Der Fall Gustl Mollath wird, seitdem er nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch den Politikbetrieb erreicht hat, vorwiegend unter dem Gesichtspunkt ›Da wurde jemand mundtot gemacht und in die Psychiatrie abgeschoben, weil er Steuerhinterziehungen aufdecken wollte‹ diskutiert. Es wird über politische Weisungen spekuliert, die die Aufnahme von Ermittlungen gegen Hypovereinsbank-Mitarbeiter und deren Kunden verhinderten. Und wer mag wohl die Kundin, eine laut Sonderrevisionsbericht der Hypovereinsbank vom 17.3.2003 „allgemein bekannte Persönlichkeit“ sein, deren eingestandenes Schwarzgeld in Höhe von 70.000,- Franken in den Jahren 2001 und 2002 zur Umgehung einer Überprüfung nach dem Geldwäschegesetz gestückelt und in DM bzw. Euro umgetauscht wurden, wobei diese Aktivitäten über das Konto des Mitarbeiters D. liefen? Der dann auch noch im eigenen Namen 1000,- DM Scheine jener Persönlichkeit in Euro untauschte?
Zugegeben, das sind alles interessante Aspekte und Spekulationen.
Der Fall ist allerdings mittlerweile so minutiös dokumentiert, daß sich anhand der Realien eine ganz andere Geschichte erzählen läßt. Und die ist noch viel schecklicher – beweist sie doch, wie leicht sich eine entschlossene Rosenkriegerin mithilfe einer gegenüber weiblichen ›Opfern‹ unkritisch agierenden, voreingenommenen Justiz und inkompetenten Gutachtern ihres Ex-Mannes entledigen kann. Gründlich bis zur Existenzvernichtung. Schrecklicher ist diese Geschichte conta wohlfeilen Verschwörungstheorien deshalb, weil sie jedermann treffen kann.
Eine der wesentlichen Quellen für meine Deutung der Tragödie von Gustl Mollath, die sich zur Zeit zu einem Kriminalstück entwickelt, ist diese Dokumentation mit zahlreichen Einzelnachweisen:
http://www.gustl-for-help.de/chronos.html
Eigentlich war es eine Beziehung, die gerade wegen der Verbindung von sehr ungleichen Partnern Aussicht auf Dauer versprach, und die ja auch tatsächlich vierundzwanzig Jahre Bestand hatte.
Den Urteilsausführungen
http://www.gustl-for-help.de/download/2006-08-08-Mollath-Urteil-Landgericht.pdf
läßt sich entnehmen, daß der vaterlos aufwachsende Gustl Ferdinand Mollath (sein Vater starb an Krebs, als er vier Jahre alt war) sehr an seiner Mutter hing, für die er sein 1978 aufgenommenes Maschinenbaustudium im Jahr 1980 abbrach, um sie, die ebenfalls an Krebs erkrankt war, bis zu ihrem wohl noch im selben Jahr eintretenden Tod zu pflegen. (Zu den Schwächen dieses während des Urlaubs der beisitzenden Richterin am Landgericht Heinemann formulierten Urteils gehört es, unglaublich unpräzise zu sein, während die Lückenhaftigkeit gewollt ist, um dem BGH »einen falschen Film vorzuspielen« (Johann Schwenn).) Mollath stammt aus begüterten Verhältnissen (sein Vater hatte einen Betrieb mit mehr als 20 Mitarbeitern geführt), er erbte das große Haus seiner Mutter in Nürnberg, er war intelligent und legte 1976 das zweitbeste Abitur der Schule ab. 1978, mit zweiundzwanzig Jahren, lernte er seine spätere Ehefrau Petra kennen, die sehr schnell mit ihm zusammenzog.
Er bewunderte und liebte sie, weil er über ihre Eigenschaften nicht verfügte; so betrachtet er sie heute:
Sie, die Bankerin, „tough und impulsiv“, wie er sagt.
Er dagegen war ein lebensuntüchtiger introvertierter Sensibler, viel zu durchlässig für das Unrecht und die Gewalttätigkeit der Welt, ohne Kaufmanns- und Krämergeist, »schwierig« eben. Weltfremd, kritisch. Drei Jahre als Controller bei MAN, danach ein Reifenhandel, der nicht reüssierte, dann ein Geschäft, das für seine Frau wie für ihn Erfüllung war: Restaurierung von Ferrari-Oldtimern. Ein alter Freund, der Zahnarzt Edward Braun aus Bad Pyrmont, ebenfalls Ferrari-Oldtimer Fan, hat diese glücklichen Paarzeiten seit 1985 eindrücklich beschrieben:
http://www.gustl-for-help.de/download/2011-09-07-Braun-Eidesstattliche-Versicherung.pdf
1991 heirateten Gustl und Petra Mollath, die seit 1990 bei der Hypobank in Nürnberg als Vermögensberaterin für betuchte Kunden arbeitete.
Ob der Restaurationsbetrieb des Ehemannes, dessen Bücher sie führte, jemals auf Gewinnerzielung angelegt war oder nur dem gemeinsamen Hobby und der Verlustproduktion zwecks Steuerersparnis des Paares diente, läßt sich nicht entscheiden. Die überaus merkwürdigen Geldbewegungen auf den Konten, die überflüssige Kreditaufnahmen bei ansonsten splendiden Vermögensverhältnissen, insbesondere durch eine erhebliche Erbschaft der Ehefrau im Jahr 1996 nach dem Tod eines ihrer Kunden, wie sie sich aus dem Revisionsbericht der Hypovereinsbank vom 17.3.2003 ergeben, legen diese Deutung jedenfalls nahe.
http://www.swr.de/report/-/id=10583092/property=download/nid=233454/1t395cp/index.pdf
Der Mann: weich, sensibel, in der Friedensbewegung aktiv, gegen Kommerz, das immerfortwährende Elend der Welt und gegen Gewalt und Krieg engagiert.
Die Frau: eine tatkräftige Realistin, ein Ellenbogentyp, eine, die mitmachte und profitierte.
