Wiederaufnahmeverfahren im Fall Peggy: Dekonstruierung einer Konstruktion

12-05-07 Vergänglichkeit 4Heute beginnt das Wiederaufnahmeverfahren von Ulvi Kulac, der im Jahr 2004 vom Landgericht Hof zu Unrecht wegen Mordes der am 7.5.2001 verschwundenen 9-jährigen Peggy Knobloch aus Lichtenberg verurteilt worden ist. Das kann man deshalb so wuchtig sagen, weil es damals wie heute weder einen Beweis für ein Tötungsdelikt an jenem Tag noch für eine Täterschaft des geistig behinderten Ulvi Kulac gab und gibt. Wer von dem Fall noch nie etwas gehört hat, dem empfehle ich einen ersten Überblick anhand dieses Artikels:

Mordfall „Peggy Knobloch“

Viele Zweifel an einem zweifelsfreien Urteil

17.03.2013  ·  Im Mai 2001 verschwand die neunjährige Peggy Knobloch spurlos. Eine Leiche wurde nie gefunden, dennoch verurteilte das Landgericht Hof den geistig behinderten Ulvi Kulac wegen Mordes. Nun will sein Anwalt beweisen, dass er unschuldig ist.

Von David Klaubert

http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/mordfall-peggy-knobloch-viele-zweifel-an-einem-zweifelsfreien-urteil-12118132.html

Welches Ergebnis das Wiederaufnahmeverfahren haben muß, geht es dort rechtsstaatlich einwandfrei zu, steht bereits fest: eine Staatsanwaltschaft Bayreuth, die einerseits seit 2012, getrieben von den Medien, neue Ermittlungen zur Aufklärung des Falls Peggy aufgenommen hat, alte, nie ausermittelte Spuren der Soko Peggy II aufnehmend, kann andererseits in der neuen Hauptverhandlung nicht volltönend ihre Überzeugung von der Schuld des Ulvi Kulac vertreten. Auch dann nicht, wenn sie ihren engagierten ergebnisoffenen Ermittler, Oberstaatsanwalt Dr. Ernst Schmalz, kurz vor Prozeßbeginn öffentlich als überengagiert darstellte und ihren Experten auch als Sitzungsvertreter im Wiederaufnahmeverfahren aus dem Rennen nahm. Auf eigenen Wunsch selbstverständlich.

Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Bayreuth vom 2. April 2014

Seit Mitte 2012 ermittelt die Staatsanwaltschaft Bayreuth unabhängig vom Wiederaufnahmeantrag des Angeklagten Ulvi K. im Zusammenhang mit dem Verschwinden der damals 9-jährigen Peggy K.

In einem der entsprechenden Verfahren wurde in einer Vernehmung dem Wunsch des dortigen Verdächtigen nach Hinzuziehung eines Verteidigers in prozessual angreifbarer Weise nicht entsprochen. Der bisher mit der Sache betraute Staatsanwalt hat dies im Nachhinein erkannt und um seine Entbindung gebeten.

Um bestmöglich zu gewährleisten, dass auch das Wiederaufnahmeverfahren im Fall Peggy“ frei von jeglichen Belastungen ist, hat der bislang zuständige Staatsanwalt dort ebenfalls darum gebeten, einen anderen Staatsanwalt mit der Sachbearbeitung zu beauftragen. Dem ist nachgekommen worden.

Es wird um Verständnis dafür gebeten, dass dazu keine weiteren Einzelheiten bekannt gegeben werden können.

Im Wiederaufnahmeverfahren hinsichtlich Ulvi K. nehmen Frau Staatsanwältin als Gruppenleiterin Sandra Staade und Herr Staatsanwalt als Gruppenleiter Daniel Götz die Sitzungsvertretung wahr.

http://www.justiz.bayern.de/sta/sta/bt/presse/archiv/2014/04329/index.php

Wenig wahrscheinlich, daß sich die neuen Sitzungsvertreter in dem Aktenmaterial, das schon vor Stellung des Wiederaufnahmeantrags knapp 14.000 Seiten betrug, so zurechtfinden werden wie der versierte Oberstaatsanwalt.

Er hat das Wiederaufnahmeverfahren befürwortet und die neuen Ermittlungen im Fall Peggy vorangetrieben: der Bayreuther Oberstaatsanwalt Ernst Schmalz. Am Mittwoch wurde er überraschend ausgetauscht, um den neuen Prozess „frei von jeglichen Belastungen“ zu halten, wie es in einer Pressemitteilung heißt. Bei einer Vernehmung habe Schmalz einem Verdächtigen den Anwalt vorenthalten, so die Begründung, und deshalb um seine „Entbindung“ gebeten. Bei Prozessbeobachtern sorgt die Auswechslung kurz vor Verfahrensbeginn für große Verwunderung. Den engagierten Ermittler jetzt aus dem Verkehr zu ziehen, sei ein Skandal, sagt einer.

http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.das-verschwundene-maedchen-peggy-auf-ein-neues.8d59755f-f473-4330-93dd-38c042786d8a.html

Das kann man durchaus so sehen. Ulvi Kulac hat jedenfalls einen Verteidiger verloren. „Gruppenleiter“ bei den bayerischen Staatsanwaltschaften sollen übrigens, so wird gemunkelt, auf einem Karrieresprungbett stehen, das ihnen in der Regel eine Beförderungsstelle in der Richterschaft verschafft.

Die Wiederaufnahmeentscheidung hat das Landgericht Bayreuth so begründet:

Landgericht Bayreuth ordnet Wiederaufnahme des Strafverfahrens im Fall „Peggy“ an

Die 1. Jugendkammer des Landgerichts Bayreuth hat mit Beschluss vom 09.12.2013 die Wiederaufnahme des Strafverfahrens im Fall „Peggy“ angeordnet. Damit kommt es gegen den am 30.04.2004 vom Landgericht Hof wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilten Ulvi K. zu einer neuen Hauptverhandlung. Der Angeklagte befindet sich derzeit wegen anderer Taten in einem psychiatrischen Krankenhaus. Diese Unterbringung ist von der heutigen Entscheidung nicht betroffen.

Die Jugendkammer stützt sich auf zwei Gründe, welche die Wiederaufnahme notwendig machen.

So habe sich ein – zwischenzeitlich verstorbener – Zeuge mit seiner Aussage vor dem Landgericht Hof einer vorsätzlichen falschen uneidlichen Aussage zu Ungunsten des Angeklagten schuldig gemacht. Dieser Zeuge hat seine Falschaussage im Jahr 2010 vor dem Ermittlungsrichter eingeräumt. Es könne auch nicht sicher ausgeschlossen werden, dass die Aussage dieses Zeugen auf die Urteilsfindung Einfluss hatte. Die Aussage dieses Zeugen habe auch als Tatsachengrundlage für das seinerzeitige psychiatrische Sachverständigengutachten gedient.

Als weiteren Grund für die Wiederaufnahme führt die Jugendkammer das Vorliegen einer sogenannten Tathergangshypothese vom 30.04.2002 an, welche dem Gericht in Hof nicht bekannt gewesen sei. Diese Tathergangshypothese sei erheblich, weil der Sachverständige, der im Verfahren vor dem Landgericht Hof die Glaubhaftigkeit der Geständnisse des Angeklagten zu beurteilten hatte, ausgeschlossen habe, dass deren Inhalt ihm durch vernehmende Kriminalbeamte suggeriert worden sei. Der Sachverständige begründete dies damit, dass den Beamten selbst zum Zeitpunkt der Geständnisse am 02.07.2002 ein hypothetisches Tatszenario gefehlt habe, das sie dem Angeklagten hätten vorhalten können. Eine solche Tathergangshypothese hat es aber, wie sich im Wiederaufnahmeverfahren herausgestellt hat, tatsächlich gegeben. Auf die weiteren von der Verteidigung vorgetragenen möglichen Wiederaufnahmegründe kam es nicht an.

http://www.justiz.bayern.de/imperia/md/content/stmj_internet/gerichte/landgerichte/bayreuth/peggy_13_12_09_pressemitteilung.pdf

Eine bemerkenswert mutige Entscheidung, denn sie zielt in medias res eines konstruierten Verfahrens: die Polizei hatte einen Spitzel auf den bereits im BKH untergebrachten Ulvi Kulac angesetzt, Peter Hoffmann, der dort ebenfalls untergebracht war und der sich Vorteile erhoffte, wenn er der Polizei vorlog, Kulac habe ihm gegenüber ein Geständnis abgelegt. Dieses angebliche durch Hoffman kolportierte Geständnis von Kulac war wiederum Grundlage der Tathergangshypothese der Polizei. Jedenfalls in dem Vernehmungskonzept der durch den Innenminister Günther Beckstein unter Erfolgsdruck gesetzten, seit Februar 2002 neuformierten Soko Peggy II unter der Leitung von Wolfgang Geier, die vorwiegend auf Geständniserwirkung bedacht war.

Die Staatsanwaltschaft Bayreuth hatte sich dem Wiederaufnahmeantrag der Verteidigung zwar angeschlossen, allerdings eine andere, gesichtswahrende, Begründung gewählt:

Presseerklärung der Staatsanwaltschaft Bayreuth vom 20.11.2013 zum Fall Peggy

Die Staatsanwaltschaft Bayreuth hat nach eingehender Überprüfung am 20. Nov. 2013 dem Landgericht Bayreuth ihre Stellungnahme zum Wiederaufnahmeantrag des Verurteilten Ulvi K. vom 03./19. April 2013 vorgelegt.

Zumindest einer der im Antrag des Verurteilten vorgebrachten Punkte – nämlich die Benennung einer Zeugin, die dem damals erkennenden Landgericht Hof nicht bekannt war – könnte nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Bayreuth die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Verurteilung wegen Mordes an Peggy Knobloch rechtfertigen.

Zu Einzelheiten können vor einer Entscheidung durch das Landgericht Bayreuth keine weiteren Erklärungen abgegeben werden.

http://www.justiz.bayern.de/sta/sta/bt/presse/archiv/2013/04132/

Nun ist unbekannt, welche Zeugin die Staatsanwaltschaft dabei im Visier hatte; schließlich gibt es zahlreiche Zeugen und Zeuginnen, die Peggy nach der vom Gericht „festgestellten“ Tötung durch Ulvi Kulac am 7.5.2001 bis 13:45 Uhr gesehen oder gesprochen haben. Aber die Präsentation von neuen Beweismitteln ist immer geeignet, das ersturteilende Gericht zu entlasten…

Man war also guten Mutes, was das Wiederaufnahmeverfahren anging. Bis diese Nachricht hineinplatzte:

Neuer Prozess, alter Gutachter Fall Peggy: Schock-Nachricht für Ulvi K.

Helmut Reister, 14.01.2014 12:21 Uhr

[…]

Ein Skandal?

Für die Jugendkammer des Landgerichts, wo der neue Prozess gegen Ulvi im April starten wird, stellt der Berliner Universitätsprofessor als Gutachter kein Problem dar. „Er hat den gerichtlichen Auftrag bekommen, sein früheres Gutachten zu ergänzen“, erklärt Behördensprecher Thomas Goger die juristische Ebene.

Irgendwelche Interessenskonflikte oder mögliche Befangenheitsgründe sind für ihn nicht erkennbar: „Er hat damals sein Gutachten auf der Grundlage objektiv unzureichender oder falscher Vorgaben gemacht und kann das jetzt berücksichtigen.“

Für Rechtsanwalt Michael Euler, der Ulvi K. vertritt und den neuen Prozess durchgesetzt hat, stellt sich die erneute Beauftragung Kröbers als Gutachter wesentlich komplizierter dar. „Mein erster Gedanke war, sofort einen Befangenheitsantrag zu stellen, als ich das gehört habe“, sagt Euler.

Nach der Schock-Nachricht will er seinen Worten zufolge erst einmal abwarten, zu welchen Ergebnissen der psychiatrische Sachverständige diesmal kommt –  und erst dann entscheiden, wie es weiterläuft.

Skeptisch, sagt Euler, bleibe er auch deshalb, weil er Zweifel an der handwerklichen Qualität des ersten Gutachtens bestünden. Er könne dies auch belegen.

http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.neuer-prozess-alter-gutachter-fall-peggy-schock-nachricht-fuer-ulvi-k.c2ea9834-3aec-445a-86a1-ba6a596eb168.html

Wie wahr. Der Psychiater Prof. Dr. Hans-Ludwig Kröber hatte die zweifelhaften Geständnisse von Juli 2002 trotz fehlender Kompetenz als Aussagepsychologe und unterbliebener Wertung polizeilicher Vernehmungsmethoden im Ergebnis so gewürdigt:

Zusammenfassend sprechen die zu prüfenden aussagepsychologischen Gesichtspunkte im Falle von Herrn Kulac gegen die Nullhypothese, dass das in seinen Geständnissen dargestellte Geschehen unwahr, z.B. von ihm erfunden ist oder ihm suggeriert wurde und mithin für die Annahme, dass diese Angaben in tatsächlichem Erleben begründet sind.

