Fortsetzung von:
In dieser Zeit der allgegenwärtigen und daher kaum mehr bewußten Abwertung des Männlichen könnte das Erscheinen des Essays
Das verteufelte Geschlecht
Wie wir gelernt haben, alles Männliche zu verachten. Und warum das auch den Frauen schadet.
http://www.zeit.de/2012/16/DOS-Maenner/komplettansicht
von Christoph Kucklick im Leitmedium ZEIT eine Zeitenwende markieren. Denn Kucklick leitet diese Männerverachtung historisch her und verweist damit auf ihre Funktion:
Das Stereotyp vom unmoralischen, gewalttätigen, sexuell unersättlichen Mann ist weit vor dem Feminismus entstanden, an einer historischen Schlüsselstelle: zu Beginn der Moderne, um 1800. Die Geburt des maskulinen Zerrbildes ist also unmittelbar mit der Geburt der modernen Gesellschaft verbunden, seither schreiten beide, Moderne und verteufelte Männlichkeit, gemeinsam und untrennbar durch die Historie. Das Unbehagen an der Moderne wurde zum Unbehagen am Mann. Und umgekehrt.
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Diese Analyse beantwortet die Frage, warum das ›Unbehagen am Mann‹ gerade heute, in Zeiten der Globalisierung, die ein Prekariat und Abstiegsängste der Mittelschicht wachsen läßt und der Bevölkerung die Hilflosigkeit von Politikern vor Augen führt, seinen schrillen Karriere-Höhepunkt erreicht. Der eigentliche Gegner ist gesichtslos und nicht zu fassen: sind es die Rating-Agenturen, die Banken, die Hedgefonds, die Börsen, die Märkte, der Kapitalismus an sich? Sie allesamt agieren logisch, und der Verbraucher, der sein Erspartes vermehrt wissen will, ist freiwillig-unfreiwilliger Mitakteur. Das Alles ist viel zu komplex für einfache Rezepte.
Der Mann dagegen ist dingfest zu machen, und ein Sündenbock muß nun einmal her.
Moralismus und Schuldzuweisung als Scheinlösung von Problemen, die damit ungelöst links liegen bleiben, herrschen nicht nur in den Medien, sondern auch in der Politik vor: eine immer tiefer ins Private der Bürger abzielende Verbots- und Gebotskultur gebärdet sich jakobinisch und entmündigend: auch hier werden Sündenböcke aufgebaut und Moral postuliert: die Raucher, die Übergewichtigen, die Ego-Shooter, die Nicht-Organspender, die Kinderlosen, die Unterschicht, die Immigranten, Mütter und Väter, die ihre Kleinkinder selbst betreuen wollen. Alle sind sie leicht zu identifizieren und zu dämonisieren. Daß es nur um Geld geht, wie eigentlich immer, wird auf diese Weise verschleiert. Um die in falsche Kanäle geschleusten staatlichen Milliarden soll und darf es keine Debatten gehen. Die, die zuviel Kosten verursachen oder zu wenig nützlich sind, sollen ein Gesicht bekommen und die Schuld an der Misere tragen.
Nichts anderes gilt im privaten Verhältnis zwischen Mann und Frau. Kommt es zu Krisen, Trennungen, Streitigkeiten: das Feindbild ›Mann‹ steht. Und Gesetzgebung und Justiz stehen ihm zur Seite. Auch diesen Aspekt hat Kucklick beleuchtet:
Männlichkeit muss gar nicht erst durch nachprüfbare Kausalketten mit dem Unerwünschten verknüpft werden. Sie erfüllt eine viel schlichtere Aufgabe: Sie ist die Kurzformel für Missstände aller Art. So wie wir gelernt haben, schneller Reize wegen Bildschirme und Plakatwände mit nackten Frauen zu füllen, so haben wir uns antrainiert, jedem Problem einen männlichen Defekt beizugesellen, der es irgendwie verursacht haben soll. Kausalitätspornografie.
