Der Fall Mollath: Die Irrwege der Psychiatrie (2)

Rosenkrieg 1

Fortsetzung von:

https://gabrielewolff.wordpress.com/2013/09/19/der-fall-mollath-die-irrwege-der-psychiatrie-1/

Neben der Sachkunde zeichnet einen kompetenten Gutachter eine unvoreingenommene Neutralität aus. Er sollte Unabhängigkeit vom Auftraggeber wie auch objektive Distanz zum Untersuchungsgegenstand bzw., wie im Fall eines psychiatrischen Gutachtens, zum Probanden zeigen.

Gesetzt den Fall, der Leiter einer forensischen Psychiatrie  erhielte Ende 2004 den Auftrag eines Strafrichters, ein psychiatrisches Gutachten zur Frage der Schuldfähigkeit eines Angeklagten zu den von der Staatsanwaltschaft unterstellten Tatzeiten von Körperverletzungen zum Nachteil seiner Ehefrau von August 2001 und Mai 2002 (Trennnungszeitpunkt) zu erstellen. Hinzu käme noch, im Gefolge des sich seit der Trennung entwickelnden Rosenkrieges, der Strafbefehlsvorwurf eines Briefdiebstahls des Angeklagten zum Nachteil der getrennt lebenden Ehefrau von November 2002, der schon nach Aktenlage nicht vorlag. Das Gutachten, das einer Exploration bedurfte, die ohne freiwillige Kooperation des Angeklagten nicht möglich war, sollte im Rahmen einer zwangsweisen Unterbringung des Probanden in der forensischen Einrichtung des Gutachters stattfinden. Dieser Zwang war deshalb erforderlich, weil sich der Proband seit September 2003 strikt geweigert hatte, sich auf seinen Gesundheitszustand untersuchen zu lassen.

Seine ihn auf allen Fronten – strafrechtlich, zivilrechtlich, scheidungsrechtlich  –  erbittert bekämpfende wirtschaftlich dominante Ehefrau war im Februar 2003 wegen seiner zutreffenden Mitteilungen von Dezember 2002 über ihre strafrechtlich und arbeitsrechtlich bedenklichen Geschäfte als Vermögensberaterin bei der HypoVereinsbank fristlos entlassen worden.  Im September 2003 hatte sie eine Fachärztin für Psychiatrie dazu bewegen können, ihr rechtswidrigerweise ein allein auf ihren Angaben beruhendes Schriftstück über die Wahrscheinlichkeit einer psychiatrischen Erkrankung des Ehemannes mit der Gefahr erneuter Fremdgefährlichkeit auszuhändigen.  Ein regionaler gerichtsnaher psychiatrischer Gutachter, der Aktenkenntnis hatte, kam nach Verweigerung einer Kooperation des Angeklagten aufgrund einer kurzen Hauptverhandlung vom 22.4.2004 begründungslos zu demselben Ergebnis wie die rechtswidrig handelnde Kollegin und empfahl eine zwangsweise Unterbringung „zur Behandlung“ sprich zur Begutachtung gemäß § 81 StPO.

Auch der damit beauftragte nächste Kollege, Leiter einer forensischen Psychiatrie, wußte bereits nach einem privaten Kurzgespräch am Gartenzaun mit dem Angeklagten und einer weiteren Unterredung mit seinem Nachbarn im Juni 2004 Bescheid, daß der Angeklagte nicht ganz normal sei. Schließlich verunsicherten dessen Steuerhinterziehungs-Vorwürfe gegen die HVB und einige ihrer Mitarbeiter, darunter seine Ehefrau, die Betroffenen nicht unerheblich. Mit just zwei von diesen Mitarbeitern hatte er, der Nachbar des Sachverständigen, nachdem sie ihre Banken verlassen hatten/verlassen mußten, im Jahr 2003 eine Aktiengesellschaft für Finanzdienstleistungen gegründet. Verunsicherung ist nun mal nicht gut für’s Geschäft.  Auch nicht für das des dritten Gutachters, der sich wegen seiner frühen „privaten“ Festlegung und der Gespräche mit seinem Nachbarn für befangen erklären mußte. Denn der Proband erwies sich unerwarteterweise als wohlunterrichtet über die Freundschaft des Sachverständigen mit seinem Nachbarn sowie über die Beteiligungsverhältnisse in dessen Finanz-AG. Und so geriet unser aktueller Gutachter als vierter an den Fall.

Am 5.7.2004 legte ihm der befangene Kollege den Fall dar und er sagte zu, Gutachtenauftrag und Probanden zeitnah zu übernehmen. Ein kollegiales do ut des: der abgebende Psychiater bewies trotz Auftragsablehnung gegenüber der Justiz seine kooperative Haltung, und der übernehmende durfte sich über einen leichten, von drei Kollegen bereits „begutachteten“ Fall und einen Nebenerwerb freuen.

Diese Geschichte hätte ich mir ausgedacht? Weil sie nach einer Räuberpistole klingt? Gemach, gemach. Sie ist noch nicht einmal zu Ende.

Zu einer zwangsweisen Unterbringung des widerspenstigen Probanden in der forensischen Psychiatrie kommt es erst in der Zeit vom 14.2. – 21.3.2005. Wie nicht anders zu erwarten war: der Angeklagte lehnt eine Exploration, jede neurologische und körperliche Untersuchung bis hin zu einer Blutentnahme und einer angebotenen Tetanusspritze wegen durch Polizeigewalt erlittener Verletzungen ab. Er führt lediglich Gespräche, die mit seinen Bedürfnissen wegen der Bedingungen der Gefangenschaft zu tun haben. Immerhin, er übt passiven Widerstand gegen den forensischen Betrieb, wo mit ihm sogleich wie mit einem psychisch kranken, rechtskräftig verurteilten, Straftäter umgegangen wird, obwohl für ihn als lediglich Angeklagtem die Unschuldsvermutung gilt und er nur untersucht  werden soll. Zur Attestierung psychopathologischer Affektstörungen im Jahr 2005 reicht das unserem Gutachter zwar, denn ein unauffälliger (=normaler) Mensch protestiert nicht, der paßt sich auch einem stark reglementierten aber rechtsfreien Raum an und integriert sich unauffällig in eine Welt der Verrückten, in der einem unbescholtenen Bürger auf dem Weg zu seinem täglichen einstündigen Hofgang Handschellen angelegt werden.  Die Bewältigung der Akten erscheint schon schwieriger; es sind halt unzulängliche Ermittlungen, unzulängliche Strafrichter-Anklagen, unzulänglich protokollierte Hauptverhandlungen, und vor allen Dingen: zwischen den Darlegungen der Ehefrau und denen des beschuldigten Ehemanns liegen Welten – welcher sollte man folgen, wenn doch nichts überprüft und nichts bewiesen worden ist?

Mit ein wenig Behauptungskunst bekäme man es als Psychiater ja noch hin, daß der Proband irgendwie paranoid, dies auch schon zu den lange zurückliegenden Tatzeiten gewesen sei, und daß die angeklagten Taten allein auf dieser Krankheit beruhten (und nicht etwa auf normalen Affekten wegen Ehekrise und Trennung). Aber davon profitierte der Angeklagte durch Strafmilderung oder gar Freispruch wegen Schuldunfähigkeit, wenn das Gericht wie üblich der Frau und nicht dem Mann glauben würde, und das lag gewiß nicht im Interesse des Amtsgerichts, das explizit nach dem Vorliegen der Voraussetzungen einer Unterbringung gemäß § 63 StGB gefragt hatte.

Und da stellt der Gesetzgeber ja bekanntlich „hohe Hürden“ auf:

§ 63 StGB
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist.

Schon mit der „Gesamtwürdigung des Täters“ bzw. Angeklagten würde es schwierig werden: über dessen Biographie war nur das bekannt, was dieser selbst in seiner Verteidigungsschrift „Was mich prägte“ vom 24.9.2003 für mitteilenswert befunden hatte. Die Angaben der Ehefrau waren kärglich und widersprachen, was die Schilderung der letzten Ehejahre anging, den Darlegungen des Ehemannes, der strafrechtlich betrachtet ein unbeschriebenes Blatt war. Strafakten existierten mithin ebenfalls nicht. Auf Krankenunterlagen konnte ebensowenig zurückgegriffen werden wie auf Anamnesen unparteiischer Dritter. Alle Personen, die ihn belasteten, standen im Lager der kämpferischen Ehefrau.

Völlig ausgeschlossen war die Begründung einer Prognose, daß zukünftig infolge seines Zustands erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten seien.  Bislang hatte sich seine Aggressivität, so sie denn nachgewiesen werden könnte, auf die wichtigste Person in seinem Leben, die Ehefrau, konzentriert. Die Trennung lag drei Jahre zurück, die Scheidung war im Jahr 2004 erfolgt. Außerdem: die schwerwiegendste Tat, ein angebliches Würgen bis zur Bewußtlosigkeit, sollte vor bereits vier Jahren begangen worden sein. Wenn es eine überdauernde Krankheit war, die ihn für die Allgemeinheit gefährlich machte, dann hätte sie zu aktuellen gleichartigen Taten führen müssen. Insbesondere in der Krisenzeit nach September 2003, als dem Angeklagten klar geworden war, daß seine Ehefrau ihn als psychiatrischen Fall abstempeln lassen wollte und die Justiz dieser Strategie unverzüglich folgte.

Und nun klaffte da eine Lücke von drei Jahren, in denen es – bei Unterstellung einer fortdauernden und -schreitenden psychischen Krankheit – trotz existenzbedrohender Umstände zu keinerlei aggressiven Handlungen gekommen war. Eine Grundlage für eine Unterbringung existierte damit nicht.

Was hätte ein neutraler unparteiischer Gutachter in diesem Fall getan? Er hätte die Frage, ob die Voraussetzungen einer Unterbringung vorliegen, verneint. Er hätte konsequenterweise auch die Voraussetzungen einer krankheitsbedingten erheblichen Minderung der Schuldfähigkeit hinsichtlich der vorgeworfenen Straftaten verneinen müssen, weil eine Kausalität zwischen Krankheit und den angeklagten Taten ebenfalls nicht zu beweisen war. Angeklagt waren klassische Fälle häuslicher Gewalt, die regelmäßig nicht Symptom einer psychischen Störung, sondern Ausdruck normalpsychologisch nachvollziehbarer Aggression ist.

Dr. Klaus Leipziger, Chefarzt der forensischen Psychiatrie in Bayreuth, tat allerdings etwas anderes. Er griff Ende März 2005 zum Telefon und schilderte dem auftragerteilenden Strafrichter Eberl sein Dilemma. Beim besten Willen: ohne aktuelle Fälle keine Unterbringung des Gustl Mollath. Richter Eberl versprach, sich um das Problem zu kümmern und die Staatsanwaltschaft zu bitten, ihm, dem Gutachter, etwaige Neueingänge zu übermitteln.

Unbekannt ist, ob der Amtsrichter bei der Staatsanwaltschaft anrief und sich nach aktuellen Fällen gegen den Angeklagten Mollath erkundigte. Bekannt ist, wie die Antwort Ende März/Anfang April 2005 gelautet hätte: nein, da gibt es nichts. Aus welchen Gründen auch immer der Amtsrichter ein Interesse daran hatte, das Sachverständigengutachten zu retten: er wandte sich unmittelbar an die Polizeiwache, in deren Zuständigkeitsbereich der Angeklagte lebte. Hätte ja sein können, daß dort ein Verfahren bearbeitet wurde, von dem die Staatsanwaltschaft noch nichts wußte.

Tatsächlich hatte es dort Ermittlungen gegen Gustl Mollath gegeben. Den hatte die Wache ohnehin im Visier, weil sie seit November 2004 den Unterbringungsbeschluß gemäß § 81 StPO zu vollstrecken hatte. Vorstellbar, daß die Frustration der Beamten, denen es drei Monate lang nicht gelungen war, Gustl Mollath festzunehmen, sie zu diesen Ermittlungen bewogen hatte. Eigentlich lagen seit dem 1.1.2005 nur Anzeigen gegen Unbekannt wegen Reifenstechereien vor, die wie üblich ohne Ermittlungstätigkeiten (auch telefonisch) entgegengenommen worden waren. Als Anzeigenerstatter traten auch die Rechtsanwälte Greger und Dr. Woertge sowie deren Ehefrauen in Erscheinung – ohne einen Tatverdacht zu äußern. Gleichzeitig soll jedoch Rechtsanwalt Greger (so jedenfalls POK Grötsch in seinem Schlußbericht vom 12.5.2005) der Polizei ein Schreiben des Gustl Mollath vom 4.8.2004 an seinen Sozius,  Rechtsanwalt Dr. Woertge, übergeben haben; darin sprach Mollath erneut Rechtsanwalt Dr. Woertge und seiner Frau, Rechtsanwältin Woertge, beide von seiner Ex-Frau mandatiert, ihr selbst, ihrem Bruder, dessen Lebensgefährtin und dem neuen Freund seiner Ex-Frau ein Hausverbot aus.  Weil in diesem Schreiben auf die weitreichenden Beziehungen Dr. Woertges zu Wirtschaft, Justiz, Polizei und Handball (1. FCN) hingewiesen wurde, und einige dieser Personen ebenfalls von Sachbeschädigungen betroffen waren, ergab sich für die Polizei der durch die Anwaltssozietät induzierte Anfangsverdacht, Mollath könne der unbekannte Täter sein.

Die einseitig geführten Ermittlungen kulminierten in einer illegalen ergebnislosen Hausdurchsuchung:

Aus dem Schlussbericht des POK Grötsch vom 12.5.2005, Bl. 125 in Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth, 802 Js 13851/05:

 

„Gegen den Tatverdächtigen Mollath lagen bereits seit November 2004 Strafakten der StA Nürnberg/AG bei der PI Nürnberg-Ost vor. Wegen verschiedener Strafsachen sollte Herr Mollath durch Beschluss vom 16.9.2004, Az. 41 Ds 802 Js 4743/03, zur Vorbereitung eines psychiatrischen Gutachtens für die Dauer von fünf Wochen in das Bezirkskrankenhaus Bayreuth verbracht werden.

Mehrfaches Aufsuchen des Hauses von Mollath in der Volbehrstr. 4 durch Streifen der PI Nürnberg-Ost ab November 2004 bis Anfang Februar 2005 blieben erfolglos. Mollath öffnete nie und sein Aufenthalt konnte nicht festgestellt

werden.

Nachdem gegen Herrn Mollath auch ein Haftbefehl der StA Deggendorf bei der PI Nürnberg-Ost eingegangen war, wurde am 4.2.2005 durch den DgrL der Dienstgruppe B, Kollegen Tattermusch, Rücksprache zwecks Wohnungs-/Hausöffnung mit Herrn StA Thürauf von der StA Nürnberg-Fürth gehalten.