[S. 124 f. seines Gutachtens vom 19.10.2002]

Diese bloße Annahme reichte dem Landgericht Hof für eine Verurteilung von Ulvi Kulac aufgrund seines widerrufenen Geständnisses aus.

Das Landgericht Bayreuth, das diesen Gutachter zur „Ergänzung“ seiner Expertise unter Zugrundelegung des Vernehmungskonzepts der Soko Peggy II beauftragte, ging offenbar davon aus, es mit einem unbefangenen Gutachter zu tun haben, der zur Selbstkorrektur angesichts neuer Sachverhalte fähig ist.

Nun bilden womöglich Richter eine Berufsgruppe, die nicht besonders internetaffin ist – aber es lohnt sich manchmal, sich im Internet zu informieren. Der Journalist Christoph Lemmer, Co-Autor von Ina Jung („Der Fall Peggy. Die Geschichte eines Skandals“, Droemer 2013, ein Buch, in dem exakt jene polizeiliche Geständnisproduktion nach dem rechtlich bedenklichen Reid-Verfahren und die angebliche Unkenntnis des Gutachters Kröbers von der Tathergangshypothese thematisiert wurde), hat bereits am 12.12.2013 offenbart, wie emotional-voreingenommen Kröber auf bloße kritische Nachfragen zu seinen Peggy-Gutachten reagiert.

Warum sich der Fall #Peggy zum Debakel für Psychiatrie-Gutachter #Kröber entwickelt

[…]

Ich habe auch versucht, Kröber selbst zu einer Stellungnahme zu bewegen, und zwar erstmals im April 2012. Da hatte Rechtsanwalt Michael Euler gerade erst mit der Arbeit an seinem – nunmehr erfolgreichen – Wiederaufnahmeantrag begonnen. Ich wollte von Kröber wissen, wie er angesichts der wachsenden Zweifel am Mordurteil gegen Ulvi Kulac zu seinem Gutachten stehe. Er antwortete:

Sehr geehrter Herr Lemmer,
dieser Rechtsanwalt Michael Euler, nicht zu verwechseln mit dem renommierten Rechtsanwalt Wolfgang Euler, hat mich schon vor mehr als einem Jahr “zwecks Wiederaufnahme” mit vermeintlich neuen Erkenntnissen konfrontiert, von denen jedes einzelne im Prozess in Hof lang und breit erörtert und geklärt worden ist.
Die Verschwörungstheoretiker verschweigen übrigens alle, dass Ulvi unstreitig Peggy am Donnerstag vor der Tat am Montag massiv vergewaltigt hatte und vorher bekanntermaßen andere Kinder des Ortes sexuell missbraucht hatte.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Kröber

http://www.bitterlemmer.net/wp/2013/12/12/peggy-justizirrtum-fehlurteil-kroeber-mollath-gutachten-psychiatrie-wiederaufnahme-bayreuth-lichtenberg/

Aus seiner subjektiven Sicht müßten mithin jetzt auch die Staatsanwaltschaft und das Landgericht Bayreuth zu „Verschwörungstheoretikern“ mutiert sein, und, wie auch im Fall Mollath, in dem er bei seiner Verteidigung seines bayernfreundlichen Bestätigungsgutachtens feuilletonistisch zu Werke ging, weist er bei dieser Replik bedenkliche Gedächtnislücken auf *. Von einer „unstreitigen massiven Vergewaltigung“ Peggys durch Ulvi Kulac kann nämlich keine Rede sein, wie er wissen muß. Kröber selbst hat in seinem Gutachten die beiden Varianten des „Geständnisses“ von Ulvi Kulac aufgeführt:

Ulvi Kulac hatte einen schweren sexuellen Mißbrauch der Peggy, begangen am Donnerstag, dem 3.5.2001, in einer Vernehmung am 06.09.2001 gestanden. Bei einer weiteren Beschuldigtenvernehmung zu diesem Thema am 24.06.2002 hatte er, wie auch nachher immer wieder, betont, daß er mit seinem Glied nicht in Scheide oder Anus des Mädchens gewesen sei, sonden dieses zwischen ihren Pobacken auf- und nieder bewegt habe.

[S. 6 des Gutachtens]

Ihm gegenüber hat Ulvi Kulac konstant die zweite Variante aufrechterhalten.

Ulvi Kulacs überaus fragwürdiges und aktuell bestrittenes „Geständnis“, was die Tat vom 3.5.2001 zum Nachteil Peggys angeht – sie weicht von den niedrigschwelligeren sonstigen Sexualdelikten, die durch Zeugenaussagen von ausschließlich männlichen Kindern belegt sind, auffällig ab – ist vom Landgericht Hof in seinem nun wegen der Mord-Verurteilung hinfälligen Urteil vom 30.4.2004 als „Tatsache“ im Sinn des zweiten und der späteren Geständnisse „festgestellt“ worden.

In der Beweiswürdigung zur Geständnisqualität heißt es dort:

Im Fall B V. 4. schilderte der Angeklagte in der Hauptverhandlung das Geschehen gleichfalls in sich widerspruchsfrei in einem stimmigen, zeitlichen, räumlichen und situativen Zusammenhang mit hohem Grad an Konkretisierung und Detaillierung sowohl hinsichtlich des Kerngeschehens als auch des Rahmengeschehens: So bekundete er zum Rahmengeschehen, es sei am Donnerstag gewesen. Das sei der Donnerstag vor dem Verschwinden von Peggy gewesen. Peggy habe am Nachmittag ans Fenster seiner Wohnung geklopft, es sei das linke der beiden Fenster gewesen. Er habe aufgemacht, sie reingelassen, sie hätten sich unterhalten und play-Station gespielt. Zum Geschehen nach den Vorfällen bekundete der Angeklagte, Peggy habe geheult, sie habe raus rennen wollen. Er habe zu ihr gesagt, sie solle sich anziehen. Sie habe sich angezogen und er habe sie gefragt, ob sie so einen Brauereilaster habe, wie er sie sammele. Sie habe gesagt, sie habe so einen und habe einen gebracht. Das sei aber nicht der Richtige gewesen, sondern ein „orangener Straßenbaulaster“.

[UA, S. 22 f.]

Über die Plausibilität einer solchen Nachtat-Schilderung möge jeder selbst urteilen. Für unvoreingenommene Betrachter, die ein Motiv für einen  Verdeckungsmord nicht benötigen, hat dieses Geständnis jedenfalls den Anschein, als sei ein sexueller Vorgang lediglich in einen typischen Alltagsbesuch eingebaut worden.

Erschwerend kommt hinzu, daß eine faktische Überprüfung des „Geständnisses“, wie es Gerichten auferlegt ist, nicht stattgefunden hat. Gudrun Röbel, Ulvi Kulacs rührige Betreuerin, hat aus den Akten den Tagesablauf Peggys am 3.5.2001 rekonstruiert: es kann praktisch ausgeschlossen werden, daß Peggy den Beschuldigten Kulac am Nachmittag des 3.5.2001 besuchte und daß es hier zu einem sie belastenden Geschehen kam.

http://www.ulvi-kulac.de/prozess.html

Prof. Kröber scheint bei seiner Antwort an Christoph Lemmer auch auszublenden, daß Ulvi Kulac entsprechend dem psychiatrischen Gutachten von Prof. Nedopil wegen nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit bezüglich der Sexualdelikte freigesprochen und gegen ihn die Maßregel gemäß § 63 StGB verhängt wurde.

Diese Minderbegabung des Angeklagten mit der darauf fußenden Retardierung im psychosozialen und psychosexuellen Bereich ist den Ausführungen des Sachverständigen Professor Dr. Nedopil zufolge als Schwachsinn im Sinne des § 20 StGB zu qualifizieren.

[UA S. 117]

Daß Kröber zu dieser Wertung im psychiatrischen Teil seiner Beurteilung der Aussagetüchtigkeit nicht gelangte, versteht sich von selbst.

Am 2.4.2014 lancierten Ina Jung und Christoph Lemmer folgendes:

Zeitgleich haben am Mittwoch zwei Journalisten schwere Vorwürfe gegen den Vorsitzenden Richter Michael Eckstein erhoben. Die Autoren Christoph Lemmer und Ina Jung, die ein vieldiskutiertes Buch über den Fall geschrieben haben, erklärten in einer Pressekonferenz in Bayreuth, ihnen lägen Informationen vor, wonach der Richter in einem Telefongespräch mit dem Berliner Gerichtspsychiater Hans Ludwig Kröber „diskutiert“ habe, zu welchem Ergebnis ein von Kröber zu erstellendes Gutachten über die Glaubwürdigkeit des wegen des Mordes an Peggy verurteilten Ulvi K. kommen solle.

„Mehr oder weniger frei erfunden“

Kröber war im ersten Peggy-Prozess vor dem Landgericht Hof zu dem Ergebnis gekommen, das von Ulvi K. später widerrufene Geständnis sei glaubwürdig. Dafür, so Kröber damals, spreche auch, dass die Polizei kein Szenario über den Tathergang gehabt habe, mit dem sie Ulvi hätte konfrontieren und so sein Geständnis beeinflussen können. Dass es ein solches Tatszenario doch gab, war einer der Gründe, warum das Landgericht Bayreuth die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügte.

Das Landgericht will von Kröber nun wissen, ob er unter diesen Umständen zu einer neuen Einschätzung komme. Der Vorsitzende Richter, so Lemmer, habe Kröber nahegelegt, er möge Ulvis Geständnis für „mehr oder weniger frei erfunden“ erklären. Kröber, so besagten die Informationen, deren Quelle Lemmer nicht offenlegte, „soll das vom Richter gewünschte Ergebnis schon zugesagt haben“. Überraschenderweise, so Lemmer, sei Kröber aber in seiner Stellungnahme entgegen dieser Zusage zu dem Ergebnis gekommen, Ulvis Geständnis sei doch glaubwürdig.

http://www.sueddeutsche.de/bayern/wiederaufnahme-im-fall-peggy-staatsanwalt-legt-mandat-nieder-1.1927817

Die beiden Journalisten berufen sich dabei auf nicht näher bezeichnete Quellen aus dem „Berliner Umfeld“ des Gutachters.

http://www.frankenpost.de/regional/oberfranken/laenderspiegel/Schwere-Vorwuerfe-gegen-das-Gericht;art2388,3253552

Im Licht der ersichtlichen Voreinstellung des Gutachters scheint eine solche Fehldeutung des Vorgangs des Gutachtenauftrags plausibel. Denn wie sollte er aus seiner Sicht die wiederholt vorgetragenen Ergänzungswünsche des Gerichts anders verstehen als ein Mißtrauensvotum gegen sein altes Gutachtenergebnis?

Es kann ihm schließlich nicht entgangen sein, daß die Staatsanwaltschaft Hof ihn deshalb bereits am 8.8.2002 mit einem Gutachten über die Aussagetüchtigkeit von Ulvi Kulac betraut hatte, weil die polizeilich erwirkten Geständnisse eines geistig Behinderten allein, die zeitnah aus gutem Grund nicht als Ermittlungserfolg öffentlich gemacht wurden, zur Überführung nicht ausreichten. Bei Abwesenheit von polizeilichem Druck war erfahrungsgemäß jederzeit mit einem Widerruf zu rechnen.

Prompt bestritt Ulvi Kulac gegenüber dem Sachverständigen am 22. und 23.08.2002 sowie am 10.09. 2002 (selbst noch am 14. 10.2002) die Tötung Peggys. War das der Grund, weshalb diese Explorationen entgegen den Mindestbestimmungen für die Anfertigung von aussagepsychologischen Gutachten nicht aufgezeichnet wurden? Waren diese Explorationen nur Aufwärmübungen für die eigentliche (aufgezeichnete) Exploration vom 14.10.2002, in der Ulvi Kulac aufgefordert wurde, sein gegenüber der Polizei abgegebenes Geständnis zu wiederholen?

