerichte zu rügen. Diese Mißachtung ergibt sich ausschließlich aus den entsprechenden unzulänglichen Begründungen. Wenn der Vizepräsident andeutet, es sei dasselbe Ergebnis wie im Jahr 2011 möglich, man müsse es nur verfassungsfest begründen (wie manche Richter ein Fehlurteil revisionssicher begründen), dann hat er die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht verstanden. Auf diesen Holzweg sollte sich der 1. Strafsenat gar nicht erst begeben. Nachdem das BVerfG das Gutachten von Prof. Pfäfflin zerlegt und die Stellungnahme von Dr. Leipziger zurecht als unbeachtlich abgetan hat, gibt es keine Basis mehr für die Feststellung einer Gefährlichkeit des seinerzeitig Untergebrachten.

Unter Überspringung des Jahres 2012, in dem die Beschlüsse aus 2011 von beiden Gerichten noch einmal routiniert abgeschrieben wurden, fährt Ernst Tschanett fort:

Übersehen wird auch, dass diese Entscheidungen aus 2011 datieren. Die jüngste Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 16. Juli 2013 hat aber gerade die vom Verfassungsgericht ins Feld geführten Kriterien zum Anlass genommen, den letzten Beschluss zum Anlass genommen, den letzten Beschluss des Landgerichts über die Fortdauer der Unterbringung aufzuheben, geht also genau in die Richtung, die vom Bundesverfassungsgericht eingeschlagen wurde.

Will sagen: das Landgericht handelte verfassungswidrig, wir aber nicht. Was ansonsten zu diesem Rechtfertigungsversuch zu sagen ist, habe ich bereits oben gesagt. Die ungute Kombination StVK Bayreuth – 1. Strafsenat Bamberg war ja schon im Oktober 2012 in einer vergleichbaren Angelegenheit vom Bundesverfassungsgericht gerügt und der Beschluß des OLG aufgehoben worden. Da ist man seitens des OLG, das üblicherweise keiner Kontrolle unterliegt, natürlich entsprechend sensibilisiert…

Sanktionen haben die entscheidenden Richter nicht zu erwarten, denn:

Tschanett: […] Gerade im juristischen Bereich hängt vieles von Sichtweisen und Wertungen ab, die in den verschiedenen Instanzen unterschiedlich ausfallen können, ohne dass es ein absolutes Richtig oder Falsch gibt. […]

Ob das auch für „offensichtliche“ Grundrechtsverletzungen gilt, die eine rechtswidrige Freiheitsberaubung von über zwei Jahren bewirken? Da wäre ich nicht so sicher. Die bayerischen Generalstaatsanwälte mögen zwar ihre gütige Hand über bayerische Richter halten, die ruchloserweise der Rechtsbeugung bezichtigt werden. Spielen alle Oberlandesgerichte mit? Oder gar das Bundesverfassungsgericht? Selbst beim BGH geht es jetzt strenger zu, was Rechtsbeugung angeht. Und der für Bayern zuständige 1. Strafsenat hat jetzt einen neuen Vorsitzenden, der sicherlich kein Interesse daran hat, den Ruf des „Kahn“-Senats, der alles hält, zu bestätigen.

Die Gerichte hätten die Prognose über die Gefährlichkeit Mollaths Gutachtern überlassen und keine eigenen Entscheidungen getroffen, heißt es aus Karslruhe. Worauf sollten sich die Richter sonst stützen?

Tschanett: In medizinischen Fragen sind die Gerichte auf die Erkenntnisse von Sachverständigen als tatsächliche Grundlage ihrer rechtlichen Entscheidungen schlichtweg angewiesen. Sie müssen letztendlich aber eine eigene Entscheidung treffen. Auch im vorliegenden Fall wurden sämtliche Entscheidungen auf der Basis von und in Einklang mit psychiatrischen Sachverständigengutachten getroffen. Die Entscheidung des Verfassungsgerichts sollte uns Richter dazu veranlassen, künftig noch genauer zu herauszuarbeiten, dass ein Gutachten nur eine Tatsachengrundlage für eine Entscheidung ist, nicht jedoch die Entscheidung selbst.

Da hat es ihm der Herr Schatz mit seiner verunglückten Frage natürlich leicht gemacht, den eigentlichen Knackpunkt zu umschiffen. Gerade die Tatsache, daß sich Landgericht und Oberlandesgericht geweigert haben, die Unbrauchbarkeit des Pfäfflin-Gutachtens und der Stellungnahme von Dr. Leipziger zu erkennen und zu kritisieren, obwohl die Verteidigung dies dem OLG sogar auch noch in einer Gehörsrüge dringend anempfahl, ist vom Bundesverfassungsgericht gerügt worden. Die „eigene“ Entscheidung stand sowieso schon fest, und deshalb wurden die nichtbegründeten Prognosen der Psychiater schlicht übernommen. Aus dem schlichten Grund, weil sie eben „paßten“. Diese willkommene Unterstützung hinterfragt man nicht.