Diese Ehe ging nur solange gut, bis er mitbekam, daß sie nach Abstellen der kundenfreundlichen Praktiken der Hypobank bei klandestiner Verbringung von Vermögenswerten an die Schweizer Tochterbank AKB (1990 bis 1995 bzw. 1998) diese Kundenbetreuung zusammen mit einigen Mitarbeitern – gegen die Anweisungen der neuen fusionierten Hypovereinsbank und nach Übernahme der AKB-Bank durch die Bank von Ernst, Zürich, ebenfalls zur Hypovereinsbank gehörend – fortsetzte, wie sich aus dem Revisionsbericht hinreichend deutlich ergibt. Soweit seine Angaben mit den beschränkten Mitteln einer Innenrevision überprüfbar waren, haben sie sich jedenfalls bestätigt, trotz ausgesprochen fehlender Kooperation der in Verdacht geratenen Mitarbeiter- insbesondere seiner Frau.
Im Kampf gegen das Geschäftsgebaren seiner Frau wird Gustl Mollath zum Don Quijote, und eine so kühle wie machtbewußte Frau wie die Justizministerin Dr. Beate Merk zitiert natürlich voll Hohn am 8.3.2012 vor dem Rechtsausschuß Passagen aus seiner Strafanzeige vom 9.12.2003:
„Ich versuche schon lange Ihr klarzumachen, das dass alles so nicht geht. Aber die Geldgeile Gesellschaft gewinnt. EinGroßteil Ihrer Kunden bringt mich zum würgen. Keine Kultur,keine Moral (aber doppelte), kein Gewissen, nur noch Geld,Geld mehr, mehr. Das ganze Spektrum, von derHaushaltshilfe, über Beamte, zum Arzt oder Apotheker,
Rentner denen Sie ein gutes Werk tun wollten, Sie totumfallen würden, wenn Sie wüssten wie viele Millionen die besitzen.
Gealterte Blondinen, alles was man sich vorstellen kann.“,
„Ich konnte keine Nacht mehr schlafen, bin schweißgebadetaufgewacht. Habe versucht sie abzubringen, ihr erklärt das dieses tun nicht nur uns, auch die Welt ins Unglück stürzt“
oder
„Um mich unter Druck zusetzen nichts weiteres zu
unternehmen, sorgte meine Frau … dafür das im Februar 2003 12 Polizisten mein Haus stürmten und von oben bis unten durchwühlten“.
All das fließt auch in die Beurteilung ein, ob ein Anfangsverdacht für Straftaten zu bejahen ist.
Jemand, der so ver-rückt ist, kann doch, unabhängig von den detaillierten Angaben, die Insiderkenntnisse verraten, mit seinem Strafverfolgungsbegehren nicht ernstgenommen werden, will sie damit sagen.
Sicher, eine Frau Mollath und eine Frau Merk funktionieren bestens im Rahmen des Systems – und ein Typus wie Mollath, der sich vor den Zumutungen der Realität, die für sensiblere Gemüter immer schon unerträglich war, wohl am liebsten hinter technischen Tüfteleien versteckt hatte, wurde durch die systemkonformen ökonomischen Aktivitäten seiner Frau in einen Konflikt getrieben, der zur Trennung führen mußte. Er verweigere weitere Bargeldtransporte für Kunden in die Schweiz, die er zuvor mit ihr durchgeführt hatte. Er sperrte die Autos weg, sie fuhr mit dem Zug. Er kriegte die Krise, wenn zu Hause meterlange Faxe mit Buchungsanweisungen eintrafen. Im Jahr 2000 zeigte sie ihm, wer Herr im Hause war: sie schoß nichts mehr in das gemeinsame Hobby ›Ferrari‹ ein. Sein Betrieb mußte offiziell schließen.
Er reagierte darauf laut den – emotional aufgeladenen – Urteilsgründen, die fast ausschließlich auf den Angaben der Ehefrau basieren, mit depressivem Rückzug:
Insbesondere aber nach Schließung des Geschäfts, saß der Angeklagte immer Zuhause vor dem Fernseher und begann „fixe“ Ideen zu entwickeln. Kontakte zu Freunden wurden nicht mehr gepflegt, diese wandten sich ab wegen des merkwürdigen Verhaltens des Angeklagten.
[…]
Der Angeklagte benahm sich, nachdem er sein Geschäft aufgeben musste, immer eigenartiger. Er ließ im eigenen Haus stets die Rolläden herunter, hielt keinen Kontakt mehr zu Freunden und hatte als einzige Bezugsperson nur noch seine Ehefrau. Sein eigenartiges Verhalten gipfelte darin, daß er sich einmal eine Plastiktüte über seinen Kopf gezogen hatte. Die Ehefrau konnte ein Ersticken des Angeklagten nur verhindern, indem sie Löcher in die Platiktüte schnitt. Ein anderes Mal lief der Angeklagte mit einem Strick um den Hals durch die Wohnung.
http://www.gustl-for-help.de/download/2006-08-08-Mollath-Urteil-Landgericht.pdf
[S. 4f., S. 10]
Am 12.8.2001 kam es zu einer ungeklärten tätlichen Auseinandersetzung zwischen den Eheleuten, im Mai 2002 verließ sie ihn und zog zu ihrem Bruder Robert M., am 31.5.2002 fand in der früheren ehelichen Wohnung eine Aussprache statt, die später als Freiheitsberaubung zum Nachteil der Ehefrau gewertet werden sollte.
Der Rosenkrieg begann. Denn nach der Trennung mußte die Ehefrau befürchten, daß es nicht mehr bei Streitigkeiten in den eigenen vier Wänden bleiben würde, sondern daß der verlassene Ehemann die Vorwürfe gegen sie nach draußen tragen werde. Denn er litt unter ihren illegalen geschäftlichen Aktivitäten.