In seiner methodenkritischen Erstanalyse des Gutachtens kommt der forensische Psychologe Dr. Rudolf Sponsel bei Untersuchung dieser zunächst komplett fehlgeschlagenen Gedächtnisprobe vom 14.10.2002 u.a. zu folgenden Ergebnissen:

4.5  Komplizierte Mehrfachvorgaben – mindestens zwei  – , die miteinander nicht in direktem, unmittelbaren Zusammenhang stehen, die überwiegend auch zudem noch Suggestivfragen beinhalten. Ein ganz fatales Beispiel (siehe auch oben Kröber-01):

Kröber-02.2: Jetzt haben wir uns das angehört, das letzte Stückchen, und das ist soweit okay. Nun haben Sie ja eine Geschichte erzählt, die noch nicht ganz dem entspricht, was Sie bei der Polizei erzählt haben. [S. 74] Da fehlt mittags rum ein Stück. Dieses Stück würde mich noch mal interessieren, was Sie da der Polizei erzählt haben, daß Sie der Peggy begegnet sind. Ich weiß, daß Sie jetzt sagen, Sie sind der Peggy an dem Montag nicht begegnet. Aber damals haben Sie der Polizei was anderes erzählt. Das würde ich gerne noch einmal von Ihnen hören, was Sie damals der Polizei erzählt haben, als Sie da am Henri-Marteau-Platz sitzen, auf der Rentnerbank, glaube ich.“
Kulac-02: Das war nicht die Rentnerbank.“

Wie hätte an dieser Stelle richtig gefragt werden können und müssen? Nun, z.B.

  • Gibt es noch was oder ist diese Geschichte fertig? Falsch suggestiv wären: Gibt es noch was? ebenso wie Ist die Geschichte fertig? Oder: Fehlt noch was?
  • Hm. Ist das haarklein die Geschichte, die Sie der Polizei erzählt haben oder ist das noch nicht haarklein die Geschichte, die Sie der Polizei erzählt haben?
  • Haben Sie etwas vergessen oder fehlt nichts mehr? Falsch suggestiv wäre: Haben Sie etwas vergessen? Oder: Fehlt vielleicht noch was?

Völlig unmöglich sind natürlich Kröbers Suggestionen: 1) entspricht nicht der Geschichte bei der Polizei. 2) Es fehlt mittags rum ein Stück. Und völlig fatal 3) Peggybegegnung. 4) Henri-Marteau-Platz, 5) sitzen, 6)  Rentnerbank  – von Ulvi Kulac übrigens zurückgewiesen. Kröber gibt hier – wie der allerschlimmste Anfänger – genau das vor, was Ulvi erzählen soll, um anschließend zu schlussfolgern, dass Ulvi die „falsche“ Geschichte gut nacherzählen konnte – bei einer Suggestivfragenrate von 68%. Tatsächlich erzählte Ulvi Kulac bereits in seiner ersten umfassenden Antwort weitgehend die seiner Meinung nach richtige (Erst)- Geschichte

[…]

6.2.c  Geständnisvergleiche
Ulvi Kulac wird aufgefordert dem Gutachter „haarklein“ zu erzählen, was er im Juli der Polizei erzählt hat. Die Konstanz bezieht sich auf das widerrufene Geständnis und damit auf die Nacherzählung einer falschen Geschichte, die noch dazu eine ganze Reihe durch Zeugenaussagen und Rekonstruktion bestätigbarer Aussageteile enthält. Was soll das für einen Beweiswert haben? Die Schlusslogik ist mir aus der aussagepsychologischen Literatur auch nicht bekannt. Grundidee und Hauptsatz des Kröber’schen Ergebnisses:
Eine falsche Geschichte ist wahr, wenn sie richtig nacherzählt werden kann. Ein solches Kriterium findet sich nicht unter den 19 Kriterien, die der BGH in seinem aussagepsychologischen Urteil 1999 ausweist.

http://www.sgipt.org/forpsy/Kulac/MKEAKr%C3%B6b.htm

Aus welchen Gründen könnte sein „Berliner Umfeld“ gegenüber Journalisten Auskunft über sein Verständnis des neuen Gutachtenauftrags gegeben haben? Anhaltspunkte dafür ergeben sich aus seinem Gutachten, denn so rechtfertigte er sein Tätigwerden auf einem fachfremden Gebiet:

In der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Einlassungen von Herrn Kulac bei den Vernehmungen am 2. Juli 2002, 23.07.2002 und 24.07.2002 sowie den Video-Rekonstruktionen vom 30.07 und 01.08.2002 stützt sich das Gutachten auf die Kriterien und Qualitätsmaßstäbe zur aussagepsychologischen Beurteilung, wie sie von Max Steller und Renate Volbert, Institut für Forensische Psychiatrie der Freien Universität Berlin, in ihrem Gutachten für den Bundesgerichtshof dargelegt wurden.

Dieses Gutachten bildete eine wesentliche Grundlage des Urteils des BGH vom 30. Juli 1999 (1 StR 618/98)2 „Wissenschaftliche Anforderungen an aussagepsychologische Begutachtungen (Glaubhaftigkeitsgutachten )“.

M. Steller, R. Volbert (1999) Wissenschaftliches Gutachten Forersisch- aussagepsychologische Begutachtung (Glaubwürdigkeitsbegutachtung).

Praxis der Rechtspsychologie 9: 46-112; siehe auch: M. Steller, R. Volbert (2000) Anforderungen an die Qualität forensisch-psychologischer Glaubhaftigkeitsbegutachtungen. Praxis der Rechtspsychologie 10, Sonderheft 1, 102-116: 46-112 2 I;3GH, Urteil vom 30.07.1999 – 1 StR 618198, abgedruckt in: NJW 1999, S. 2746-2751, Strafverteidiger 9199, S. 473-478, Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ) 2000, S. 100-105, sowie Praxis der Rechtspsychologie 9 (1999) 113-125 sowie 10 (Sonderheft Glaubhaftigkeitsbegutachtung) S. 117-130

Der Sachverständige ist als Leiter dieses Instituts in ständiger Diskussion mit Prof. Dr. Max Steiler, Frau Dr. Renate Volbert und weiteren wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen des Instituts im Hinblick auf die fortlaufende Forschung zu Realkennzeichen und Qualitätskriterien der Glaubhaftigkeitsbegutachtung; der konkrete Fall wurde vom Sachverständigen auch eingehend mit Prof. Steller diskutiert.

[S. 3 f. des Kröber-Gutachtens]

Daß er sich mit dieser indirekten Einbeziehung des leitenden Personals der Abteilung „Rechtspsychologie“ in seinem Berliner Umfeld nicht nur Freunde gemacht haben wird, leuchtet ein.

Christoph Lemmer hatte schon im Dezember 2013 versucht, die behauptete Assistenz der aussagepsychologischen Koryphäen Steller/Volbert zu ermitteln:

Dass Kröbers Gutachten erst jetzt kritisch untersucht wird, könnte damit zusammenhängen, dass er als Direktor des Instituts für forensische Psychiatrie in Berlin in seiner Zunft zu den Mächtigen gehört, mit denen man sich nicht ohne weiteres anlegt. Es könnte außerdem damit zusammenhängen, dass er in seinem Gutachten anmerkt, er habe sich mit zweien seiner Kollegen ausgetauscht, nämlich Professorin Renate Volbert und Professor Max Steller, was wohl auf zusätzliche fachliche Autorität weisen soll. Das hätte ich gern hinterfragt, was aber größtenteils misslang. Steller wollte das auf meine Anfrage nicht kommentieren. Auch Frau Volbert beantwortete meine Fragen nicht, schickte mir aber stattdessen einen von ihr verfassten Aufsatz. Der trägt sinnigerweise den Titel “Falsche Geständnisse”, zitiert Studien, bei denen zehn bis 20 Prozent früherer Verhörpersonen sagten, sie hätten schon einmal falsche Geständnisse abgelegt und befasst sich umfassend mit den Motiven für falsche Geständnisse.

http://www.bitterlemmer.net/wp/2013/12/12/peggy-justizirrtum-fehlurteil-kroeber-mollath-gutachten-psychiatrie-wiederaufnahme-bayreuth-lichtenberg/

Was ist demnach von der angeblichen „Absprache“ zwischen dem Vorsitzenden Richter und dem Sachverständigen zu halten?

Das glaubwürdige Dementi des LG Bayreuth liest sich so:

In diesem Zusammenhang hat der Vorsitzende in Telefonaten mit dem Sachverständigen im Rahmen seiner Verpflichtung zur sachgerechten Vorbereitung der Hauptverhandlung diesem den Wiederaufnahmegrund erläutert, der sein Gutachten betrifft. Der Vorsitzende hat dem Sachverständigen, welchem zum Zeitpunkt der vorbereitenden Telefonate die Akten und der Wiederaufnahmebeschluss noch nicht vorlagen, deutlich gemacht, weshalb es sich bei der Existenz der Tathergangshypothese aus Sicht der Kammer um eine wesentliche Änderung der Tatsachengrundlage seines vormals erstatteten Gutachtens handelt. Zu keinem Zeitpunkt hat der Vorsitzende dem Sachverständigen inhaltliche Vorgaben für das von ihm zu erstattende Gutachten gemacht oder gar ein Ergebnis vorgegeben. Der Vorsitzende hat dies auch den Verfahrensbeteiligten heute so mitgeteilt.

http://www.justiz.bayern.de/imperia/md/content/stmj_internet/gerichte/landgerichte/bayreuth/peggy_14_04_03_pressemitteilung.pdf

Übersetzt: es bedurfte mehrere Telefonate, um den Gutachter Kröber davon zu überzeugen, sein damaliges Gutachten zu ergänzen. Kröber mußte mehrfach klargemacht werden, daß die Tathergangsghypothese, die ihm seinerzeit nicht vorgelegen haben soll, eine wesentliche Änderung der Tatsachengrundlage seines Gutachtens darstelle. Diese Wertung greift der sachverständigen Stellungnahme vor; denn wenn eine wesentliche Änderung vorliegt, dann müßte sich auch am Ergebnis etwas ändern – insoweit könnte der Eindruck entstanden sein, das Gericht habe eine inhaltliche Vorgabe gemacht. Daß Prof. Kröber entsprechendes explizit zugesagt haben soll, halte ich angesichts seiner akzentuierten Persönlichkeit wiederum für absolut unwahrscheinlich. Ihm dürfte subjektiv bereits die Annahme des neuen Auftrags als Niederlage erschienen sein, stellt man seine vehemente Mail an Christoph Lemmer von April/Mai 2012 in Rechnung.

Aufklärungsbedarf sehe ich eher bei der Vorfrage, die Gisela Friedrichsen aufwirft:

Kröber, der Ulvi K.s Geständnis für glaubhaft hält, ist Psychiater, nicht Psychologe. Warum ausgerechnet er und nicht, wie üblich und geboten, ein namhafter Aussagepsychologe von der Staatsanwaltschaft beauftragt wurde, bleibt das Geheimnis der Ankläger in Hof. Dass es nur pragmatische oder ökonomische Gründe gewesen sein sollen, ist wenig glaubhaft.

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/fall-peggy-knobloch-ulvi-k-bekommt-neues-verfahren-a-963089.html

Da hat sie recht. Prof. Kröber macht solche pragmatischen Gründe in seinem Gutachten zwar geltend:

Nach den beiden ersten Untersuchungsgesprächen wurde in Rücksprache mit der auftraggebenden Staatsanwaltschaft entschieden, daß auch die aussagepsychologische Beurteilung durch den Sachverständigen übernommen wird, zumal unter pragmatischem Aspekt ansonsten ein Begutachtungsabschluß im Jahre 2002 nicht möglich gewesen wäre.

Speziell unter diesem Gesichtspunkt erfolgten dann die beiden nachfolgenden Gespräche am 10.09. und am 14.10.2002, wobei Herr Kulac bei letztgenanntem Gespräch bereit war, nochmals eingehend sein der Polizei gemachtes Geständnis dem Sachverständigen zu wiederholen und auf Tonband aufzeichnen zu lassen.

[S. 114]

Aber er widerspricht dieser angeblich nachträglichen Auftragserweiterung aus praktischen Gründen durch die Staatsanwaltschaft selbst. Bei der Wiedergabe seiner Belehrung von Ulvi Kulac vor der ersten Exploration am 22.8.2002 heißt es [Hervorhebung von mir]:

Herr Ulvi Kulac wurde nach Vorankündigung erstmals am 22.08.2002 im BKH Bayreuth auf der Station FP 6 aufgesucht. Er war über das Kommen des Sachverständigen informiert.