Das erlaubt es, über Männer so pauschal und abfällig zu sprechen wie über keine andere Gruppe. Oft genügt für die Verurteilung der bloße Verdacht. Als der frühere Chef des Internationalen Währungsfonds, Dominique Strauss-Kahn, am 14. Mai 2011 in New York verhaftet worden war, weil eine Hotelangestellte behauptet hatte, von ihm vergewaltigt worden zu sein, wusste Amerikas Alpha-Kolumnistin Maureen Dowd in der New York Times schon am nächsten Tag, dass sich DSK »wie ein Bure« (Apartheid!) und »Primitiver« (Barbarei!) im »Höhlenmenschen-Stil« (Neandertaler!) auf »eine hart arbeitende, gottesfürchtige, junge Witwe« (Engel!) gestürzt hatte. Der Spiegel entlarvte nach dem Vorfall den Mann gar als »des Menschen Wolf« (Feind der Menschheit!). Kurze Zeit später ließen die Staatsanwälte alle Vorwürfe gegen Strauss-Kahn fallen.
Es geht nicht darum, diesen Politiker zu verteidigen. Wie man heute weiß, hat er häufig zumindest den Respekt für Frauen vermissen lassen. Es geht darum, zu bemerken, dass einem Mann blindlings eine Vergewaltigung zugetraut wird. Einer Frau aber nicht einmal eine Lüge. Artikel über die Niedertracht der Hotelangestellten sind jedenfalls nicht bekannt, wären indes ebenso evidenzfrei denkbar gewesen. Aber natürlich würden die Leser sie als nicht satisfaktionsfähige Dummheit durchschauen. Geht es dagegen um Männer, adeln wir den Hirnriss zur Erkenntnis: Gerade weil nichts Genaues bekannt ist über die Geschehnisse in Suite 2806 des New Yorker Sofitel, füllen wir das Vakuum mit dem Fantasiebild vom bösen Mann. Geht es um Abscheuliches, dient er als beliebteste Ursache.
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Hirnriss, fürwahr. Wenn man den Antrag der Staatsanwaltschaft auf das Fallenlassen der Anklage gelesen hat (und noch so einige andere Hintergrundstories), kann man nur zu dem Schluß kommen, daß hinreichender Verdacht einer Falschbeschuldigung aus finanziellen Motiven gegen Diallo besteht. Insbesondere die erst im Juli erhobene Behauptung erlittener Verletzungen, obwohl am 14.5.2011 keine vorhanden waren, weshalb die Anklage auch keine Körperverletzungen beinhaltete, ist ein nachdrücklicher Beleg. Orchestriert und ermöglicht wurde dieses Vorgehen allerdings durch politische Gegner. Es kommt hinzu, daß die erste Fassung des Antrags drei Mal so lang war wie die tatsächlich eingereichte. Sie wurde, um die Belastungszeugin nicht noch mehr bloßzustellen, letztlich auf das Minimum gekürzt:
Einstellungsantrag auf Deutsch mit Einleitung von Gerhard Strate :
http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/archiv/11-08/index.php?sz=10#
Der Original-Einstellungsantrag:
Mr. Vance has sought to allay criticism of his decision through a 25-page report that his office filed with the court on Monday and through statements made by the lead prosecutor on the case, Joan Illuzzi-Orbon, on Tuesday.
The prosecution’s original report was about three times as long, but it was scaled back to provide only the details relevant to support the legal arguments and to spare Ms. Diallo embarrassment, a law enforcement official briefed on the case said.
Die von der Staatsanwaltschaft – nicht von der Verteidigung – aufgedeckten und veröffentlichten notorischen Lügen der Belastungszeugin über ihr gesamtes Leben und den ›Tatablauf‹ waren tatsächlich schon Grund genug, den Nicht-Fall fallen zu lassen. Besonders desaströs erwies sich die Fähigkeit der Belastungszeugin, eine frei erfundene Gruppenvergewaltigung in ihrer Heimat detailliert, emotional und unter Vorzeigen auf hierdurch erlittene Verletzungen vorzutragen. Sie schreckte nicht einmal davor zurück, zu behaupten, ihr kleines Kind sei ihr zuvor aus den Armen gerissen und zu Boden geworfen worden.
Aber die drei DSK-Verfahren sind ohnehin ein Kapitel für sich. Das erste entstand aus finanzieller Motivation, die beiden weiteren aus politischer.