Herr StA Thürauf befürwortete eine polizeiliche Öffnung des Wohnhauses von Mollath.“

Was es mit dem mysteriösen Haftbefehl aus Deggendorf auf sich hat, ist nie geklärt worden.

StA Thürauf wurde bewußt darüber getäuscht, was der eigentliche Grund der Hausdurchsuchung war, für den kein Gericht einen Durchsuchungsbeschluß erlassen hätte – und Gefahr im Verzug war nicht gegeben: die Suche nach Beweismitteln für Sachbeschädigungen. So fährt POK Grötsch auf Bl. 125ff. fort:

 „Gegen 09.50 Uhr wurde versucht, die Haustüre bzw. andere Zugänge zu öffnen.

Nachdem dies nicht gelang, wurde ein Schlüsseldienst hinzugezogen.

Nach der Öffnung der Haustüre wurde das Haus von Kräften der Dgr B und der Gruppe ‚Graffiti‘ durchsucht. Herr Mollath konnte jedoch nicht aufgefunden werden.

Von POM Feder wurden im Wohngebäude Kleidungsstücke vorgefunden, die große Ähnlichkeiten wie die in den Videoaufzeichnungen aufweisen. Die Kleidungsstücke wurden sichergestellt und zur PI Nürnberg-Ost verbracht.

Ein speziell zuzuordnendes Tatwerkzeug wurde nicht vorgefunden. Die Mütze und Jacke wurden zum Vergleich vom Unterzeichner fotografiert. Die Aufnahmen liegen unter Bl. 111 der Ermittlungsakte bei. Sowohl die Mütze als auch

die Jacke ähneln stark der getragenen Kleidung des Täters bei der Tatausführung am 1.2.2005.“

Über den gescheiterten Ergreifungsversuch wurden weder die für den Vollzug richterlicher Beschlüsse zuständige Staatsanwaltschaft und schon gar nicht der für diesen Vollzug unzuständige beschuldigte Richter Eberl informiert.

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Klagerzwingung-2013-09-19.pdf#page=26

Nach diesem Fehlschlag – die Ex-Ehefrau hatte ihren Ex-Mann auf dem Tat-Video vom 1.2.2005 nicht erkannt, aber vage Verdachtsvermutungen geäußert – und der Ergreifung des zwecks Unterbringung gesuchten Gustl Mollath am 13.2.2005 (schließlich hatte man jetzt einen Schlüssel und konnte jederzeit ins Haus eindringen, wenn es einen entsprechenden Tip gab) waren die „Ermittlungen“ wegen Sachbeschädigung durch die Polizeiinspektion Nürnberg-Ost stillschweigend beerdigt worden.

Das änderte sich nach dem Anruf von Richter Eberl bei der Polizeiinspektion Nürnberg-Ost, der Anfang April 2005 stattgefunden haben muß. Am 11. und 12. April 2005 legte POK Grötsch eine Akte mit „Tatblättern“ gegen Gustl Mollath an, denen er die Anzeigen gegen Unbekannt, die ihm als „Serie“ des Beschuldigten erschienen, nachheftete. Ja, er schreckte nicht einmal vor Urkundenfälschungen zurück, um die Akte „stimmig“ zu machen:

Besonders dreist ist hierbei, dass der POK Grötsch, um der Akte ein auf Mollath zugeschnittenes Gesicht zu geben, die von den Betroffenen gestellten Strafanträge maschinenschriftlich oder handschriftlich dahingehend veränderte, dass er jeweils als Beschuldigten „Mollath, Gustl Ferdinand, *07.11.1956“ nachträglich einfügte (wie vor, Bl. 7, 11, 24, 32, 78, 99, 106). Dies geschah sogar dann, wenn die Antragsteller ausdrücklich erklärt hatten, sie könnten einen Täterhinweis nicht geben (Bl. 6, 10, 26, 30), man habe „keinen Verdacht, wer mir schaden will“ (Bl. 38), man habe „keinen konkreten Tatverdacht“ (Bl. 97) oder gar – wie im Falle des Thomas Lippert – ausdrücklich ein Tatverdacht gegen eine ihm seit vier Jahren nachstellende Person (die aber nicht Mollath war) äußerte (Bl. 103). POK Grötsch trug sogar dann im Strafantrag „Mollath, Gustl Ferdinand, *07.11.1956“ nach, wenn der Antragsteller in den Strafantrag selbst handschriftlich zu der Person des Beschuldigten „unbekannt“ eingetragen hatte (Bl. 49).

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Klagerzwingung-2013-09-19.pdf#page=29

Von diesem Fortschritt, nämlich dem Entstehen einer polizeilichen Akte gegen den Probanden, muß Richter Eberl dem Sachverständigen Dr. Leipziger zeitnah berichtet haben. Schließlich mußte letzterer wissen, ob er noch weiter warten sollte oder ein Gutachten mit einem unerwünschten Ergebnis erstatten mußte.

Am 26.4.2005 hakte Dr. Leipziger jedenfalls bei der Staatsanwaltschaft nach, die, anders als ein unzuständiger Richter, auch dann Herrin des Ermittlungsverfahrens ist, wenn sie noch nicht weiß, an was und wie die Polizei herumwerkelt:

„In einem Telefonat mit Herrn Richter vom Amtsgericht Nürnberg in der 13. Kalenderwoche, in dem die Problematik des Beschuldigten kurz erörtert wurde, wurde Herrn Richter Eberl dargelegt, dass es für die Begutachtung relevant wäre, Ermittlungsergebnisse jüngeren Datums über bekannt gewordene, möglicherweise auch strafrechtlich relevante Verhaltensweisen des Beschuldigten, in die aktuelle Begutachtung mit einbeziehen zu können.

Herr Richter Eberl hatte erklärt, er würde sich darum bemühen, dass die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth die entsprechenden Unterlagen beizieht und zur Begutachtung zu Verfügung stellt.“ (Bl. 306 in Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth, 802 Js 4743/03)

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Klagerzwingung-2013-09-19.pdf#page=27

Da war die Akte aber immer noch nicht bei der Staatsanwaltschaft eingegangen, so daß dieser Vorstoß vorerst ins Leere lief. POK Grötsch war es angesichts seiner Kraut&Rüben-Akte, in der wichtige Ermittlungsschritte gar nicht dokumentiert waren, bewußt, daß sein Werk keine Gnade vor den Augen eines Staatsanwalts finden würde. Also verfertigte er am 12.5.2005 einen phantasievollen Abschlußbericht, der den disparaten Akteninhalt rundete und zudem eine Gefährlichkeit der Sachbeschädigungen behauptete, die nach Aktenlage gar nicht vorlag.

Dr. Leipziger wunderte sich offenbar nicht, daß ihm das Amtsgericht (unter dem amtsgerichtlichen Aktenzeichen des von Richter Eberl geführten Körperverletzungsverfahrens) am 31.5.2005 die komplette polizeiliche Sachbeschädigungs-Akte ohne staatsanwaltschaftliches Aktenzeichen übersandte, obwohl er wußte, daß die Staatsanwaltschaft für die Übersendung von Ermittlungsakten zuständig war. Die hatte ihm allerdings mit Fax vom 2.6.2005 lediglich den Schlußbericht von POK Grötsch übersandt – ohne eigene Bewertung seiner (fehlenden) Plausibilität. Diese Übersendung wurde nicht Grundlage seines Gutachtens, sie wurde nicht einmal erwähnt. Zum Ablauf des Geschehens und der Zusammenarbeit von POK Grötsch und Richter Eberl kann man sich hier informieren:

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-StA-Augsburg-2013-03-26.pdf#page=29

Dr. Leipziger war als Chef einer Einrichtung für Vollstreckung strafrechtlicher Unterbringungen Teil des Justizapparats, wie es auch JVA-Leiter sind  – und wie letztere dem CSU-Staat Bayern verpflichtet. Also: Sicherheit geht vor.

Ein spinnerter bio-grüner Pazifist, auch noch Bankenkritiker und Bekämpfer von Steuerhinterziehung, die letztlich zu großen sozialen Verwerfungen führe – der ist per se ›unnormal‹ im wirtschaftsfreundlichen Bayern,  wo die Unterbesetzung von Finanzämtern im Bereich Betriebsprüfung und Steuerfahndung Politik im Sinn von Standortfaktor zugunsten der Wirtschaft ist.

Das Stöckchen lag niedrig, über das er springen mußte. Und schon auf S. 2 seines Gutachtens begegnet man dem ersten Anzeichen einer mangelnden Neutralität von Dr. Leipziger.

Dort wird zunächst die Anklage vom 23.5.2003 wegen der beiden Körperverletzungen vom 12.8.2001 und 30.5.2002, diese in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, wiedergegeben.

Danach hätte der inhaltlich falsche Strafbefehl aus 41 Ds 802 Js 4743/03 zitiert werden müssen, der sogar im Skandal-Urteil von Brixner zu einem glatten Freispruch aus tatsächlichen Gründen führen sollte:

Dem Angeklagten lag noch zur Last, am 23.11.2002 Briefe seiner Ehefrau Petra Müller, aus dem Briefkasten des Grundstücks Wöhrder Hauptstraße 13 in Nürnberg entwendet zu haben. Die Vernehmung seines ehemaligen Schwagers, Robert Müller, hat jedoch ergeben, dass der Angeklagte die Briefe lediglich ins Haus geworfen und sie nicht an sich genommen hat.

Damit ist eine Zueignungsabsicht gemäß § 242 StGB dem Angeklagten nicht nachweisbar.

[UA S. 27]

Da auch Dr. Leipziger die Haltlosigkeit des Briefdiebstahlsvorwurfes des Familienclans Ehefrau-Bruder-Lebensgefährtin des Bruders sowie dessen fehlende Bedeutung für ein Gutachten erkannt hatte, referierte er diese Akte auf S. 2 seines Gutachtens wie folgt:

Am 23.11.2002, gegen 13.10 Uhr, hätte sich der Angeklagte gemäß Sachverhalt, schriftlich

niedergelegt durch PHM Häfner, PI Nürnberg-Ost, (BI. 28 f der zum Verfahren verbundenen Akte 41 Ds 802 Js 4743/03), unberechtigt im Anwesen Wöhrder Hauptstr. 13 in Nümberg aufgehalten. Er hätte sich trotz an diesem Tage durch den Geschädigten Müller erteilten Hausverbots nicht aus dem Anwesen entfernt. Hierbei sei es zu einem Handgemenge gekommen, bei dem der Angeklagte versucht hätte, den Geschädigten Müller zu schlagen und dieser den Angeklagten angeblich geschlagen sowie mit Worten wie ,,Arschloch“ beleidigt hätte. Der Angeklagte hätte dann noch die Geschädigte Simbek in nötigender Art und Weise an die Wand gedrückt. Der Grund der Anwesenheit des Angeklagten in dem besagten Anwesen sei vermutlich gewesen, dass dort seine von ihm getrennt lebende Ehefrau wohne. Zur Tatzeit hätte er versucht, Briefe aus ihrem Briefkasten zu entwenden.

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Gutachten-Leipziger-2005-07-25.pdf#page=2

Tja. Da zitiert der Sachverständige den unmaßgeblichen Vermerk eines schlichten Polizeihauptwachtmeisters „als Sachverhalt“, ohne darzulegen, daß die Staatsanwaltschaft die familiären Körperverletzungsdelikte eingestellt hatte, und realisiert noch nicht einmal, daß der Schwager einen Versuch der Körperverletzung durch den Probanden behauptete, um die eigene vollendete Körperverletzungshandlung als Notwehr erscheinen zu lassen? Kritische Würdigung von Akten ist seine Sache nicht. Er zieht heraus, was in sein voreingenommenes Konzept paßt, hier also die gegenseitigen nicht aufgeklärten Körperverletzungsvorwürfe, die nicht Gegenstand des Verfahrens und damit auch nicht Gegenstand des Gutachtens sind.

In der Folge findet sich zu dem Vorwurf des vollendeten Briefdiebstahls in seinem Gutachten nur noch ein Satz:

Auf einen Auszug aus der zum Verfahren verbundenen Akte 41 Cs 802 Js 4726/03 kann hier […] verzichtet werden […]

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Gutachten-Leipziger-2005-07-25.pdf#page=10

Und damit fehlt ein Detail – auch das ist prägend nicht nur für die Aktendarstellung, sondern für das gesamte Gutachten –, das geeignet gewesen wäre, die Dynamik der Paarbeziehung und die radikale Subjektivität beider Parteien empathisch darzustellen. Diebstahl geringwertiger Sachen ist nur auf Antrag verfolgbar. Hierzu ergibt sich aus den Akten:

Die Ehefrau des Angeklagten stellte am 28.12.2002 Strafantrag gegen ihren Ehemann wegen angeblichen (versuchten?) Briefdiebstahls vom 23.11.2002, der sich in ihrer Urlaubsabwesenheit, verbunden mit einer Auseinandersetzung zwischen ihrem Bruder und ihrem Ehemann, ereignet haben sollte, wobei sie in ersichtlichem Belastungseifer betonte:

Er hatte bestimmt Zueignungsabsicht, um Informationen zu erhalten.“ (802 Js 4726/03 Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth, Bl. 13, 14 d.A.).

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-LG-Regensburg-2013-05-01.pdf#page=2

Naturgemäß fehlen ebenso Darstellungen der aktenkundigen bestreitenden Einlassungen des Probanden. Dieses Muster beherrscht das gesamte, die Diagnose vorentscheidende, gutachterliche Aktenreferat. Eine Technik, mit der die Mindestanforderungen an ein Schuldfähigkeitsgutachten ausgehebelt werden [Hervorhebungen von mir]:

Boetticher, Nedopil, Bosinski, Saß: Mindestanforderungen für
Schuldfähigkeitsgutachten
NStZ 2005 Heft 2, S. 58

[…]

4. Nachvollziehbarkeit und Transparenz

Das Gutachten muß nachvollziehbar und transparent sein. Darin ist darzulegen, auf Grund welcher Anknüpfungstatsachen (Angaben des Probanden, Ermittlungsergebnisse, Vorgaben des Gerichts zum Sachverhalt und möglichen Tathandlungsvarianten), auf Grund welcher Untersuchungsmethoden und Denkmodelle der Sachverständige zu den von ihm gefundenen Ergebnissen gelangt ist.