Unmittelbar nach diesem 31.5.2002, am Montag, den 3.6.2002, besorgte sie sich auf ungeklärte Art und Weise ein nachträgliches Attest der Ärztin Madeleine Reichel, das sich auf die anläßlich der angeblichen Körperverletzung vom 12.8.2001 erlittenen Verletzungen beziehen soll. Es enthält zudem eine Tatschilderung, die das Landgericht Nürnberg-Fürth in seinem Urteil vom 8.8.2006 nicht erwähnte – denn dort wurden, aggravierend, 20 Fausthiebe auf den Körper der Ehefrau als erwiesen festgestellt, da die Ehefrau die Taten ja »ruhig, schlüssig und ohne jeden Belastungseifer« [S.17] geschildert habe:
2002-06-03 Die Ärztin Dr. Madeleine Reichel erstellt ein ärztliches Attest für Petra Mollath für die angeblichen Vorfälle von 2001-08-12 (also knapp zehn Monate später!). Im Attest ist eine Schilderung des Tathergangs enthalten, z.B. Schlagen mit der flachen Hand.
http://www.gustl-for-help.de/chronos.html
Wenn aus Schlägen mit der flachen Hand Faustschläge werden, kann von fehlendem Belastungseifer keine Rede mehr sein. Auf welcher Grundlage dieses nachträgliche Attest beruhte, hat das Gericht bewußt nicht klären wollen: es beließ es bei einer unkommentierten Verlesung. Beruhte es auf Aufzeichnungen über einen etwaigen Arztbesuch vom 14.8.2001 oder allein auf den Angaben, die die Ehefrau am 3.6.2002 machte?
Die STERN-Reporterin Lisa Rokahr hat für ihren Artikel:
Penibel. Pedantisch. Paranoid?
erschienen im STERN 48/2012 vom 22.11.2012, die attestausstellende Ärztin aufgesucht:
Madeleine R. ist heute in den Siebzigern, sie versorgt noch einige Privatpatienten. An den Fall erinnert sie sich „überhaupt nicht“, den Namen Mollath lässt sie sich buchstabieren. Sicher aber ist sie, dass sie in dieser Sache nie als Zeugin vor Gericht geladen worden sei, „daran würde ich mich erinnern“.
[S. 110]
Wie oft kommt es wohl vor, daß sich eine Patientin wegen eines dramatischen Geschehens mit Würgen bis zur Bewußtlosigkeit zehn Monate später ein Attest ausstellen läßt? Wie oft mag es vorkommen, daß ausgesprochen seltene Abdrücke von Ober- und Unterkiefer am Ellenbogen zu attestieren sind?
Es ist nicht einmal überprüft worden, ob die Ärztin das Attest überhaupt ausgestellt hat: und diese Prüfung drängt sich auf, denn die Ehefrau war mit deren Sprechstundenhilfe Petra S. befreundet, bei der es sich zugleich um die Freundin ihres Bruders Robert handeln soll. Petra S. wiederum fungierte als Schutzbegleitung am 31.5.2002: sie sollte nach anderthalb Stunden an der Tür klingeln, falls sie, die Ehefrau, noch im Haus des Gustl Mollath sei. Denn der, so suggerierte sie, war ja gefährlich.
Nun, jedenfalls hatte die Ehefrau igrgendwie das Attest erlangt, von dem sie einstweilen aber nur indirekten Gebrauch machte: die Folterwerkzeuge wurden zunächst lediglich gezeigt.
2002-08-08 Petra Mollath faxt das ärztliche Attest von 2002-06-03 wegen der angeblichen Körperverletzung am 2001-08-12 kommentarlos an Gustl Mollath. Gustl Mollath deutet dies als eindeutigen Versuch ihn zu erpressen, um „die Fortsetzung der Straftaten, in Zusammenhang mit den Schwarzgeldkonten, zu ermöglichen.“
http://www.gustl-for-help.de/chronos.html
In seiner lange nach dem Urteil abgegebenen eidesstattlichen Versicherung bestätigt Edward Braun am 7.9.2011 einen stimmigen Tatplan der Ehefrau:
Gustl erklärte mir, dass er sich große Sorgen mache. Petra sei in Geldtransfers verwickelt, die nicht legal seien.
Er habe alles dokumentiert (Name, Geldbetrag, Kontonummer), da Petra vieles im häuslichen Büro abwickle und er sich Zugang zu den Vorgängen verschaffen konnte. Sicherheitshalber habe er alle Daten außerhalb seines Hauses 100% sicher vor Zugriffen geschützt.
Ich gab zu bedenken, dass ich dazu nichts sagen könne und keine Ahnung habe.
Allerdings musste ich mich 2002 wieder mit dieser Problematik befassen, da ich einen Anruf von Petra erhielt.
Sie bat mich inständig, auf Gustl einzuwirken. Ich wäre der einzige, auf den er hören würde.
Er würde sich in ihre beruflichen Belange einmischen. Sie ließe sich das nicht länger gefallen.
Ich versprach ihr, es zu versuchen.
Diesem Wunsch bin ich allerdings nicht nachgekommen.
Später erreichte mich ein weiterer Anruf von Petra Molllath. Sie erklärte mir wörtlich:
„Wenn Gustl meine Bank und mich anzeigt mache ich ihn fertig.
Ich habe sehr gute Beziehungen. Dann zeige ich ihn auch an, das kannst du ihm sagen.
Der ist doch irre, den lasse ich auf seinen Geisteszustand überprüfen, dann hänge ich ihm was an, ich weiß auch wie“.
Ich habe mich spontan angeboten, nach Nürnberg zu fahren um zu vermitteln und bat um Rückruf. Bevor sie das Gespräch beendete ließ sie mich wissen: „Wenn Gustl seine Klappe hält, kann er 500,000€ von seinem Vermögen behalten, das ist mein letztes Wort.“
Allerdings wartete ich vergeblich auf einen Rückruf. Da ich mich nicht aufdrängen wollte,ließ ich die Situation auf sich beruhen.
http://www.gustl-for-help.de/download/2011-09-07-Braun-Eidesstattliche-Versicherung.pdf
So erfuhr Gustl Mollath nichts von diesem Gespräch und ließ sich von dem Attest nicht beeindrucken, sondern schrieb am 12.8.2002 die Geschäftsleitung der Credit Suisse Group in Zürich an, zu der die Bank Leu gehört, und berichtete über den früheren Anlageberater der AKB/Bank von Ernst, der unter Mitnahme zahlreicher Kunden zur Bank Leu gegangen sei. Seine Frau habe mit ihm zusammengearbeitet und ebenfalls Kunden von der AKB/Hypovereinsbank an die Bank Leu vermittelt und dort auch eigenes Vermögen angelegt.
Wie kann ich erreichen , ohne Konsequenzen für Sie , oder sonst jemanden , meine Frau , auf den Boden der Legalität , sei es nach deutschen- oder auch schweizer Recht, zurück zu führen ?