Ansonsten ist für Herrn Tschanett alles „völlig offen“ (das Ergebnis des Wiederaufnahmeverfahrens) bzw. „allerdings noch offen“, denn er weiß noch nicht einmal, „Welche Art von Entscheidung ergehen wird, […] nachdem das Vollstreckungsverfahren durch die angeordnete Wiederaufnahme und die Entlassung des Herrn Mollath erledigt ist.“

Das OLG wird also erst einmal an den Formalien zu knacken haben. Ich glaube nicht, daß mit einem schnellen Beschluß zu rechnen ist. Der Spagat, der nun zu leisten ist, ist allzu schmerzhaft. Einerseits gilt es, mögliche Sanktionen wegen der vergangenen Fehlentscheidungen zu vermeiden, andererseits, das Risiko einer erneuten Vorlage beim Bundesverfassungsgericht zu vermeiden, was nur möglich ist, wenn den Vorgaben des höchsten Gerichts penibel gefolgt wird. Am Ende dieses Wegs muß dann aber zwingend eine Entscheidung stehen, die der ursprünglichen diametral entgegengesetzt ist.

Ich lege die Sache auf Wiedervorlage in drei Monaten.

Zur Fortsetzung geht es hier:

https://gabrielewolff.wordpress.com/2013/09/19/der-fall-mollath-die-irrwege-der-psychiatrie-1/

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1.243 Gedanken zu „Der Fall Mollath: Das Bundesverfassungsgericht hat gesprochen

  1. Da die Gepflogenheiten im Umgang mit Strafanzeigen gegen Amtsträger auch im Fall Mollath zukünftig relevant sind, hier die aktuelle weitere Positionierung der Ministerin zur Kenntnis.

    Heute ging folgende Antwort von Frau Merk ein……

    http://www.abgeordnetenwatch.de/frage-512-19193–f398304.html#q398304

    ….was mich zu weiterer Nachfrage veranlasste:

    „Frau Merk,

    der öffentliche Dialog und öffentliche Transparenz ist die einzige Möglichkeit für Geschädigte, Straftaten im Amt und Unrecht durch Bayerns Justiz überhaupt geltend zu machen, wie der Fall Mollath zeigt! 
    Da Sie weiter – weder hier noch anderswo – in redlicher Weise die Fragen beantworten und auch nicht auf die bereits erwiesenen Falschdarstellungen Ihrerseits eingehen, möchte ich Sie mit KONKRETEN Fakten konfrontieren: 

    Bereits am 06. Februar 2012 antworteten Sie, Frau Merk auf Anfrage, u.a. Zitat: „Ermittlungen gegen vorgesetzte Staatsanwälte werden grundsätzlich in anderen Abteilungen oder Behörden geführt.“ 

    http://www.abgeordnetenwatch.de/dr_beate_merk-512-19193–f320730.html#q320730

    Dies, Frau Merk ist eine Unwahrheit, anhand Akten bereits belegt: 

    Unter Beschwerde 1033/12 wurde mit Schriftsatz vom 25. Februar 2012 dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beweisrechtlich dargelegt, dass sämtliche Strafanzeigen durch die Behörden der Beschuldigen selbst – im Fall des Generalstaatsanwalt Lückemann durch von diesem weisungsabhängigen Staatsanwalt – „bearbeitet“ wurden.

    Seite 9, Punkt 14:

    Klicke, um auf ergc3a4nzung-beschwerde-egmr-1033-12-25-02-12.pdf zuzugreifen

    Das ist ebenfalls nachweislich nicht nur in meinem Fall so, sondern in zahlreichen anderen, mir bekannt gewordenen Fällen. Man kann dies also als bayerischen „Stil“ bezeichnen, unter Ihrer ministerialen Dienstaufsicht! 

    Sehen Sie immer noch keinen Anlass, von Amts wegen einzuschreiten und Aufklärung zu veranlassen? Oder würde Sie das selbst weiter kompromittieren?  

    Martin Deeg“

  2. Ausblicke auf das WA-Verfahren:

    Mollath und der Fall HypoVereinsbank
    Hans See

    Gustl Mollath ist auf freiem Fuß, fühlt sich aber nicht frei. Frei wird er vielleicht sein, wenn er nach dem Wiederaufnahmeverfahren rehabilitiert, angemessen entschädigt und wieder integriert worden ist. Dazu muß der Fall Mollath noch einmal aufgerollt und der Schwerpunkt des Prozesses an einem entscheidenden Punkt neu gesetzt werden, und zwar auf die HypoVereinsbank. Das wird nur gelingen, wenn der Fall nicht mehr als »Rosenkrieg« zwischen dem Ehepaar Mollath dargestellt, sondern der Kern des Konflikts, das von Mollath angezeigte Bankenverbrechen, öffentlich berücksichtigt wird.
    […]
    http://www.sopos.org/aufsaetze/52258ad5cd959/1.phtml

    • @Gabriele Wolff
      Sie haben das hier eingestellt – und es macht neugierig. Wie soll das gehen: in der WA auf die Banken einzugehen? Bisher wurde doch vermutet der Tagesordnungspunkt 1 ist der Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung. Nichts mit Banken. Wenn das Gericht hier G.M. frei spricht war es das doch schon? Warum sollte sich die STA, deren Haltung zu Bankenermittlungen ich mit dem Begriff Duldungsstarre aus der Tierzucht beschreiben würde, da hinein knien? Das müßte doch nur geschehen wenn es um Wahn geht – und den Vorwurf müßte die STA erheben, dann die Psychiaterriege antreten lassen. Aber danach sieht es doch gar nicht aus. Eher nach einem Freispruch ohne das überhaupt zu thematisieren – und damit eine Art Genickschuss für die involvierte Psychiatrie.