Dieses aktuelle Interview des Enthüllungsautors Edward Jay Epstein mit DSK vom 27.4.2012 mag einen ersten Überblick über die Zusammenhänge geben:
http://www.guardian.co.uk/world/2012/apr/27/strauss-kahn-affair
http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,830110,00.html
Sarkozy hat es nicht geholfen: gegen den affairengeplagten Milliardärsfreund Sarkozy hätte man einen Besen aufstellen können, und er hätte gewonnen. Was mögen das für Affären sein?, fragt sich der deutsche Bürger. Denn über die französischen Wahlen gibt es ja nur den deutschen Desinformations-Journalismus, der wohl ausschließlich von der Lektüre des FIGARO zehrt…
Das schändliche Spiel, das auch medial mit DSK betrieben wurde – das NYPD ließ eigens eine Tribüne aufbauen, damit möglichst viele Kameraleute den ›perp-walk‹ einfangen konnten -, hat Monika Frommel, in vernünftiger Art und Weise feministisch inspirierte Professorin für Strafrecht und Kriminologie,
http://www.uni-kiel.de/isk/cgi-bin/index.php
so bewertet:
Eine beschämende öffentliche Demütigung ändert kein patriarchales Strukturproblem. Sie fügt einem bis zu diesem Ritual mächtigen und nun äußerst verletzbaren Menschen Schaden zu. Feminismus ist eine breite soziale Bewegung und kann auf eine differenzierte Theorie zurückblicken. Diese Theorie analysiert Machtstrukturen und entwickelt Gegenstrategien. Sie sollte besonders vorsichtig sein, wenn Macht unfair ausgespielt wird. Ignoriert sie diesen Unterschied, wird sie zum feministisch getarnten Faschismus (oder Bolschewismus).
Tja. Die ausgewiesene Nicht-Theoretikerin Schwarzer hatte diesen klassischen Promi-Fall umgehendst für ihre Sache instrumentalisiert. Beweise braucht sie nicht, weil ihre Welt übersichtlich und aufgeräumt ist: Frauen lügen nicht, und Männer sind schlecht. Er möge doch gestehen, riet die selbsternannte Fachanwältin der Nebenklage, die etwas gegen gute Verteidiger hat. Wer sich propagandistische Hate-Speech antun will, mag diese ihre Kommentare zum DSK-Verfahren nachlesen:
Später gab es dann nicht mehr viel von ihr, als die Lügen von Diallo aufgedeckt waren. Außer einer eigenen dreisten Lüge:
Das Strafverfahren war trotz schwerer Beweise gar nicht erst eröffnet worden. Staatsanwalt Vance schien um seine Karriere besorgt. Anzunehmen, dass in diesem neuen Licht nun eher die Einstellung des Verfahrens für den New Yorker Starankläger karrierehemmend sein dürfte.
In Wirklichkeit gab keinen einzigen Beweis für die behauptete Tat… Das Fehlen von Beweisen für einen gewaltsamen sexuellen Akt hat doch die völlig unwahrscheinliche Darstellung widerlegt: wie sollte ein körperlich unterlegener Mann, zehn Zentimeter kleiner als die Frau, dreißig Jahre älter, als unsportlicher Typ eine physisch arbeitende Frau gewaltsam zwingen können, einen Oralverkehr zu erdulden – ohne Verletzungsspuren zu hinterlassen? Warum sollte er, wie von Diallo behauptet, nach Verlassen der Dusche, nackt das angrenzende Schlafzimmer durchquert und den Flur betreten haben? Was wollte er da?
Die Staatsanwaltschaft selbst stufte es als unethisch ein, der Jury eine Zeugin zuzumuten, von der sie selbst nicht wisse, welche der zahlreichen Versionen sie denn nun vor Gericht vortragen werde. Daß sich die Zeugin während der laufenden Ermittlungen, natürlich auf Druck ihres Anwalts, der irgendwann auch einmal Geld sehen will, an Presse, Funk und Fernsehen wandte, einen Pressetermin in der black community in NY abhielt und die Gewerkschaft mobilisierte, Demos abzuhalten, hat ihren Ruf zusätzlich beschädigt. Aber das stört die Presse nicht. Populistischen Druck auf die Justiz übt sie schließlich selbst aus. Hauptsache, daß es was zu berichten gibt.
Ausgleichend ungerecht stürzte Schwarzer sich dann auf das Prostitutionsverfahren gegen DSK, das ja viel schlimmer sei als das Verfahren in New York:
Aufgeflogen ist das Ganze, weil einer der feinen Herren sein pikantes Wissen über „DSKs sexuelle Vorlieben“ an Kenneth Thompson, den Anwalt von Nafissatou Diallo, via Telefon zum Verkauf angeboten hatte und dabei abgehört worden war.