5. Beweisgrundlagen des Gutachtens

Die sozialen und biographischen Merkmale sind unter besonderer Berücksichtigung der zeitlichen Konstanz der psychopathologischen Auffälligkeiten zu erheben. Es muß deutlich werden, ob und welche Angaben des Beschuldigten als Anknüpfungstatsachen zu Grunde gelegt wurden; insbesondere sind die gerichtlich noch zu überprüfenden Zusatztatsachen besonders hervorzuheben. Die Gutachtenerstattung in der Hauptverhandlung muss auf das dort gefundene Beweisergebnis – gegebenenfalls mit vom Gericht vorgegebenen Sachverhaltsvarianten – eingehen. Grundlage für die richterliche Urteilsfindung ist allein das in der Hauptverhandlung mündlich erstattete Gutachten. Der vorläufige Charakter des schriftlichen Gutachtens muss dem Sachverständigen und dem Gericht bewusst bleiben.

http://bios-bw.de/images/stories/pdfs/boetticher-mindestanforderungen-nstz-2005.pdf

Für den Sachverständigen Prof. Dr. Nedopil haben diese von ihm mitentwickelten Vorgaben, wie er in einem Interview mit den Nürnberger Nachrichten (Michael Kasperowitsch) am 2.1.2013 (S. 18) ausführte, Konsequenzen, was die Behandlung von Anknüpfungstatsachen angeht:

Existiert so etwas wie einen [!] allgemeinverbindlichen [!] Kodex für Gutachter wie Sie einer sind? An Ihrem Institut sind zum Beispiel immer zwei Personen mit einem Fall beschäftigt. Ist das Standard?

Nedopil: Das nicht, aber es gibt seit 2006 Mindestanforderungen für Schuldfähigkeits- und Prognosebegutachtungen. Ein wichtiger Punkt ist dabei, dass man zwischen den Aufgaben des Gerichts und denen des Sachverständigen scharf trennen muss. Wenn vor Gericht die Tatsachen nicht klar sind, muss man als Gutachter sagen: Gehe ich von der Schilderung eines möglichen Opfers aus, komme ich zu der einen Schlussfolgerung, gehe ich davon aus, dass der Untersuchte die Wahrheit sagt, komme ich zu der anderen. Das Gericht hat dann zu entscheiden, von welchen Tatsachen es bei seinem Urteil ausgeht.

Es ist Aufgabe eines Gutachters, eine solche Unterscheidung zu treffen?

Nedopil: Richtig. Der Gutachter darf nicht über Tatsachen entscheiden. Das ist ganz wichtig. Er darf nur fachliche Schlussfolgerungen ziehen. Ob das im Fall Mollath geschehen ist, kann ich nicht beurteilen.

Nun, nach der Veröffentlichung des Gutachtens von Dr. Leipziger könnte er es, wenn er die gesamte Dokumentation des Akteninhalts auf der Homepage von Rechtsanwalt Gerhard Strate studiert hätte. Eine Untersuchung des selektiven Zugriffs von Dr. Klaus Leipziger auf den Akteninhalt ergibt, daß lediglich die die Anklage stützenden Inhalte verwandt wurden, und das, obwohl die Akte beredt Zeugnis über einen parteiischen Streit zwischen Ehemann und Ehefrau im Zug von Trennung und Scheidung ablegt. In dem die Staatsanwaltschaft parteiisch zugunsten der Ehefrau agierte. Dieser Lesart der Staatsanwaltschaft folgt Dr. Leipziger nicht nur, er perfektioniert sie, indem er – beispielsweise – ein Mißverständnis eines seiner Stationsärzte über die Gründe der Befangenheit des Vorgutachters als Faktum nimmt, obwohl die Akte den zutreffenden Wortlaut der Befangenheitserklärung von Dr. Wörthmüller enthält. Den ignoriert er, um zu seiner Diagnose kommen zu können… Der VRiLG Brixner brauchte diese Vorarbeit von Dr. Leipziger – die en détail noch untersucht werden wird – nur zu übernehmen, und das Fehlurteil war genauso in der Welt wie die Fehldiagnose. Man muß es als kongeniale Kooperation bezeichnen, was da geschah, und sie erschöpfte sich keineswegs nur in der Gutachtenerstattung.

Prof. Nedopil kennt keine Gnade mit solchen Gutachtern, die disparate Akten frisieren und sich auf die Lesart der Staatsanwaltschaft kaprizieren. In einer anonymisiert veröffentlichten methodenkritischen Stellungnahme zu einem Gutachten über die Eignung als Waffenbesitzer schrieb er:

Ein weiterer, nicht zu übersehener Mangel des Gutachtens ist, dass aus den Anknüpfungstatsachen sich widersprüchliche Versionen der für die Beurteilung relevanten Fakten ergeben, z.B. im Bezug auf den Hund von Herrn […], in Bezug auf die Übergriffe u.ä. mehr. Der Gutachter legt sich jedoch erkennbar auf eine Version fest, die jene Fakten zusammensammelt, die nicht von Herrn […] vorgetragen werden, z.B. „… nachdem Herr […] just Ende Mai und Ende Juni […] die Herren […] und […] mit der Faust ins Gesicht geschlagen, und Anfang März […] im Samtgemeindebüro in […] den Herrn […] körperlich massiv bedrängt und gegen die Tür gestoßen hatte, sah man – völlig zutreffend –  die konkrete und gegenwärtige Gefahr, dass er seine Waffe missbräuchlich verwenden werde.“ Hier wird vom Gutachter eine „Beweiswürdigung“ vorgenommen, die ihm bei widersprüchlichen Anknüpfungstatsachen nicht zusteht. Die Schlussfolgerungen des Gutachtens basieren somit auf einseitigen [!] Interpretation der Anknüpfungstatsachen. Sätze, die üblicherweise bei widersprüchlichen Anknüpfungstatsachen in Gutachten auftauchen, wie: „Geht das Gericht davon aus, dass die Angaben der Zeugen … zutreffen, so ist daraus zu schließen, dass…“ fehlen in dem Gutachten. Würdigung und Wertung von Anknüpfungstatsachen ohne ausreichende Begründung ist dann, wenn widersprüchliche Anknüpfungstatsachen vorliegen, im allgemeinen einer der Hauptgründe für die Annahme von Befangenheit.

http://www.nds-fluerat.org/wp-content/uploads/2009/12/Anonymisiertes-Gutachten-von-Prof.-Nedopil.pdf

Die Aktenauswertung von Dr. Leipziger (und nicht nur die, auch die Krankenakten und die Pflegedokumentation werden entsprechend ausgewertet) entspricht genau jenem wertenden Verfahren, das Prof. Nedopil als Grund für die Annahme von Befangenheit wertet.

Die aber in der Realität keine Folgen hat. Im Strafverfahren bräuchte der Angeklagte einen engagierten und sachkundigen Verteidiger, der willens und in der Lage wäre, einen solchen Befangenheitsantrag zu formulieren. Gustl Mollath mußte mit einem Pflichtverteidiger vorlieb nehmen, der sich als Zeuge gegen den Mandanten mißbrauchen und den Mandanten unverteidigt seinem Schicksal überließ. Ein Angeklagter benötigt zudem einen Verteidiger, der aus der erwartbar reflexhaften Ablehnung eines Befangenheitsantrags durch das Gericht einen Revisionsgrund macht – solche Verteidiger sind rar gesät, und der BGH übt schon lange keine flächendeckende Rechtskontrolle mehr aus. Er agiert mehr wie das überforderte BVerfG, das sich im Bereich der Verfassungsbeschwerden nur noch exemplarische Ausreißer vornimmt. In Bayern führte der Kurs der begründungslosen Verwerfung durch den 1. Strafsenat unter dem Vorsitzenden Armin Nack gar zu einer Kultur von Verurteilungen, die nach dem des „so könnte es doch gewesen sein“ vom BGH ungerügten Prinzip der Beweiswürdigung geprägt waren und nun zu spektakulären Wiederaufnahmen führten und führen. Wobei ich in einer Mischung von Zorn und Mitgefühl der Justizopfer gedenke, die weder die Chance auf einen engagierten Anwalt noch auf die Findung von Wiederaufnahmegründen hatten. Denn die sind sehr eng definiert.

Die Lage für einen Beschuldigten/Angeklagten, der sich einem befangenen Gutachter ausgesetzt sieht, ist allerdings noch viel aussichtsloser. Denn es lassen sich immer – der Fall Mollath illustriert es aufs Grellste – sogar Universitätsprofessoren finden, die, wenn sie durch Gerichte rechtswidrigerweise suggestiv aufgefordert werden, zu überprüfen, ob die Voraussetzungen einer Unterbringung noch bestehen, auch die haltlosesten „Gutachten“ einer Provinzgröße affirmieren, ob mit oder ohne eigene Exploration. Wer die Erwartungen von Gerichten bestätigt, kann auf Ausweitung seines Nebentätigkeits-Einkommens rechnen. Außerdem kennt man sich in diesen Kreisen, da tut man sich nicht weh.

Die für die Verhandlung in dem Wiederaufnahmeverfahren von Gustl Mollath dank Zuweisung des OLG Nürnberg nun zuständige 6. Kammer des LG Regensburg hat das Problem, das „Psychiater“ heißt, wohl noch immer nicht begriffen.

„Spinnkram“ nennt es der Hanseat Gerhard Strate, was die doch eigentlich rationale, für Wirtschaftsstrafsachen zuständige 6. Strafkammer, zu ventilieren scheint:

Das Wiederaufnahmeverfahren, das derzeit vor dem Landgericht in Regensburg vorbereitet wird, lässt aber noch auf sich warten. Johann Piendl, Pressesprecher vom Landgericht Regensburg, sagte gegenüber Telepolis, es werde wohl bis zum Frühjahr dauern, bis das Gericht soweit sei. Gefragt, warum das Verfahren so lange auf sich warten lasse, sagte Piendl: „Dieses Verfahren ist eines von vielen Verfahren hier“, außerdem benötige ein Verfahren wie das von Herrn Mollath umfassender Vorbereitungen, diese würden Zeit beanspruchen.

Piendl sagte weiter, dass im Zuge des angehenden Verfahrens auch eine neue Begutachtung von Herrn Mollath durch einen Sachverständigen wahrscheinlich sei. „Dann kommt es darauf an, ob er sich begutachten lässt“, meinte der Pressesprecher und erklärte, dass für den Fall einer Weigerung Mollaths trotzdem ein Gutachter bestellt werden dürfte. Dieser müsste dann nach Aktenlage beurteilen, außerdem wäre er bei der Verhandlung anwesend, um die von ihm gemachten Beobachten zu Mollath, die für die Begutachtung von Bedeutung sind, mit in das Gutachten aufzunehmen.

Außerdem sei die Begutachtung auch deshalb sehr wahrscheinlich, weil die Frage, ob Mollath schuldfähig ist, bereits bei dem ersten Verfahren im Raum stand: „Selbstverständlich muss die Frage der Schuldfähigkeit auch bei der Vorbereitung zu diesem Prozess berücksichtigt werden.“

http://www.heise.de/tp/blogs/8/155258

Gustl Mollath wäre schlecht verteidigt, wenn er nach seinen Erfahrungen mit Psychiatern im Zusammenspiel mit der Justiz – explorierende Psychiater, die keine psychische Erkrankung feststellen konnten wie Dr. Simmerl (2007)  und Dr. Weinberger (2011) wurden ignoriert, nicht-explorierende Psychiater (Dr. Leipziger, Prof. Dr. Kröber) waren der auf Sicherheit gepolten ergebnisorientierten Justiz genehm, ein empathisch explorierender, sich in widersprüchlichster Weise aber dann doch den Vorgutachtern anschließender Gutachter (Prof. Dr. Pfäfflin) war den Gerichten wegen des Ergebnisses genehm, auf die notwendige Auseinandersetzung mit den Widersprüchen des Gutachtens ließen sie sich begreiflichereise nicht ein – sich noch einmal explorieren ließe.

Das Landgericht Regensburg wäre weltfremd, wenn es hoffte, einen Aktengutachter zu finden, der sich am Fall Mollath die Finger verbrennt und Kaffeesatz-Diagnosen über seine Schuldfähigkeit in den Jahren 2001 und 2002 aufgrund der Aktenlage abgibt. Der Spott der Kollegen wäre ihm gewiß.

Ohnehin scheint es die Segelanleitung des OLG Nürnberg nicht verstanden zu haben (oder aber der Sprecher Piendl dreht frei und hat keine hinreichende Rückkopplung zum Gericht):

Im Rahmen der erneuerten Hauptverhandlung wird nunmehr eine andere Kammer des Landgerichts Regensburg neu über die damaligen Anklagevorwürfe zu entscheiden haben. Sollten sich diese bestätigen, wäre auch zu prüfen, ob die seinerzeit angenommene Gefährlichkeit aufgrund einer psychischen Erkrankung tatsächlich besteht.

(Oberlandesgericht Nürnberg, Beschluss vom 6.8.2013, 1 Ws 354/13 WA)

http://www.justiz.bayern.de/gericht/olg/n/presse/archiv/2013/04049/

Die Reihenenfolge der Prüfung ist damit klar: zunächst muß entschieden werden, ob die nicht bzw. falsch zugelassenen Anklagevorwürfe der Sachbeschädigung überhaupt Gegenstand des neuen Verfahrens sein können. Sollten sie es werden, gäbe es sicherlich von der Verteidigung initiierte hochnotpeinliche Verhöre der Beteiligten, die diese Vorwürfe beweislos inszeniert haben. Sodann, ob sich die alten Vorwürfe bestätigen lassen, was nun wiederum vorschaltend der Entscheidung bedarf, ob auch im Wiederaufnahmeverfahren die Nebenklage zugelassen wird, was eine aktuelle Aussagebereitschaft der damaligen Nebenklägerin voraussetzt, denn ansonsten läge ein Mißbrauch des Instituts der Nebenklage vor.

Schon merkwürdig, daß man von diesen prozessualen Entscheidungen der 6. Kammer nichts hört, und stattdessen dieses Gutachter-Geschwurbel verbreitet wird.

Im übrigen ergibt bereits eine Lektüre der Akten, insbesondere der Akten des Wiederaufnahmeverfahrens, daß der Freispruch von Gustl Mollath unter Zugrundelegung, er habe die ihm vorgeworfenen Taten begangen, auf Willkür und Rechtsbeugung beruhte. Wie man sich da noch Überlegungen zu Schuldfähigkeit und Gefährlichkeit erlaubt, ist rätselhaft. Nachdem schon das BVerfG die Unterstellung einer Gefährlichkeit von Gustl Mollath durch irrlichternde Psychiater wie Prof. Pfäfflin seit 2011 für unverhältnismäßig befand, bindet dieses Verdikt ein im Jahr 2014 urteilendes Gericht natürlich erst recht:

Könnte es sein, dass Mollath noch einmal zwangseingewiesen wird?

Theoretisch ja, sagt der Sprecher des Regensburger Landgerichts, Thomas Polnik. Allerdings nur dann, wenn die 6. Strafkammer unter dem Vorsitz von Elke Escher zum Urteil käme, dass Mollath die „Anlasstaten“ – er soll seine Frau misshandelt und Autoreifen möglicher Widersacher zerstochen haben – tatsächlich begangen hat. Und Gutachter obendrein zum Ergebnis kämen, Mollath sei gefährlich.