      • @Gabriele Wolff
        „Da kann man als Verteidiger wunderbare Beweisanträge stellen.“
        Wenn man als Verteidiger sozusagen ein politisches Mandat dabei zu haben glaubt. Ok, danke, könnte so ablaufen. Meine 2 cents: so wird es nicht kommen. Herr Strate wird versuchen so ökonomisch wie möglich einen richtigen Freispruch zu erwirken und dem Alles unterordnen. Die STA will das auch schnell aus den Füßen haben. Was der Herr will, ich will es übrigens auch, ist was für die politische Öffentlichkeit und für investigative Journalisten. Die sehe ich noch nicht; und die Süddeutsche wird sich wohl eher nicht mit den Banken anlegen wollen.
        Das der Fall G.M. einfach eine Verkettung unglücklicher Umstände war halte ich für ein Märchen. Damit ist das Gegenteil aber noch nicht recht bewiesen. Das wäre ein Fall für Jürgen Roth: Doppelleben in der Provinz, oder so.

      • Man kann mit den 3-stelligen Mrd-Verlusten von HVB/HRE ohnehin auch etwas „punitiver“ und „kritischer“ umgehen, wie folgendes heutigen Beispiel aus der SZ zeigt: riskante Finanzwetten der US-Großbank „Wal von London“ kostet JP Morgan noch mal 920 Millionen Dollar
        http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/riskante-finanzwetten-der-us-grossbank-wal-von-london-kostet-jp-morgan-noch-mal-millionen-dollar-1.1775206
        Aber bei der HVB/HRE (und den anderen Landesbanken) ist sehr viel bayrische und deutsche, auch kommunale Politik, andere Banken und Versicherungen im „Spiel“ – kollegiale Verflechtungen der AG Deutschland.

    • Der Mann, mit dem ich sieben Monate während zu Unrecht erfolgter Unterbringung in der Forensik Lohr 2009/2010 das Zimmer teilen musste, ist ebenfalls ein Opfer dieses Gesetzesmissbrauchs „nachträgliche Sicherngsverwahrung“. Nachdem er in den 90ern zu einer Haftstrafe von 4 Jahren verurteilt wurde, hat man 1998 einfach das Schild umgedreht und ihn – auch nach Urteil EGMR und BVerfG – bis November 2011 weiter inhaftiert. 

      Die bayerische Justiz – das Thema populistische „Chefsache“ – verweigerte schlicht die Entlassung, weit nach 10 Jahren rechtswidriger Haft.

      Seit nun über einem Jahr (!) sitzt der Mann wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen  wieder in „Untersuchungshaft“ in Stadelheim und das Landgericht München I verhandelt über eine „Sicherungsverwahrung“. Die Presse berichtet im Sinne der Strafverfolger undifferenziert, hetzerisch und schlicht dumm unter dem Etikett „Missbrauch von Kindern“, auch die SZ. 

      Mein Rat an die Süddeutsche Zeitung: auch hier einmal genau hinschauen und OBJEKTIV berichten! Die Verhandlung läuft….

  3. @ Gabriele
    Wieder mal völlig off topic: Hab im Forum einen kleinen Gedenkstein für M. R.-R. aufgestellt.
    Möge er nicht recht behalten, was seine Meinung zum Tod angeht.

        • @ stringa
          @ Gabriele Wolff

          Liebe stringa, hast Du wirklich nicht die leicht zu findende e-Mail-Adresse von Gabriele Wolff, um solche geheimnisvollen Mitteilungen zu machen?
          Liebe Gabriele, klärst Du uns über dieses geheimnisvolle Spiel auf?

        • Da gibt es kein geheimnisvolles Spiel.

          Meine Blog-Tätigkeit war Ergebnis eines Wirkens in einem Forum, das leider unmoderiert war und in dem, insbesondere bei der Diskussion des Falls Kachelmann, ein veritables Hauen und Stechen ad hominem losbrach, das dann auch in die Realität überging. Daraufhin wurde das Forum geschlossen und ein neues eröffnet, aber auch da setzten wieder unterirdische Grabenkämpfe ein. Endlich wurde aussortiert, und nun haben sich Untergrüppchen mit FB-Seiten und Mini-Foren gebildet und keifen resonanzlos in wechselnden Konstellationen gegeneinander herum. Den Überblick habe ich längst verloren, und er interessiert mich auch nicht.

          Mir geblieben ist ein freundliches kleines privates Forum, das ich wegen der Blogarbeit aber leider seit Monaten nicht mehr besucht habe. Es ist leider auch ziemlich eingeschlafen… Stringa gehört dazu, und ich freue mich immer, wenn sie sich auch hier meldet.

          http://libertalia.forumieren.com/forum

      • Nee, sorry, meine Schuld, ich war zu bequem, eine Mail zu schicken. Dachte nicht daran, daß es vielleicht irritierend wirkt. Ist auch wirklich nichts besonders Geheimnisvolles dran. Das Forum ist mittlerweile ziemlich leer und auch ich schreib dort nur ab und zu.
        Ist aber trotzdem Gabrieles Entscheidung, ob dahin verlinkt werden darf

  4. Martin Runge hat den Wiedereinzug in den Bayerischen Landtag leider knapp verpaßt. Innerhalb der oberbayerischen Liste der Grünen belegt er den achten Platz bei der Gesamtzahl der Stimmen und ist damit erster Nachrücker für den Fall, daß einer der nunmehr sieben (zuvor neun) oberbayerischen Grünen aus dem Landtag ausscheidet.