Seit Monaten nun recherchiert die französische Polizei und Justiz und vernimmt brutale Zuhälter, korrupte Polizisten, bekannte Mafia-Mitglieder, Prostituierte und Gelegenheits-Prostituierte. Die erzählen ausführlich und im Detail von Orgien, die für den mächtigen DSK in Lille oder Paris organisiert worden sein sollen. In Hotels oder Luxusappartments, wo „die Mädchen“ dann der Reihe nach dran waren, zwischen den Gängen.
Nicht auszumalen, was passiert wäre, wenn Dominique Strauss-Kahn Präsident geworden wäre – Frankreich wäre dann wohl erpressbar gewesen durch die zwielichtigsten Kräfte.
Daß mal wieder wenig von dem stimmt, was sie hier behauptet, überrascht niemanden, der ihre BILD-kompatible Schreibe kennt.
Nein, keiner der Beschuldigten hat mit Kenneth Thompson telefoniert. Nein, es geht nicht um Mafia und brutale Zuhälter, die Beschuldigten gehören zu den oberen Zehntausend (Luxushoteldirektor, -eigentümer, -manager, Notar, hochrangiger Polizeibeamter, Unternehmer nebst Gattin, Filialleiter eines Baukonzerns). Es gibt nicht die geringsten kriminalpolitischen Gründe, dieses Verfahren zu führen. Aufgrund der bigotten Rechtslage in Frankreich, wo es sicherlich nicht weniger Prostitution gibt als in Deutschland, arrangieren sich Polizei und Bordellbetreiber üblicherweise so: Prostitutionsvermittler arbeiten als Informanten für Polizei und Geheimdienste, im Gegenzug wird gegen sie kein Verfahren eingeleitet. Leben und leben lassen, Kontrolle ist besser als Vertrauen.
Wie alle deutschen Medien vergißt auch Alice Schwarzer zu erwähnen, daß das, was DSK anscheinend vorgeworfen wird (auch die Franzosen sind perplex, daß ein strafloser Kunde von Prostituierten, der DSK subjektiv nicht einmal war, wie von seinen Freunden bestätigt, sich nun durch irgendein unbekannt gebliebenes, als Vermittlung gewertetes Verhalten wegen Förderung der Prostitution strafbar gemacht haben soll, und vermuten eine politisch motivierte Rechtsauslegung der in Frankreich politisch gesteuerten Justiz), in Deutschland überhaupt nicht strafbar wäre.
Bei dem sogenannten Carlton-Verfahren handelt sich um ein aus politischen Gründen eingestiltes, sehr genau getimtes Verfahren, das im Februar 2011 mit einer gezielten anonymen Anzeige unter Mitteilung von Handy-Nummern zwecks Einleitung von Abhörmaßnahmen begann und am 14. Oktober 2011 öffentlich wurde, einen Tag nach der Einstellung des Banon-Verfahrens gegen Strauss-Kahn… Bereits einen Tag nach der Verhaftung Strauss-Kahns in New York setzten französische Stellen die New Yorker Behörden von diesem noch geheimen Verfahren in Kenntnis, was zu der Entscheidung der New Yorker Staatsanwaltschaft beitrug, der üblichen Kaution entgegenzutreten… Entgegen dem Untersuchungsgeheimnis leakte praktisch jedes Vernehmungsprotokoll in die Medien… Darunter auch Protokolle, die den Verteidigern vorenthalten wurden… Der vorläufige Höhepunkt des Carlton-Verfahrens, DSK als Beschuldigten einzustufen, fand am 26.3.2012 statt, im akuten Wahlkampf (was Hollande indes nicht geschadet hat).
Man muß kein Prophet sein, um vorherzusagen, daß auch dieses Verfahren eingestellt werden wird. Der Sinn solcher Verfahren hat nichts mit juristischem Erfolg zu tun. Es geht um das mediale Ausbreiten von Intimitäten jenseits der Konvention (obwohl Strauss-Kahn kaum gegen französische Konventionen verstieß), kurz: um moralische Unwert-Urteile. Und zwar explizit gegen den Mann.
Catherine Millet, die ihre sexuellen Bedürfnisse ähnlich wie DSK auslebte, landete einen Bestseller mit ihren autobiographischen Belenntnissen..Überaus witzig, wie der SPIEGEL am 30.5.2011 versuchte, ihr eine moralische Verurteilung Strauss-Kahns abzupressen – was ihm nicht so recht gelang (und was den politischen Hintergrund der Affäre angeht, wissen wir heute mehr als am 30.5.2011):
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-78689668.html
Natürlich schweben männliche Politiker und Prominente besonders in der Gefahr, symbolisch für das Feindbild ›Mann‹ in Geiselhaft genommen zu werden: die Verknüpfung von Sex, Macht und Gewalt scheint eine verführerische Einladung zur Reduktion komplexer Verhältnisse zu sein.