Letzteres dürfte nach Ansicht von Oberstaatsanwalt Wolfhard Meindl allerdings wohl nur dann möglich sein, wenn Mollath neue Tatsachen nachgewiesen werden könnten, die eine vorhandene Gefährlichkeit wirklich belegen. Immerhin hat inzwischen das Bundesverfassungsgericht schwer gerügt, dass eine angebliche Gefährlichkeit Mollaths von Gerichten mindestens seit 2011 nicht hinreichend belegt und begründet wurde. „Über diesen Beschluss des Verfassungsgerichts wird sich keiner mehr guten Gewissens hinwegsetzen können“, sagt Meindl.

http://www.sueddeutsche.de/bayern/vor-dem-wiederaufnahmeprozess-wie-es-fuer-mollath-weitergeht-1.1807657

Es scheint so, als habe sich die 6. Kammer mit den Akten noch nicht recht beschäftigt.

Wäre es der Verteidigung anzuraten, ein methodenkritisches Gutachten über das Leipziger-Gutachten durch Prof. Nedopil zu beantragen?

Als Jurist kann man Psychiatern nicht mehr über den Weg trauen. Es gibt zu viele Bilder, auf denen man Dr. Leipziger und Prof. Nedopil in trauter Nähe sieht. Man kann sich nicht darauf verlassen, daß Methodenkritik in diesen Kreisen objektiv, ohne Ansehen der Person, ausgeübt wird.

Meine eigene Analyse des Gutachtens von Dr. Leipziger wird also fortgesetzt. Sie fällt leicht, weil so gut wie keine psychiatrischen Kenntnisse dafür erforderlich sind – das sogenannte Gutachten unterschreitet schlicht die jurististischen Mindesterfordernisse für ein forensisches Gutachten.

(wird fortgesetzt)

hier:

Der Fall Mollath: Die Irrwege der Psychiatrie (3)

 

2.155 Gedanken zu „Der Fall Mollath: Die Irrwege der Psychiatrie (2)

  1. Neues (und doch nichts wirklich Neues) aus Mönchengladbach zur mutmaßlich gestalkten Kriminalhauptkommissarin:

    http://strafblog.de/2013/12/27/eine-wenig-gnadenreiche-weihnachtszeit-verstoerende-stellungnahmen-von-staatsanwaltschaft-und-nebenklage-zum-haftantrag-der-verteidigung/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=eine-wenig-gnadenreiche-weihnachtszeit-verstoerende-stellungnahmen-von-staatsanwaltschaft-und-nebenklage-zum-haftantrag-der-verteidigung

    Im Haftrecht gelte leider – so RA Pohlen – “In dubio contra reum”. Recht hat er. Umso mehr gilt das natürlich, wenn das mutmaßliche Opfer weiblich und noch dazu Polizeibeamtin ist.

    • Andererseits kann es für den Aufhebungsantrag hinsichtlich des Haftbefehls ja nur günstig sein, wenn die Gegner auf dessen Argumente nicht eingehen.
      Andererseits scheint es so zu sein, daß es das weibliche Opfer-Abo mit sich bringt, daß Glauben bzw. Nicht-Wissen-Wollen ausreichen, um ein Gericht günstig zu stimmen. Diese Meinung wird durch die offizielle Presseerklärung im Kachelmann-Zivilverfahren bestätigt:

      Landgericht Frankfurt am Main
      Der Präsident

      Pressesprecher Zivilrecht: Dr. Arne Hasse E-Mail: Arne.Hasse@lg-frankfurt.justiz.hessen.de
      60313 Frankfurt am Main, Gerichtsstraße 2 Pressemitteilungen im Internet: http//www.lg-frankfurt.justiz.hessen.de
      Telefon (069) 1367-2490
      Telefax (069) 1367-6726

      Frankfurt am Main, den 23.12.2013

      Landgericht Frankfurt weist Schadensersatzklage des Jörg Kachelmann ab

      Die 18. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt hat in einem heute verkündeten Urteil die Schadensersatzklage des Jörg Kachelmann gegen seine frühere Geliebte abgewiesen.
      Der Kläger hatte die Klage auf eine behauptete bewusste Falschaussage gestützt, die zur Anordnung der Untersuchungshaft gegen ihn geführt habe.
      Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, die Kammer habe nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen können, dass die Beklagte wissentlich falsch ausgesagt habe.
      So ergebe sich schon aus dem Strafurteil des Landgerichts Mannheim keine hinreichende Sicherheit dafür, dass die Aussage der Beklagten falsch gewesen sei. Zwar gebe es einige forensische Erkenntnisse von Sachverständigen, die sich mit der Darstellung der Beklagten nur schwer in Einklang bringen ließen, ohne diese indessen mit vollständiger Sicherheit ausschließen zu können. Damit bleibt ungeklärt, ob die Beklagte tatsächlich gelogen, die Wahrheit gesagt oder, dritte Variante, aufgrund einer „autosuggestiv kontaminierten“ Wahrnehmung objektiv falsche Angaben gemacht hat, die sie subjektiv jedoch als zutreffend empfinden musste. Dies hatte die Mannheimer Strafkammer zu der ausdrücklichen Feststellung veranlasst, der „Nachweis einer intentionalen Falschaussage … oder auch nur der erhöhten Wahrscheinlichkeit einer solchen“ sei nicht geführt.
      – 2 –
      Auch die durch die Kammer durchgeführte informatorische Anhörung beider Parteien habe zu keinen besseren Erkenntnissen geführt. „Beide Parteien haben für das Gericht – aus dem jeweiligen Blickwinkel heraus auch für sich nachvollziehbar – ihre Sicht des Vorfalls dargelegt“, so das Gericht in seiner mündlichen Urteilsbegründung.
      Das Gericht hat ebenfalls gewürdigt, dass zwar die Beklagte zu verschiedenen Punkten des Randgeschehens im Strafverfahren nachweislich falsche Angaben gemacht hat.
      Eine solche zweifelsfreie Feststellung ließ sich aber zum Kern des Tatgeschehens gerade nicht treffen. Zudem konnte auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger angesichts seines zumindest im Privatleben nicht immer ungetrübten Verhältnisses zur Wahrheit „Scheinwirklichkeiten“ auch im Zusammenhang mit den Geschehnissen des
      fraglichen Abends errichtet hat.
      Das Gericht kam in der mündlichen Urteilsbegründung zu dem Schluss: „Aufgrund der Feststellungen im Strafurteil, insbesondere aber auch aufgrund der persönlichen Anhörung der Parteien steht zur Überzeugung der Kammer angesichts dieser Möglichkeiten nicht mit der gebotenen Sicherheit fest, dass ausschließlich die Variante einer vorsätzlichen Falschaussage zutreffend sein kann“.
      Das Urteil ist nicht rechtskräftig und kann mit der Berufung zum Oberlandesgericht angegriffen werden.
      Landgericht Frankfurt, 18. Zivilkammer, Urteil vom 23.12.2013, Az. 2-18 O 198/12
      Dr. Arne Hasse
      Richter am Landgericht
      Pressesprecher Zivilsachen
      Tel.: 069/1367-2490
      Fax: 069/1367-6726
      Mail: Arne.Hasse@lg-frankfurt.justiz.hessen.de

      http://www.lg-frankfurt.justiz.hessen.de/irj/LG_Frankfurt_Internet?cid=74d02f95925f9afb90646534fa22727b

      Selbst die von Prof. Luise Greuel ins Spiel gebrachte Autosuggestionshypothese, die schon in Mannheim von ihrem „Lehrmeister“ Prof. Köhnken widerlegt wurde, wird hier noch einmal aufgewärmt.

      Und das hier:

      einige forensische Erkenntnisse von Sachverständigen, die sich mit der Darstellung der Beklagten nur schwer in Einklang bringen ließen, ohne diese indessen mit vollständiger Sicherheit ausschließen zu können.

      ist auf jeden Fall falsch: denn ein spurenloses Tatmesser, das zudem die Verletzungsspuren am Hals nicht verursacht haben kann, führt zum Ausschluß der Tatschilderung.

      • Wann kapieren diese Juristen eigentlich, dass sie hier ihre Legitimation und Gesellschaftsberechtigung verspielen? 

        Es geht hier mittlerweile um lebenswirkliche Generalprävention, was den Missbrauch der Strafjustiz im Paarkonflikt angeht. Durch Frauen, die von der bundesweiten „Opferwerbung“ offenkundig abgesprochen, sich entweder an Partnern rächen wollen oder aber die Väter ihrer Kinder einfachst loswerden wollen. 

        Man inszeniert einfach einen Konflikt, den Rest besorgt der Staat…! 
        Sind wir Männer eigentlich mittlerweile die Deppen der Nation, die alles mit sich machen lassen? 

        • Leider ist es so, daß sich diese Justiz mitten in der Gesellschaft bewegt.
          Ansonsten wäre dieser Fall nicht möglich, der den voyeuristischen Bedürfnissen der Presse derart entgegenkommt, daß sie sogar nach Aufdeckung der Hintergründe auf eine Preisverleihung nicht verzichten mag:

          Zwangsprostitution: Die dubiosen Methoden von Mission Freedom

          Von Sabrina Andorfer

          Der Hamburger Verein Mission Freedom gibt vor, Opfer von Zwangsprostitution und Menschenhandel unterstützen zu wollen. Doch Behörden halten sich mit einer Kooperation zurück. Die Helfer sind fundamentalistische Christen, die mit einem offenbar erfundenem Schicksal für sich warben.

          „Ich war acht, als ich das erste Mal vergewaltigt wurde.“ Die Frau, die das sagt, nennt sich Lisa, Mitte 20, ihre langen brauen Haare fallen locker über die Schultern. „Heiße Ware“ heißt der Film, in dem sie durch St. Pauli läuft, jenen Kiez, auf dem sie zur Prostitution gezwungen wurde. So erzählt sie es zumindest. „Regelmäßig hat mein Vater Freunde von sich in mein Zimmer gelassen. Irgendwann musste ich in seinem Bordell arbeiten.“
          Begleitet wird Lisa, die im echten Leben anders heißt, von Gaby Wentland, einer blonden, schick gekleideten Dame, 56 Jahre alt. Sie leitet den Hamburger Verein Mission Freedom. Ein Verein, der angibt, gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel zu kämpfen, und mit dem Film über Lisas Schicksal Werbung für sich macht.
          Zahlreiche Medien berichteten in der Vergangenheit über Mission Freedom, die Organisation erhielt Anerkennung und vor kurzem auch einen Preis: Im September verkündete der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), sich bei der Wahl zum Bürgerpreis für den Verein entschieden zu haben.

          Betreuungsvertrag für Klientinnen

          Jörn Blicke, Leiter des Dezernats „Milieu“ vom Landeskriminalamt Hamburg, kennt sich gut aus mit Schicksalen wie jenem von Lisa. Und er ist sich sicher: Diese Geschichte ist frei erfunden. „Zum behaupteten Zeitpunkt kannte ‚Lisa‘ ihren Vater noch nicht. Der Vater selbst hatte auch nichts mit dem St. Pauli-Milieu zu tun; er besaß kein Bordell, dementsprechend konnte sie dort auch nicht gearbeitet haben.“
          […]

          http://www.spiegel.de/panorama/justiz/zwangsprostitution-die-dubiosen-methoden-von-mission-freedom-a-937704.html

          Solche Lügen-Stories sind anschlußfähig bei Hardcore-Feministen, der Boulevardpresse und Fundamentalchristen wie auch katholischen Bischöfen. Diese Strömungen schwappen auch in die Justiz, behindern die Wahrheitsfindung und zerstören die Unschuldsvermutung. Leider.

        • Das darf doch wohl nicht wahr sein! 

          „Der BDZV wird seinen Bürgerpreis am 20. Februar in Berlin überreichen. Auf Nachfrage von SPIEGEL ONLINE erklärte der Verband, dass es keine Anhaltspunkte gebe, die dafür sprächen, Wentland den Preis wieder zu entziehen.“

          Ich wüsste eine seriöse Verwendung für den Bürgerpreis und eine Organisation, die sich tatsächlich um Kinder und Opfer kümmert (auch wenn ich persönlich den Vafk für viel zurückhaltend halte angesichts der Realitäten):

          http://www.vaeteraufbruch.de/index.php?id=42&tx_ttnews%5Btt_news%5D=16551&cHash=88bea6fd2c706469afd548b071254730

          „Leider ist es enttäuschend, dass die Politik und viele Fachkräfte dieses nicht ernst nehmen. Weder gibt es konkrete Lösungsvorschläge, noch spezielle Hilfen. Unter den vielen Apellen findet sich am seltensten etwas zu dieser Form von Diskriminierung und Unmenschlichkeit.“ 

          Daran sind auch die Medien schuld! 

        • Ehrlich gesagt Frau Wolff, ich habe Zweifel an Ihrer Schlussfolgerung: „Diese Strömungen schwappen auch in die Justiz, behindern die Wahrheitsfindung und zerstören die Unschuldsvermutung. Leider.“
          Ich habe weiterhin Zweifel an der Überlastung der Gerichte durch die Klage- und Streitwütigkeit der Bevölkerung.
          Ich bezweifle auch, dass die Gerichte Opfer einer schlechten forensischen Gutachterkultur sind.
          Eigene Erfahrungen, die Arbeitsweise vieler Gerichte und das Desinteresse der meisten Juristen an Aufklärung und Änderung stärken meine Vermutung, dass die Justiz überwiegend wesentlicher Teil der Strömung ist und sich ohne Not eigenes (Un)Recht und „Arbeitsbelastung“ geschaffen hat. Der einzelne Jurist ist natürlich zunächst immer Opfer dieser Verhältnisse. Nur, wer widerspruchslos mitmacht, andere die Zeche zahlen lässt und eigene Vorteile zieht, wird vom Opfer zum Täter. Den Opferstatus haben wohl die meisten tätigen Juristen abgelegt oder sich in die kleine rechtschaffende Enklave zurückgezogen. Da der juristische Nachweis des Unrechts angesichts der Abhängigkeit von der „freien Beweiswürdigung“ durch Täter kaum gelingen kann, ist es wohl notwendig, die Endlichkeit der verfolgten Sackgasse überzeugend darzulegen, ein Einlenken zu unterstützen und damit die Machtverhältnisse sukzessive zu verschieben. Die DDR-Eliten hatten letztlich auch zwangsläufig das Einsehen, dass selbst Blutvergiessen sie nicht mehr rettet. Ich hatte die Zeit 1980-1990 im Osten als junger Erwachsener sehr intensiv erlebt. Lässt man den Schnick-Schnack mal beiseite, erkennt man beeindruckende Parallelen zum Heute. Hoffentlich ist die Einsichtsfähigkeit der heutigen „Eliten“ nicht so verkümmert, wie Moral und Rechtsbewusstsein. Den jüngeren Juristen müsste aber eigentlich auch klar sein, dass sie beim weiterem „Mitspielen“ nicht nur ihr Ansehen, sondern auch ihre finanzielle Lebensabsicherung aufs Spiel setzen.
          Dass meine Vermutungen keine Wahnvorstellungen sind, kann man der satirisch gründlichen Doku: „Der schwarze Kanal kehrt zurück“ entnehmen.
          http://de.wikipedia.org/wiki/Der_schwarze_Kanal_kehrt_zur%C3%BCck

    • Hier das mediale  Begleitrauschen des erstinstanzlichen Urteils:

      http://www.rp-online.de/nrw/staedte/moenchengladbach/urteil-wegen-stalking-drei-jahre-und-fuenf-monate-haft-aid-1.3105434

      Das passt. Es gab auch ein „Gutachten“ – die regelrechte „Dämonisierung“ durch einen Sachverständigen trug wohl zu dieser weiteren geschlechtsspezifischen Posse mit bei, von wegen „Strafminderung“ bei „psychischen Störungen“….gegen Männer wirkt das offenbar strafverschärfend:

      „Der Bedburger glaube, er sei einzigartig. Nach Ansicht des psychiatrischen Sachverständigen handelt es sich bei dem Angeklagten um einen „malignen Narzissten“. Der 41-Jährige zeige weder Bedauern noch Reue gegenüber dem Stalking-Opfer, so das Gutachten.“ 

      Bitte unbedingt weitere Infos! 