Seit Jahren war es mir nicht mehr möglich , mich mit Bankgeschäften auseinander zu setzen .
Alles hat meine Frau geregelt .
Ich möchte alles selbst regeln .
Daher bitte ich um einen Gesprächstermin .
Meine Frau verfügt über eine Servicekarte zu meinen Konten bei Ihnen , ich bitte diese einzuziehen .
Am 23.8.2002 antwortete ihm die Bank Leu, daß man wegen des schweizerischen Bankgeheimnisses keine inhaltliche Stellungnahme abgeben könne.
http://www.gustl-for-help.de/download/2002-Mollath-Briefverkehr-Bank.pdf
Die Vorwürfe von Gustl Mollath trafen zu: die Bank Leu bestätigte dies im Jahr 2003 gegenüber der Revision der Hypovereinsbank, ließ erkennen, daß sie an die Ehefrau Provisionen gezahlt und intern personelle Konsequenzen gezogen habe. Schon eine interne Revision der Hypovereinsbank im Jahr 2000 hatte festgestellt, daß zwischen März 1999 und März 2000 44 Depotüberträge von Kunden aus dem Raum Nürnberg von der eigenen schweizerischen Bank von Ernst mit einem Volumen von ca. 18,5 Mio. DM zur Bank Leu erfolgt waren; bis auf drei Kunden waren alle auch Kunden der Hypovereinsbank, davon 18 Kunden des Mitarbeiters D und 6 der Ehefrau von Gustl Mollath. Solche Verfahrensweisen sind natürlich geschäftsschädigend und Untreue.
Die Ehefrau bestritt gegenüber der Hypovereinsbank sowohl die Kundenabwerbung (Untreue) als auch den Erhalt von Provisionen.
http://www.swr.de/report/-/id=10583092/property=download/nid=233454/1t395cp/index.pdf
[S. 5]
Noch also wollte Mollath seiner Frau nicht schaden, sondern nur bewirken, daß sie mit ihren illegalen Geschäften aufhöre. Es dürfte ihm, der ökonomisch von ihr abhängig war, auch aufgegangen sein, daß er über ihre Transaktionen im privaten Bereich weder Überblick noch Zugriff auf Konten hatte, daß er auf Betriebsverbindlichkeiten sitzenbleiben werde und auf etwaige auf seinen Namen angelegte Gelder bei der Bank Leu keinen Zugriff hatte.
Am 23.11.2002 kam es zur nächsten Steigerung im Rosenkrieg:
2002-11-23 Gustl Mollath besucht den Bruder seiner Frau und bittet ihn, seine Schwester Petra von der Aufgabe der illegalen Geldgeschäfte zu überzeugen. Daraufhin beschimpft dieser Gustl Mollath und schlägt ihn. Er ist mehrere Tage krankgeschrieben und lässt die Verletzungen ärztlich attestieren. Daraufhin erstattet Gustl Mollath Anzeige gegen den Bruder von Petra Mollath wegen Körperverletzung. Gustl Mollath wird vorgeworfen, an diesem Tag Briefe seiner Ehefrau aus dem Briefkasten des Schwagers gestohlen zu haben.
Gustl Mollaths Frau erklärt telefonisch: „Wir machen Dich fertig.“
http://www.gustl-for-help.de/chronos.html
Was passiert, wenn Männer sich prügeln? Beide erstatten Strafanzeige, und beide Anzeigenden werden auf den Privatklageweg verwiesen. Aussage gegen Aussage, was will man da machen? So geschah es auch im Fall Mollath, mit dem einzigen Unterschied, daß Mollath wegen „Briefdiebstahls“ mit einem Strafbefehl in Höhe von 10 Tagessätzen à 30,- Euro bedacht wurde, wie die Justizministerin Merk am 8.3.2012 den Rechtsausschuß informierte.
[S. 6, 21]
Der letzte, nachgekleckerte, Vorwurf wegen Briefdiebstahls lag derartig neben der Sache, daß selbst das auf Verurteilung vorprogrammierte Gericht, die 7. Strafkammer des LG Nürnberg-Fürth unter Vorsitz des für diese Position sowohl juristisch als auch menschlich ungeeigneten Vorsitzenden Richters Otto Brixner, um einen Freispruch wegen nicht vorhandenen Tatbestands nicht umhin kam (S. 27 des Urteils).
Anders sieht es freilich aus, wenn eine Frau, sei es auch ein Jahr und drei Monate später, gegen den getrennt lebenden Ehemann Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung und einer weiteren „Beziehungstat“ (die ich hier bewußt in Klammern setze, weil sich aus dem intellektuell dürftigen Urteil ergibt, daß sie hier zunächst eine einfache Körperverletzung behauptet hatte, die aber keine war und daher flugs zur Freiheitsberaubung umgedeutet wurde) erhebt, was die Ehefrau im November 2002 tat – und zwar, um ihrem Bruder gegen die Anzeige des Ehemannes beizustehen, wie es im Urteil vom 8.8.2006 in erstaunlichster Offenheit steht:
Im November des Jahres 2002 erstattete die getrennt lebende Ehefrau des Angeklagten Anzeige wegen Körperverletzung gegen diesen, nachdem dieser ihren Bruder ebenfalls wegen Körperverletzung angezeigt hatte. Damit wollte sie erreichen, dass die Aggressivität des Angeklagten bekannt würde.
http://www.gustl-for-help.de/download/2006-08-08-Mollath-Urteil-Landgericht.pdf
[S. 5 ]
Wie mit solchen Vorwürfen umgegangen wird, die ja ganz etwas anderes sind als Vorwürfe der Körperverletzung zwischen Männern, hat die Noch-Justizministerin Dr. Merk dem Rechtsausschuß ja erklärt:
Als Justizministerin setze ich mich nicht an die Stelle des
unabhängigen Gerichts. Ich bin mir sicher, Sie sehen das genauso.
Zur Beweiswürdigung kann ich aber Folgendes sagen: Dass es für ein Tatgeschehen nur eine Zeugin, nämlich das Opfer gibt, ist keine Seltenheit, sondern Gerichtsalltag. Gerade in Fällen häuslicher Gewalt!