Aber dieser vorurteilsbehaftete Blick hat bei Polizei und Justiz derartig Konjunktur, daß auch der Jedermann davon betroffen ist. Christoph Kucklick faßt die Lage so zusammen:
Im Kleinen werden Männer bis heute zum Kalkül genötigt, wie schlecht ein Mann sein muss, um ein guter Mann zu sein. Wie viel Devianz muss er aufbringen, damit er als echter Kerl gilt? Polizisten, Staatsanwälte und Richter haben sich längst darauf spezialisiert, die jeweilige Klischeetreue von Männern und Frauen zu prämieren: »Wenn das Strafrecht ein Geschlecht hat, und bei der Strafzumessung könnte dies der Fall sein, dann privilegiert es Frauen«, schreibt die Kieler Rechtsphilosophin Monika Frommel. Der Mainzer Jura-Professor Michael Bock konstatiert, die »selektive Behandlung und Diskriminierung« von Männern werde »kulturell als durchaus normal« angesehen, löse also keine Verwunderung aus. Und er zitiert einen Polizisten, der schildert, wie nach einem Einsatz bei tätlichen Ehestreitigkeiten verfahren wird: »Natürlich nehmen wir den Mann mit.«
Kaum jedenfalls war die Idee der verworfenen Männlichkeit aufgekommen, wurden praktisch nur noch Männer bestraft, Frauen dagegen entkriminalisiert. Die Historiker Deborah Little und Malcolm Feeley sprechen vom mysteriösen und kaum erforschten »Verschwinden der Frauen« aus der Kriminalstatistik. Heute stellen Frauen nur rund fünf Prozent aller Gefängnisinsassen in Deutschland, eine weltgeschichtliche Minimalquote, in vormodernen Zeiten waren regelmäßig 30 bis 60 Prozent der Tatverdächtigen und Häftlinge weiblich. Worüber sagt unsere Gefangenenquote mehr aus: über Männer – oder über unsere Angst von der gefährlichen Männlichkeit?
Als Beate Zschäpe, Mitglied des Mordtrios Nationalsozialistischer Untergrund, im November 2011 verhaftet wurde, räsonierten etliche Kommentatoren darüber, ob eine Frau zu solchen Taten wirklich in der Lage sei. Oder ob sie nur verführt worden war – von den männlichen Tätern. Schon zu Zeiten der RAF betrachtete man die Fahndungsplakate mit den Fotos der TerroristInnen so schaudernd wie ungläubig. Frauen wurde und wird eben nicht das volle Maß moralischer Verantwortlichkeit gewährt.
http://www.zeit.de/2012/16/DOS-Maenner/komplettansicht
»Natürlich nehmen wir den Mann mit.« Das ist tatsächlich allgemeine Polizeipraxis – sie gilt sogar, wie ich erleben mußte, wenn der Mann die Polizei wegen Attacken seiner Frau herbeiruft und die eingetroffenen Beamten Festhaltegriffe an den Oberarmen der Frau und Kratzspuren im Gesicht des Mannes vorfinden – wenn sie denn behauptet, er habe angefangen. Ministerielle Handreichungen, wie die Polizei in Fällen häuslicher Gewalt vorzugehen habe, lesen sich, als seien sie von Frauenhaus-Leiterinnen verfaßt. Die Unschuldsvermutung zugunsten des männlichen Beschuldigten, der von einer Frau belastet wird? Sie hat abgewirtschaftet.
Es werden vielmehr Nägel mit Köpfen gemacht: zuerst die polizeiliche Wegweisung bis zu 14 Tagen, dann die Ausweisung aus der eigenen Wohnung per einstweiliger Verfügung nach dem Gewaltschutzgesetz – ohne Anhörung des betroffenen Mannes. Da es für ihn keine Männerhäuser nebst einschlägier Beratung gibt, er oft nicht weiß, wo er Unterschlupf finden kann, und anwaltliche Opferanwaltsempfehlungen für männliche Opfer schlicht nicht existieren (beim Weißen Ring braucht er gar nicht erst vorstellig zu werden, dort weiß man, mit welchen Opfern Spenden zu generieren sind), haben lediglich Männer ab der Mittelschicht aufwärts die Chance, sich zu wehren.