    Florian Streibl zieht mit dem zweitbesten Ergebnis der Freien Wähler in Oberbayern wieder ein, ebenso wie die SPD-Abgeordneten im Untersuchungsausschuß Inge Aures (Platz 1 in Oberfranken) und Peter Paul Gantzer (Platz 9 in Oberbayern).

  5. Bei heutiger kreuz-u.quer Leserei im I-net zufälliges Fundstück (aus 2002/2003):

    zum Thema Zwangseinweisung ins Klinikum am Europakanal eines Dr. Reinhard Munzert u.a. in Sachen MICROWELLEN! (-WAFFEN)……

    Zitat: „……
    …Richter Althoff habe ich dann nicht mehr erreicht, na ja, es ist ja schließlich Freitag nachmittag…
    Von einem polizeilichen Gutachten über die Realität der von Dr. Munzert gemessenen Mikrowellenstrahlen könne keine Rede sein. Der Polizeibeamte, der sein Meßgerät (das er sich von der Fa. Diehl ausgeliehen hatte), wußte überhaupt nicht damit umzugehen und hatte so ein Gerät offensichtlich das erste Mal in seinem Leben in der Hand gehalten.

    Dr. Munzert erwähnte, daß bereits seit ca. 16 Monaten versucht wurde, ihn zu psychiatrisieren.Der Leiter des Gesundheitsamtes, ein Medizinaldirektor Dr. Lederer und eine Frau Dr. Fleischmann hatten sich in einer sehr unguten und unredlichen Weise ihm gegenüber verhalten. Deswegen hatte Dr. Munzert eine Beschwerde beim Landgericht Führt angestrebt, der stattgegeben worden war.
    Der „Fall Munzert“ hat also eine nicht unerhebliche Vorgeschichte.“
    Zitat Ende

    http://www.tolzin.de/e-smog/munzert/aktuell.htm#0509
    __________
    Mehr zu „Der Fall Dr. Reinhard Munzert“ hier:

    http://www.tolzin.de/e-smog/munzert/
    ___________
    Weiteres stöbern im I-net brachte mich zum Thema: Steuererlass für Rüstungsfirma Diehl:

    http://www.gavagai.de/skandal/HHD0813.htm

    Es geht um Zeitungsartikel aus 2001/2002 bzgl. einer Nürnberger Finanzbeamtin, die es wagte einen Steuernachlass von 30 Millionen Euro für die Rüstungsfirma Diehl publik zu machen.
    ____________
    Und ich landete noch hier:

    http://www.wolfgang-dudda.de/?p=7889

    Günther Beckstein sorgt sich um den Rechtsstaat
    Zitat: ….
    …… „Beckstein wiederholte dennoch immer wieder, dass es für ihn der Untergang des Rechtsstaates wäre, wenn irgendein Politiker sich da einmische. Schließlich könne Mollath ja ein Wiederaufnahmeverfahren selbst anstrengen und dann würden die rechtlichen Prozesse auch alle ganz ordnungsgemäß ablaufen“.Zitat Ende
    _______________

    @ all: mich interessiert, ob in diesem Blog neben weiterhin diskutablen juristischen und psychiatrischen Themen auch politische Hintergründe/Zusammenhänge der Causa Mollath noch deutlicher erarbeitet werden können?
    Mich beschleicht das Gefühl, dass eine anfangs allgemein deutliche Empörung (auf jeder Ebene) abgenommen hat und befürchte, dass Entscheidungsträger/Geschehnisse mehr und mehr in den Hintergrund geraten 😦

    • Soweit die „politischen Zusammenhänge“ anhand von Fakten „erarbeitet“ werden können, nur zu.

      Spekulationen und Mutmaßungen sind hier allerdings weniger willkommen. Dafür gibt es andere Blogs und Foren.

      Ich finde, daß der Untersuchungsausschuß des Bayerischen Landtags doch schon einiges Material zutage gefördert hat, was insbesondere im Minderheitenbericht ab S.61 aufscheint.

      Klicke, um auf 0000011291.pdf zuzugreifen

      Die Lektüre scheint allerdings zu anstrengend zu sein. Es wird lieber frei assoziiert und spekuliert, ein Verfahren, das mich im psychiatrischen Bereich der Causa schon sehr aufregt, im politischen aber erst recht. Eine Psychiatrie, die von falschen oder ungesetzlichen Anknüpfungstatsachen ausgeht, schadet „nur“ einem Einzelnen. Politische Spekulationen gänzlich ohne Anknüpfungstatsachen schaden einer überfälligen Reformdiskussion, die, ausgehend von einem Einzelschicksal, das gesamte System in den Blick nehmen muß. Denn das ist nicht in Ordnung, juristisch wie psychiatrisch.