Es wurden ihm zu Beginn Gegenstand und Ablauf der Begutachtung erläutert.

Er wurde darauf hingewiesen, daß es hierbei speziell um die Aussagetüchtigkeit ginge und um die Glaubhaftigkeit seiner Aussage. Er wurde darauf hingewiesen, daß er die Teilnahme an der Begutachtung verweigern könne.

[S. 47]

Soll man sich jetzt aussuchen, an welcher Stelle Kröber die Unwahrheit spricht?

Daß Kröber bei seinem Gutachtenergebnis trotz Vorliegens einer in ein umfassendes Vernehmungskonzept eingebetteten Tathergangshypothese geblieben sein soll, ist nahezu unerklärlich; Friedrichsen hierzu:

Unter anderem heißt es in der Tathergangshypothese: „Im vorliegenden Delikt dürfte es zu einer Eskalation im Handlungsablauf gekommen sein… Grund für die Eskalation könnte die Vergewaltigung der Peggy durch Ulvi im Vorfeld sein und er am 7.5.01 bei einer erneuten Kontaktaufnahme mit Peggy eine Überreaktion auf ihre ‚Flucht‘ vor ihm zeigte, wobei eine Einwirkung auf den Hals aufgrund von Schreien der Peggy nicht auszuschließen ist. Bei der Beseitigung der Leiche wirkten weitere Personen, evtl. enges familiäres Umfeld des Ulvi mit…“ Dürfte, könnte, eventuell, alles Hypothesen, bis heute. Genauso hat es Ulvi K. dann gestanden. Zudem hatte man ihn mit angeblichen Blutspuren an seiner Kleidung konfrontiert, die tatsächlich nicht existierten.

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/fall-peggy-knobloch-ulvi-k-bekommt-neues-verfahren-a-963089.html

Aber letztlich, da stimme ich ihr zu, wird es auf ein unrichtiges Gutachten zu einem falschen Geständnis gar nicht ankommen. Die Tatsachen sprechen für sich.

Falsch ist auf jeden Fall der Tathergang, von dem die Polizei ausging, da sind sich Jung und Lemmer einig. Ein Indiz: Ulvi K. soll Peggy aus dem Ortskern bis zur Burg nachgelaufen sein (siehe Karte). „Ulvi K. kann gar nicht rennen“, sagt Lemmer.

Am Nachmittag nach dem Pressetermin in Bayreuth stehen er und Jung hinter dem Haus in Lichtenberg, in dem Peggy lebte. Es ist verwahrlost, am Fenster im ersten Stock verblassen Kinder-Aufkleber. Zwischen dem Grundstück und dem Friedhof verläuft der bucklige, schmale Weg, den die Ermittler für Peggys Fluchtweg hielten. „Hätten die Polizisten Ulvi nur ein einziges Mal die Strecke rennen lassen“, sagt Ina Jung, „dann hätten sie gemerkt, dass es so nicht gewesen sein kann.“

Gleich der erste Prozesstag könnte für die Polizei brisant werden. Zwei junge Männer werden aussagen – sie sahen ihre Schulkameradin Peggy am 7. Mai 2001 in einen roten Mercedes mit tschechischem Kennzeichen einsteigen. Sie machten detaillierte Aussagen, wussten sogar noch, dass sie an dem Tag Würstel zu Mittag gegessen hatten. Doch ihre Aussage spielte im ersten Prozess keine Rolle.

Jung und Lemmer machten die beiden ausfindig. Sie erzählten ihnen, dass die Ermittler sie kurz nach ihrer ersten Aussage unter Druck gesetzt hatten: Die Polizisten besuchten die Buben getrennt voneinander, ohne Eltern, erzählten ihnen, der jeweils andere habe seine Angaben zurückgenommen. Die Kinder bekamen Angst, zogen ihre Aussagen zurück. Jetzt bekommen sie eine zweite Chance. Und vielleicht auch Ulvi K.

Von Carina Lechner

http://www.merkur-online.de/aktuelles/bayern/peggy-suche-nach-wahrheit-3466751.html

Die Vernehmung

Am zweiten Tag des „Peggy-Prozesses“ sind etliche Kripo-Beamte als Zeugen geladen. Auf sie warten viele, sehr unangenehme Fragen.

Von Joachim Dankbar

Hof Es spricht viel für die Annahme, dass der kommende Freitag, als der zweite Verhandlungstag des Peggy-Prozesses, ein besonders unangenehmer Tag werden wird. Das gilt weniger für den Angeklagten Ulvi Kulac, als viel mehr für die Polizisten, die ihn im Juli 2002 vernommen haben. Das Bayreuther Gericht hat an diesem Tag die Chance zu klären, wie es zu jenem Geständnis kam, das der wesentliche Grund für die Verurteilung von Kulac am 30. April 2004 durch das Hofer Landgericht geworden ist. Das Wiederaufnahmeverfahren fußt auf der Annahme, dass das Hofer Gericht wesentliche Umstände des – später widerrufenen – Geständnisses nicht kannte. In Bayreuth könnte nun geklärt werden, ob die Richter bewusst getäuscht wurden.

Als Zeugen sind der prominente Profiler bei der Münchner Kripo, Alexander Horn, und Wolfgang Geier, der damalige Chef der „Soko Peggy II“ geladen. Der damals 31-jährige Alexander Horn verfasste eine genaue Gebrauchsanleitung für die Vernehmung von Ulvi Kulac, die am 2. Mai 2001 bei der Soko Peggy II einging. Darin stand, wo die Vernehmung stattfinden sollte, wer an ihr teilnehmen sollte und im Grunde stand auch darin, was dabei herauskommen sollte. Denn Horn gab eine komplette Version der angeblichen Vorgänge vor, die am 7. Mai 2011 zum Tod von Peggy Knobloch geführt haben sollen. Unter dem Begriff „Tathergangshypothese“ sollte diese Version noch traurige Berühmtheit erlangen. Fakt ist: Diese Hypothese ähnelt in weiten Zügen dem Geständnis, das Ulvi Kulac später ablegen sollte.

[…]

Es ist nicht das einzige Mal, dass Geier Ärger mit den eigenen Mitarbeitern bekommt. Nach Informationen unserer Zeitung gab es auch innerhalb der Kripo immer wieder Beschwerden über Geiers Ermittlungsmethoden. So sollen Hinweise der Beamten auf andere Spuren oder Bedenken weggefegt worden sein.

Der forsche Geier gilt als „Mann mit Scheuklappen“. Das wird ihm später spektakulär zum Verhängnis. Die von ihm geleitete „Soko Bosporus“ übersieht jahrelang jede Spur der NSU-Mörder und sucht nur Täter im Umfeld der zumeist türkischen Opfer. Sie kriminalisiert sie und ihre Familien – obwohl Profiler Horn auf die Handschrift rechtsextremer Einzeltäter hinweist.

Trotz aller penibler Vorbereitungen bestreitet Ulvi Kulac auch am 2. Juli zunächst jede Schuld. Nun überschlagen sich die Merkwürdigkeiten: Am Ende des Verhörs soll Kulac in die Psychiatrie zurückgebracht werden. Deswegen verabschiedet sich sein Verteidiger. Kaum ist er fort, soll Kulac es sich anders überlegt haben. Die Beamten bringen ihn zurück in den Verhörraum, wo Kulac gesteht. Auf einmal ist aber das Tonband defekt, mit dem die Vernehmungen sonst protokolliert werden. Im Nebenzimmer soll es ein weiteres Tonband gegeben haben, das aber auch nicht verwendet wird. Warum, das weiß keiner mehr – oder keiner kann es schlüssig erklären.

So gibt es vom Geständnis nur ein Gedächtnisprotokoll eines einfachen Polizeihauptmeisters, eben „jenes väterlichen Freundes“ aus Lichtenberg. Trotz der Tragweite des Geschehens fertigt er es auch erst am nächsten Morgen an. Später wird Ulvi sagen, dass er nur gestanden habe, um wieder in Ruhe gelassen zu werden. Er klagt auch darüber, dass er körperlich angegangen wurde.

Obwohl sich später alles, was Ulvi Kulac an jenem Abend zum Verbleib der Leiche sagt, als erfunden herausstellt, bleibt das Geständnis die wichtigste Grundlage seiner Verurteilung wegen Mordes. Es gibt nicht einen einzigen Sachbeweis gegen ihn.

[…]

Klarheit könnte auch Gerhard Heindl schaffen. Er vertrat 2003 und 2004 die Anklage gegen Ulvi Kulac. Unserer Zeitung sagte Heindl, dass er zu diesem Fall gar nichts mehr sagen werde, da er nicht mehr Staatsanwalt sei. Heindl ist heute Direktor des Amtsgerichts in Weiden. Alexander Horn ist weiter der prominenteste Profiler Bayerns. Wolfgang Geier ist der oberste Verbrechensbekämpfer der Kripo in Unterfranken. Ulvi Kulac freut sich über den ersten Freigang seit zwölf Jahren.

http://www.frankenpost.de/regional/oberfranken/laenderspiegel/Die-Vernehmung;art2388,3263713

Ja, über „Erfolge“ bei einer Staatsanwaltschaft Bayerns macht man Karriere als Richter. Amtsgerichtsdirektor wird nicht jeder.

Nachzutragen bleibt, daß an jenem berüchtigten 2. Juli 2002 nicht nur das Tonbandgerät versagte, sondern auch die Videokamera: da funktionierte nur der Ton…

Beides ist verständlich. Das Geständnis vom 2.7.2002 war ja in seinen nachprüfbaren Teilen schnell widerlegt, und mußte in den nachfolgenden zwei Vernehmungen optimiert werden. Es ist zu hoffen, daß dieser Polizei-, Psychiatrie- und Justizskandal in der jetzt anstehenden Hauptverhandlung geklärt wird. Denn noch steht die Behauptung von Jung/Lemmer im Raum, daß sowohl das Gericht als auch der Gutachter Kröber die Tathergangshypothese gekannt hätten, bevor sie ihr Urteil fällten.

*http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Nachtrag-zur-Anmerkung-der-Verteidigung-2013-11-17.pdf

http://strate.net/de/dokumentation/Mollath-Anmerkung-der-Verteidigung-2013-11-16.pdf

 

983 Gedanken zu „Wiederaufnahmeverfahren im Fall Peggy: Dekonstruierung einer Konstruktion

  1. Betr. Prof. Kröber

    Wenn ich das (auch hier) recht verstehe, dann ist der noch aus dem Mollath-Verfahren unsäglich bekannte Berliner Charité wieder führend verantwortlich für das Geschehene. Warum ist diesem Herrn, der sich vor allem durch Falschgutachterei auszuzeichnen scheint,nicht spätestens nach Mollaths Freilassung die Lizenz als Gutachter entzogen worden?

    • Nicht nur die Lizenz als Gutachter, würde ich sagen. Lebenslanges Berufsverbot gehört mit dazu, inklusive Schadenersatz für die Beschuldigten.

      Aber Recht gesprochen wird schnell, bis Gerechtigkeit eintritt können Jahrzehnte vergehen,

      • Kröbers Gutachten zerfällt gerade von selbst:

        von Carolin Muenzel / MAIN-POST17:16
        Nach über fünf Stunden im Zeugenstand wird Wolfgang Geier entlassen.

        von Carolin Muenzel / MAIN-POST17:19
        Beisitzender Richter Jochen Götz und Verteidiger Jochen Götz [Michael Euler] warfen einige Fragen bezüglich der Tetrekonstruktions-Videos auf: Hätte Ulvi K. Peggy wirklich rennend verfolgen können, wo er doch schon beim gehen außer Atem war? Warum trug Peggy ihre Schultasche angeblich in der Hand und nicht auf dem Rücken? Und hat Ulvi K. den Stein gezeigt, über den Peggy angeblich gestolpert ist, oder hat ihn der Chef-Ermittler darauf aufmerksam gemacht?

        http://live.mainpost.de/Event/Drama_um_ein_getotetes_Kind_Fall_Peggy_wird_wieder_aufgerollt

        Allen diesen Frage ist Kröber nicht nachgegangen.