      Was genau sind eigentlich die „Straftaten“, für die drei Jahre und fünf Monate Haft verhängt wurden? 

    • Immer wieder der Missbrauch der Strafjustiz gegen Väter, Bericht aus 2010 zum „Erfolgsmodell“ Anti-Stalking-Gesetz:

      http://www.rp-online.de/nrw/staedte/moenchengladbach/stalker-stellte-der-frueheren-ehefrau-nach-aid-1.723083

      „Ja, er habe seiner Ehefrau, die von ihm getrennt lebt, immer wieder nachgestellt und die Mutter seines Jungen bedrängt. Nach der Aussage des Angeklagten war im Gerichtssaal gestern bald klar, dass eigentlich die gescheiterte Ehe und vor allem der Streit um das gemeinsame Kind die Hauptrolle im Stalkingfall spielen. Er habe seinen Sohn nicht sehen dürfen.“

      Auch hier, Juli 2012, das Hetzblatt meint zu „acht Monaten Haft zur Bewährung auf vier Jahre („ungewöhnlich….denn Michael A. hatte noch keine schweren Straftaten begangen“) dann doch: „Wenigstens etwas“:

      http://www.bild.de/ratgeber/recht/stalking/stalking-urteil-opfer-berichtet-24989208.bild.html

      Über die Kontakte des Vaters zu seinem Sohn steht nichts im Bericht. 

    • Man kann sich drehen und wenden wie man will; der Teufel trägt nicht Prada – er trägt Robe.

      Unser Rechtssystem ist so verkommen, dass man sich in einem Strafverfahren sogar davor hüten muss, dass die StA einen Freispruch beantragt. Dann kann das Gericht nach § 267 Abs. 5 zu einer verkürzten Urteilsbegründung kommen in der es lapidar heißt: Die zur Last gelegte Straftat konnte aus tatsächlichen Gründen nicht festgestellt werden.

      Reicht man mit so einer Urteilsbegründung eine Schadensersatzklage beim LG Köln ein, kommt der Teufel ins Spiel. „Wenn die zur Last gelegte Tat nicht festgestellt worden ist, ist es keineswegs ausgeschlossen, dass sie sehr wohl begangen worden ist. Das freisprechende Urteil beruht auf freier Beweiswürdigung.“ Dieser Begründung schließt sich das Gericht an: „Zudem bedeutet ein Freispruch nur, dass das Strafgericht nicht voll von der Schuld überzeugt ist. Es führt den Prozess nicht so lange fort, bis die Unschuld bewiesen ist.“

      Das hat Richterin Henning aus der 2. Zivilkammer für Recht erkannt.

      • Der Haftrichter steht oft unter starkem Druck von Polizei und Staatsanwaltschaft und den (von den Genannten) interessengeleitet geimpften Medien.
        Sogar Richterkollegen lassen sich da einspannen:
        Als Haftrichter schallte es mir mal morgens von einem lieben Kollegen quer durch den Gerichtsflur lautstark entgegen: „Da haben Sie ja große Enttäuschung bei der Polizei verursacht mit Ihrer einsamen Haftentscheidung…“, nachdem ich am Abend zuvor den Erlaß eines Haftbefehls aus guten Gründen abgelehnt hatte.

  2. Der Fall Mollath: Justizfarce als kollektiver Alptraum, Erstellt 23.12.2013

    „Der „Fall Mollath“ hat 2013 die Öffentlichkeit erschüttert. Nach einem Rosenkrieg mit der Ex-Frau und zahlreichen juristischen Auseinandersetzungen verbrachte Mollath sieben Jahre in der Psychiatrie, ehe er im August freikam. Ein Rückblick.“
    Von Christian Bommarius

    http://www.ksta.de/politik/-der-fall-mollath-justizfarce-wird-zum-kollektiven-alptraum,15187246,25721254.html

    • ein zackiger Rückblick, bei dem aber die Passage

      “ … tat die bayerische Gerichtsbarkeit, was sie im Fall Mollath gerne machte: Nichts. Monate lag der Antrag beim Landgericht Regensburg, und als sich das Gericht schließlich doch noch zu einer Entscheidung bequemte, lehnte es den Antrag auf Wiederaufnahme ab. Die Gründe, die es dafür nannte, hatten mit juristischen Erwägungen wenig zu tun. … “

      vernebelkerzt. Hinter den vielen rabulistischen Seiten, die die Ablehnung der Wiederaufnahme begründen, verstecken sich ja viele Mannstunden von teuren Juristen. Eine der vielen ungeklärten Fragen, aber eine, die erhellen könnte, ist diese: Wieviel Euro hat man in diese Ablehnung investiert? Und sie ist nur eine Teilfrage von der Hauptfrage: Wieviel Euro (ohne die potenziellen Schadenersatzforderungen) hat die Farce Mollath den Freistaat Bayern bisher insgesamt gekostet? Traut sich hier irgendjemand eine grobe Berechnung?

      • Der Arbeitsaufwand für die Begründung der Ablehnung läßt sich nicht beziffern, weil der Richter ohnehin bezahlt wird, ob er nun die eine oder die andere Sache bearbeitet.
        Allein die Unterbringungskosten belaufen sich auf 100.000,- Euro pro Jahr; andererseits fließt das Geld lediglich von einer öffentlichen Kasse (Freistaat) in die andere (Bezirk). Und die Verfahrenskosten hat der VRiLG Brixner mit seiner kurzen Hauptverhandlung ja nun günstig gestaltet…

        • „Der Arbeitsaufwand für die Begründung der Ablehnung läßt sich nicht beziffern, weil der Richter ohnehin bezahlt wird, ob er nun die eine oder die andere Sache bearbeitet.“

          In der freien Wirtschaft würde eine solche Argumentation nicht akzeptiert. Da müssten Justizbeamten ein sog. „Project Accounting“ pro Akte führen und ein Projekt „Weiterbildung“ und ein Projekt „IT-Einführung“ und ein Projekt „Organisation“ und ein Projekt „Sonstiges“ und, und, und … und am Ende des Monats gäbe es ein Team-Gespräch, in dem jeder Mitarbeiter begründen müsste, wofür er jeweils wie lange gebraucht hat.

          Lassen Sie mich die Frage umformulieren: Kann man grob abschätzen wieviele Mannstunden in die über 100 Seiten rabulistische Ablehnung ge flossen sind? (inklusive notwendiger Abstimmungen und Dienstfahrten und Zusammensuchen von Dokumenten und das Verarbeiten von Adrenalinstößen beim Lesen diverser Blogs … ) Dass man die Monate, in denen scheinbar „nichts“ passierte, nicht „am Stück“ mit der Zahl der beteiligten Juristen multiplizieren darf, ist mir auch klar.

        • Auf „Mannstunden“ kommt es in der Justiz nicht an, weil es keine festen Arbeitszeiten gibt, bei Richtern nicht einmal Anwesenheitspflichten, sofern keine Hauptverhandlung ansteht. Die Leistungsfähigkeit eines Richters oder Staatsanwalts wird daran bemessen, ob er sein Pensum schafft, egal, wieviel Zeit er dafür aufwendet. Es dürfen lediglich keine unvertretbaren Reste entstehen, und keine unzumutbaren Verzögerungen für den Rechtssuchenden.

        • Ich muss zugeben, dass mir das (da ich fachfremd bin) so nicht in Gänze klar war. Danke für die Antwort! Das heisst also implizit, dass man den „finanziellen“ Schaden, den die Mollath-Affäre anrichtete, nur in liegengelassenen Arbeits-Pensen der jeweiligen Beteiligten messen kann, sofern diese nicht ohnehin als „definiertes ÜberPensum von oben“ definiert wurden.

  3. Schade, der Weihnachtsfriede war trügerisch: Opa muß sich leider wieder einmal über RA Strate und Gustl Mollath echauffieren, die ja nun beide nicht das richtige Klassenbewußtsein haben, das man als Ministerialbeamter und Teil der Funktionselite naturgemäß hat – jedenfalls, sofern man in einem nicht-kapitalistischen Gesellschaftssystem tätig war:

    Ich erwarte, dass das Betrugsverfahren ausgehen wird, wie das Hornberger Schießen. In Bezug auf die Mollathunterstützer hingegen, erwies sich Strates Inszenierung keineswegs als Luftnummer. Die Atmosphäre in der Szene wurde nachhaltig vergiftet, wichtige Akteure zogen sich zurück und – not least – Strate wurde zum einzigen Verteidiger und Maß der Dinge.
    Es mag verwundern, dass Strate so schnellen Erfolg hatte. Eine Rolle spielte, denke ich, dass sich in der Mollathunterstützerszene, über den erwähnten Riss hinaus, etliche weitere „Sollbruchstellen“ seit langem herausgebildet hatten, dass niemand Strate offenen Widerstand entgegensetzte und vor allem, dass Mollath selbst Strates Kurs weitgehend unterstützte.
    […]
    Beachtenswert dabei ist, wie Mollath selbst sich im Kräftespiel bewegt. Einerseits ist er im mittelständisch-liberalen Denken befangen und trägt die dominierende Linie aktiv mit, andererseits dringt es als ehrliche Haut und derjenige, der Unsägliches erleben oder mit ansehen musste, auf schonungslose Aufklärung. So kommt es z. B., dass er zwar gemeinsam mit Leutheusser-Schnarrenberger auf dem Podium sitzt, zugleich aber beide keine gemeinsame Sprache finden.

    stupid german men (4)

    Tatsächlich ist auf Seiten des zbb-e.V. ja mittlerweile Einsicht eingekehrt und dank Vermittlung von Herrn Winzen eine Lösung auf dem Weg, die nicht nur im überwiegenden – teilweise ja sehr explizit erklärten – Interesse der düpierten Spender, sondern auch im Interesse von Gustl Mollath liegen dürfte:
    Rudolf Winzen:
    Gesendet am 21.12.2013 um 00:50

    Gestern, Freitag, ist die Übermittlung der Spendengelder an Gustl Mollath konkret in Gang gekommen. Die Bestätigung dessen werden Sie wohl demnächst auch von ihm selber hören bzw. lesen; jedenfalls hat er sich in dem Sinne geäußert, dass er es öffentlich kundtun will. Ich bin sehr froh, dass die beiden Vorstände des ZBB Alfred Rott und Heinz Schulze erwartungsgemäß — wenn auch nach langem Anlauf — die Sache ins Reine gebracht haben. Das ist wie ein Weihnachtsgeschenk — natürlich für Gustl Mollath, aber auch für mich und einige andere, denen ein Stein vom Herzen fällt.

    Der Fall Mollath: Die Irrwege der Psychiatrie (2)

    Auch das Finanzamt soll an der Befriedung beteiligt gewesen sein:

    Rudolf Winzen sagte am 21. Dezember 2013 um 10:48

    @ stringa: Danke für die Blumen! Aber ich glaube, die meisten Menschen hätten in meiner Situation ähnlich gehandelt: Wenn sich jemand, den man gut kennt, und jemand, an dessen Schicksal man intensiv Anteil nimmt, in die Haare geraten, dann versucht man doch zu vermitteln!
    @ Frau Wolff: Ja, das Finanzamt ist auch zufrieden. Es gibt eine salomonische Lösung.
    @ alle: Ich sehe mich nicht befugt, irgendwelche Einzelheiten mitzuteilen, was Sie sicherlich verstehen werden.

    Der Fall Mollath: Die Irrwege der Psychiatrie (2)

    Daß die Umsetzung noch ein wenig auf sich warten lassen wird, versteht sich angesichts der Feiertage von selbst.
    Damit dürfte auch das Ermittlungsverfahren mit einer Einstellung nach dem Opportunitätsprinzip sein Ende finden. RA Strate hat dies am 2.11.2013 gegenüber dem Unterstützerkreis ausdrücklich für den Fall einer rechtskonformen Einigung befürwortet und erklärt, dies auch der Staatsanwaltschaft mitteilen zu wollen.

    Merkwürdige Frontstellungen gibt es…
    Es ist doch gar nicht nötig, auf den Unterstützten und dessen wirkmächtigsten Unterstützer loszugehen, um zu rechtfertigen, daß man sich für die juristische und psychiatrische Seite des Falls (in allen seinen auch allgemeingültigen Problematiken) weniger interessiert als für andere Gesichtspunkte. Das kann doch alles nebeneinander existieren.

      • @ Rudolf Winzen

        Sie haben recht, man muß das nicht lesen. Ich verfolge Mollath-feindliche Medien, Blogs, Tweets aber dennoch, weil es mich interessiert, was dahintersteckt. Ich habe mir mittlerweile meine Meinung gebildet: bei Sabine Rückert war es ihre Verbundenheit zu Prof. Kröber, die zu ihrer sachlich falschen Parteinahme führte. Beate Lakotta ist durch den DGPPN-Preis eh kontaminiert, und witterte überdies die Chance, gegen die SZ mithilfe des feministischen Opfer-Abos zu punkten. Otto Lapp ist ohnehin Sprachrohr der regionalen Bayreuther Psychiatrie, da kann er auch gleich Pressesprecher der Ex-Ehefrau und der Ihren werden und Aufmerksamkeit erregen.

        Was Blogs und Tweets angeht: da ist es problematischer, deren hidden agenda zu entdecken, bei manchen ist es allerdings leicht. Opa gehört zu den leichten Fällen. Das läßt sich schon daran ablesen, daß sein Blog ca. 10-20 Kommentare pro Kurz-Artikel nur dann generiert, wenn er über Mollath schreibt, über den er ja eigentlich seit längerer Zeit nichts mehr schreiben wollte. Und ich mag mir nicht vorstellen, wieviele niveaulose Kommentare der bekannten niveausenkenden Kommentatoren Sobottka und Deali er, zurecht, schon gelöscht hat.
        Ich halte nicht viel von Feindbildern. Ich freue mich über pragmatische Lösungen, die eben manchmal nur unter dem Druck einer Strafanzeige generiert werden können.