Dieser Organisation hier geht das Gewaltschutzgesetz, das als natürliches Gesetz gegen den männlichen ›Täter‹ bzw. sogar ›Hochgefährdungstäter‹ und ›Peiniger‹ verstanden wird (ja, auch der demente betagte Ehemann ist ein Feind, und besonders perfide agiert ein kranker Aggressor, der auf sein Sauerstoffgerät angewiesen ist und nicht so einfach weggewiesen werden kann) noch nicht weit genug: es soll vielmehr Mittel zum Zweck werden, dem Partner den Umgang mit den Kindern zu verbieten:
10 Jahre Gewaltschutzgesetz – Bestandsaufnahme zum veränderten gesellschaftlichen Umgang mit häuslicher Gewalt
Ergebnisse der Mitgliederbefragung des bff Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe e.V. im Februar 2012
Zusammenfassung der Ergebnisse
[…]
Große Schwierigkeiten ergeben sich, weil viele Jugendämter (die häufig von der Polizei über häusliche Gewalt informiert werden) Hinweise auf häusliche Gewalt gegen die Mutter noch immer nicht automatisch auch als Gefährdung des Kindeswohls betrachten.
Bei den Familiengerichten wird meist das Umgangsrecht höher bewertet als der Gewaltschutz. Die Folge ist, dass durch das Umgangsrecht des Täters mit den Kindern
die Frau immer wieder mit ihrem Peiniger konfrontiert wird. Die Betroffene muss den Umgangskontakt organisieren, obwohl sie Angst um ihre Sicherheit hat und haben muss und an die Gewalterfahrung immer wieder erinnert wird. Die daraus resultierenden psychischen Folgen werden von Jugendämtern und FamilienrichterInnen nicht gesehen.
Frauen, denen es nicht gut gelingt, die Treffen der Kinder mit den Vätern zu organisieren, wird immer wieder unterstellt, sie seien nicht kooperativ. Es kann dazu kommen, dass das Jugendamt oder Familiengericht ihnen mit einen Entzug des Sorgerechtes droht, weil sie „die Elternebene nicht von der Paarebene trennen können“.
Täter nutzen die Umgangskontakte häufig dazu, Frauen und Kinder weiter zu manipulieren. Dies wird aber von den Behörden nicht gesehen.
Falschbeschuldigende Frauen? Gibt es nicht:
Glaubwürdigkeit der Betroffenen
Für die Glaubwürdigkeit der Betroffenen ist es ein großes Problem, wenn sie sich ambivalent verhalten. Das ist aber angesichts der erlebten Gewaltdynamik völlig normal.
http://www.bv-bff.de/dokumente/files/928f5d440740b755714ac283cb673989.pdf
Das ist der klassische Zirkelschluß: aus der Widersprüchlichkeit von Verhalten und Aussagen wird auf das Vorliegen des behaupteten Ereignisses geschlossen. Die Unterstützerszene in der Sozialarbeit und den Psychowissenschaften, die von dieser weiblichen Klientel dank der staatlichen Alimentation sehr gut lebt, ist eben auf Zirkelschlüsse angewiesen. Das intellektuelle Armutszeugnis, das sie ablegt, wird offenbar durch moralisch hochrangige ›Opferempathie‹ ausgeglichen. Ich könnte damit nicht leben.
Es ist ein ermutigendes Zeichen, daß Kucklick eine populistischere Version seines Essays auch im SPON unterbringen konnte:
Der Mann, das Tier
Ein Essay von Christoph Kucklick
Männer: machthungrig, gewaltbereit, egoistisch. Frauen: einfühlsam, kommunikativ, friedfertig. Die heutigen Geschlechter-Klischees sind mehr als 200 Jahre alt. Die Forschung hat sie längst als Unsinn entlarvt – doch bis heute schaden sie Männern und Frauen.
Wer wissen will, wie wir über Männer denken, nehme ein beliebiges Wochenende. Vorvergangenes etwa. Die „Welt am Sonntag“ schrieb: Männer „sind ignorant, egoistisch, hören nie zu“ – kurz: „Idioten“ sind sie, aber „damit glücklich“. SPIEGEL-ONLINE-Kolumnistin Sybille Berg entlarvte Günter Grass nicht als Judenfeind oder Dummbatz, sondern als etwas viel Schlimmeres: als Mann. Der allein durch Anmaßung nach oben gekommen sei („Eine Strategie, die keiner Frau einfiele“) und nun vom „Rudel“ der Beta-Männchen gehetzt werde.