      Nachtrag:

      Ich habe jetzt Ihre Quellen zum Fall Munzert nachgelesen.

      Ehrlich gesagt diskreditieren sie die tatsächlich stattfindenden Waffenforschungen zum Thema „Mikrowellen“, indem sie die Falschen zu Wort kommen lassen.

      Psychisch Gestörte meinen seit vielen Jahrzehnten, von Strahlen heimgesucht und krankgemacht zu werden. Sie sind generell harmlos und weder eine Gefahr für sich noch für andere. Ich erinnere mich an einen Fall in den achtziger Jahren. Da wurde die Polizei mindestens ein Mal im Jahr von einer Rentnerin angerufen, wenn ihre Strahlenängste überhand nahmen und sie schlicht verzweifelte. Die Polizeibeamten kannten das Problem schon und reagierten pragmatisch. Sie begaben sich in die Wohnung der Anruferin, schalteten ihre knarzenden Walky-Talkies ein, hielten sie an alle Steckdosen in der Wohnung der alten Dame und versicherten ihr dann, daß die Strahlen jetzt vernichtet seien. Diese Aktion verschaffte Seelenruhe für ca. ein Jahr.

      Ich fand diese Aktion der Beamten toll. Ob heutzutage angesichts der Personaleinsparungen allerdings noch Zeit ist, so empathisch und menschlich auf irrationale Ängste zu reagieren, wage ich zu bezweifeln.

        • Nein, ich finde, daß dieser Aufsatz keineswegs o.T. ist; denn die mechanistische Betrachtungsweise des Menschen ungeachtet seiner Individualität beherrscht mittlerweile auch die Psychiatrie. Hirnchemie und Gene, Reiz-Reflex-Schema. Mir hat der Aufsatz aus der Seele gesprochen (die es ja auch nicht mehr gibt…).

          Bei dem letzten Absatz mußte ich an Kröber denken:

          Unser ganzes Streben nach dem Guten, Gerechten, Schönen und Heiligen, nach dem, was dem menschlichen Leben einen Sinn verleiht und dafür sorgt, dass wir, wie es in der Heiligen Schrift heißt, „nur wenig geringer als die Engel“ und ein wenig besser als Hunde und Katzen sind, ist für die Weltsicht des Robotismus unsichtbar. In der vom Robotismus geprägten Zukunft werden wir werden, was wir zu sein glauben: Hunde mit iPhones. Die Welt brauchte heute einen neuen subjektivistischen Humanismus – nicht nur verstreute Proteste, sondern eine ständig wachsende Bewegung, einen Aufschrei, der aus dem Herzen kommt.

          http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/ende-der-subjektivitaet-der-robotismus-als-soziale-krankheit-12576611.html

          Dieses sinnverleihende Streben ist für ihn, Kröber, ja gleich wahnhaft: denn wieso sollte sich ein Mensch um Werte scheren, die mit ihm persönlich nichts zu tun haben? Wer Eigenbezug zu Welt-Ereignissen herstellt, tickt nicht sauber.

          Am erstaunlichsten finde ich, daß der Autor Computerwissenschaftler ist:

          David Gelernter ist Professor für Computerwissenschaft an der Yale University und unter anderem Autor von „Mirror Worlds: or the Day Software Puts the Universe in a Shoebox“ (1991; deutsch „Gespiegelte Welten im Computer“, 1996), einer visionären Studie über das World Wide Web. 1993 wurde er durch eine Briefbombe des Unabombers schwer verletzt.

      • https://gabrielewolff.wordpress.com/2013/09/06/der-fall-mollath-das-bundesverfassungsgericht-hat-gesprochen/comment-page-2/#comment-25710

        @Frau Wolff,

        der Fall Munzert fand hier lediglich meine Erwähnung, weil auch dort z.B. das Klinikum am Europakanal mitwirkte, auch in diesem Fall „mal eben“ zwangseingewiesen wurde, weil einfach der Begriff Microwellen (wie bei G.Mollath) auf „Unverständnis“ traf, und voreilig jemand als „Irrer“ behandelt wurde usw.usw.

        Auf meine ungeschickte Weise 😉 möchte ich einfach anregen, die weiteren Tiefen der Causa Mollath zu durchleuchten. Da ist noch ordentlich Potenzial.

        Ihr Vorschlag, den Minderheitenbericht ab S.61 zu studieren, ist eine gute Marschrichtung.

        Ich stimme Ihnen zu: ausschweifendes Geschwafel ist in anderen Foren/Blogs besser aufgehoben. (Von Höckschen auf Stöckchen kommen…)

        Gelegentliche freie Assoziationen/Spekulationen sollten hier aber hinnehmbar sein, sie sind nicht gänzlich vermeidbar.

        Ich bin mir sicher, dass dieses Forum nicht an Niveau verliert!