        • Apropos Frau Rückert und Prof. Kröber: Nach wie vor finde ich den Artikel von Sabine Rückert vom Januar 2009 sehr gut. Er beschreibt die Problematik der Forensik plastisch und nachvollziehbar. Beim ersten Lesen damals hat mir der Name Kröber noch nichts gesagt. Jetzt, beim Wiederlesen, erstaunt mich die klare Haltung Kröbers damals — ein krasser Gegensatz zu seiner Rolle im Fall Mollath. Wie auch immer: der Artikel ist lesenswert: http://www.zeit.de/2008/51/DOS-Schlangengrube

        • Die alte Leier mit den Trittbrettfahren und ihrer eigenen Agenda. Bei aller Kritik an den Lachsgewässern muss ich aber festhalten, dass dies Leute sind, die sich an ihre eigenen Regeln halten. Bei Herrn Kurch ist das nicht so, weil er wohl charakteriich dem, was er tun möchte, nicht gewachsen ist. Kommentare löschen, aber deren Inhalte verfälscht wiedergegeben ist nun mal die ultimative no-go-area in diesem Geschäft, die einen vom Platz stellt. Ich habe immer die Meinung vertreten dass der Skandal Mollath eine Art Gruppenhervorbringung einer verfaulten lokalen Elite gewesen sein muss, weil die Schwarzgeldvorwürfe damals| deren Lebensnerv trafen. Nur ist eine Vermutung kein Tatsachenbeweis, was man nie vergessen darf. Statt die Energie auf konkrete Ermittlungen zu lenken schwätzen Menschen wie Herr Kurch in allgemeiner und damit politisch völlig zahnloser Weise über das Ganz Große Gaga und arbeiten damit, in seiner eigenen Schreibe, „objektiv“ dem Gegner in die Hände. Dem tut das Konkrete weh, das Allgemeinplätzige pflegt ihn. Da diese Figuren als allwissende Über-Durchblicker linken Positionen nur schaden lese ich da nicht mehr mit und würde auch niemals darauf verlinken. In dieser konkreten Situation auf Herrn Strate, ja, nicht mal einzuschlagen, nur hintenherum zu stänkern, wichtigtuerisch zu raunen und zu sticheln ist tollpatschig dumm. Dass er einen Mann wie Strate mit seiner GAL-Erfahrung nicht auf seinen pseudoreligiös daher kommenden Marxismus-Leninismus-Gaul setzen kann ist offenbar die entscheidende narzisstische Kränkung. Die Mollath-Unterstützung hat bisher deshalb relativ gewonnen weil sie durch ihre Heterogenität überzeugte und nicht von einer einzigen politischen Fraktion zu vereinnahmen war. Das möge noch ein Weilchen so bleiben.

        • Und heterogen genug geht es ja schon auf diesem Blog zu. 😉

          Er befaßt sich nicht nur mit den engeren, sondern auch mit den verallgemeinenderen juristischen Aspekten – es scheint, als ob im warmen Winter geradezu ein rechtspolitischer Frühling angebrochen wäre.

          Nach der Initiative gegen eine Etablierung der „nachträglichen Therapieunterbringung“,

          http://www.strafvollzugsarchiv.de/index.php?action=archiv_beitrag&thema_id=4&beitrag_id=667&gelesen=667

          der ich mich angeschlossen habe,

          gibt es jetzt einen Aufruf deutscher Strafrechts-Professoren (105 von 240 haben unterschrieben, darunter auch Prof. em. Claus Roxin) zugunsten eines totalen Umdenkens in der kontraproduktiven repressiven Drogenpolitik, ein Thema, das mir seit langen Jahren am Herzen liegt:

          http://www.schildower-kreis.de/themen/Resolution_deutscher_Strafrechtsprofessorinnen_und_%E2%80%93professoren_an_die_Abgeordneten_des_Deutschen_Bundestages.php

          Auch bayerische Professoren haben unterschrieben, u.a. Prof. Henning Ernst Müller. Es müßte doch möglich sein, dieses Thema endlich einmal rational anzugehen. Ich hege die Hoffnung, daß wenigstens die ökonomischen Aspekte ziehen. Prof. Thomas Fischer, nach vielen Querelen mit dem BGH-Präsidenten Tolksdorf, der ihn über zwei Jahre lang als Vorsitzenden des 2. Strafsenats verhindern wollte (ist halt nicht gut, wenn ein Unterling den Vorgesetzten überstrahlt), hat ebenfalls unterzeichnet.

          Und einen weiteren medialen Schritt in die richtige Richtung getan, nämlich gefördert, den Nazi-Paragraphen § 211, Mord, endlich von einer Tätervertypung und unbestimmten Rechtsbegriffen zu befreien, die je nach Zeitgeist unterschiedlich ausgefüllt werden. Auch muß der Automatismus eines „lebenslang“ fallen, der es verhindert, einen Fall individuell entscheiden zu können. Für Frauen, die ihre gewalttätigen Lebenspartner heimtückisch im Schlaf töten, hat der BGH ja schon einen Ausweg für das obligatorische „lebenslang“ gefunden – für Männer, die jahrzehntelang psychisch von der Partnerin gedemütigt wurden, irgendwann einmal durchdrehen und ihre Peinigerin von hinten überraschend anfallen, gilt das aber nicht. Mit Gerechtigkeit hat das schon lange nichts mehr zu tun.

          http://www.zeit.de/2013/51/mord-paragraph-nationalsozialismus/komplettansicht

          Um Medienkritik kümmert sich dieser Blog auch. Den Begriff des LaLa-Journalismus habe ich geprägt, und heute will ich ihn um einen Aspekt bereichern.
          Sabine Rückert unterstelle ich, aus alter Verbundenheit zu Prof. Kröber gehandelt zu haben, denn sie ist ansonsten ein justizkritischer Geist. Nibelungentreue zu einem Gutachter bringt es aber nicht, wenn dieser Gutachter ein qualitativ indiskutables Gutachten abliefert.

          Beate Lakotta hat sich glücklicherweise seit längerer Zeit zurückgehalten, auch wenn sie nach wie vor versucht, Munition gegen Gustl Mollath aufzutreiben. Das gelingt allerdings nicht, und noch eine Homestory dürfte die Ex-Ehefrau nicht liefern, nachdem gegen sie wegen Steuerhinterziehung und Prozeßbetrugs Ermittlungsverfahren laufen und sie angesichts der auf 15 Termine angesetzten neuen Hauptverhandlung mit erstmaligem ernsthaften Bemühen um Sachaufklärung zu rechnen hat. Lakotta ist zwar feminstisch verblendet und als DGPPN-Preisträgerin dem Psychiatrie-Establishment verbunden, aber wohl nicht so sehr, als daß sie nicht abschätzen könnte, daß sie auf der juristischen Verliererseite steht. Daß sie von Strafrecht nichts versteht, tut nichts zur Sache.
          Ich hoffe, daß Gisela Friedrichsen für die Prozeßberichtserstattung eingeteilt wird.

          Ich habe einen alten Otto Lapp-Artikel zum Wiederaufnahmeantrag in Sachen Uliv Kulac, Fall Peggy, ausgegraben, der sehr deutlich macht, wo Otto Lapp steht: nämlich immer auf der Seite der Macht, auch der der regionalen Macht. Beflissener Pressesprecher des BKH Bayreuth, entschiedener Verteidiger der Bayreuther und der bayerischen Justiz, paranoischer Bekämpfer von Bürgerinitiativen, die für Gerechtigkeit kämpfen. Und Anwälte, die die Medien bedienen, sind gleich ganz unten durch. All das gilt auch für seine Positionierung in Sachen Mollath.

          07.04.2013 16:39 Uhr

          Fall Peggy: Viel Trara um wenig Neues

          Von Otto Lapp

          Wenn’s nicht so geht, wie du’s dir wünschst, dann geh’ an die Öffentlichkeit. So weit, so legitim, so macht es der Anwalt im Fall Peggy auch. Mit großem Trara brachte er den Wiederaufnahmeantrag für seinen Mandanten Ulvi K. ans Landgericht Bayreuth.
          Der Fall Mollath hat gezeigt, wie Öffentlichkeit funktioniert. Das Muster ist auch zu sehen bei der Diskussion um die Vergabe von Sitzplätzen beim NSU-Prozess in München. Wenn der Justiz mit Argumenten angeblich nicht mehr beizukommen ist, wird scharf gekocht statt heiß diskutiert.
          Das deutlichste Anzeichen für ein solch medienwirksames Gericht: Die Welt ist ab sofort in Gut und Böse unterteilt. Die auf meiner Seite gegen den Rest. Gern genommen wird auch die große Verschwörungstheorie. Am liebsten ist natürlich derjenige betroffen, der sich auf verlorenem Posten sieht. Dazu eine Prise Pauschalurteil, fertig ist das öffentlichkeitstaugliche Gemisch.
          Im Fall von Ulvi K., dem geistig behinderten Mann, der die damals neunjährige Peggy 2001 in Lichtenberg ermordet haben soll, geht das so: Die Polizei ist böse und die Justiz ist böse und die Politik ganz böse. Die Polizei, weil sie die Zeugen eingeschüchtert hat, weil sie Aussagen erpresst hat, weil sie Fakten einfach ignoriert hat. Die Justiz, weil sie ein Urteil gefällt hat, ohne Beweise zu haben. Die Politik, weil sie das System deckt. Das ist nicht nur simpel gewürzt, das ist mehr als schade. Denn damit wäscht niemand Ulvi K. von dem Urteil rein, ein Mörder zu sein.

          […]
          Die Wiederaufnahme, das Aufrollen eines Prozesses, ist die härteste Nuss im deutschen Recht. Sie ist nur zu knacken, wenn jemand etwas ganz Neues entdeckt, das den Fall in ein neues Licht rückt. Aber leider ist das meiste, was Ulvi K.s Rechtsanwalt unter großem Trara nach Bayreuth geschleppt hat, nichts wirklich Neues. Außer den genauen Uhrzeiten etwa, wann dieser Bus durchs Dorf fuhr, in dem die Leute saßen, die Peggy noch gesehen haben. Ansonsten sind es aufgewärmte Argumente, die man alle schon gehört hat, vor allem von Seiten der Bürgerinitiative „Gerechtigkeit für Ulvi K.“.
          Öffentliche Trara-Inszenierungen ersetzen keine Argumente. Und ob das hinter dem Trara Ulvi K.s Unschuld beweist, ist sehr fraglich.

          http://www.nordbayerischer-kurier.de/nachrichten/fall_peggy_viel_trara_um_wenig_neues

          Wie fühlt sich so ein Mensch, wenn die Staatsanwaltschaft Bayreuth wegen alter, bereits damals bekannter Verdachtsmomente gegen andere Beschuldigte, die fallengelassen wurden, weil endlich ein Geständnis eines geistig Behinderten (ohne Anwalt und ohne Tonbandaufzeichn ung) erwirkt worden war, neu ermittelt? Was fühlt ein Otto Lapp, wenn die Staatsanwaltschaft dem Wiederaufnahmeantrag des Verteidigers beitritt und das bayerische Wunder geschieht, daß bereits in erster Instanz die Wiederaufnahme angeordnet wird?

          Ich wundere mich ehrlich gesagt nur darüber, daß dieser peinliche staatstragende Artikel von Otto Lapp überhaupt noch online zu finden ist.

        • @gelegentlich
          Sie haben einen Kernpunkt angesprochen, die positionelle Pluralität als politische Stärke:
          „Die Mollath-Unterstützung hat bisher deshalb relativ gewonnen weil sie durch ihre Heterogenität überzeugte und nicht von einer einzigen politischen Fraktion zu vereinnahmen war.“
          Was den (von Ihnen als „links“ bewerteten) „Opa“-Blog von Herrn Dr. Kurch betrifft – so kann einerseits das Aufklärungsbemühen in den Feldern a) fundierte Pressekritik und b) Berücksichtigung rüstungswirtschaftlicher Interessenten im Hintergrund nicht abgesprochen werden. Andererseits gab es in der hier interessierenden Mollathdebatte im „Opa“-Blog einige veröffentlichte Zuschriften, die rechts(extrem)e und anti-kommunistische Positionen vertraten.
          Im Übrigen gilt für beide Kontrahenten, Frau Wolff wie Herrn Kurch (der zugibt: „jedoch bin ich nur zu einigen Schlaglichtern, keinesfalls aber zu einer halbwegs gründlichen Analyse in der Lage“):
          „Vergebens, daß Ihr ringsum wissenschaftlich schweift /
          Ein jeder lernt nur, was er lernen kann.“ (Faust I, 2015/16)
          Beide Kontrahenten zeichnet aus, daß sie, bisher jedenfalls, an einer vermittelnden dritten Meinung („third position“) kein Interesse zeigten.

        • Danke Herr Winzen für den Link „In der Lebensversickerungsanstalt“. Auch meiner Meinung hat Sabine Rückert diesen 9-seitigen Artikel sehr gut und lesenswert geschrieben. Was mich wundert, wäre, dass Dr. Kröber erfahren genug ist, dass ein Probant bei Rosenkriegen infolge einer drohenden bzw. vollzogenen Ehescheidung psychisch wie auch physisch auffällt, wie auf „glühenden Kohlen zu sitzen“. Ich bezeichne dies mal so: „Psychosoziale Belastungsstörungen“ oder ganz einfach: „auf dem Zahnfleisch kriechen“. Dr. Kröber hätte schon recht, wenn er meint, dass dies auch wieder „vergeht“. Ich meine aber, erst wenn alles ins „Trockene“ gekommen ist. Es kommt hinzu – selbst wenn eine Ehescheidung von seiten einer Ehefrau erfolgt – dass einem Ehemann von 10 langjährigen Bekannten und Freunden 8 bis 9 „davonlaufen“. Bei Gustl Mollath ist es besonders schwerwiegend: er besass ein großes Haus mit Grundstück von seinen Eltern! Ich meine, dass selbst Psychologen und Psychiater ein solches traurige Schicksal kaum nachvollziehen können, wenn diese es persönlich nicht selbst erlebt haben und somit überfordert sein könnten. Hier wäre der Staat gefordert, neben Familien-Gerichten spezielle Anlaufstellen für „Männer im drohenden Abgrund“ bei Rosenkriegen schaffen zu wollen – zum Schutze einer betroffenen Person selber sowie dessen Eigentum. Gustl Mollath hatte es in seiner Not vorsorglich schon richtig gemacht, dass er sich einer Pfarrerin anvertraut hatte. Auch sage ich Ihnen Entschuldigung inbezug meiner spontanen spruchhaften „Weihnachtswitze“. Ein Wunder inbezug Ihres Arrangements in Sachen Spendengeldern für Gustl Mollath ist jedenfalls geschehen und wohl auch im Sinne von Frau Wollf ZEIT braucht. Dafür sage ich Ihnen meinen herzlichen Dank. Aproppos, ein wohl noch größeres Wunder wäre, wenn die Herren Dr. Leipziger, Dr. Kröber etc. deren Gutachten-Honorare ebenso Gustl Mollath spenden würden?