Das Gericht hat die Ehefrau als Zeugin vernommen. Es lag ein ärztliches Attest vor, das die Verletzungen im Einzelnen dokumentiert.
Wenn wir jetzt Jahre später anfangen, ohne persönlichen Eindruck von den Beteiligten und ohne genaue Aktenkenntnis höchstrichterlich bestätigte Gerichtsentscheidungen in Frage zu stellen, beteiligen wir
uns nicht nur an abstrusen Verschwörungstheorien, sondern rütteln auch an den Fundamenten unseres Rechtsstaates.
Und außerdem: Wenn wir bei jeder rechtskräftig abgeurteilten Gewalttat nach Jahren wieder anfangen würden, das gerichtlich festgestellte Leid der Opfer zu hinterfragen, weil der Täter eine Verschwörung behauptet, dann wäre das auch ein ganz schlechtes
Signal für den Opferschutz in unserem Land.
[S. 5]
Klarer hätte sie die rechtsstaatswidrige Tendenz zugunsten des Opferschutzes und zur Beachtung von Signalwirkungen von Urteilen, die der Einzelfallgerechtigkeit verpflichtet sind, gar nicht zum Ausdruck bringen können. Die Staatsanwaltschaften sind dieser politischen Leitlinie verpflichtet, da sie weisungsabhängig sind. Aber dieser Tendenz, Aussagen von Frauen nicht zu hinterfragen, sind schon längst auch die Gerichte verfallen.
Gustl Mollath ahnte davon nichts. Vermutlich wußte er auch noch nichts von der gegen ihn erhobenen Strafanzeige. Er setzte seine Versuche, seine Frau auf den Weg der Tugend zurückzuführen, ohne ihr zu schaden, fort; ihm war klar, daß Banken, konfrontiert mit Vorwürfen gegenüber Mitarbeitern, niemals Strafanzeigen erstatten, denn die würden auch auf die Bankkunden durchschlagen und das eigene Renommé beschädigen:
Seit Ende November 2002 gingen Briefe eines Herrn Mollath in der Niederlassung Nürnberg ein, in denen er gegen seine seine mittlerweile getrennt lebende Ehefrau M , Petra sowie weitere Mitarbeiter der früheren HYPO-Bank Nürnberg verschiedene Vorwürfe erhebt.
U.a. geht es dabei um
Vermögenstransfers in die Schweiz
Provisonszahlungen an HBV-Mitarbeiter
Verstöße gegen Abgabenordnung, GWG etc.
http://www.swr.de/report/-/id=10583092/property=download/nid=233454/1t395cp/index.pdf
[S. 2 ]
Im Dezember setzte er nach (und macht damit deutlich, worum es ihm ging):
2002-12-09 Gustl Mollath schreibt an Direktor Rötzer (Leiter der Niederlassung Privatkundengeschäft) dass er im persönlichen Gespräch am Freitag ihn gebeten habe, Frau Mollath aufzufordern, die illegalen Schweizer Geldgeschäfte zu beenden. Er fordert erneut auf das umgehend zu tun. Ebenso möchte er eine Beendigung der hochspekulativen Geschäfte seiner Frau bei der HypoVereinsbank und der Credit Suisse.
http://www.gustl-for-help.de/chronos.html
Ob die Ehefrau etwas von diesen Démarchen erfahren hat? Am 2.1.2003 zog sie jedenfalls die Daumenschrauben an und zeigte ihn, objektiv falsch, wegen unerlaubten Besitzes scharfer Waffen aus dem Erbe seiner Mutter an.
Und fügte, laut den Nürnberger Nachichten vom 21.11.2012, ihrem Szenario von der angeblichen Gewaltätigkeit ihres Mannes einen weiteren Aspekt hinzu:
Als Beweis für die Allgemeingefährlichkeit ihres Mannes hat die Ehefrau kurz vor Prozessbeginn 2003 bei der Polizei gewarnt, ihr Ehemann besitze zahlreiche Schusswaffen. „Ich befürchte, er könnte sie auch gegen mich einsetzen“, sagt sie bei der Zeugenvernehmung. Beamte drangen daraufhin in das Haus des Mannes ein. Gefunden haben sie nichts.
Prompt wurde am 31.1.2003 ein entsprechender Durchsuchungsbeschluß erlassen, der sich angeblich nicht nur auf die Angaben der getrennt lebenden Ehefrau, sondern auch auf Ermittlungsergebnisse stützte (die sich offenbar allein darin erschöpften, daß Mollath keine Waffenbesitzkarte hatte).
http://www.gustl-for-help.de/download/2003-01-31-Beschluss-Prot.-Hausdurchsuchung.pdf
Die daraufhin erfolgende ergebnislose Hausdurchsuchung vom 19.2.2003 durch 12 Polizeibeamte, die das große Haus auf den Kopf stellten und maßlose Unordnung herbeiführten, wurde für Mollath zum traumatischen Ereignis – er, der immer gegen Gewalt, Waffen und Krieg war, wird des unerlaubten Besitzes scharfer Waffen verdächtigt, auf eine bloße Behauptung hin wird gegen ihn, den strafrechtlich niemals in Erscheinung Getretenen, eine Hausdurchsuchung veranlaßt? Er wußte möglicherweise noch nicht, daß seine Frau diesen Vorwurf erhoben hatte; daß sie gegen ihn eine Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung erstattet hatte, und gerade dabei war, seine Gefährlichkeit zu etablieren.
2003-02-19 Obwohl Herr Mollath nicht vorbestraft ist, führen zwölf Polizeibeamte eine Razzia in Herrn Mollaths Haus durch. Bei dieser Hausdurchsuchung (Beschluss vom 31.01.03) wird ein erlaubnisfreies Luftgewehr gefunden, welches im Haus verbleibt.
Dokumente zur Hausdurchsuchung [PDF-Datei]
Die Justizministerin vertuschte die tragende Rolle der Ehefrau bei dieser Aktion so:
„Um mich unter Druck zusetzen nichts weiteres zu
unternehmen, sorgte meine Frau … dafür das im Februar 2003 12 Polizisten mein Haus stürmten und von oben bis unten durchwühlten“.
All das fließt auch in die Beurteilung ein, ob ein
Anfangsverdacht für Straftaten zu bejahen ist. Auch hier hat Herr Mollath eine sehr eigene Sicht der Dinge.