      • @Themis: Was dort steht ist der Geist der ‚Leopoldina‘, nur dort hin schaffen es nicht so viele. Danke für den Link. (Dass Freud etwas zu überhöht heraus kommt, ist mehr durch die Masse der Anhänger als durch die Qualität von Freuds Lehren bestimmt, aber da kann man anderer Ansicht sein. Mir soll es recht sein, wenn ich Freud jedoch in der Psychotherapiestunde finde, löst sich Bitterkeit in körperliche Reaktionen auf, manche nennen es Brechreiz oder …)

        PS: Wolff-Blog-Sucht wird für mich zusehens bewußt, denn ich müßte eigentlich …

      • Auch ich finde es super, wie Polizeibeamte eine sensible Anruferin mit Hausbesuch haben beruhigen haben können. Man sollte auch nicht vergessen, dass gewisse politische West- und Ost-Waffen-Mächte während eines jahrzehntelangen „Kalten Krieges“ (bis etwa 1989) sehr erfindungsreich mit „Mikro-Wellen-Strahlen“ (auch Radar-Strahlen zählen dazu) waren und bestimmt noch sind. Mikrowellen „bewegen“ sich in einem weiten Spektrum, wobei diese anhand von Mikrowellen-Küchenöfen zuerst öffentlich bekannt geworden sind: sehr praktisch und gut, um ab und zu mal einer gefrorenenen Pizza „warmes Leben einzuhauchen“. Zum Ernst: ADS (Active Denial System) wurde in den 1980er Jahren von der US-Luftwaffe (…) entwickelt. Wikipedia kann mit Wellen-Längen, Frequenzen (Hertz) mehr Auskünfte geben. Von mir zur Veranschaulichung nur ein Beispiel aus dem menschlich unhörbaren Infra-Schallwellen-Bereich (haben nichts mit dem vorgeschilderten Bereich der elektromagnetischen Wellen zu tun): als die 5 neuen „kunterbunt-schallenden“ Glocken der neuerrichteten Dresdner Frauenkirche erstmalig zum Schwingen gebracht worden sind (wurde im FS übertragen), bekam mein Hund wahnsinnige Ohrenschmerzen – wegen absolut unsaubere und disharmonische Schall-Frequenzen (für menschliche Ohren kaum wahrnehmbar). Somit meine ich zu glauben, wenn „zahlreich, komplex verschiedene“, also „unsaubere“ elektromagnetische Wellen, weil diese aus verschiedenen Frequenzbereichen sich „überlagern, addieren, subtrahieren“ etc.), dass dieses durchaus auch auf das menschliche Gemüt „Wirkung“ zeigen könnte. Auch wenn ich selber dies alles nicht zu spüren vermag, so dürfte Herr Dr. Munzert durchaus recht haben. Ein Problem hätten lediglich „allwissende“ Psychiater, die wenigsten zuvor hätten paar Semester „Wellen-Physik“ studieren sollen.

      • @Dietmar Nisch schrieb am 19. September 2013 um 11:28:

        Somit meine ich zu glauben, wenn “zahlreich, komplex verschiedene”, also “unsaubere” elektromagnetische Wellen, weil diese aus verschiedenen Frequenzbereichen sich “überlagern, addieren, subtrahieren” etc.), dass dieses durchaus auch auf das menschliche Gemüt “Wirkung” zeigen könnte.

        Meine zugegebnermaßen bescheidenen Physikkenntnisse verschaffen mir in den Punkten, die Sie nennen, Beruhigung. Interferenz (“überlagern, addieren, subtrahieren”) kann zwar zu beliebig komplexen Mustern führen (zeitlich oder räumlich aufgelöst)[1]. Bei der wie auch immer gearteten Wirkung von Strahlung geht es aber um die Intensität. Und diese nimmt bei Strahlungsquellen, die nicht gerichtet sind, mit der Entfernung rasch ab[2] (doppelte Entfernung, ein viertel der Intensität).

        Beim Nachlesen über den Begriff ADS (Active Denial System) bin ich auf ein schönes Video von Georg Schramm bei „Neues aus der Anstalt“ gestoßen.[3]

        [1] http://de.wikipedia.org/wiki/Interferenz_%28Physik%29
        [2] http://de.wikipedia.org/wiki/Abstandsgesetz
        [3] http://youtu.be/lXZaKapOJyc

      • @echt?
        Was soll dieser Irrläufer im Kontext dieses Blogs? Oder soll er als Kandidat für eine Zwangseinweisung sozusagen angemeldet werden? Dann aber wären doch irgendwelche Psychiater die richtige Adresse.
        Oder möchten Sie wissen ob sich Anhänger der „Neuen Germanischen Medizin“ hier tummeln? Wo wäre dafür der Anfangsverdacht?

      • Nur weil diverse Leute das Forum und den Blog von psiram für ihre Meinungsmache missbrauchen, heißt das nicht, dass das Wiki schlecht ist.
        Was dort über Tolzin steht ist völlig korrekt und kann auch an anderer Stelle problemlos nachgelesen werden. Man sollte da unterscheiden können, sonst erkennt man nicht, wer der wirkliche Irrläufer in dem Fall ist.

        Ich wünsche noch einen schönen Tag
        Spirit

        Und danke an Frau Wollf für die gute Anlaufstelle die Sie hier geschaffen haben. Mir macht es wirklich Spaß Ihre Texte zu lesen.

        • Es geht wohl eher darum, ob man aus einem Zitat herleiten kann, daß sich der Zitierende mit der Person, die er zitiert, beschäftigt hat oder sich gar mit ihr und ihren allgemeinen Ansichten identifiziert.