        Gutachter Hans-Ludwig Kröber sah auch zu, als das Video im Gerichtssaal lief. Er hatte Ulvis Geständnis nicht zuletzt deshalb für glaubwürdig befunden, weil Ulvi im Video Details wiederholte, die er im Verhör auch schon sagte. Und Richter Eckstein, der sich zum Videogucken nach hinten setzte, schaute nicht nur auf die Leinwand. Immer wieder blickte er auf Geier und Kröber und schaute ernst vor sich hin.
        Der Prozess wird am Nachmittag fortgesetzt.

        http://www.bitterlemmer.net/wp/2014/04/11/peggy-ulvi-prozess-wiederaufnahme-bayreuth-geier-horn-profiler-justiz/#more-8535

        • Jörg Völkerling @jv_joevoe • vor 6 Std.
          Chef-Ermittler Geier bestätigt Journalisten: Nicht #Ulvi schnauft auf Tat-Rekonstruktionsvideo, sondern Kameramann. Nur ein Detail, aber … .

          Soso, der Kameramann, der still steht, schnauft im Rhythmus zu Ulvis Schritten, einschließlich des letzten Schnaufers bei der Ankunft am Berg?(01:36- 01:45)

        • Im letzten der 3 vorgespielten Videos soll Ulvi selbst ein Micro getragen haben. Wer Ulvi kennt, weiß, dass er mindestens so schnauft als man es am Video hört.
          H. Geier behauptet Ulvi wäre 40 kG leichter bei der angeblichen Tat, als bei der Nachstellung gewesen. Diese Info hätte er zumindest aus dem Bezirkskrankenhaus. Auch das ist kaum fassbar. Aber manche Dinge bezweifelt so ein Ermittler eben IMMER und manche glaubt er SOFORT und unreflektiert.
          Der eigentliche Skandal sind die Staatsanwälte. Sie muss man real erlebt haben.

        • Glaubt man dem Berichterstatter vom BR, dann muß das ein schwarzer Tag für Wolfang Geier gewesen sein, der fünf Stunden lang vernommen wurde:

          http://ssl.br.de/mediathek/video/sendungen/frankenschau-aktuell/mordfall-peggy-prozesstag-zwei-100.html

          Nach ihm kam ein weiterer Soko II-Mitarbeiter zu Wort. Laut Völkerling hat sich Kröber schon zwei Stunden vor Ende der Vernehmung von Geier verabschiedet – wie will er dann eine fundierte Stellungnahme zum Bestand seines Gutachtens abgeben?

    • Kröber ist dem Wahn verfallen, Wahrheit sei das Kind der Autorität. Nach Brecht macht ihn das zu einem Dummkopf. Zum Verbrecher macht ihn nur dann, wenn er die Lüge weiß und sie eine Wahrheit nennt.

  2. von Carolin Muenzel / MAIN-POST 12:02
    In nächstem Video soll Ulvi K. zeigen, wie er Peggy angeblich verfolgt hat. Rennen muss er dabei aber nicht. Die Beamten laufen den Weg zu Fuß mit ihm ab. Schon das bringt den übergewichtigen Mann außer Puste. Am vermeintlichen Tatort angelangt sagt einer der Beamten: „Lasst ihn (Ulvi, Anm. d. Red.) doch erstmal Luft holen.“

    Quelle: Live-Ticker Main-Post

    Wir halten fest, das eben jener Herr Kulac die Strecke laufend hinter einem körperlich fitten Mädchen gemacht haben sollte. So schnell, das er Sie nach einem Stolperer über einen angeblich spitzen Stein zuerst einmal erreicht habe.
    Aber man hat einer Tathergangshypothese nicht zu widersprechen. (wer in dem Satz Sarkasmus entdeckt darf diese behalten)

    • Tatsächlich handelt es sich nicht um Tatrekonstruktions-Videos, sondern um Geständnisverfestigungs-Videos.

      von Carolin Muenzel / MAIN-POST 12:00
      Zwei von drei Videos haben wir gesehen. In einem soll Ulvi K. den Beamten in einem Waldstück zeigen, wo er die Leiche von Peggy versteckt hat. Die ganze Zeit über steht er an einem Baum gelehnt und antwortet nur mit ja oder nein auf ausformulierte Fragen des Soko-Leiters Wolfgang Geier.

      http://live.mainpost.de/Event/Drama_um_ein_getotetes_Kind_Fall_Peggy_wird_wieder_aufgerollt

      Das dritte Video dürfte dann das vom Geständnistag, dem 2.7.2002, sein. Darauf kann man aber – so Kröber und Rudolf Sponsel – nichts sehen, nur hören.

      • Zu jedem Fehlurteil gehört auch eine nichtvorhandene Verteidigung:
        Jörg Völkerling @jv_joevoe • vor 44 Min.
        Verteidiger habe Blankoscheck zur Vernehmung ausgestellt. #Ulvi habe er gesagt:“Wenn Sie geholt werden, gehen Sie mit und machen alles mit.“

        Jörg Völkerling @jv_joevoe • vor 37 Min.
        Dann fuhr der Bayreuther Anwalt in den Spanien-Urlaub, wollte per Handy über die Vernehmungen seines Mandanten unterrichtet werden, so Geier

        Jörg Völkerling @jv_joevoe • vor 36 Min.
        „Ich habe ihn nur einmal erreicht, sonst war die Mailbox dran“, so der Kriminaldirektor. Man fragt sich: Wozu hatte Kulac einen Anwalt?

        Im übrigen gab es natürlich keinen Druck, sondern eine entspannte Atmosphäre:

        Leider lassen BILD-Völkerlings Tweets die wichtigsten Fragen, so die nach dem Vorhalt mit den Blutanhaftungen und den Bekundungen des Spitzels, weg.
        Am Besten ist noch das hier:

        Ehemaliger Profiler im Fall Peggy: Zeugenaussagen sind keine Fakten
        11. April 2014 10:30
        Am zweiten Prozesstag im Wiederaufnahmeverfahren gegen Ulvi Kulac hat der ehemalige Profiler in dem Fall, Alexander H. zur Tathergangshypothese ausgesagt.
        Demnach habe man das persönliche Umfeld Peggys oder Fremde schnell aus dem Verdächtigenkreis ausgeschlossen. Überrascht zeigte sich der Profiler über Zeugenaussagen, wonach Peggy nach einem vermeintlichen Treffen mit Ulvi Kulac noch gesehen worden sein soll. Diese Zeugenaussagen seien nach Ansicht Alexanders H.’s keine Fakten. Der Beisitzer im Gericht hatte durch seine Fragen jedoch verdeutlicht, dass auch andere Personen in Frage hätten kommen können.

        http://www.euroherz.de/ehemaliger-profiler-im-fall-peggy-zeugenaussagen-sind-keine-fakten-458460/#.U0e-Dlc1_2o

        Zeugenaussagen sind keine Fakten – Geständnisse ohne Täterwissen von geistig Behinderten dagegen durchaus…
        Der schnelle Ausschluß des persönlichen Umfelds dürfte zu den gewichtigeren Fehlern gehören, denn genau dieses, der Nachbar und sein Bruder, steht aktuell im Fokus.

        • Man sei davon ausgegangen, dass Ulvi K. Peggy sexuell missbraucht habe. Zudem habe sich das Mädchen vor ihrem Verschwinden verängstigt gezeigt. Dass Peggy am Nachmittag nochmal zu Hause war oder gesehen wurde, sei unwahrscheinlich, erklärt der Beamte. „Dass Zeugen ein vermisstes Kind noch gesehen haben wollen, erlebe ich bei jedem Vermisstenfall, den ich berate“, sagt der Profiler. Später stelle sich oft heraus, dass das Kind längst tot war. Ein Zusammentreffen von Ulvi K. und Peggy an diesem Nachmittag sei sehr wahrscheinlich gewesen: Zeugen wollen Ulvi K. auf einem Platz gesehen haben, an dem Peggy vorbeigekommen sein müsste.

          http://www.sueddeutsche.de/bayern/wiederaufnahme-im-fall-peggy-wie-ulvi-k-zum-verdaechtigen-wurde-1.1935262-2

          Man unterstellt also erst mal einen Missbrauch (um ein Motiv zu schaffen), schiebt zeitnah abgegebene Zeugenaussagen als „wahrscheinlich falsch“ zur Seite, nimmt aber eine „Erinnerung“ 1 Jahr später als feststehenden Fakt und vermutet ein beabsichtigtes Treffen und schon hat man einen Mörder….mit perfektem Verbrechen (ohne jeden Beweis).

          …und die Geständnisse ohne nachprüfbare Fakten hat Ulvi wahrscheinlich auch nur abgelegt, weil er glaubte, ohne Indizien und Leiche wär er fein raus?

          Ziemlich clever für jemanden mit einem IQ von 67.

        • @ Helga Steckhan:

          Den aktuell bestrittenen sexuellen Mißbrauch von Peggy am 3.5.2001 hatte Kulac bereits Anfangs September 2001 im BKH zugegeben; das machte ihn ja verdächtig.

          Gänzlich ins Rutschen kam Horn, als er dann doch einmal eine Zeugenaussage ins Spiel brachte und damit ein kausales Argument. Da habe es die Zeugenaussage einer Frau gesehen [gegeben], die Ulvi auf einer Parkbank gesehen habe, genau dort, wo Peggy auf ihn getroffen sein könne. Er bringt wieder sein Bewegungsprofil ins Spiel, und diese Aussage habe also die Wege von Ulvi und Peggy zusammengeführt. Dummerweise hielt ihm einer der Beisitzer vor, dass das so nicht stimmen könne, denn die Zeugin hatte ihre Aussage erst nach seinem Bericht abgegeben, den er der Polizei am 2. Mai 2002 erstattete. „Das ist sehr interessant“, stammelte Horn, „aber mit ist nicht bewusst, dass sie vorher noch gar nicht vernommen wurde.“
          „Wurde Sie“, meldet sich da sie Staatsanwältin zu Wort, „aber dabei hat sie das noch nicht gesagt“.

          http://www.bitterlemmer.net/wp/2014/04/11/peggy-ulvi-prozess-wiederaufnahme-bayreuth-geier-horn-profiler-justiz/#more-8535

          Es hat Vorteile, wenn ein Kenner der Materie den Prozeß verfolgt… Die Frau hat erst über ein Jahr nach der Tat, nachdem ihr eigener Sohn von der Polizei nicht mehr verdächtigt wurde, angegeben, Kulac gegen 13:15 Uhr am Marteau-Platz gesehen zu haben – als einzige Zeugin übrigens. Zahlreiche andere Zeugen, die zur selben Zeit dort waren, haben ihn nicht gesehen.

          Auch diese Angaben sind nicht ganz korrekt:

          Wie es dazu kam, erklärt Geier so: Ulvi K. habe sich doch in der Nähe des Marktplatzes aufgehalten, was er zuvor bestritten hatte. Zudem habe es einen sexuellen Übergriff auf Peggy gegeben, einige Tage vor ihrem Verschwinden. Bei keinem der Tatverdächtigen habe sich so ein eindeutiges Motiv ergeben, sagt der Ermittler. „Und wenn doch, hatten sie ein Alibi.“
          Mit seinem fehlenden Alibi konfrontiert, habe Ulvi K. erstmals zugegeben, dass er Peggy verfolgt habe und sie weggelaufen sei. Er habe erzählt, dass das Mädchen hingefallen sei und geblutet habe. Während dieser Vernehmung hatte Ulvi K. zudem darauf bestanden, dass Peggy ihm „in die Eier getreten“ habe, er Sterne gesehen sah und sich das Mädchen entfernte. „Ich habe das bereits als Teilgeständnis gewertet“, sagt der Beamte. „Sonst hätte Peggy in den 300 Metern vom Schlossplatz nach Hause auf einen unbekannten Täter stoßen müssen.“

          http://www.sueddeutsche.de/bayern/wiederaufnahme-im-fall-peggy-wie-ulvi-k-zum-verdaechtigen-wurde-1.1935262

          Uliv Kulac ist am 2.7.2002 nicht nur mit der neuen Zeugenaussage, am Markptlatz gesehen worden zu sein, sondern zusätzlich mit dem falschen Vorhalt, an seiner Arbeitskleidung sei Blut gefunden worden, konkfrontiert worden, und dann hat er eine diesen Vorgaben angepaßte Geschichte erzählt: er habe Peggy an dem Tag doch getroffen, um sich zu entschuldigen, sie sei ausgerissen, er habe sie verfolgt, dann sei sie hingefallen, dabei habe sie geblutet.
          Als dann der Verteidiger weg war, wurde der Sack zugemacht.

        • Den aktuell bestrittenen sexuellen Mißbrauch von Peggy am 3.5.2001 hatte Kulac bereits Anfangs September 2001 im BKH zugegeben; das machte ihn ja verdächtig .