Selbst die Nachmittagslektüre eines vermeintlich unschuldigen Buches über den Garten brachte die krautige Erkenntnis, dass die typisch männlichen Beschäftigungen aus „schnellem Fahren, Prügeleien, wahllosem Geschlechtsverkehr“ bestünden – diese aber inzwischen „ins Gerede“ gekommen seien. Als Ersatz empfiehlt der Autor, Jakob Augstein, das Holzhacken.
Eine ganz normale Tagesration medialer Abscheu vor Männern. Sie gelten wahlweise als Schweine, Doofis oder Triebtäter – beiläufig in den Zeitungen serviert wie eine ewige Wahrheit. Die Abwertung des Männlichen sei „so sehr Teil unserer Kultur geworden, dass sie kaum noch wahrgenommen“ werde, sagt die Feministin Doris Lessing.
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,828723,00.html
Ich weiß nicht, was schlimmer ist: eine Autorin, die 99,9 % der Männer der schreibenden Zunft vorwirft, als Männerdarsteller versagt zu haben (es kann nur einer Literaturnobelpreisträger werden):
14.04.2012
S.P.O.N. – Fragen Sie Frau Sibylle
Frauen sind nicht wie Grass
Eine Kolumne von Sibylle Berg
Wie konnte es Günter Grass so weit bringen? Es liegt weder an seiner künstlerischen Leistung, noch an seiner bestechenden Intelligenz. Sondern allein daran, dass er deren Existenz so penetrant herbeigeredet hat. Er ist ein Männerdarsteller wie aus dem Bilderbuch.
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,826519,00.html
oder ein Autor, der mit sozial angepaßter Selbstgeißelung kokettiert, um als Abfuhrmittel für häßliche männliche Triebe eine klassische Betätigung für echte Kerls anzubieten? Eigentlich ist die Lage zu ernst für solche Scherze.
Denn spätestens dann, wenn es dem Rechtsstaat an den Kragen geht, müßte jedem und jeder das Lachen im Halse stecken bleiben.
Update (30.4.2012)
Nun hat auch der weichgespülte Schweizer Männerforscher Walter Hollstein
http://www.walter-hollstein.ch/
ein Buch zum Thema vorgelegt:
Das Männerbild wird immer negativer
30.04.2012
Von ALEXANDER MICHEL
Herr Hollstein, Sie nennen Ihr jüngstes Buch „Was vom Manne übrig blieb“. Was veranlasst Sie, den Mann als Schwundstufe des Homo sapiens zu behandeln?
In den vergangenen 30 Jahren hat sich das Männerbild sehr stark verändert. Bis in die späten 60er Jahre sind Männer in Medien und Belletristik meist positiv dargestellt worden. Um es pauschal zu sagen: Männer waren Weise, Schöpfer, Entdecker, Wissenschaftler, Ärzte oder einfach kluge Köpfe. Mit Frauenbewegung und Feminismus hat sich dieses Männerbild indessen stark gewandelt. Medien und Literatur haben die sehr harsche Kritik des Feminismus übernommen.
Mit welchem Effekt?
Zusammenfassend kann man sagen: Männer werden heute dargestellt als Zerstörer der Natur, Kriegstreiber, Ehebrecher, Vergewaltiger, Kinderschänder, Versager – und bestenfalls in Unterhaltungsfilmen und der Werbung als Trottel. Diesen rabiaten Wandel und dessen gesellschaftliche Folgen habe ich in meinem Buch beschrieben.
[…]
Welche Folgen hat das?
Das Menschenbild ist für unsere Orientierung und Lebenseinstellung ganz zentral. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass zunehmende Gewalt und Vandalismus von männlichen Jugendlichen Folgen von Orientierungslosigkeit sind. Es gibt kein gültiges Männerbild mehr, an dem sich diese Heranwachsenden konstruktiv ausrichten können. Deshalb ist es auch aus ganz pragmatischen Gründen notwendig, sich über ein neues Männerbild Gedanken zu machen.
Nur wird das wohl schwer werden, da an vielen Schaltstellen in Medien und Verlagen Frauen das Sagen haben, denen ein verzerrtes Männerbild egal, wenn nicht sogar willkommen sein dürfte.