          Das ist wohl eher selten der Fall. Obwohl manchmal so viel Zeit sein sollte. 😉

      • @echt? @Gabriele Wolff
        Einfach einen Link abladen, ohne irgendeinen Kommentar, macht man ausnahmsweise dann, wenn ganz klar ist, dass sich die Mitleser über die dortige Information im Kontext dieses Blogs ein Bild machen wollen. Wenn das nicht so ist, was meist der Fall ist, sollte man meiner Meinung nach mit ein paar Sätzen darlegen, was dieser Link für irgendein Argument hergeben soll. Wenn das ausufert wird ein Blog praktisch unlesbar. Wir wollen nicht vergessen dass dieser Blog unter ständiger Qualitätskontrolle der ständisch orientierten Psychiater steht. Darauf, dass die null Reichweite haben, muss man sich nicht verlassen. Echt wahr!

      • Sogenannte „Spinner“ (ob nun dieser Herr Tolzin oder dieser Dr. Munzert) sind viel zu interessant, um sich nicht mit ihnen zu beschäftigen. Ich meine das nicht im Sinne von Bestaunen einer Kuriosität. Ich will auch nicht nahelegen, dass sich ihre Einzelmeinungen eines Tages als lange verleugnete Wahrheit herausstellen könnten (so als wären sie diejenigen, die am Anfang eines wissenschaftlichen Paradigmenwechsels stünden). Vielmehr finde ich, dass manche zunächst kurios erscheinenden „Theorien“ (viele lehne ich von Grund auf ab) wertvoll sein können im Sinne einer alternativen Betrachtungsweise, als Denkanstoß, ohne dass man der Argumentation folgen, oder dieselben Schlüsse ziehen müsste.

        Außerdem finde ich es interessant zu sehen, wie unsere Gesellschaft mit „Spinnern“ umgeht. Ob die vorsokratischen Naturphilosophen (Thales: „Alles ist aus Wasser.“), wenn man sie in die heutige Zeit „beamen“ würde, wohl zwangspsychiatrisiert würden? (Ich bin nach wie vor begeistert davon, wie Oliver Garcia in dem Zusammenhang aus „twelve monkeys“ zitiert hat.)

    • @gabrielewolff
      „Die Welt brauchte heute einen neuen subjektivistischen Humanismus – nicht nur verstreute Proteste, sondern eine ständig wachsende Bewegung, einen Aufschrei, der aus dem Herzen kommt.“
      Diese „maechtige“ Zitat haben Sie sehr zielsicher ausgewaehlt, Frau Wolff!

      Da der Satz des Computerwissenschafter Prof Gelernter, mehr als
      2.5 Tausend Jahre westlich-christliche ueberwiegend lineare, durch Einseitigkeit oft irregleiteter, „als alleinige Wissenschaft verkaufte“ Denk- und Geistesentwicklung relativiert, die uns allen eingeschrieben („eingeblaeut“) wurde, duerfte er „wissenschaftlich“, „strategisch“, „politisch“, „oekonomisch“, „psychiatrisch“ und „philosophisch“ fuer die harten Fragen kaum sehr ernst genommen und dafuer oft „vorbewußt“ abgewehrt werden.

      Koerper, Herz, Gefuehl, Natur und Unbewußtes, das „nicht so linear lebendige“, sind durch das manchmal religioes anmutende „cartesianische Glaubensbekenntnis“ zu einem Schattendasein, dem eher belaechelten, oft auch verfolgten und degradierten „Negativ“ von Entwicklung, Logik, Geist, Geld, Vernunft und Zukunft degradiert oder taeuschend usurpiert worden.
      Ich habe den dringenden Verdacht, dass ein tieferes und serioeses Verstehen und Einsehen in diesen „lebenswissenschaftlichen“ Satz (und seiner Weitungen und Hintergruende) Voraussetzung dafuer ist, das Gros unserer anstrehenden Probleme erfolgreich zu bearbeiten und zu loesen, sinnovlle und haltbare Antworten fuer „Gesellschaft et al“ zu finden.
      „Mollath“ ist ein Ansatzpunkt, Wegweiser und vielleicht noch nicht ganz verstandene Lektion. Da geht noch mehr.

      • @Euler Hartlieb (am 19. September 2013 um 13:06)

        Ich sehe in diesem allgemeinen Trend (meine subjektive Wahrnehmung) der Hinwendung zu den Naturwissenschaften und der Abwendung vom Glauben ein ganz schlimmes Missverständnis. Ganz so, als ob man sich entscheiden müsste: Glaubst Du an Darwin, oder glaubst Du an Gott? (Noch weiter unzulässig verkürzt bei den Creationisten: Glaubst Du an die Evolution und zweifelst Du an dem Wortlaut der Schöpfungsgeschichte?) Als ob die Naturwissenschaft irgend etwas mit Gott (für Christen gleichbedeutend mit Religiösität schlechthin) am Hut hätte und womöglich Glauben ersetzen könnte (oder wollte – die größten wissenschaftlichen Genies des 20. Jhdts waren tiefgläubig). Über Jahrhunderte haben die Kirchen bei jeder neuen wissenschaftlichen Erkenntnis, die ihre Bibelauslegung zu bedrohen schien, eine vermeintliche Gegnerschaft wahrgenommen und diese „Er-oder-ich-Karte“ gespielt. Angesichts des großen Erfogs der Naturwissenschaften in unserer alltäglichen Wahrnehmung könnte man das wohl ein klassisches Eigentor nennen. Wenn die Kirchen als „Erinnerer an ethische Fragen“ wegbrechen, und nur noch die Kälte der Wissenschaftlichkeit übrig bleibt, ja, dann haben wir ein Problem. Dann können ganze Bevölkerungsschichten und Industriezweige sich von der Gesellschaft abkoppeln (z.B. Finanzindustrie) und die Menschen auffressen.