          Der Profiler war doch aber schon seit Ende Juni 2001 eingebunden

          Zunächst sagte der 40-jährige Alexander Horn vor dem Landgericht Bayreuth aus. Er war Profiler im Fall Peggy und stellte Tathergangshypothesen auf. Horn wurde erstmalig im Mai 2001, zehn Tage nach Peggys Verschwinden, in den Fall einbezogen. .

          http://www.nordbayern.de/region/peggy-prozess-chef-ermittler-weist-folter-vorwurf-zuruck-1.3575778

          und kam natürlich, aufgrund von Statistiken, auf Missbrauch und Mord.
          Missbrauch an Peggy, den Ulvi dann ganz freiwillig gestanden hat?

          Grübel: Was sagen eigentlich die Statistiken: wie häufig ist ein Minderbegabter mit solchem IQ eigentlich ein Vergewaltiger und Mörder?

        • Die Verteidigungstaktik von Geier: ich schiebe alles auf den Anwalt. Ein Anwalt, der bei der Überführung tatkräftig mitgeholfen haben soll (lt. Geier) Auf dessen Internetseite kann man folgendes lesen:
          „Rechtsanwalt S. sieht sich entsprechend der Berufsordnung der Rechtsanwälte als unabhängiger Berater und Vertreter seines Mandanten, der diesen vor Rechtsverlusten schützt, rechtsgestaltend begleitet, vor Fehlentscheidungen von Gericht und Behörden bewahrt und gegen verfassungswidrige Beeinträchtigungen und staatliche Machtüberschreitung sichert.“
          Meine Vermutung geht eher dahin, dass dem Anwalt ebenso wie Kröber durch die unter Erfolgsdruck stehende Soko weisgemacht wurde, dass nur Ulvi Kulac der Täter sein kann. Denn nach Geier hat der Anwalt an die Schuld seines Mandanten geglaubt. Und ist ein Anwalt nicht wenigstens zur Neutralität verpflichtet?

        • Ulvi Kulac hatte einen Pflichtverteidiger.

          Rechtsanwalt musste an entscheidendem Termin zum Elternsprechtag

          Nach dem Geständnis sollte Ulvi K. den Polizisten zeigen, wo er die Leiche versteckt hat. Bei diesem entscheidenden Termin war er jedoch ohne Rechtsanwalt.
          Schwemmer habe nicht dabei sein können, weil er zu einem Elternsprechtag musste. Vorher soll er Ulvi K. noch instruiert haben, den Beamten alles zu sagen und zu zeigen.
          Es wurde aber keine Leiche gefunden.

          Anwalt sagte zu Polizist: Ich denke auch, dass er es war

          Später soll Rechtsanwalt Schwemmer den Polizisten die Erlaubnis erteilt haben, seinen Mandanten auch ohne ihn zu verhören.
          Zu Ulvi K. soll er gesagt haben: „Herr K., wenn Sie geholt werden, gehen Sie mit und machen auch alles mit.“
          Danach verabschiedete er sich in den Spanien-Urlaub. Zum Abschied soll er dem SoKo-Chef gesagt haben: „Ich bin jetzt auch zu 75 Prozent überzeugt, dass er es war.“
          Schwemmer wollte aber per Handy an seinem Urlaubsort über den weiteren Ermittlungsfortgang informiert werden.
          SoKo-Chef Geier erklärte hingegen: „Ich konnte ihn dort nur einmal erreichen, die übrige Zeit ging nur die Mailbox ran.“

          http://www.bild.de/news/inland/prozess/peggy-anwalt-35466272.bild.html

        • Was mich aus sozialrechtlicher Sicht interessieren würde. Vielleicht lesen hier Insider mit. Wie hoch ist der Behinderungsgrad von Herrn Kulac? Hat er ein oder mehrere Merkzeichen. Unter Umständen sogar eine Pflegestufe? Wenn ja. War das schon zum Tatzeitpunkt so?

          Meine Hypothese ist, dass man Herrn Kulac nie wegen Mordes verurteilen hätte dürfen, selbst wenn er die Tat begangen hätte, sofern sein geistiger Zustand schon damals nicht anders war, als heute.

        • Sehr geehrter Herr @Robert Stegmann: naürlich und selbstverständlich steht Herrn Kulac ein Behinderten-Ausweis mit Merkzeichen zu. Dies hätten seine Eltern bei einem Versorgungsamt (z.B. in NRW nennen sie sich „Landschaftsamt“ oder ähnlich) mit einem ANTRAG stellen sollen. Wenn es so richtig ist, dass Herr Kulac bereits in seinem 3. Lebensjahr eine Hirnhautentzündung erlitt, so hätte er Anspruch auch auf eine Berentung. Nach dem Sozialrecht steht dies Kindern mit einem gesundheitlichen Schaden bis zum 5. Lebensjahr auch zu. Nach dem 5. Lebensjahr könnte es schwieriger werden. Mit einer Hirnhautentzündung wäre nicht zu spaßen, obwohl diese von nur einer einzigen infizierten „Mücke“ unter tausenden Nicht-infizierten Mücken übertragen werden kann (ähnlich wie bei Malaria). Solche Schicksalbetroffene Menschen suchen Hilfe, Verständnis, Vertrauen, Zuversicht, insbesondere Liebe (wenn auch nur mit Worten) weil sie von der Allgemeinheit zu Unrecht geächtet und gemieden werden. Behinderte sind weder „blöd noch dumm“. Dies spielt lediglich die „Allgemeinheit“ ihnen aus derem Unrecht vor. Hat Herr Prof. Dr. Kröber jemals einmal daran nachgedacht?

        • @Dietmar Nitsch

          Danke für ihren Kommentar. Ich verstehe nicht, wieso das alles beim Prozess nie eine Rolle gespielt hat.

          Gerade was das Gutachten von Herrn Prof. Dr. Kröber angeht, müsste er diesen Umstand, unabhängig davon ob Her Kulac die Tat begangen hat oder nicht in sein Gutachten mit einfließen und Schuldfähigkeit ausschließen. Wenn er Schuldfähigkeit bescheinigt, dann muss er sie auch begründen.

          Robert Stegmann

        • Prof. Kröber hat kein Schuldfähigkeitsgutachten erstellt, sondern eins über die Aussagetüchtigkeit nebst aussagepsychologischer Bewertung. Er führte die Intelligenzminderung auch nicht auf die frühkindliche folgenlos abgeheilte Hirnhautentzündung zurück.

          Prof. Nedopil hat das Schuldfähigkeitsgutachten einschließlich Gefährlichkeitsprognose gemäß § 63 StGB erstattet. Er kam aufgrund neuerer testpsychologischer Arbeiten auf einen wesentlich niedrigeren IQ als den, von dem Kröber ausgegangen war. Sein mir nicht nachvollziehbares Ergebnis: hinsichtlich der Sexualdelikte ist § 20 StGB nicht auszuschließen, hinsichtlich des Tötungsdelikts besteht volle Schuldfähigkeit.

        • Danke Frau Wolff

          Ist das Gutachten von Herrn Prof. Nedopil irgendwo nachzulesen?

          Hat er Gründe für die Schuldfähigkeit bei einem Tötungsdelikt genannt?

          Robert Stegmann

        • Nein, das Gutachten von Nedopil ist nicht nachzulesen.
          Aber aus der Prozeßberichterstattung geht hervor, daß wegen Schwachsinns iSv § 20 StGB hinsichtlich der Sexualdelikte ein Unrechtsbewußtsein und Steuerungsfähigkeit nicht bestand, hinsichtlich der Tötung aber sehr wohl.

          Dazu paßte dann aber wiederum die juristische Einordnung „Mord“ in Form von Verdeckungsmord nur schlecht, denn der setzt voraus, daß aus Angst vor der Entdeckung einer unrechten Tat getötet wird.

        • Danke Frau Wolff

          So hätte ich es auch gesehen. Aber ich bin kein Psychiater. § 20 wegen panischer Angst vor Entdeckung, wenn er die Tat begangen hätte.

          Robert Stegmann

        • Die volle Schuldfähigkeit für einen Mord ergibt sich ja nicht aus dem juristischen Mordmerkmal „Verdeckung“ – hier das  (konstruierte) Motiv der Strafverfolger – sondern v.a. aus der Fähigkeit, das Unrecht der Tat zu erkennen. 

          Es ist doch völlig nachvollziehbar, dass Ulvi Kulac (wie andere Menschen gerade auch und insbesondere mit geringem IQ) zwar einen Mord und generell Gewalt gegen Personen als Unrecht erkennen können und „ablehnen“ – nicht aber sexuellen Missbrauch als „Spielchen“.

        • @ Martin Deeg:

          Sie haben vollkommen recht – grundsätzlich.

          Im konkreten Fall gab es allerdings folgende Hürden: es war außerordentlich schwierig, einen Tötungsvorsatz zu konstruieren. Das Zuhalten von Mund und Nase soll ja erfolgt sein, um Peggy am Schreien zu hindern. Und es kommt hinzu, daß das Verhindern dadurch motiviert gewesen sein soll, daß Dritte etwas von der Tat vom 3.5.2001 erfahren könnten, wegen der Ulvi Kulac kein Unrechtsbewußtsein hatte.

          Daß die angebliche Tat des sexuellen Mißbrauchs zum Nachteil Peggy vom 3.5.2001 erfunden war, hat Kulac schon vor Jahren erklärt. Wenn Sie meinen Blog-Artikel gelesen haben, wissen Sie, warum ich ihm das abnehme.

          Als Psychiater steht man vor dem Dilemma, von verschiedenen Sachverhaltshypothesen ausgehen zu müssen. Prof. Nedopil hätte den Mut aufbringen können, dem ersichtlich schwachen (auch im Teil zur Aussagetüchtigkeit, dem er widersprach) Gutachten Kröbers insgesamt zu widersprechen. Das hat er nicht getan. Und so hat er wahrscheinlich formal „korrekt“ begutachtet, war aber inhaltlich keine korrektive Hilfe für das ohnehin verurteilungsbereite Gericht. Im Gegenteil.

        • Ein Verdeckungsmörder muss auch das Unrecht gerade des Verdeckungsmordes erkennen, nicht nur das des Totschlags.

        • Oh, den Wunsch verstehe ich sehr gut: dass Prof. Nedopil mal eben im Rahmen der Schuldfähigkeitsbegutachtung die ganze Anklage und Vorwürfe als Murks entlarvt. Den Wunsch hatte ich als „Proband“ bei ihm auch. 

          Ist es aber denn nicht vielmehr bemerkenswert, dass der Unredlichkeit, dem eigenmotivierten Belastungseifer der „Strafverfolger“, der „Verurteilungsbereitschaft“ bayerischer Gerichte  „nichts“ mehr entgegenzusetzen ist als der Wunsch und auch die vage Hoffnung, der integre Prof. Nedopil , der sich auch noch seinem eitlen „Kollegen“ Kröber entgegenstellen muss, der sehr viel mehr diese Zunft Gerichtsgutachter repräsentiert,  habe – weit über den Gutachtenauftrag hinaus – all das aufzuzeigen? 

          Diese Justiz hat ja schon Probleme mit der ausgewiesenen Neutralität, für die Nedopil steht. Die Sachverhaltshypothese, dass Ulvi Kulac weder Mord noch Missbrauch begangen habe anhand der geschaffenen Aktenlage einzubeziehen, hätte doch damals (!) die Meute zum Rasen gebracht. 

          Heute fragt man sich natürlich anhand der oben dokumentierten Wirklichkeit, wie das alles jemals möglich war….

        • @RobertStegmann: Behinderungsgrad in

          Wiederaufnahmeverfahren im Fall Peggy: Dekonstruierung einer Konstruktion

          Das sollte man bei Ulvi Kulac sehr differenziert sehen, was aber nicht gemacht wurde (und anscheinend auch jetzt nicht).

          Die extremen Intelligenzschwankungen, die die „Gutachter“ bei Ulvi Kulac festgestellt haben (54-85), hätten Kröber und Nedopil niemals einfach so hinnehmen, sondern problematisieren und ein DIFFERENZIERTES Intelligenzprofil erstellen müssen, etwas. das Psychologen (Behindertenpädagogen evtl. noch besser), in der Regel aber nicht Psychiater können sollten. Kröber kann es sicher bislang nicht. Doch es wäre auch Nedopils, allerdings auch Psychiater, Aufgabe gewesen, der Kröbers IQ-Annahme (sicher über 70) korrigiert auf (54) und den Euphemismus der Klassifikationssysteme kritisiert.

          Beide globalen IQ-Aussagen sind nicht zielführend und dem Sachverhalt überhaupt nicht angemessen. Hier sind einzelfallorientierten Juristen den forensischen Psycho-Patho-logen weit voraus. Immerhin: Nedopils Gutachten zur Verhandlungsfähigkeit Ulvis ist sachlich eine direkte Ohrfeige für Kröbers grundlegende Explorationsfehler. Ich werde mich dieses Spezialproblems noch einmal annehmen, da es reizvoll und für Gerichtsprozesse sehr wichtig ist, wie dieser Fall ja auch besonders zeigt.

          Mit globalen IQ-Werten können sachverständnisbemühte RichterInnen nichts anfangen. Daher müssten sie lernen, ihre Sachverständigen zur Brust zu nehmen und erziehen. Auch meine eigene Zunft macht hier keine besonders gute Figur. Von Psychologen erwarte ich mehr, selbst wenn sie am Gängelband der forensischen Psychiatrie hängen. Da muss man Selbstbewusstsein entwickeln, wie RASCH – der Psychiater! – früher schon den Psychologen empfahl. Kann ja eigentlich auch nicht so schwer sein, wenn man den forensisch-psychiatrischen Murks und Pfusch mit offenen Augen wahrnimmt.

          Ulvi Kulac ist, was seine Lebenswelt in Lichtenberg betrifft, praktisch kaum behindert. Da ist er sehr kommunikativ, wirkt sehr kundig und verständig, was seine Aussagen belegen. Ein schönes Beispiel ergibt sich aus der Exploration bereits bei der 2. Frage Kröbers. Aus Kröber 2.1
          „… Das würde ich gerne noch einmal von Ihnen hören, was Sie damals der Polizei erzählt haben, als Sie da am Henri-Marteau-Platz sitzen, auf der Rentnerbank, glaube ich.
          Kulac-02: Das war nicht die Rentnerbank.“
          Die örtliche Orientierung und sein örtliches Gedächtnis ist so gut und sicher, dass Ulvi nicht das geringste Problem hat, Kröbers stümperhafte Suggestion von der Rentnerbank zurückzuweisen.
          Übrigens liefert Kröbers 2.1. Frage den Beweis, das er gar nicht wissen wollte, was Ulvi an diesem Montag wirklich erlebt und gemacht, sondern seine kuriose Konstanztheorie der Nacherzählung erzwungen (!) hat. Dieser fatale Fehler allein macht sein Gutachten völlig wertlos.

          Die Frage der Intelligenz oder des IQs, wenn man dabei stehen bleibt, führt überhaupt nicht weiter. Hier wäre ein differenziertes, lebenswelt- und sachbezogenes umfassendes kognitives Gutachten richtig und wichtig gewesen, auch die stärkere Einbeziehung seines Therapeuten, der sehr gut von seiner Fabulierfreudig- und fähigkeit wusste.

          Fazit auch an dieser Stelle: Hier waren fast rundum, teils sehr motivierte, Stümper am Werk. Das scheint in Bayern leider der Standard, wenn die hohe Politik ihre schmutzigen Finger, mögen sie auch gefaltet sein, im Spiel hat.

  3. Einmal ganz oben. Die bayerische Polizei ermittelt mit oder ohne Reid seit geraumer Zeit, um einen Täter zu ermitteln für den man bisher kein Opfer gefunden hat. Die schwäche des Kroeber-Gutachtens war doch, dass er diesen Widerspruch nie aufklären konnte. Unabhängig davon, dass der Freispruch Ulvi Kulac’s ohnehin unabwendbar ist, könnte man den unseligen Gutachter Prof. Kroeber doch endgültig in die Versenkung schicken, indem man ihm genau dieses Versagen auferlegt.

    • Wie ist es zu verstehen? Einem Menschen, von dem man weiß, dass er mit 3 Jahren eine heimtückische Hirnhautentzündung erlitt, wird einer angebl. Straftat voll geglaubt. Sogar von einem Psychiater. Einem anderen Menschen mit einem bösartigen Hirntumor wird seiner negativen Zeugenaussage über einen Menschen mit früherer Hirnhautentzündung ebenfalls geglaubt. Zurücknahme von Aussagen dieser beiden Menschen wird nicht geglaubt. Einem seelisch gesunden Menschen ohne Hirnhautentzündung und ohne Hirntumor, wie Gustl Mollath, wurde nichts geglaubt. Auch sogar von mehreren Psychiatern nicht. Für so ein schlimmes Dilemma kennt die Psychiatrie eine altbekannte Diagnose.

      • Habe mich erstmalig leider erst jetzt mittels „Wiki“ schlaumachen können: „schlimmes Dilemma“ = Trilemma bis Polylemma. Kann sogar mittels Boolescher Algebra erklärt werden, die allerdings vorwiegend IT-Leute, Techniker und Ingenieure beherrschen: And-, Or-, Nand-, Nor-Verknüpfungen (Und – Oder – Nicht-Und – Nicht-Oder). Für Richter und Staatsanwälte sowie Rechtsanwälte müßte das „Gefangenendilemma“ bekannt sein und für Philosophen „Buridans Esel“ (auch von „echten Eseln“ kann man dazulernen). Dies nur insoweit als Ergänzung zu der von Frau Wollf immer wieder betonten und sehr wichtigen Aussagepsychologie, die offenbar wohl nur die Wenigsten beherrschen. Fürwahr: http://www.de.wikipedia.org/wiki/Dilemma

  4. Nach dem Fall Mollath, der im vergangenen Jahr die Öffentlichkeit beschäftigt hat, findet nun mit dem Fall Peggy erneut ein Strafverfahren bundesweit Beachtung, das geeignet ist, das Vertrauen in die bayerischen Ermittlungsbehörden und die Justiz auf eine harte Probe zu stellen.

    Seit heute findet die neue Hauptverhandlung vor dem LG Bayreuth statt.

    Soll in einem Mordfall ohne Leiche verurteilt werden, dann stellt dies an die Strafverfolgungsbehörden, an Sachverständige und das Gericht besonders hohe Anforderungen: Die Beweislage muss eindeutig sein, objektiv begründete Zweifel schon daran, dass überhaupt das angeklagte Tötungsdelikt stattgefunden hat, dürfen nicht verbleiben. Im Fall Peggy, dem vor 13 Jahren verschwundenen Mädchen, und dem Strafverfahren gegen Ulvi K., waren die Beteiligten den an sie gestellten Anforderungen nicht gewachsen. Ganz gleich, ob der Fall Peggy jemals aufgeklärt werden kann:
    Polizei, Staatsanwaltschaft, Gutachter, Gerichten ist multiples Versagen vorzuwerfen.
    […]
    Es fällt wirklich schwer, hier nicht an absichtliche Manipulationen zu Lasten des Beschuldigten zu denken. […]

    http://blog.beck.de/2014/04/10/fall-peggy-neue-hauptverhandlung-gegen-ulvi-k

    • Schön, daß Prof. Dr. Henning Ernst Müller so klar Stellung bezieht.

      Morgen wird Wolfgang Geier, Leiter der Soko II, genauso herumeiern wie damals vor dem Landgericht Hof, als es um seine Falschinformation an die vernehmenden Beamten ging, daß auf Kulacs Arbeitskleidung Blut gefunden worden sei. Tatsächlich hatte ihm der Sachverständige lediglich von einer blutverdächtigen Anhaftung berichtet, die sich später als Nicht-Blut herausstellte. Ein übler Trick von Geier: da die vernehmenden Beamten den Blut-Vorhalt am 2.7.2002 gutgläubig, getäuscht durch den Chef, machten, haben sie laut LG Hof keine verbotene Vernehmungsmethode gemäß § 136 a StPO durch Täuschung begangen. Als ob „die Polizei“ nicht eine Einheit wäre; wenn der Chef seine Untergebenen anlügt, so ist diese Lüge seinen Untergebenen zuzurechnen.

      Im Urteil heißt es zur Zeugenaussage Geier, der dort als „Geyer“ firmiert:

      Die Jugendkammer schließt auch eine bewusste Irreführung und damit Täuschung des Angeklagten dadurch, dass Ltd. KD Geyer die vernehmenden Polizeibeamten R. und M. zur Täuschung des Angeklagten missbrauchte, aus.
      Der Zeuge Ltd. KD Geyer bekundete in der Hauptverhandlung, er habe mit Professor Dr. Patzelt von der Rechtsmedizin Würzburg telefoniert, der ihm sinngemäß mitgeteilt habe, auf der übersandten blauen Arbeitsjacke im linken Schulterbereich einen ca. handtellergroßen dunklen Fleck mit Blutverdacht festgestellt zu haben. Man habe aus Nähten in unmittelbarer Umgebung dieses Fleckens Material für weitere Untersuchungen entnommen, denn aus Erfahrung wisse man, dass sich dort DNA-fähiges Material länger hält. Er habe dieses Ergebnis dann an die anwesenden Kollegen in dieser Form weitergegeben. An den genauen Wortlaut könne er sich nicht
      mehr erinnern. Auf Vorhalt, dass die beiden Polizeibeamten KHK R und KHK M, die zuvor vernommen worden waren, erklärt hatten, dass er ihnen gegenüber nicht von Blutverdacht, sondern von festgestellten Blutanhaftungengesprochen habe, räumte der Zeuge Geyer in der Hauptverhandlung – insoweit nicht wörtlich protokolliert – ein, dass er möglicherweise dies so den Polizeibeamten Markert und
      Rößler gesagt habe, wie von diesen bekundet. Er könne sich diesen Widerspruch jedoch nicht erklären, auch nachdem er vor der Hauptverhandlung mit den beiden Zeugen KHK R und KHK M hierüber gesprochen habe. Er habe den Angeklagten jedoch nicht täuschen wollen.

      [UA S. 56]

      Wenn er morgen mit dieser Nicht-Aussage durchkommen sollte, dann ade Rechtsstaat. Die den abgezogenen Oberstaatsanwalt desavouierenden „Gruppenleiter“ der Staatsanwaltschaft Bayreuth werde ihn gewiß so wenig in die Zange nehmen wie seinerzeit Staatsanwalt Heindl, der dafür mit einem Amtsgerichtsdirektorposten belohnt wurde.

      Die Folge dieses falschen Vorhalts war es jedenfalls, daß Herr Kulac am 2.7.2002 die Story der über einen Stein stolpernden Peggy ersann, die daraufhin blutete und die er aufgerichtet habe. So gab es eine harmlose Erklärung der ihm von der Polizei vorgehaltenen Blutanhaftung.

    • Gisela Friedrichsen:

      […]
      Nur so viel: Zwei dieser damals kindlichen Zeugen berichten heute, die Polizei habe einen jeden von ihnen mit dem Argument unter Druck gesetzt, der Freund habe gerade zugegeben, gelogen zu haben. „Ich hatte damals Angst, dass ich Ärger bekomme, wenn ich den Polizisten widerspreche“, sagt der eine vor Gericht. Der andere äußert sich ähnlich. „Wir haben lange nicht darüber gesprochen“, sagt der eine heute. „Und dann haben wir festgestellt, dass uns beiden das gleiche erzählt worden war.“

      Der Sachverständige Kröber ist in einer etwas unangenehmen Situation, schließlich hatte er das angebliche Geständnis von Ulvi K. als glaubhaft und erlebnisbegründet eingestuft. Der Vorsitzende lässt erkennen, dass er den Kernaussagen der kindlichen Zeugen von früher, so verschiedenartig sie auch sein mögen, Glauben zu schenken geneigt ist. Einiges passt nicht, anderes kann durchaus sein, manches reimt sich plötzlich.
      Für den Freitag sind als Zeugen Vernehmungsbeamte von damals geladen. Wird einer zugeben, Kinder bedrängt zu haben, von ihren Aussagen abzurücken? Wird einer sagen: Ja, ich habe dem Ulvi angedroht, nicht länger sein Freund zu sein, wenn er nicht endlich die Wahrheit sagt? Die Wahrheit – damit war damals offenbar allein das Mordgeständnis gemeint. Solange K. bestritt, sagte er in den Augen der Polizisten die Unwahrheit.
      Kröber soll bereits in der nächsten Woche Stellung zu seinem Gutachten von 2002 nehmen.

      http://www.spiegel.de/panorama/justiz/fall-peggy-knobloch-wiederaufnahmeverfahren-gegen-ulvi-k-a-963705.html

  5. Zum Thema „Polizeigewalt“:

    „Statt zur Wache fuhren die beiden Polizisten nach dem vorläufigen Ermittlungsergebnis jedoch auf ein Feld in dem Saarbrücker Stadtteil Brebach-Fechingen. Dort soll der ältere der beiden Beamten seinem Opfer gezielt fast eine ganze Dose Pfefferspray ins Gesicht gesprüht haben. Zudem soll der Beschuldigte den am Boden liegenden Rumänen mit Tritten traktiert haben, sagte ein Sprecher der Saarbrücker Staatsanwaltschaft FAZ.NET.

    Außerdem bestehe der Vorwurf, dass der Beamte auf den gefesselten Mann mit seiner durchgeladenen Dienstwaffe gezielt und ihn bedroht habe. Der andere Kollege habe daneben gestanden und nicht eingegriffen.“

    http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/misshandlungsvorwurf-gegen-polizisten-eine-dose-pfefferspray-ins-gesicht-12889736.html

    Immerhin, die Staatsanwaltschaft ermittelt und der Täter ist vom Dienst suspendiert.

  6. MDR Mediathek
    Der Film aus der Sendung „Exakt – Die Story“ mit dem Titel „Wahrheit, Irrtum, Lüge“ befasst sich mit dem rechtlichen Aspekten einer Vernehmung am Beispiel von Ulvi Kulac.
    Andere Beispiele von Vernehmungstaktiken und auch Gründe für Falschaussagen (Der Fall des Schauspielers Kaufmann) werden aufgezeigt.
    Viele Aspekte der tatsächlichen Vernehmung werden in den 30 Minuten nicht aufgegriffen. Es ist aber trotzdem meiner Meinung nach ein guter Film, der sachlich über die Grauzone (und darüber hinaus) der deutschen Ermittlungsarbeit berichtet. Was ich vermisse, ist das die sogenannte „Soko 2“ im Fall Peggy mit Absolventen der Reid-Methoden-Schulung besetzt worden ist (zumindest in den Schlüsselpositionen). Eine Sehr umstrittene Verhörmethode von Herrn Reid (USA), die auch mit Lügen arbeitet, was nach deutschem Recht nicht erfolgen darf.
    Die Sendung zumn anschauen (wie lange die Sendung vorghehalten wird, weiß ich nicht):

    Exakt – Die Story: „Wahrheit, Irrtum, Lüge“

      • Nur mal so

        Focus:

        12.19 Uhr: Der Richter im Zeugenstand erzählt nun von einer Vernehmung von Ulvi K. Es geht um den Vorwurf, die Polizisten hätten Gewalt angewendet, um ein Geständnis zu erpressen. Sie hätten in seine Schultern mit dem Daumen gedrückt, habe Ulvi K. erzählt. „Er hatte Vertrauen gefasst, war zutraulich“, erzählt der Richter. „Und die Sache mit dem Daumen war so außergewöhnlich, ich denke, das ist tatsächlich passiert.“

        Oder auch

        Christian Wiesneth sagt, er glaubte Ulvi K., als der ihm in einer Vernehmung erzählte, ein Polizeibeamter habe ihm einen Daumen unter das Schlüsselbein oder das Schulterblatt gebohrt..“

        http://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/Liveticker-Prozess-beginnt-mit-Vorwuerfen-gegen-Ermittler-id29478481.html

        In der oberen Schlüsselbeinvertiefung gibt’s einen Druckpunkt, der Schmerzen verursacht… Lernt man in Selbstverteidigung.

        • Ich habe mir den gestrigen Film angeschaut, in dem Ulvi selbst berichtete, wie es zu diesem Geständnis kam.

          Er wählte die „vermeintliche“ Freundschaft zu einem ihm seit Jahren bekannten Polizisten und gestand dafür einen Mord.

          Inwieweit sind solche fraglichen Angebote bei einem Verhör erlaubt?

        • In dem Bericht wurde doch erwähnt, das ein „Beziehungsaufbau“ durchaus erlaubt sei. Ebenso psychische Spiele (dazu zähle ich auch dieses „Dann bist Du nicht mein Freund“). Nur das verwenden von Lügen und falschen angeblichen Tatsachen (wie z.B. das angebliche Blut auf der Kleidung von Ulvi Kulac) dürfen nicht beim Verhör verwendet werden. Das muss auch dem Leiter der Soko 2 (im Buch mit dem Namen „Geier“ benannt) klar gewesen sein, sonst hätte er nicht so rumeiern müssen wegen dem was er „vielleicht“ gesagt habe und was seine Untergebenen „vielleicht“ daraus verstanden haben.

        • Welche Version mag stimmen?

          Dies rügte Staatsanwältin Sandra Staade als sprachliche Entgleisung. Sie wies darauf hin, dass kein einziger der Beamten in beiden Sonderkommissionen im Fall Peggy in der umstrittenen Reid-Methode bei der Vernehmung von Beschuldigten geschult gewesen sei.

          http://www.frankenpost.de/regional/oberfranken/laenderspiegel/Fall-Peggy-Schueler-will-Peggy-noch-gesehen-haben;art2388,3270477

          Bei Jung/Lemmer: Der Fall Peggy, S. 243 heißt es:

          … mit der neuen Soko kamen Kriminalbeamte in das Verfahren, die in genau dieser Methode geschult waren.

        • Ist es nicht völlig gleichgültig, ob diese Polizisten Reid-Methoden-Geschulte waren?
          Ich kenne manche Polizisten, die sich auch ohne solche Schulung entsprechend aufgeführt haben. Deren Vernehmungergebnisse waren immer nur mit äußerster Vorsicht – wenn überhaupt – zu „genießen“.

      • Und wieder blitzt auf, wie die Fronten im Gerichtssaal verlaufen: Gutachter Kröber macht von seinem Fragerecht Gebrauch und will von dem Untersuchungsrichter wissen, ob er diesen Widerruf für glaubwürdig halte – wobei Kröber nicht offen fragt, sondern gleich ein paar Hinweise hinzufügt, die Zweifel säen sollen. Der Polizeispitzel habe ja einige falsche Angaben gemacht, etwa, ob die Polizei auf ihn zugegangen sei oder ob er sich selbst gemeldet habe. Oder inwieweit Polizisten ihm seine Worte in den Mund legten oder nicht..

        http://www.bitterlemmer.net/wp/2014/04/10/peggy-ulvi-wiederaufnahme-bayreuth-pro/

        Ausgerechnet der…..bei Ulvis „wahrheitsgemäßem Geständnis“ gabs ja keine falschen Angaben, keine Widersprüche…..omG

        • Bei den zahlreichen Widersprüchen bei Kulcas verschiedenen Geständnissen hat Prof. Kröber genauso reagiert wie der Richter:

          12.10 Uhr: Nachdem der Zeuge – er litt an einem Hirntumor – seine Aussage zurückgezogen hatte, machte er bei der neuen Vernehmung erneut mehrere leicht unterschiedliche Angaben. Am Ende blieb der Kernsatz, Ulvi K. habe ihm nie gesagt, Peggy erdrosselt zu haben. An der Wahrheit dieser Aussage zweifelt der Richter im Zeugenstand nach eigener Aussage nicht.

          Allerdings ist die Leichenverbringung bei einem Mordgeschehen kein Randgeschehen, sondern vielmehr, da überprüfbar, im Randbereich des Kerngeschehen. Und da haperte es gewaltig…

          Ob „Unser Gustl“-Kröber jener Sachverständige war?

          12.28 Uhr: Sowohl die Anwälte von Ulvi K. als auch ein Sachverständiger müssen sich korrigieren, als sie im Saal öffentlich von „der Ulvi“ sprechen – so nennen ihn hier zwar alle, aber offiziell muss er eben mit Nachname bezeichnet werden.

          http://www.focus.de/panorama/welt/live-ticker-aus-bayreuth-ulvi-k-unschuldig-so-detailliert-schilderte-die-staatsanwaltschaft-einst-seinen-peggy-mord_id_3761139.html

        • Meine Güte, diesem Mann ist ja nichts peinlich. Welche Rolle soll es denn für sein Gutachten spielen, ob der Untersuchungsrichter den Widerrruf des Zeugen für glaubhaft hält? Was ist der subjektive Eindruck eines Richters aus aussagepsychologischen Gesichtspunkten wert? Als Nicht-Psychologin wage ich festzustellen: Nichts.

          Wenn der Bericht zutrifft, tut Kröber erkennbar nichts anderes, als um sein eigenes Ego zu kämpfen. Und nimmt dabei in Kauf, dass ein wahrscheinlich Unschuldiger lebenslänglich bekommt. Mir wird ganz schlecht.

        • Nein, nicht als Zeuge. Er erstattet sein Ich-irre-mich-nie-Gutachten.

        • Das ist aber ausgesprochen ungewöhnlich, daß Kröber nun vorgezogen werden soll – in der Regel wohnen Gutachter der kompletten Beweisaufnahme bei; schließlich sollen sie ihr Gutachten nach dem neuesten Stand erstatten.

          Man kann daraus eigentlich nur den Schluß ziehen, daß es dem Gericht auf seine Selbstrechtfertigungen nicht ankommt. Er hat ja auch sein damaliges Gutachten unabhängig von der Sachlage erstattet, allein auf die Vermerke des Soko-Leiters Geier vertrauend, wonach Ulvi Kulac der Täter sei. Und jetzt griff er den Wiederaufnahmegrund – vorsätzliche Falschaussage zu Lasten des Angeklagten – an. Damit hat er hinreichend bewiesen, daß er festgelegt ist.

        • Man kann daraus eigentlich nur den Schluß ziehen, daß es dem Gericht auf seine Selbstrechtfertigungen nicht ankommt.

          Wiederaufnahmeverfahren im Fall Peggy: Dekonstruierung einer Konstruktion

          Der Gedanke kam mir auch sofort. Zumal ja offenbar ursprünglich vorgesehen war, dass Kröber noch weiteren Beweiserhebungen (S. Knobloch, Jens B., etc.) beiwohnt. Die Programmänderung, die nebenbei mit einer beträchtlichen Honorarkürzung für ihn einhergehen dürfte, ist schon ein Statement.

          Oder aber, dem Gericht ist jetzt erst aufgefallen, dass der Gutachtenauftrag Kröbers seine weitere Anwesenheit gar nicht gebietet. Ich kenne den Gutachtenauftrag nicht (ist der im Wortlaut bekannt?). Könnte ja auch sein, dass er sich auf die Frage beschränkt, ob und wie weit die ursprüngliche Expertise (nur) unter Berücksichtigung der Wiederaufnahmegründe „Existenz einer Tathergangshypothese“ und „Falschaussage des Polizeispitzels“ Bestand hat. Dann wäre es eine folgerichtige Schonung der Staatskasse, Kröber der HV nur so lange beiwohnen zu lassen, wie die Beweisaufnahme zu diesen beiden Punkten andauert.

        • @ A. Hirsch

          Im Wortlaut ist der Gutachtenauftrag nicht bekannt, aber es scheint tatsächlich nur eine ergänzende Stellungnahme angefordert worden zu sein, wie denn das alte Gutachten im Licht der beiden Wiederaufnahmegründe zu bewerten sei.
          Den ersten WA-Grund, die vorsätzliche Falschaussage zulasten des Angeklagten in der damaligen HV, hat er bereits angezweifelt, schließlich könne der Widerruf Hoffmanns aus dem Jahr 2010 falsch gewesen sein, und die ihm unbekannte Tathergangshypothese ändert nichts an seinem Gutachten, in dem es heißt, eine solche habe es nicht gegeben, weshalb man Kulac nichts habe suggerieren können. (!)
          Damit hängt das Gutachten im luftleeren Raum und wird als bloßes Gedankenspiel für die neue Hauptverhandlung keine Bedeutung haben können. Denn dort geht es um Sachverhaltsaufklärung.

          von Carolin Muenzel / MAIN-POST 9:44
          Die Ried-Methode ist eine Verhörmethoden, die in den USA entwickelt und 2001/2002 von der bayerischen Polizei in einem Pilotprojekt ausprobiert wurde. Die Beamten, die Ulvi K. befragten, seien darin nicht geschult gewesen, sagt Horn. Sie werden sich im Verlauf der Verhandlung selbst dazu äußern.

          von Carolin Muenzel / MAIN-POST 9:54
          Der erste Zeuge: Profiler Alexander Horn erklärte, wie er zu seiner Tathypothese kam. Er äußerte sich auch zur umstrittenen Reid-Methode. Einzelne Aspekte davon könnten durchaus sinnvoll sein.

          http://live.mainpost.de/Event/Drama_um_ein_getotetes_Kind_Fall_Peggy_wird_wieder_aufgerollt

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