Nichts ist älter als eine Zeitung von gestern. Insbesondere die abgebildete vom 7.5.2012 war schon einen Tag später Makulatur. Die Situation spitzt sich zu. Günter Grass hatte recht, mahnend seine Stimme zu erheben.
Setze ich also meinen Faktencheck fort:
Ach, übrigens: Josef Joffe muß seine Sandkastenspiele vom 12.4.2012 ebenfalls überarbeiten.
http://www.zeit.de/2012/16/Kriegsspiele/komplettansicht
Seinen vorgeblich kenntnisreichen, inhaltlich aber wirren Ausführungen war zu entnehmen, daß Israels militärische Gerätschaften für einen erfolgreichen Erstschlag kaum ausreichen, weil es an Flugzeugen für die Betankung in der Luft mangele. Die Möglichkeit, daß Israel seinen Schlag von Aserbaidschan aus starte, schloß er in seinem Szenario aus. Wohl aus diesem Grund verfiel er auf den Gedanken, daß die israelische Kriegsdrohung nicht ernstgemeint sei, sondern nur einen Krieg (welchen?) verhindern solle.
Achje, nicht einmal seine leichtfertigen Aserbaidschan-Prämisse trifft zu. Da hat unser kriegslüsterner Amateur-Feldherr wohl diesen Bericht übersehen:
30.03.2012, 07:17
Atomstreit mit Teheran
Israel macht Flugfeld nahe Iran klar
Aserbaidschan stellt laut US-Diplomaten Israel einen Luftstützpunkt zur Verfügung. Offiziell dementiert Baku – doch der Deal würde einen israelischen Militärschlag wesentlich erleichtern.
Von Silke Mertins Berlin
Die israelische Regierung hat sich US-Vertretern zufolge einen Luftstützpunkt in Aserbaidschan gesichert – in unmittelbarer Nähe zum Erzfeind Iran. „Israel hat sich ein Flugfeld gekauft“, zitiert das renommierte US-Magazin „Foreign Policy“ einen von insgesamt vier hochrangigen amerikanischen Diplomaten. „Und dieses Flugfeld heißt Aserbaidschan.“
Stimmt der Bericht, ist ein möglicher israelischer Militärschlag gegen iranische Atomanlagen ein großes Stück näher gerückt.
Israels F15- und F16-Kampfflugzeuge könnten nach einer Attacke direkt im Nachbarland landen und für den Rückweg auftanken. Das Auftanken in der Luft, für das dem israelischen Militär ausreichend Kapazitäten fehlen, wäre damit unnötig. Gleichzeitig könnten die Kampfflieger mit weniger Treibstoff auch mehr Waffen transportieren, und so die Erfolgschancen der Attacke erhöhen. Ein Flughafen in Aserbaidschan würde Israel „Treibstoff für 1300 Kilometer sparen“, so Sam Gardiner, Militärexperte und Ex-US-Luftwaffen-Oberst.
Dadurch sei ein Angriff „machbarer“. Die Entfernung und die große Anzahl an Zielen galt bisher als Haupthindernis für einen Militärschlag gegen den Iran. Von einem Luftstützpunkt im Nachbarland aus könnten zudem Rettungsaktionen durchgeführt werden, sollte der Angriff missglücken.
Im Weißen Haus sei man über die engen Beziehungen zwischen Israel und Aserbaidschan „nicht glücklich“, so ein Diplomat. Zumal Israel dem als Kleptokratie verrufenen Regime in Baku Waffen im Wert von 1,6 Mrd. Dollar verkauft hat. Darunter sollen israelische Drohnen sein, die zu den besten der Welt gehören, sowie Raketenabwehrsysteme.
[…]
Wer glaubt schon den Dementis eines gewissenlosen Kleptokraten?