Fakt ist, dass nicht seine Frau die Polizei schickte. Die Polizei vollzog im Februar vielmehr einen Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Nürnberg.
Auch die Ehefrau war enttäuscht, daß ihre Anzeige wegen Körperverletzung bei der Polizei in Nürnberg noch keine Resonanz gezeigt hatte. Nun zeigte sie dieselben Sachverhalte am 15.1.2003 auch in Berlin an, wo sie sich offenbar gerade aufhielt – kurioserweise am selben Tag, an dem die Innenrevision der Hypovereinsbank eine Überprüfung der von Mollath angezeigten Vorgänge einleitete.
2003-01-15 Petra Mollath meldet die Geschehnisse von 2001-08-12, 2002-05-31 und 2002-11-23 der Polizei in Berlin-Tiergarten.
http://www.gustl-for-help.de/chronos.html
So sieht also eine Frau ohne Belastungseifer aus. Natürlich hat der Vorsitzende Richter am LG Nürnberg Fürth, Otto Brixner, weder die ins Blaue hinein erstattete Anzeige wegen unerlaubten Waffenbesitzes noch die wiederholte Strafanzeige in Berlin in seinem Urteil vom 8.8.2006 aufgeführt. Es sollte doch alles stimmig sein. Hier die harmlose Frau ohne Belastungseifer, ohne Fehl und Tadel (daher mußten die Beschuldigungen des Angeklagten gegen seine Frau wahnhaft sein), dort der irre gefährliche Mann. So etwas funktioniert in Deutschland, nicht nur in Bayern und Baden-Württemberg, wo sich dank des 1. Strafsenats des BGH unter Armin Nack ein Sonderrechtsgebiet entwickelt hat, in dem nicht nur die Strafhöhen extrem vom Rest der Republik abweichen, sondern auch ersichtliche Fehlurteile wie dieses hier begründungslos gehalten werden. Denn trotz aller Sachverhaltsverfälschungen, die Brixner sich traditionell leistete, hätte eine schlichte Revisionsbegründung: ›Ich rüge die Verletzung materiellen Rechts‹ zu einer Aufhebung wegen lückenhafter und widersprüchlicher Beweiswürdigung führen müssen.
Es ging weiter in diesen asymmetrischen Rosenkrieg, den Frauen in unserem Rechtssystem immer gewinnen.
Der Ehefrau wurde wegen der desaströsen Ergebnisse der Sonderrevision der Hypovereinsbank am 25.2.2003 außerordentlich gekündigt. Der Bericht wurde, völlig legal, in die Schublade gelegt. Es gibt keine Anzeigepflicht wegen der dort ermittelten Delikte, und eine Geldverbringung in die Schweiz hatte die Ehefrau, wie übrigens alle nachweisbaren Taten auch, bestritten – nach Bekanntgabe dieses Revisionsberichtes Ende 2011, die wir den Nürnberger Nachrichten zu verdanken haben, sitzt die Steuerfahndung den Schweizflüchtigen allerdings im Nacken – so gehaltvoll sind die Informationen auch heute noch:
2012-10-29 Nürnberger Nachrichten (Michael Kasperowitsch):
(Bisher ist bei den Nürnberger Nachrichten kein Artikel zum Thema Mollath online gestellt, deshalb wird der Artikel hier in Auszügen dokumentiert und [kommentiert]):
Steuerfahnder haben die Spur aufgenommen
Wende im Psychiatrie-Fall Ferdl G. – Finanzamt stützt sich auf Angaben, die der Nürnberger 2003 vorlegte
Seit über sechs Jahren sitzt der Nürnberger Ferdl G. als kranker, allgemeingefährlicher Gewalttäter in der Psychiatrie. So sehen ihn Gerichte und amtlich bestellte Gutachter. Er lebe in dem Wahn, Opfer des Bankensystems zu sein, weil er 2003 Schwarzgeldverschiebungen in die Schweiz angezeigt hat (…) Diese Angaben des 55-jährigen wurden bisher nie auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Jetzt bestätigen ausgerechnet Steuerfahnder im Kern deren Richtigkeit.
(…) Ein Fahndungsprüfer des Finanzamtes hat den Steuerberatern eines der zahlreichen Bankkunden, die Ferdl G. (Name geändert) damals auflistete, vergangenen Juli ein Schreiben zugesandt. Der Ton des Briefes, der den NN vorliegt, ist unmissverständlich. Nach Erkenntnissen der Behörde „hat bzw. hatte Ihr Mandant Kapitalanlagen in der Schweiz“, heißt es dort. Dies betreffe auch weitere Personen. „Dabei hat sich gezeigt, dass die vorliegenden Erkenntnisse in mehreren Fällen zufteffend waren“, teilt der Beamte mit.
Es sei nun „leider nicht mehr möglich, die bloße Verneinung derartiger Kapitalanlagen“ zu akzeptieren. Der Fahnder verlangt Bescheinigungen von sieben namentlich genannten Schweizer Banken. Sie sollen „verbindlich erklären, dass dort in den Jahren 2000 bis 2010 keine Konten, Depots, Schließfächer oder Verwahrstücke vorhanden waren.“
Insbesondere sollen sie bestätigen, dass der Mann keine Nummernkonten mit Decknamen wie „Pythagoras“, „Klavier 2285“ oder „Seligenstadt 2986“ unterhalten habe. Das alles sind Details und Fakten, die Ferdl G. bereits vor fast zehn Jahren der Nürnberger Staatsanwaltschaft zukommen ließ. Damals erkannte diese nicht einmal einen „Prüfungsansatz“ für Ermittlungen.
Dass das Finanzamt heute tatsächlich aufgrund des früheren Materials [siehe eine von mehreren Anzeigen Gustl Mollaths an den damaligen Generalstaatsanwalt] von Ferdl G. aktiv wurde, bestätigt der Nürnberger Rechtsanwalt Heinrich Schnell, der den Mann im Visier der Steuerfahnder vertritt. Der Anwalt hat den seit Jahren im Bayreuther Bezirkskrankenhaus einsitzenden Ferdl G. schriftlich „klipp und klar“ aufgefordert zu erklären, „dass Sie keinen konkreten Anhaltspunkt haben, entsprechende Behauptungen aufzustellen“. Ein vorbereitetes Schriftstück ist zur Unterschrift gleich beigefügt.