        Das ist für mich alles ein Produkt unseres antropozentrischen Weltbildes, der grandiosen Überschätzung unseres Verstandes. Als ob wir in der Momentaufnahme der Zeit, die wir Gegenwart nennen, am Ende einer Entwicklung angekommen wären. Die höchste Ebene der Vernunft (Krone der Schöpfung) erreicht hätten. Dabei sollte man doch festhalten, wie mickrig die Zeitspanne, die wir Menschheitsgeschichte nennen, auf der Zeitskala der biologischen Evolution ausfällt. In unserer Überheblichkeit denken wir auch noch, dass wir mit unseren Gehirnen ein Copyright auf die Vernunft erworben hätten. Da finde ich die Überlegung, die Hoimar von Dithfurt in „Der Geist fiel nicht vom Himmel“ anstellt, dass es eine Vernunft ausserhalb von Gehirnen geben könne ganz spannend.

        Passend zum Stichwort „Robotismus“ hat Frau Stetter vor ein paar Tagen einen Artikel aus Dr. Frangensteins Labor zur Diskussion gebracht (am 12. September 2013 um 12:43). Es gibt tatsächlich Neurochirurgen, die dem Ganzen zur Realität verhelfen wollen, und Menschen Chips in die Gehirne stopfen.

      • @ Lieber Wikileaks – Danke sehr.
        „Das ist für mich alles ein Produkt unseres antropozentrischen Weltbildes, der grandiosen Überschätzung unseres Verstandes. Dabei sollte man doch festhalten, wie mickrig die Zeitspanne, die wir Menschheitsgeschichte nennen, auf der Zeitskala der biologischen Evolution ausfällt. In unserer Überheblichkeit denken wir auch noch, dass wir mit unseren Gehirnen ein Copyright (und Monopol) auf die Vernunft (und die Natur) erworben hätten.“
        Da bin ich ganz bei Ihnen. Auch ich glaube, dass wir uns da als „Menschen“ hoffnungslos und folgendschwer ueberheben und taeuschen; die mangelnde Bescheidenheit betrifft leider nicht nur die Psychiater.

        „Ich sehe in diesem allgemeinen Trend (meine subjektive Wahrnehmung) der Hinwendung zu den Naturwissenschaften und der Abwendung vom Glauben ein ganz schlimmes Missverständnis.“ Ich auch. Aber anders als Sie, sehe ich seit einigen Jahren mit C. v. Braun in der Abkopplung, Ueberschaetzung und Hinwendung zu den abstrakten, erschaffenen „Wissen““schaften“, die („logische“) Kontinuitaet eines Prozesses, dessen Dynamik in der besonder generativen Schriftlichkeit des griechischen Alphabets, spaeter lateinischen Kulturkreises seinen Ausgangspunkt hat; mit besonders vollstaendigen Abstraktion und einem resultierenden christlichen (in Abgrenzung zum juedischen und islamischen) Monotheismus und Polytheismen, seinem daraus entstehenden eigenen Hierarchien (Koerper-Geist) und Glauben (am Anfang steht das Wort/die Schrift versus Oralitaet, auch Geschlechterrollen/ Emanzipation/ Fruchtbarkeit/ Sterblichkeit), der auch unsere „Saekularisierung“ und „Glauben“ und „Glaubensbereitschaft“ an einige erstaunlich realitaetsfremde Abstraktionen und „Normierungen“ folgenschwer praegt(e). Schwerer Tobac, ich weiss, aber hilfreich. Im Fall Mollath sehe ich da einen deutlichen Zusammenhang bspw. bei der Reaktion der „Gemeinschaft-en“ und der Rolle der „Psychiater“; erstaunlich Un-Vernunft.. Vieleicht kann und darf ich darauf bald noch einmal zurueckkommen.

    • Zur Landtagswahl in Bayern und nicht satirisch. Sondern nüchtern.

      Auch wenn ich kein „anerkannter Psychologe“ bin (was nur gut ist), sondern „nur“ die fünf Grundrechenarten anwenden kann: bei dieser Bayernwahl am 15. 9. 2013 gab es 3.394.457 Nichtwähler und 81.143 Ungültigwähler, so die amtlichen Zahlen http://www.landtagswahl2013.bayern.de/taba2990.html

      Ein kurzer sachkundiger Kommentar zu Legitimations- und Mehrheitsfragen nach der Bayernwahl http://blog.nassrasur.com/2013-09-17/kommentar-die-mehrheit-schweigt/ weist konkret nach: die „absolute“ CSU-Mehrheit (101 von 180 Landtagsmandaten) beruht auf 2.753.205 Millionen CSU-Stimmen von 9.405.974 Millionen Wahlberechtigten. Und das sind 29 Prozent. Nicht mehr und nicht weniger – 29 Prozent.

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