19.04.2012
Aserbeidschan widerspricht Meldungen, Israel könne Flughäfen für einen Angriff auf den Iran nutzen
[…]
Militärisch gibt es enge Beziehungen mit Israel. Militärflughäfen in Aserbeidschan wurden von Israel modernisiert, das auch Waffen an das Land verkauft. Zu den Berichten, dass Aserbeidschan Israel bei einem Angriff auf den Iran unterstützen könnte, sagte nun Aliyev, dabei handele es sich um eine „Informationssabotage“ interessierter Kreise, um Aserbeidschans unabhängige Position in Misskredit zu bringen und Konflikte mit seinen Nachbarn zu schüren.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/151827
Daß Netanjahu eine Gefährdung Israels durch den Iran lediglich verschwörungstheoretisch behauptet und nicht einmal vor dem Holocaust-Vergleich zurückschreckt, kritisieren israelische Militär- und Sicherheitsexperten mittlerweile scharf:
30. April 2012
Sicherheitschefs misstrauen Netanyahu
Israels Ministerpräsident am Pranger wegen Iran-Politik
Monika Bolliger, Jerusalem
[…]
Neben ehemaligen Führungspersönlichkeiten aus Armee und Geheimdienst haben sich auch Amtsträger kritisch zum Thema Iran geäussert. Der jetzige Chef des Mossad und Nachfolger Dagans, Tamir Pardo, sagte Ende 2011, dass der Ausdruck «existenzielle Bedrohung» zu beliebig verwendet werde. Iran sei zwar unbestritten eine Gefahr für Israel. Aber selbst wenn Teheran die Atombombe erlange, heisse das nicht, dass Israel zerstört würde.
Vergangene Woche schliesslich hatte auch Generalstabschef Benny Gantz besonnene Töne angeschlagen, welche im Kontrast zu Netanyahus Rede anlässlich des Holocaust-Gedenktages vorletzte Woche standen. Der Ministerpräsident hatte die iranische Bedrohung mit dem Dritten Reich gleichgesetzt und vor einem neuen Holocaust gewarnt. Trotz anhaltender Popularität Netanyahus unterstützen laut einer Umfrage vom Februar nur rund 20 Prozent der Israeli einen militärischen Alleingang gegen Iran. Laut einer anderen Umfrage nehmen 75 Prozent der Israeli Iran als Bedrohung für ihr Land wahr.
http://www.nzz.ch/nachrichten/startseite/sicherheitschefs-misstrauen-netanyahu_1.16677574.html
Letzteres Umfrageergebnis verwundert nicht: wenn Angst propagandistisch geschürt wird, entsteht sie auch. In demselben Artikel aus der Schweiz – in der deutschen Presse kann man solch klare Aussagen ja wegen Selbstzensur aus Angst, wie Grass mit der Antisemitismuskeule niedergemacht zu werden, leider kaum finden –, heißt es zu der militärischen Sinnlosigkeit eines Erstschlags gegen iranische Atomanlagen:
Die Iran-Politik Netanyahus stösst in Israel auf immer grösseren Widerstand. Am Freitag kritisierte erneut eine bedeutende Persönlichkeit aus dem israelischen Sicherheitsapparat den Ministerpräsidenten. Yuval Diskin, der von 2005 bis 2011 Chef des israelischen Inlandgeheimdienstes Shin Bet war, sagte, er habe keinerlei Vertrauen in die Führung des Landes. Netanyahu überschätze die Erfolgschancen eines Militärschlages gegen Iran und führe mit seiner Rhetorik die Öffentlichkeit in die Irre. Der Ministerpräsident hatte wiederholt auf militärische Aktionen gegen die iranischen Atomanlagen gedrängt.
Ein Angriff auf Iran könne laut zahlreichen Experten jedoch auch zu einer Beschleunigung des Atomprogramms führen, begründete Diskin seine Kritik. Netanyahu aber äussere sich so, als ob ein Militärschlag eine iranische Atombombe automatisch verhindern würde. Er kritisierte weiter, dass Netanyahu nur vorgebe, mit den Palästinensern verhandeln zu wollen, zumal er damit seine Koalition aufs Spiel setzen würde. Dabei erschwere jeder weitere ungenutzte Tag die Lösung des Problems.
http://www.nzz.ch/nachrichten/startseite/sicherheitschefs-misstrauen-netanyahu_1.16677574.html
Natürlich hat Vernunft keine Chance. Weder in Diktaturen noch in Demokratien. Das ist schlicht ein Naturgesetz… Der Nationalist Netanjahu will den Krieg, warum auch immer (wobei ich auf den unvernünftigen Drang zur Selbsterhöhung tippe). So hat er Differenzen mit den ultrareligiösen Koalitionspartnern, deren Klientel sich vor der Wehrpflicht noch drücken kann, wenn sie nur eifrig die Thora studiert, beim Säbelrasseln, Kämpfen und Töten der Soldaten als klassische Siedler im Palästinensergebiet aber am meisten profitiert, zum Anlaß genommen, Neuwahlen herbeizuführen. So schrieb es noch am 7.5.2012 der TAGESSPIEGEL, der sich wegen der Hintergründe dieses Vorhabens der Insiderkenntnisse von Charles A. Landsmann bediente:
Damit öffnet Netanjahu nach Informationen des renommierten israelischen Journalisten Amnon Abramowitsch allerdings auch ein zweimonatiges Kriegsfenster für einen Angriff auf Irans Atomanlagen.
Der hochdekorierte Kriegsinvalide äußerte sich entsprechend in dem Wochenmagazin des Fernsehsenders „Kanal 2“. In Israel geht man davon aus, dass es im Sommer auf keinen Fall zu einem Angriff auf den Irans kommen wird. Nach der US-Wahl im November riskiert Jerusalem aber eine heftige Reaktion des gewählten Präsidenten, sei es der Demokrat Barack Obama oder der Republikaner Mitt Romney. Mit Wahlen im September aber entstünde bis zur US-Wahl am 5. November ein zweimonatiges Kriegsfenster. In diesem Zeitraum würde Netanjahu – für dessen Wahlsieg derzeit alles spricht – einer Übergangsregierung vorstehen, die keiner parlamentarischen Kontrolle unterliegt. In den USA könne sich Obama in der Schlussphase des Wahlkampfes keine politischen Strafmaßnahmen gegen Israel erlauben. Netanjahu und sein Verteidigungsminister Ehud Barak, die gemeinsam gegen den mehrheitlichen Willen der israelischen Regierung und des Parlamentes dem Iran mit einer Attacke drohen, hätten somit zwei Monate Zeit, ihre Pläne umzusetzen. Abramowitschs Enthüllungen stützen sich offenbar – wie schon früher – auf zuverlässige Quellen in höchsten Kreisen.
http://www.tagesspiegel.de/politik/neuwahl-in-israel-wegen-iran/6597574.html
Schon einen Tag später ging die Taktik Netanjahus mit den drohenden Neuwahlen auf, bei denen die Kadima-Partei schlechte Karten gehabt hätte. Mit fliegenden Fahnen trat ein opportunistischer Machtmensch (die israelische Politikerkaste ist flächendeckend korrupt) in die schwächelnde Netanjahu-Regierung ein. Und nun gibt es niemanden mehr, der Netanjahu in den Arm fallen könnte – gegen die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung, gegen die Ratio von Militärs und Geheimdiensten. Demokratie läßt sich mißbrauchen, das ist bekannt. In der durchmilitarisierten Gesellschaft von Israel ist die Gefahr noch viel größer als anderswo. Das, was jetzt in Israel geschieht, gefährdet tatsächlich den Weltfrieden…
SPON am 8.5.2012:
Für Israels Premierminister Benjamin Netanjahu war es ein großer Coup: Überraschend hat er in der letzten Minute vorgezogene Neuwahlen doch noch abgewendet. In den frühen Morgenstunden einigte er sich mit Schaul Mofas, Chef der Mitte-Links-Partei Kadima, eine Große Koalition zu bilden. Ihr werden 96 der 120 Abgeordneten im Parlament angehören – eine komfortable Mehrheit.
Damit erhöht Netanjahu den Druck auf Teheran im Streit um das iranische Atomprogramm. Anstatt die nächsten Monate im Wahlkampf zu versinken, bleibt der Premierminister handlungsfähig und kann sich nun auf eine große und stabile Koalition stützen. Gleichzeitig schafft er es, die israelische Innenpolitik auf eine Linie einzustimmen: Mit Mofas bindet er den Politiker ein, der ihm im Streit um die Iran-Politik hätte gefährlich werden können
[…]
Schaul Mofas hatte in den vergangenen Wochen angefangen, sich der Kritik israelischer Sicherheitsexperten an Netanjahus harter Iran-Linie anzuschließen. Ex-Geheimdienstchef Meir Dagan und einzelne Militärs kritisierten, Netanjahu überschätze die Bedrohung für Israel durch Iran.
Dieser Linie schien sich auch der eher als Hardliner bekannte Ex-Militärchef Mofas anschließen zu wollen. Zuletzt sagte er im April in einem Interview mit der „New York Times“, die Gefahr für Israel durch die festgefahrenen Friedensverhandlungen mit den Palästinensern sei deutlich größer. Seine Kadima-Partei hatte in Umfragen massiv verloren.
[…]
Mit dem Ex-Likud-Mann und Ex-Verteidigungsminister Mofas hat Netanjahu nun einen Partner an seiner Seite, der sich wohl seiner Linie gegen Teheran anschließen wird. Einen Militärschlag gegen Iran hat Mofas bisher nicht ausgeschlossen. Er werde, sollte es dazu kommen, Netanjahu unterstützen, erklärte Mofas im April.
Mofas gilt in Israel als Opportunist und Machtmensch. Erst im vorigen Monat hatte er ausgeschlossen, der Regierung Netanjahus beizutreten. Auch der Kadima-Partei hatte sich der Ex-Likud-Vertreter 2005 erst angeschlossen, nachdem er dies wenige Wochen zuvor noch abgelehnt hatte.
Man darf Israel und seine Bürger nicht diesen Figuren überlassen. Sie, die Menschen, nicht von diesen verachtungswürdigen Politikern ins Verderben stürzen lassen. So wenig wie deutsche Wähler haben sie Einfluß darauf, welche Koalitionen Machtpoliker auch gegen ihren Willen schmieden. Wer das Existenzrecht Israels bejaht, muß diesen Politiker-Kriegstreibern in den Arm fallen.
In Deutschland hat sich neben Günter Grass eigentlich nur die Ein-Mann-Friedensbewegung Jürgen Todenhöfer zu Wort gemeldet und in der FRANKFURTER RUNDSCHAU auf Selbsterständlichstes hingewiesen (zitiert nach dem Online-Ausriß in ›Junge Welt‹):
Vieles spricht dafür, daß das »iranische Nuklearproblem« ein Vorwand ist, um den Iran zu isolieren und in die Knie zu zwingen. Daß es in Wahrheit um die Vorherrschaft in der ölreichen Region geht. Der Iran ist zum Ärger der USA der eigentliche Gewinner des Irakkriegs, ohne daran teilgenommen zu haben. Seither erstreckt sich der iranische Einfluß über den Irak, Syrien, Libanon bis tief in die schiitischen Gebiete Saudi-Arabiens und Bahrains hinein.
Diesen Machtzuwachs wollen die USA rückgängig machen und den Iran durch Druck, Drohung und Gewalt wieder zu einem linientreuen Verbündeten machen. Wie zu Zeiten des CIA-Schützlings Schah Reza Pahlevi, dessen Nuklearpläne der Westen stets bereitwillig unterstützte. Daneben geht es den USA im Mittleren Osten immer auch um die Stabilisierung Israels. Die arabische Revolution hat die Region unberechenbar gemacht. Jeder israelische Politiker muß sich Sorgen um die Zukunft seines Landes machen. (…)
Angriffsdrohungen und erst recht Militärschläge sind völkerrechtswidrig. Die deutsche Unterstützung eines Angriffs widerspräche Artikel 26 unseres Grundgesetzes und wäre nach Paragraph 80 des Strafgesetzbuches strafbar. Die lockere Art, mit der westliche und israelische Politiker völkerrechts- und verfassungswidrige Pläne in Betracht ziehen, zeigt, daß ihnen die rechtlichen und moralischen Maßstäbe abhanden gekommen sind. (…)
http://www.jungewelt.de/2012/05-04/026.php
Hier der Link zum Original-Artikel von Todenhöfer:
Um Moral geht es der Politik allerdings nur, wenn es nichts kostet. Die Ukraine ist wirtschaftlich uninteressant. Da sagt ein deutscher Bundespräsident zugunsten einer zweifelhaften Gas-Oligarchin und professionellen Selbstinszeniererin namens Julia Timoschenko gerne mal ein langweiliges Treffen ab, und Frau Wendehals Merkel plädiert ebenfalls dafür, sich vor Ort keine Fußballspiele anzusehen (im Fernsehen sieht man sowieso mehr: Nahaufnahmen, Zeitlupenwiederholungen). Die Nagelprobe für den schlichten Populisten von BILDs Gnaden Gauck wird es sein, wie er sich auf seiner Israel- und Palästina-Reise ab dem 31.5. positioniert. Darauf dürfen wir alle gespannt sein.
Ganz klar waren die bislang stattgefundenen angeblichen Verhandlungen mit dem Iran über sein Atomprogramm keine Verhandlungen, sondern Demütigungsveranstaltungen mit dem Ziel & Zweck, den einzigen orientalischen Staat, der nicht auf US-Kurs ist, mit Sanktionen in die Knie zu zwingen. Niemand hat die Sicherheitsbedürfnisse eines von feindlichen Glaubensbrüdern und US-Militärbasen umzingelten Staates jemals ernsthaft in Erwägung gezogen. Oder die Ungleichbehandlung von Iran und Israel in Sachen Atomprogramm thematisiert. Auch das iranische Volk leidet, extremer als das israelische, unter einer schlechten Regierung… Wer sich über die vorgeblichen Verhandlungen informieren möchte, kann hier nachlesen:
Am Rande des Abgrunds.
Norman Paech
http://norman-paech.de/app/download/5784395691/Am+Rande+des+Abgrunds.pdf
Tja. Und welche Signale sendet die feige deutsche Regierung heute aus?
Wie üblich die falschen. Nachzulesen in einem kleinen Kästchen-Bericht im SPIEGEL Print, 19/2012, S. 20
Westerwelle verprellt Palästinenser
Die palästinensische Regierungsspitze fühlt sich von Außenminister Guido Westerwelle hinters Licht geführt. Der hatte bei einem Besuch in Ramallah Anfang Februar angekündigt, dass die palästinensische Generaldirektion in Berlin aufgewertet werden solle. Im Bundestag hatte er sogar von einer „diplomatischen Mission Palästinas“ gesprochen. Davon ist der Minister wieder abgerückt. In einer sogenannten Verbalnote des Auswärtigen Amtes an die palästinensische Mission heißt es nun, der Leiter der paästenisensischen Mission dürfe sich Botschafter nennen, falls die Palästinenser das wollten. Daraus ergäben sich aber „keinerlei zusätzliche Privilegien oder Immunität“. Die Regierung von Präsident Mahmud Abbas will nun darauf pochen, dass Westerwelle sein Versprechen auch umsetzt. Westerwelles Rückzieher hat wohl damit zu tun, dass Kanzlerin Angela Merkel die Aufwertung der palästinensichen Vertretung für verfrüht hält.
Angesichts dieser Konstellation: ein schon aufgrund parteipolitischer Selbstzerlegung marginalisierter Außenpolitiker, eine moralfreie machtbewußte Realpolitikerin als Kanzlerin ohne Wertegerüst, brauchen wir unsere Dichter wie Grass und unsere Moralisten wie Todenhöfer, der seine alte Sünden glaubhaft abgebüßt hat – Profi-Politiker und Mainstream-Journis haben ja offensichtlich kein Interesse daran, diesen unsinnigen, elenden Krieg zu verhindern.
Daß meine Kommentare unnützlich sind, weiß ich ja. Aber manchmal schmerzt das mehr, als man ertragen kann…
Update:
Und wer sich selbst ein Bild vom Iran machen will und mit anderen als den vorgestanzten Mehrheitsmeinungen zurückkehrt, erntet was? Genau, den Sturm der Entrüstung und jede Menge Nachteile und Ausgrenzungen:
Radikalliberale Unschuld
von Eckhard Stengel
Wie der FDP-Landtagskandidat Claus Hübscher seinen Besuch beim iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad verteidigt.
Claus Hübscher hätte es wissen können. „Warum fährst du da hin? Was handelst du dir da ein?“, fragten Bekannte den FDP-Landtagskandidaten aus Delmenhorst bei Bremen, bevor er als Privatmann zu einer zehntägigen Iranreise aufbrach. Jetzt ist er wieder da, und ein Sturm der Entrüstung fegt über ihn hinweg. Denn der 65-jährige ehemalige VHS-Chef war mit seiner Reisegruppe auch Gast bei Präsident Mahmud Ahmadinedschad. Hübscher hat ihm die Hand geschüttelt, sich mit ihm fotografieren lassen und hinterher erstaunlich Positives über ihn verlautbart: Ahmadinedschad bestreite weder den Holocaust noch lasse er Atomwaffen entwickeln.
Die allgemeine Empörung hat ihn jetzt einen Dozentenjob gekostet: Die Volkshochschule, an der Claus Hübscher als Ruheständler noch einen Gesprächskreis über Kulturen und Religionen leitete, hat ihn fristlos entlassen, weil er „dem Ansehen der VHS erheblich geschadet“ habe.
[…]
Hübscher hat nun keine Ruhe mehr. Ein anonymer Anrufer habe ihm angedroht, alles für seinen Rauswurf aus der FDP zu tun. Der Diplom-Volkswirt und dreifache Vater fühlt sich „missverstanden und überinterpretiert, von A bis Z“ und sagt: „Ich kann dem Günter Grass jetzt nachfühlen, was er mitmacht.“
http://www.tagesspiegel.de/politik/radikalliberale-unschuld/6606826.html