Unterzeichnet hat es Ferdl G. nicht. Ob Schnell nun wirkich „gerichtliche Hilfe“ in Anspruch nimmt, wie er ankündigte, ist seinen Angaben zufolge noch offen. Die Ferdl G. für Ende August gesetzte Frist ist längst abgelaufen. Dabei bestätigte der Anwalt auf Anfrage, dass keine der vom Finanzamt aufgeführten Schweizer Banken bereit war, die verlangte Negativbescheinigung für seinen Mandanten auszustellen. „Das kann ich nicht nachvollziehen“.
Seit fast zehn Jahren bekannt
(…) Antje Gabriels-Gorsolke, Sprecherin der Nürnberger Justizbehörde, erkärte, man habe eine Stellungnahme der betroffenen Bank – es handelt sich um die HypoVereinsbank in Nürnberg – zur weiteren Prüfung an die Finanzbehörden weitergeleitet. Angeschrieben und um einen Bericht gebeten habe man die Bank nach „Medienberichten“. Die Staatsanwaltschaft selbst sieht bis heute weiter keinen Anhaltspunkt, ein Verfahren einzuleiten.
http://www.gustl-for-help.de/medien.html#a12
Was sind solch rationalen Vorgehensweisen gegen das klassische Täter-Opfer-Schema, Frau gegen Mann? Null.
Es reicht Folgendes aus:
2003-05-15 Petra Mollath sagt vor dem Ermittlungsrichter in Berlin-Tiergarten u. a. über die „Bisswunde“ aus: sie „glaube nicht, dass es geblutet habe“, vor dem Würgen und Beißen sei sie bestimmt 20 mal mit den Fäusten geschlagen und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt worden, sie habe ihn gepackt, „wo es wehtut“.
2003-05-23 Anklageschrift wegen Körperverletzung: Gustl Mollath habe seine Frau mindestens 20 mal mit Fäusten auf den gesamten Körper geschlagen und außerdem derart kräftig gebissen, dass von der blutenden Bisswunde noch heute eine Narbe zu sehen sei und gewürgt, dass sie bewusstlos gewesen sei.
http://www.gustl-for-help.de/chronos.html
So schnell wird von der frauenfreundlichen Staatsanwaltschaft (das ist schließlich die politische Vorgabe) aus der nicht blutenden Wunde eine blutende gemacht, und die entgegenstehende Attestierung der Schläge mit der flachen Hand wird umstandslos zu Fausthieben umgewandelt, die das Attest gar nicht hergibt.
Aber es kommt noch schlimmer. Der Ehefrau konnte nicht daran gelegen sein, den sie beschuldigenden getrennt lebenden Ehemann zu einer Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt zu sehen. Sie liefe ja Gefahr, ihm im Fall der Scheidung Unterhalt zahlen zu müssen.
Und so erwirkte sie am 18.9.2003 durch eigene subjektive Klagen über den irren gefährlichen Mann ein erstes ferndiagnostisches ›Gutachten‹, das letztendlich seine Vernichtung herbeiführen würde:
„Termingerecht“ hatte die Frau nämlich ein erst am 18.9.2003 ausgestelltes psychiatrisches Attest vorlegt, das allein auf ihre Angaben hin den Verdacht auf eine bei ihm vorliegende Erkrankung und Gemeingefährlichkeit äußerte. Mollaths Aussagen wurden jetzt von der Justiz nicht mehr ernst genommen.
Die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Gabriele Krach, Klinikum am Europakanal, Erlangen, fand sich bereit, allein aufgrund der Bekundungen der Ehefrau folgende Ferndiagnose zu erstatten:
2003-09-23 Fax des Rechtsanwalts der Ehefrau, Dr. Woertge, an das Amtsgericht mit einer Stellungnahme von Fachärztin Dr. Krach (Klinikum am Europakanal, Erlangen), der Ehemann leide „mit großer Wahrscheinlichkeit“ an einer ernstzunehmenden psychiatrischen Erkrankung, zusätzliche nervenärztliche Abklärung sei anzustreben. Die Diagnose beruht alleinig auf Angaben der Ehefrau Mollath. [Ferndiagnose, siehe auch: Artikel der Süddeutschen Zeitung zum Fall Herrmann]
Diese letzte Attacke der Ehefrau bestimmte das Schicksal von Gustl Mollath. Und daß sie zuletzt sein Haus ersteigerte, ist ein Menetekel, das die Rechtlosigkeit des Mannes vor Augen führt.
Wie geriet sie an diese unprofessionell agierende Psychiaterin aus Erlangen? Es ist unbekannt, in welcher der Abteilungen des Psychiatrischen Komplexes der Klinik am Europakanal sie tätig war: gar in der von Dr. Wörthmüller geleiteten forensischen Abteilung?
http://www.klinikum-am-europakanal.de/
Wie kam die Ehefrau darauf, gerade dort Unterstützung in ihrem Rosenkrieg zu suchen?
Aufschluß bietet die Befangenheitserklärung des Leiters der forensischen Abteilung des Klinikums Erlangens, Dr. Wörthmüller, vom 1.7.2004, der später mit der Begutachtung des Angeklagten beauftragt wurde:
Leider ist es so, dass ich in der vergangenen Woche bereits persönlichen Kontakt mit Herrn Mollath hatte, mich insbesondere ein Nachbar, mit dem ich freundschaftlich verbunden bin, ausführlich über seine Sichtweise der Angelegenheit Mollath informierte (Herr Mollath wollte auch jenen aufsuchen). Aufgrund des so erhaltenen Meinungsbildes und der damit verbundenen persönlichen Verquickung sehe ich mich außer Stande, mit der notwendigen Objektivität das von Ihnen angeforderte Gutachten zu erstatten. Auch eine Übertragung auf einen Mitarbeiter meiner Abteilung erscheint hier kontraindiziert, nachdem die hiesige forensisch-psychiatrische Struktur stark durch meine Person bzw. die hiervon ausgehenden Einschätzungen geprägt ist.