Richtig, aber noch vor den Medien steht die Politik. Sicher gab es Anfang der 70er Jahre gute Gründe für eine andere, moderne Frauenpolitik. Eine Rolle spielte dabei, dass Frauen zunehmend auf dem Arbeitsmarkt gebraucht wurden. Aber der Fehler war, dass man die Jungen links hat liegen lassen und sich um deren Problemlagen nicht gekümmert hat. Und heute sind wir soweit: Alles, was Geschlechter-Politik ist, ist Frauenpolitik. Es wird Zeit, dem männlichen Geschlecht hier wieder mehr Beachtung zu schenken.
Und damit sollte man in den Schulen anfangen?
Ja, denn weibliche Werte und weibliche Erziehungsstile stehen heute im Vordergrund. Ein Hauptgrund dafür ist die Dominanz der weiblichen Lehrkräfte, die von den Grund- und Hauptschulen inzwischen bis in die Gymnasien hineinreicht. Männliche Schüler haben es immer schwerer, überhaupt noch einen männlichen Ansprechpartner zu finden. Aber die Entwicklung der eigenen männlichen Identität findet eben auch in der Auseinandersetzung mit dem eigenen Geschlecht statt. Wenn das aber nicht greifbar ist, dann wird es problematisch. Das Problem beginnt ja nicht erst in der Schule, sondern schon viel früher, zum Beispiel auch bei der Zunahme der Alleinerziehenden, wo ja zu mehr als 90 Prozent die Mutter die Kinder betreut und kein Vater vorhanden ist.
[…]
Ohne Kotau vor dem Mainstream geht es bei ihm, wie zu erwarten, allerdings nicht ab, wie ein Seitenhieb auf die Symbolfiguren Strauss-Kahn und Kachelmann belegt, die ihr Beziehungsverhalten selbstkritisch überdenken sollten. Tatsächlich wissen wir nichts darüber, nach welchen privaten Regeln das Paar DSK-Anne Sinclair seine nun schon zwanzigjährige Ehe lebt (sexuelle Treue war sicherlich keine Voraussetzung dieses Bündnisses zweier mindestens gleichstarker Partner, wenn nicht sie, die Frau, gemessen an beruflichem Erfolg, Herkunft und Vermögen die Überlegene war und ist und gerade jetzt beruflich und medial wieder voll durchstartet). Tatsächlich kennen wir nur Illustrierten-Schrott über die Beziehungen von Jörg Kachelmann, der ungebunden, nach schwerer Enttäuschung offensichtlich auf der Suche war, angesichts der zahlreichen Angebote nicht Nein sagte und die Dinge schlicht laufen ließ? Es gibt keine allgemeinverbindliche Moral. Ich halte es mit dem Bibelwort ›Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein‹.
Angesehen davon ist die Berichterstattung über das Intimleben nicht ohne Grund rechtswidrig.
Sollte ein Soziologe nicht eher die Fakten sichten, bevor er wertet? Und diese Wertung frei von Moralismus treffen, weil die subjektiv ist und keine wissenschaftliche Kategorie?
Arne Hoffmann informiert heute über den Aufbau einer Seite, auf der Haßsprüche von Feministinnen gegen Männer gesammelt werden sollen:
Sammelbecken für feministische „hate speech“ online
Seit einiger Zeit schon gibt es die Website hatr.org, die vorgibt, „antifeministischen Hass“ zu sammeln, der angeblich in diversen Kommentarspalten und Internetforen geäußert wurde, tatsächlich aber oft nur Einwände und Widersprüche zu feministischen Thesen darstellt. (Cuncti berichtete.) Hatr.org erzeugte damit geschickt die Illusion, dass Feindseligkeiten in der Geschlechterdebatte grundsätzlich von aggressiven und minderwertigen Männern gegen engelhafte Feministinnen ausgehe. (Um so zu argumentieren, muss man natürlich die Unmengen an „hate speech“ übergehen, die in zahllosen feministischen Büchern zu finden ist; eine kleine Auswahl davon findet man etwa hier .)
Heute ging als Gegenstück zu hatr.org eine Website online, die Bösartigkeiten von feministischer Seite sammelt: femihatr.org. Man darf gespannt sein, wie intensiv diese Initiative für mehr Ausgewogenheit in der Geschlechterdebatte genutzt werden wird.
posted by Arne Hoffmann @ 3:02 PM
http://genderama.blogspot.de/2012/04/sammelbecken-fur-feministische-hate.html
Es sieht so aus, als ob der Bogen langsam überspannt ist. Es wird Zeit, daß sich das Verhältnis zwischen den Geschlechtern entspannt.
(wird fortgesetzt)