    • Auch wenn das Agieren des Herrn Kurch seit Gustl Mollaths Freilassung alles andere als ein Grund zur Freude ist, gib es auf seinem Blog doch auch ein echtes Fundstück zur Rekonstruktion der Zusammenhänge in jener feinen Nürnberger Gesellschaft welcher Gustl Mollath ja damals im Wege stand.

      Mollath-Skandal – Martin Maske, ein Mann im Hintergrund

      Ganz besonders im Kommentarbereich unter diesem Artikel findet sich viel Konkretes was sich ausgesprochen spannend liest. Ich jedenfalls fand es erst kürzlich ausgesprochen schade, als die Diskussion um Herrn Maske und seine Compagnons irgendwann zu Ende ging.

      • Daß die „Diskussion“ zu Ende ging, liegt daran, daß über ihn nicht viel in Erfahrung zu bringen ist. Mag seine Geschäftsführung beim Postsportverein auch umstritten sein – das alles bringt ja nichts, soweit es um die Bewertung seiner Rolle in dem Mollath-Verfahren geht.

        Eins ist jedenfalls sicher: in dem neuen Verfahren wird es nicht so zugehen wie bei Richter Huber in der Sitzung vom 25.9.2003, der Mollaths informellen Antrag – Mollath erschien ohne Verteidiger – auf zeugenschaftliche Vernehmung des Herrn Maske einfach wegwischte und Maske als Zuhörer im Sitzungssaal beließ. Wobei der Verdacht besteht, daß dem fußballaffinen 1. FCN-Anhänger Huber, der gemeinsam mit Maske den Sitzungssaal durch die Tür für die Öffentlichkeit betrat, der handballaffine 1. FCN-Funktionär Maske nicht unbekannt war.

        Bei 15 angesetzten Verhandlungstagen kann davon ausgegangen werden, daß die Rolle von Maske in diesem Verfahren bereits von Amts wegen umfassend erörtert werden wird. Und da Gustl Mollath erstmals verteidigt wird, denke ich schon, daß eine Annäherung an die Wahrheit stattfinden wird.

        • @Frau Wolff und andere
          Sie erwarten vom neuen Verfahrenn sehr, vielleicht zu viel: Etwas pragmatischer: das einzige, was, wenn Herr RA Dr. Strate Herrn Mollath weiter vertreten wird und wenn wichtige Medien weiter berichten werden, als sicher gelten kann, ist: dass diesmal von Amts wegen n i c h t gegen Artikel 6 Europäische Menschenrechtskonvention http://dejure.org/gesetze/MRK/6.html gehandelt werden wird.

        • Ehrlich gesagt erschreckend, dass es notwendig ist, mit kleinteiliger Überzeugungsarbeit und viel juristischem Geschick aus der großen Masse der aktiv tätigen Juristen wenigstens etwas Unterstützung für ein gesetzeskonformes Verhalten zu gewinnen. Erschwerend kommt hinzu, dass diese Bestrebungen von großen Teilen der Medienlandschaft ignoriert bzw. sogar hintertrieben wird. Es mag bei dieser Sachlage taktisch unklug sein, das Fass richtig aufmachen zu wollen. Zumal wenn man keine erfolgversprechende Basis und keinen wirklichen Plan hat. Aber die Frage nach den Ursachen für die Gesetzlosigkeit und Willkür eines Staatsapparates ist deswegen nicht lächerlich.

        • fußball-affin ist echt niedlich ausgedrückt, leitender OSta für, hach , wie nennt mans im Fach-Sprech, halt der, der bei Fußball Spielen vor Ort ist, um ggf. übergriffige Rowdys für verhaftbar zu erklären. (war auch mal ein Artikel in der NN drüber)

          Aber, ich sags nochmal, zum wiederholten und jetzt letzten Mal, es gibt hier nicht nur den FCN, sondern ja eben auch noch den PSV.

          Um aber sich darüber überhaupt eine Meinung bilden zu können, wärs sicher nicht schlecht, zu wissen, obs evtl. rechtlich relevant problematisch wäre, wenn z.B. Maske und Huber sich vorab privat gekannt hätten.

        • Der Postsportverein ist deshalb m. E. für das Verfahren nicht relevant, weil Maske dort erst seit 2008 tätig ist, zur verfahrensrelevanten Zeit aber dem 1. FCN (Handball) und weiteren seiner Funktionäre wie dem RA Dr. Woertge (Präsident von 2003 – 2007) verbunden war. Sein Handballtrainer Brixner ist ja bekannt.

          Eine Bekanntschaft Huber-Maske wäre insoweit relevant, weil sich daraus die Besorgnis der Befangenheit und damit Material für einen entsprechenden Antrag hätte ergeben können.

        • jetzt frag ich mal ganz blöd, kann man in einem Verein vielleicht schon Mitglied o.ä. gewesen sein, bevor man dort als Offizieller aktiv wurde? Nur mal rein hypothetisch?
          Oder andersrum gesagt, wie wahrscheinlich wird man in einem Verein offiziell aktiv, mit dem man vorher nix zu tun hatte?
          (Un-) abhängig davon, für nicht Ortskundige, der PSV liegt mitten in Erlenstegen, keine 5 Automin, von der Volbehrstraße entfernt 😉

        • Als angestellter hauptamtlicher Geschäftsführer eines Vereins muß man nicht mal Mitglied sein; und entsprechende Meriten konnte er schon durch einschlägige Tätigkeit für den 1. FCN Handball vorweisen. 2008 war die HRE pleite und mußte unter „Personalfreisetzung“ staatlicherseits gerettet werden, also kehrte er aus Berlin nach Nürnberg zurück und fand prompt eine „Anschlußverwendung“. Das sind halt die Netzwerke, um die es im Fall Mollath auch geht.

        • p.s. ……hätte ergeben können.
          War nicht Dolmany dann der Pflichtverteidiger von GM?

          mich dünkt, ich hätte dereinst nach der möglichen Problematik einer möglichen Bekanntschaft zwischen Dolmany und dem erstzuständigen Richter gefragt, vielleicht täusch ich mich da aber auch.
          Worin ich mich nicht täusche ist die Tatsache, dass mein Pferd nicht mal ein lahmer Klepper ist ………………….
          Ein Pfluftl, sozusagen 🙂

        • @gabrielewolff, wissen Sie eigentlich, dass Ihre Mailadresse nicht funktioniert?
          Ich mein, verstehen würd ichs ja, ist aber etwas unpraktisch 😉

        • Auch ich mag Ihre Euphorie, oder besser gesagt Ihre positive Erwartungshaltung, nicht so recht teilen.

          Ich bin ehrlich gesagt reichlich irritiert über die 15 Tage.
          Salopp formuliert: Was wollen die denn da so lange bequatschen? Ein Tatnachweis wird nicht zu führen sein.

          P3M wird wohl die Schnauze halten.

          Bleibt nur noch der Schleier über der mysteriösen Attestunterschrift zu lüften. Den Text wird der Arzt schon einstudiert haben.

          Das Glaubwürdigketisproblem und der Belastungseifer von P3M wird Strate in wenigen Worten dargestellt kriegen.

          Die StA wird hoffentlich darauf gepolt sein, dem Geiste ihres eigenen WA Antrages zu folgen.

          Wenn die jetzt nicht noch Lakottas Geschichten von fliegenden Pflastersteinen und Lapps verprügelte Mutter Mollath aufs Tapett bringen, was mit der Sache eigentlich null zu tun hat, wundere ich mich sehr, was die 15 Tage lang untersuchen wollen. Das Schriftbild von irgendwelchen 10 Jahre alten Flugblättern analysieren?

          Der StA müsste schon bei Verlesung der Anklage, Einstellung der Sachbeschädigungsanklage beantragen. Ihre Hoffnung an eine Annäherung an die Wahrheit teile ich nicht.

        • @ Max Mustermann:

          Ich bin ehrlich gesagt reichlich irritiert über die 15 Tage.
          Salopp formuliert: Was wollen die denn da so lange bequatschen? Ein Tatnachweis wird nicht zu führen sein.

          Das ist ja ein seltenes Ereignis, daß wir mal einer Meinung sind.

          Ein Tatnachweis war im Jahr 2006 nicht zu führen und ist es heute, nachdem sich kein verurteilungswilliges, sondern ein aufklärungswilliges, Gericht der Sache widmet, schon gar nicht.
          Der Focus wird sich demnach darauf richten, wie es dazu kommen konnte, daß seinerzeit Justiz und Psychiatrie so willfährig bei der Vernichtung einer Existenz zusammenarbeiteten.

          Nur deshalb werden ja 15 Verhandlungstage (mindestens) benötigt.

          Die damalige Nebenklägerin wäre juristisch schlecht beraten, wenn sie jetzt nicht von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machte. Sie weiß ja, daß Schwarzgeldkunden von ihr aufgetaucht sind, die sie in die Schweiz vermittelt hat. Gegen sie laufen Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung und wegen Prozeßbetrugs zum Nachteils ihres Ex-Ehemanns. Es ist schon etwas anderes, ob man eine homestory via Lapp und Lakotta generiert oder ob man vor einem aufklärungsbereiten Gericht steht, das erstmalig über Auskunftsverweigerungsrechte gemäß § 55 StPO belehrt.

          Aus meiner Erfahrung mit Beziehungskriegerinnen: mit rationalen Entscheidungen ist nicht unbedingt zu rechnen. So war es beispielsweise irrational, mit GStA Nerlich zusammenzuarbeiten, um die WA-Anträge zu Fall zu bringen. Juristisch hat die Auslieferung des Erst-Attestes nichts gebracht, kriminologisch aber Zweifel an der Unterschrift des Arztes Markus Reichel auf dem Neuausdruck vom 3.6.2002 geweckt.

          Sie sehen, da gibt es so einiges, das der Aufklärung harrt.

  4. Lasset uns beten!

    Heiliger Äskulap! der du die Ärzte eingesetzt hast, auf daß sie eine Beschäftigung haben, sowie die meschuggenen Patienten, auf daß sie Valerian bekommen, so es Kassenpatienten sind, Insulin aber, so sie es bezahlen können; der du die Heilmethoden erfunden hattest, die da wechseln wie die Hutmoden und kleidsam sind bis zum Exitus; der du alljährlich auf die Menschheit einen ganzen Waschkorb junger Doktoren losläßt, die den Herrn Wendriner mit Fremdwörtern und mit dem neuen Medikament Eizei’n behandeln; der du den medizinischen Spießer zum Erzpriester machst, weil der Patient seinen Wundermann braucht!
    Heiliger Äskulap! der du die Chirurgen geschaffen hast, auf daß das Überflüssige am Menschen entfernt werde, und die Hals- Spezialisten, auf daß die Chirurgen nicht alles allein operieren; der du die Gynäkologen schufest, die zu Ende führen, was der Ehemann so unvollkommen angefangen; welches Wunder, daß diese Ärzte noch Frauen lieben — aber siehe: grade diese lieben Frauen! Der du Homöopathen und Allopathen schufest, damit der Kranke wenig- stens weiß, wovon ihm schlecht wird; sowie auch die Hautärzte, die sich über gar nichts mehr wundern; und die Psychiater, die aus Seelenverwandtschaft mit den Verrückten sogar die Vornamen der Geisteskranken kennen!
    Heiliger Äskulap! der du die Doktoren geschaffen hast, deren Wissen zusammenknallt, wenn sie selber einmal Patienten sind; Mediziner, die so lange Fortschritte machen, bis sie wieder bei Hippokrates angelangt sind:
    gepriesen werde dein Namen -!

    Amen.

    Kurt Tucholsky, 1930

  5. Angeblich hat diese Angelegenheit ein gutes Ende gefunden :

    Rudolf Winzen sagte am 21. Dezember 2013 um 00:50 :

    „Gestern, Freitag, ist die Übermittlung der Spendengelder an Gustl Mollath konkret in Gang gekommen. Die Bestätigung dessen werden Sie wohl demnächst auch von ihm selber hören bzw. lesen; jedenfalls hat er sich in dem Sinne geäußert, dass er es öffentlich kundtun will. Ich bin sehr froh, dass die beiden Vorstände des ZBB Alfred Rott und Heinz Schulze erwartungsgemäß — wenn auch nach langem Anlauf — die Sache ins Reine gebracht haben. Das ist wie ein Weihnachtsgeschenk — natürlich für Gustl Mollath, aber auch für mich und einige andere, denen ein Stein vom Herzen fällt.“

    Der Fall Mollath: Die Irrwege der Psychiatrie (2)

    Konkrete Meldungen/ Bestätigungen hat es bislang weder vom ZBB e.V. und
    seinen Vorständen – incl. Fritz Letsch *) – noch von GM oder seinem Anwalt
    gegeben….
    So etwas wäre auch für die interessierte Öffentlichkeit ein schönes Weihnachtsgeschenk….!

    *) Vgl. a. Presseerklärung ( korrigierte Fassung ) vom 22.10.2013

      • Mein Gott! In solch heiklen Dingen ist halt manchmal einfach Geduld nötig!
        Ich wiederhole: Die Sache ist in Gang gebracht. Noch nicht abgeschlossen (wohl deshalb gibt es noch keine öffentlichen Kommentare), aber definitiv in Gang gebracht; u.a. haben die beiden Seiten schon zweimal persönlichen Kontakt gehabt. Und ich wiederhole: Ich sehe mich nicht befugt, Einzelheiten mitzuteilen.
        Übrigens hängt neben meinem Schreibtisch das Sprichwort: „Nur Geduld! Mit der Zeit wird aus Gras Milch.“

        • …und was aus Milch, wenn man dann wiederum zu lange wartet 😉 ? Grüße 🙂

        • „…und was aus Milch, wenn man dann wiederum zu lange wartet 😉 ? Grüße 🙂 “

          RAHM! 🙂

        • Und bei mir: „Unmögliches wird sofort erledigt – Wunder dauern länger“.

        • Nö – wie denn? Und wenn man keine Kühe, Schafe oder Ziegen hat? Dann wird Gras über die Geschichte wachsen. Eine Textzeile aus einem Weihnachtslied: „Alles schläft, einsam wacht …“. Fröhliche Weihnachten.

    • Ich bin ehrlich!
      Ich habe mich als erstes gefragt, warum Du ernesto45 so gefrustet bist (Heiligabend 20:02 Uhr!), das Du hier diese gequirlte Scheiße noch mal an neuer Stelle und zu solch einem Zeitpunkt aufkochen musst. Statt einfach bei dem Thema selbst nochmal nachzufragen, wenn es Dir tatsächlich so wichtig ist.

      Wenn Du schon ältere Kommentare zitierst, dann solltest Du diese auch lesen:

      Die Bestätigung dessen werden Sie wohl demnächst auch von ihm selber hören bzw. lesen

      Nach über 2 Monaten soll nun alles innerhalb von 3 Tagen von statten gehen (scheinbar wird so „demnächst“ interpretiert)? Oder was ist Dein wirklicher Grund?
      Ich sehe das mit den Spenden jedenfalls sehr kritisch, aber ich differenziere da auch. Und ich pers. denke, das spätestens Herr Strate in seinen immer wieder veröffentlichten „Stellungsnahmen der Verteidigung“ zu gegebener Zeit dazu Stellung nehmen wird. Ob ich dies auch auf Seiten erwarten kann, dessen Gestaltung in der Hand von nur einer Person zu liegen scheinen, möchte ich bezweifeln.

  6. Die auf ehrenamtlicher Basis arbeitende „Betrifft Justiz“ ist nach eigenen Angaben

    „Diskussionsforum für alle in der Justiz …, die das Bedürfnis nach einer wachen und kritischen Ausübung ihres Berufes haben…“

    – und nach landläufiger Einschätzung eine fortschrittliche Alternative zur eher behäbigen, konservativen Standesinteressen verpflichteten ´Deutschen Richterzeitung`.

    Lange Zeit war über den Fall Mollath in diesem Diskussionsforum nichts zu vernehmen, bis im soeben erschienenen Dezemberheft 2013 erstmalig eine kompetente Stimme zu Wort kommt:

    Dr. Susanne Müller, Vorsitzende Richterin am LG Freiburg, analysiert auf 5 eng bedruckten Seiten Urteil, Medienreaktion und Fehlerkultur.
    Naturgemäß – und dies betont die Autorin bereits mit der Überschrift: „Der Fall Mollath und die Strafjustiz – Anmerkungen aus der Praxis“ – ist auf so begrenztem Raum keine umfassende Beschäftigung mit dem Thema möglich, viele Fragen bleiben also bewusst offen.

    Die Vorbemerkung fängt schon mal gut an: „Der Fall Mollath verursacht Strafrichterinnen und Strafrichtern Unbehagen. Erhebliches Unbehagen, das auch der Autorin dieses Beitrags Flucht- und Umwege aufdrängt und die Annäherung an die Problematik erschwert. Warum ist das so? Die Affäre stellt Fragen, die das berufliche Selbstverständnis … im Innersten berühren.“

    Susanne Müller lässt in ihrer Urteilskritik keine Zweifel daran, dass die völlig mangelhaften sachlichen Feststellungen die angeordnete Unterbringung nicht tragen können, ebenso wie die gleichfalls unzureichenden Folgeentscheidungen in der Vollstreckung. Sie verweist auf das Bundesverfassungsgericht, das bereits 1981 eine „zureichende richterliche Sachaufklärung“ verlangt hat.
    Die Autorin bleibt aber mit ihrem anschließenden Exkurs in die Reformbestrebungen zum § 63 StGB im Rahmen der bekannten Argumentation.

    Dann die Verfahrenskritik: Nicht vorgelegte Beschwerden, der Anruf Brixners bei der Steuerbehörde (Überlegungen zur Befangenheit), keine ausreichende Begründung für die Unterbringung nach § 126a StPO, unterlassene Anhörungen, keine Entpflichtung des Pflichtverteidigers.

    Frau Müller sieht sich durch die Vorstellung bewusster Benachteiligung des Angeklagten Mollath – „elementarer Verstoß gegen die Rechtsordnung“ – ähnlich betroffen und erschreckt wie sie sich – andererseits – durch die Vorstellung beunruhigt wähnt, es habe sich möglicherweise um absichtslose Fehler gehandelt.

    Nach einigen Überlegungen, wie man denn so als Richter mit schwierigen Angeklagten (evtl. so empfundenen „Querulanten“) und oft nur vorübergehend auftauchenden Pflichtverteidigern umgehen soll, spricht Frau Müller die Defizite bei der Fortbildung und der Zusammenarbeit mit Gutachtern an.

    Einen gesonderten Abschnitt widmet die Autorin der Fehlerkultur und den Medien. Ohne eine engagierte Öffentlichkeit wäre der Fall nicht wieder aufgerollt worden, eine Reformdiskussion nicht entstanden.
    Die öffentliche Diskussion habe die Justiz sehr verunsichert, habe „für erhebliches Unbehagen gesorgt“. Der Unterstützerkreis signalisiere den veränderten Umgang durch neue Medien, wozu die Justiz erst noch eine Haltung entwickeln müsse.

    Zum Wiederaufnahmeverfahren: „Die Begründung des Beschlusses vom 24.7.2013, mit dem das LG Regensburg die Wiederaufnahmeanträge von Staatsanwaltschaft und Verteidigung verworfen hat, aber auch die Dauer der Prüfung der immerhin vom 19.2.2013 und 18.3.2013 stammenden Anträge, lassen erahnen, mit wie viel Mühe die – eigentlich selbst Strafjuristen evident erscheinenden – Wiederaufnahmegründe abgelehnt wurden“.

    Und, abschließend:

    „Ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass ein rechtskräftiges Urteil falsch sein kann, dass dies auch auf Irrtümern oder sogar Fehlern der Justiz beruhen kann, dies einzugestehen, wenn es denn geschehen ist, sich um eine Wiedergutmachung zu bemühen, soweit sie möglich ist, und um Entschuldigung zu bitten – dies alles ist in der Justiz wenig verbreitet. Es zu lernen, stünde uns gut an.“

    Gut gebrüllt, Löwin!

    Man darf gespannt sein, ob noch mehr aktive Juristen in der Justiz es wagen – ja, es scheint ein Wagnis! -, derart Stellung zu nehmen. Auf eine solche Positionierung, auf solche und ähnliche Positionierungen, haben wir schon seit Monaten sehnlich gewartet!
    Der Vorsitzende des Bayerischen Richtervereins, Walter Groß, besitzt innerhalb der Justiz nicht mehr die Deutungshoheit.

    • Danke, Herr Bode,

      das ist ja doch ein schönes Weihnachtsgeschenk, ein nachdenklich-selbstkritischer Artikel einer Vorsitzenden Richterin zum Fall Mollath.

      Ich wünsche Allen ein schönes Weihnachtsfest!

      • In der Psychiatrie herrscht zwar auch Unbehagen – aber letztlich doch nur wegen des medialen Widerhalls:

        Berliner Psychiatrie-Tage, 16.1. – 18.1.2014

        Nachdem wir in den letzten Jahren spezifische psychiatrische Krankheitsbilder und unterschiedliche Kontexte psychischer Erkrankungen vorgestellt haben, wollen wir uns in diesem Jahr einem Thema widmen, dass nicht erst seit kurzem im Blickpunkt der Öffentlichkeit steht: Psychiatrie und Recht. Dieses Thema hat viele Komponenten: von der Behandlung wider Willen über Fragen der Erziehungsfähigkeit, Begutachtungen bezüglich zivil- oder auch sozialrechtlicher Fragestellungen bis hin zu den Themen Psychiatrie und Strafrecht.

        Die in der Realität vorhandene Trennung in der Ausbildung von Psychiatrie und Psychotherapie und Forensischer Psychiatrie schadet unserer Profession. Allgemeinpsychiatern fehlen mitunter juristische Kenntnisse und Erfahrungen im Umgang mit Gerichten, Gutachtensaufträgen und Rechtspsychologie.
        Auch der Kontakt und Austausch mit den anderen aktiven Professionen in der Gemengelage Psychiatrie und Recht, den forensischen Psychiatern und den Juristen ist verbesserungswürdig; von allen Seiten!

        Aber: für die Rechtsprechung spielt die Trennung von Klinischer Psychiatrie und Forensischer Psychiatrie nur eine Nebenrolle. Gerichte wollen allein wissen wie psychische Krankheiten die Handlungen und Fähigkeiten von Menschen beeinflussen können und/oder werden. Und beauftragen hierzu mit Ausnahme
        strafrechtlicher Kontexte in der Regel Allgemeinpsychiater.

        Leider spielt diese Trennung auch in der öffentlichen Meinung und Wahrnehmung, unterstützt durch weitgehend nur am Skandal interessierte Medien keinerlei Rolle: Menschen werden ganz generell „in der Psychiatrie auf Jahre weggesperrt“ und „durch Medikamente ruhiggestellt“. Das Stigma der Psychiatrie schwappt in der medialen Welt hin und her zwischen dem Stigma „psychische Krankheit“ und dem Stigma „Institution Psychiatrie“

        Es ist uns gelungen für jeden Vortrag ganz exzellente Psychiater, Forensische Psychiater, Psychologen und Juristen zu gewinnen. Allen Vortragenden gilt mein ganz herzlicher Dank für deren Bereitschaft dieses Symposium durch ihre Anwesenheit zu bereichern.

        Klicke, um auf psychiatrie_tage_2014_flyer.pdf zuzugreifen

        Immerhin: auf die Bereicherung durch Prof. Kröber wurde verzichtet.

      • @Frau Wolff @Herr Bode
        Eine Nachfrage an Sie beide als ehemalige beruflich tätige Staatsjuristen: es gibt einen justizkritischen Bürgerrechtler[1], der als Autor nach Durchsicht der von Dr. G. Strate veröffentlichten Materialien im „Skandalfall Mollath“ mit seinen regierungs- und staatskriminellen Zügen die an G. Radbruchs Leitkonzept „Gerechtigkeit“ geschulte These vertritt: das entscheidende Brixner-Urteil vom 8. 8. 2006 entbehrte formal „überhaupt der Rechtsnatur“, und der „Freispruch“ war inhaltlich ein fiktiver oder „fingierter Freispruch“.
        Warum gibt Ihrer Meinung nach es im gegenwärtigen Deutschland keine – so E. Schneider – an der „Gerechtigkeitsfrage“ orientierte „Rechtswissenschaft, die diesen Namen verdient“?
        [1] Siehe anstatt weiterer http://filmundbuch.wordpress.com/2013/06/14/die-affare-mollath-eine-film-und-buchvorstellung-von-richard-albrecht/ [und] https://filmundbuch.wordpress.com/2013/12/09/die-affare-mollath-ii-drei-rezensionen-von-richard-albrecht/ [und] http://blog.nassrasur.com/2013-06-24/fiktiver-freispruch-eine-buergerrechtliche-these/ [und] http://duckhome.de/tb/archives/11605-RADBRUCH-FORMEL.html

        • Was der Herr Albrecht mit diesem „fiktiven Freispruch“ meint, habe ich noch nie verstanden. Es ist natürlich ein echter wegen Schuldunfähigkeit, weshalb eine Strafe nicht erfolgen kann. Unterbringung nach § 63 StGB ist keine Strafe, sondern eine „Maßregel“.

        • @Hallo Frau Wolff
          1) Zu Ihrer Schnoddrigkeit („Was der Herr Albrecht mit diesem “fiktiven Freispruch” meint, habe ich noch nie verstanden“): Faust I, 2015-16
          2) Wäre nicht – wie am Skandalfall Mollath mit seinen staats- und regierungskriminellen Zügen veranschaulicht – „Maßregel“(vollzug) noch schlimmer als für schuldfähige Erklärte Gefängnis?
          3) Was meint Herr Bode?

        • @D7.

          Schnoddrigkeit?
          Ich lese eine sachliche und informative Antwort von G.W., die eine eigene Frage/Unklarheit beinhaltet.

    • Joachim Bode schrieb zu Susanne Müllers Beitrag:


      Die Vorbemerkung fängt schon mal gut an: „Der Fall Mollath verursacht Strafrichterinnen und Strafrichtern Unbehagen. Erhebliches Unbehagen, das auch der Autorin dieses Beitrags Flucht- und Umwege aufdrängt und die Annäherung an die Problematik erschwert. Warum ist das so? Die Affäre stellt Fragen, die das berufliche Selbstverständnis … im Innersten berühren.“

      Ja, aber genau genommen dürfte der Umgang der Justiz u.a. mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und den Folgen Unbehagen verursachen.

      Überall dort, wo die Staatsgewalt greift, hat der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine zentrale Bedeutung. Die Vermittlung seiner Inhalte nimmt in der juristischen Ausbildung deshalb einen überragend hohen Stellenwert ein. In seiner Prüfung zeigt sich die juristische Qualität. Wenn auch nicht jeder Fall so gelagert ist, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz problematisiert oder umfassend dargestellt werden muss. Er wird aber stets mitgedacht, auch ohne explizit genannt zu werden, wie z.B. bei Strafzumessung.

      Auch der Fall Mollath zeichnet sich nicht durch besondere Problematik der Verhältnismäßigkeit aus. Aber, wie in jedem Fall mit psychiatrischer Unterbringung, war eine gründliche Auseinandersetzung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geboten, nicht nur bei den Fortdauerentscheidungen und der Einweisungsentscheidung, auch schon bei der vorläufigen Unterbringung zur Totalbeobachtung. Wäre er beachtet worden, hätte es einen Fall Mollath wahrscheinlich nicht gegeben.

      Erschütternd ist, dass gerade bei diesen Entscheidungen die Gerichte die Prüfung der Verhältnismäßigkeit offensichtlich willkürlich verweigert haben. Um das zu ändern, ist auch eine Reform des § 63 kein geeignetes Mittel. Erschütternd ist, dass die Staatsanwaltschaft dabei mit gewirkt hat. Ich erinnere nur an den Kästchenvordruck der bayerischen Justizverwaltung für Anträge der Staatsanwaltschaften auf Unterbringungsfortdauer, in denen nicht einmal Paraphrasen zur Verhältnismäßigkeit – quasi als Denkstütze – vorgesehen sind. Erschütternd ist, dass Verstöße gegen so elementare Grundsätze der Rechtspflege nicht einmal ausgereicht haben, um Ermittlungen wegen des Verdachts der Rechtsbeugung bzw. Freiheitsberaubung aufzunehmen. Nicht einmal zum geschlossenen Aufruf an die Fehlerkultur geben sie Anlass.

      Problem: Getrennt soll nur die Staatsgewalt sein, nicht dagegen der Rechts-Staat von seinem Verhältnis-Mäßigkeits-Grundsatz. Unabhängig sollen Richter von der zweiten Staatsgewalt sein, dagegen abhängig oder gebunden an Gesetz und Recht. Dass es in der realen Wirklichkeit anders ist, das vermittelt nicht nur der Fall Mollath. Er ist nur wie eine besonders gut gelungene Erzählung, die komplexe Verflechtungen und Verschränkungen mit ihren schwerwiegenden Folgen unter Beachtung der Handlungseinheit verständlich darzustellen vermag.

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