Befangenheitserklärung Dr. med Wörthmüller [PDF-Datei]
Auch diese Befangenheitserklärung nutzte Mollath nichts, im Gegenteil:
Denn abgesehen davon, dass bisher keine Namen von weiteren, angeblich von Mollath wahnhaft mit Schwarzgeldvorwürfen überzogenen „dritten“ Personen genannt wurden, handelt es sich bei dem Gutachter keineswegs um eine unbeteiligte Person, wie Justiz und Ministerin glauben machen wollen.
Zweifel am fairen Umgang mit Mollath
Es handelt sich vielmehr um einen Psychiater, der die Begutachtung Mollaths selbst abgelehnt hatte. Aus Befangenheit. Ein weiteres Detail in der irrwitzigen Geschichte des Gustl Mollath, das einmal mehr die Frage aufwirft, wie fair die Justiz mit ihm umgegangen ist.
Die SZ hat den Psychiater mit der Angabe des Justizministeriums konfrontiert, Mollath habe ihn in seinen angeblichen Wahn miteinbezogen. Und wohl deswegen als Gutachter abgelehnt. Der Gutachter antwortet darauf in unmissverständlicher Deutlichkeit: „Herr Mollath hat schon nachvollziehbare Gründe gehabt, mich als Gutachter abzulehnen.“ Und mehr noch: Er habe sich ja aus eben diesen Gründen selbst für befangen erklärt.
Beliebige dritte Personen? Die einzige von Justiz und Ministerin bislang benannte dritte Person, eben der Psychiater, zählt sich selbst also nicht dazu. Er schildert den Grund für seine Befangenheit so: Bevor er als Gutachter vom Gericht in der Sache Mollath angefragt worden sei, habe es eine zufällige Begegnung mit Mollath auf der Straße gegeben, fast vor der Haustür des Psychiaters.
Mollath sei wohl auf der Suche nach dem Nachbarn des Psychiaters gewesen, einem Finanzanleger. Offenkundig, um mit diesem ins Gespräch über etwaige dunkle Geldgeschäfte in der Schweiz zu kommen, die womöglich nicht nur über die Nürnberger Filiale der Hypo-Vereinsbank abgewickelt wurden. Mollath sah den Finanzmakler darin verstrickt und zeigte ihn auch an. Und er wollte ihn wohl an diesem Tag selbst zur Rede stellen. So kamen er und der Gutachter ins Gespräch.
Als der Psychiater später dann ausgerechnet den Mann begutachten sollte, mit dem er aus schierem Zufall schon auf der Straße über einen möglichen Schwarzgeldkomplex geredet hatte, lehnte er dies ab. Umgekehrt lehnte Mollath den Gutachter ab – mit teilweise heftigen Worten. Er misstraute ihm zutiefst, schon wegen dessen räumlicher Nähe zu einem Finanzmakler. Schwarzgeldgeschäfte werden schließlich häufig unter guten Bekannten angeleiert.
Er kann Mollaths Misstrauen nachvollziehen
Der Psychiater trägt ihm diese Verdächtigung aber nicht nach. Dass Mollath ihm irgendwann sogar vorgeworfen habe, er könnte mit Schwarzgeldverschiebern gemeinsame Sache machen, habe er in dessen geschilderter Situation sogar verstehen können. Auch wenn er selbst niemals Schwarzgeldgeschäfte getätigt habe. Aber: Eine Nachbarschaft schaffe nun mal Vertraulichkeit, sagt der Psychiater, da habe er die gutachterliche Objektivität in der Tat nicht sicherstellen können.
Von all diesen Zusammenhängen findet sich in der Erklärung des Justizministeriums nichts. Und auch im Urteil des Landgerichts Nürnberg aus dem Jahr 2006 – auf das sich Merk bezieht – steht davon kein Wort. Vielmehr heißt es an einer tragenden Stelle des Urteils: Was den Wahn Mollaths angehe, sei dieser „unkorrigierbar der Überzeugung“, dass „Personen aus dem Geschäftsfeld seiner früheren Ehefrau, diese selbst und nunmehr auch beliebige weitere Personen“ in das „komplexe System der Schwarzgeldverschiebung verwickelt“ seien. Zum Beispiel „auch“ der Gutachter.
http://www.sueddeutsche.de/bayern/verfahren-gegen-gustl-mollath-der-dritte-mann-1.1536175
Das alles ist um den heißen Brei herum gesprochen, denn die Wahrheit ist noch viel konkreter: Wörthmüller war befreundet mit einem Nachbarn, der wiederum Kunde von Petra Mollath und der Hypovereinsbank gewesen war:
Die Nürnberger Nachrichten präzierten am 21. 11. 2012: (Michael Kasperowitsch):
Ein Nachbar habe sich ihm gegenüber abfällig über den Patienten geäußert. Dass dieser Nachbar auch für die HypoVereinsbank als Anlageberater tätig war und seinerzeit engere geschäfltiche Verbindung zu Ehefrau hatte, spielt vor Gericht nie eine Rolle. Der Forensiker empfiehlt einen Kollegen in Bayreuth als Gutachter. Der plädiert bis heute für eine Unterbringung Gustl Mollaths.
http://www.gustl-for-help.de/medien.html
Dieses Detail dürfte auch die ›Beziehung‹ der Ehefrau zum Klinikum Erlangen erhellen.
Im Licht der generellen Marschroute der Justiz bei einem Rosenkrieg war das Schicksal des Gustl Mollath besiegelt: er ist verrückt, gefährlich und muß weggeschlossen werden.
Das ist nun mal so. Da gibt es keinen Rechtsstaat mehr. Daß er plötzlich wiederaufersteht, ist nur dem öffentlichen Druck zu verdanken. Und das ist die wahre Katastrophe. Daß es den Schatten gibt, den der öffentliche Scheinwerfer nicht erhellt.
(Wird fortgesetzt)
Update: (1.12.2012)
Zur aktuellen Situation, die sich jäh gewandelt hat, äußert sich, wie immer präzise und zutrefffend, Prof. Dr. Henning Ernst Müller hier:
http://blog.beck.de/2012/11/29/fall-mollath-wie-geht-es-weiter?page=1
Eine lesenswerte juristische Aufarbeitung des Mollath-Falls hat Oliver García verfaßt:
http://blog.delegibus.com/2012/11/28/justiz-im-wahn-wahn-2/
Hier geht es zur Fortsetzung: