Wiederaufnahmeverfahren im Fall Peggy: Dekonstruierung einer Konstruktion

12-05-07 Vergänglichkeit 4Heute beginnt das Wiederaufnahmeverfahren von Ulvi Kulac, der im Jahr 2004 vom Landgericht Hof zu Unrecht wegen Mordes der am 7.5.2001 verschwundenen 9-jährigen Peggy Knobloch aus Lichtenberg verurteilt worden ist. Das kann man deshalb so wuchtig sagen, weil es damals wie heute weder einen Beweis für ein Tötungsdelikt an jenem Tag noch für eine Täterschaft des geistig behinderten Ulvi Kulac gab und gibt. Wer von dem Fall noch nie etwas gehört hat, dem empfehle ich einen ersten Überblick anhand dieses Artikels:

Mordfall „Peggy Knobloch“

Viele Zweifel an einem zweifelsfreien Urteil

17.03.2013  ·  Im Mai 2001 verschwand die neunjährige Peggy Knobloch spurlos. Eine Leiche wurde nie gefunden, dennoch verurteilte das Landgericht Hof den geistig behinderten Ulvi Kulac wegen Mordes. Nun will sein Anwalt beweisen, dass er unschuldig ist.

Von David Klaubert

http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/mordfall-peggy-knobloch-viele-zweifel-an-einem-zweifelsfreien-urteil-12118132.html

Welches Ergebnis das Wiederaufnahmeverfahren haben muß, geht es dort rechtsstaatlich einwandfrei zu, steht bereits fest: eine Staatsanwaltschaft Bayreuth, die einerseits seit 2012, getrieben von den Medien, neue Ermittlungen zur Aufklärung des Falls Peggy aufgenommen hat, alte, nie ausermittelte Spuren der Soko Peggy II aufnehmend, kann andererseits in der neuen Hauptverhandlung nicht volltönend ihre Überzeugung von der Schuld des Ulvi Kulac vertreten. Auch dann nicht, wenn sie ihren engagierten ergebnisoffenen Ermittler, Oberstaatsanwalt Dr. Ernst Schmalz, kurz vor Prozeßbeginn öffentlich als überengagiert darstellte und ihren Experten auch als Sitzungsvertreter im Wiederaufnahmeverfahren aus dem Rennen nahm. Auf eigenen Wunsch selbstverständlich.

Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Bayreuth vom 2. April 2014

Seit Mitte 2012 ermittelt die Staatsanwaltschaft Bayreuth unabhängig vom Wiederaufnahmeantrag des Angeklagten Ulvi K. im Zusammenhang mit dem Verschwinden der damals 9-jährigen Peggy K.

In einem der entsprechenden Verfahren wurde in einer Vernehmung dem Wunsch des dortigen Verdächtigen nach Hinzuziehung eines Verteidigers in prozessual angreifbarer Weise nicht entsprochen. Der bisher mit der Sache betraute Staatsanwalt hat dies im Nachhinein erkannt und um seine Entbindung gebeten.

Um bestmöglich zu gewährleisten, dass auch das Wiederaufnahmeverfahren im Fall Peggy“ frei von jeglichen Belastungen ist, hat der bislang zuständige Staatsanwalt dort ebenfalls darum gebeten, einen anderen Staatsanwalt mit der Sachbearbeitung zu beauftragen. Dem ist nachgekommen worden.

Es wird um Verständnis dafür gebeten, dass dazu keine weiteren Einzelheiten bekannt gegeben werden können.

Im Wiederaufnahmeverfahren hinsichtlich Ulvi K. nehmen Frau Staatsanwältin als Gruppenleiterin Sandra Staade und Herr Staatsanwalt als Gruppenleiter Daniel Götz die Sitzungsvertretung wahr.

http://www.justiz.bayern.de/sta/sta/bt/presse/archiv/2014/04329/index.php

Wenig wahrscheinlich, daß sich die neuen Sitzungsvertreter in dem Aktenmaterial, das schon vor Stellung des Wiederaufnahmeantrags knapp 14.000 Seiten betrug, so zurechtfinden werden wie der versierte Oberstaatsanwalt.

Er hat das Wiederaufnahmeverfahren befürwortet und die neuen Ermittlungen im Fall Peggy vorangetrieben: der Bayreuther Oberstaatsanwalt Ernst Schmalz. Am Mittwoch wurde er überraschend ausgetauscht, um den neuen Prozess „frei von jeglichen Belastungen“ zu halten, wie es in einer Pressemitteilung heißt. Bei einer Vernehmung habe Schmalz einem Verdächtigen den Anwalt vorenthalten, so die Begründung, und deshalb um seine „Entbindung“ gebeten. Bei Prozessbeobachtern sorgt die Auswechslung kurz vor Verfahrensbeginn für große Verwunderung. Den engagierten Ermittler jetzt aus dem Verkehr zu ziehen, sei ein Skandal, sagt einer.

http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.das-verschwundene-maedchen-peggy-auf-ein-neues.8d59755f-f473-4330-93dd-38c042786d8a.html

Das kann man durchaus so sehen. Ulvi Kulac hat jedenfalls einen Verteidiger verloren. „Gruppenleiter“ bei den bayerischen Staatsanwaltschaften sollen übrigens, so wird gemunkelt, auf einem Karrieresprungbett stehen, das ihnen in der Regel eine Beförderungsstelle in der Richterschaft verschafft.

Die Wiederaufnahmeentscheidung hat das Landgericht Bayreuth so begründet:

Landgericht Bayreuth ordnet Wiederaufnahme des Strafverfahrens im Fall „Peggy“ an

Die 1. Jugendkammer des Landgerichts Bayreuth hat mit Beschluss vom 09.12.2013 die Wiederaufnahme des Strafverfahrens im Fall „Peggy“ angeordnet. Damit kommt es gegen den am 30.04.2004 vom Landgericht Hof wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilten Ulvi K. zu einer neuen Hauptverhandlung. Der Angeklagte befindet sich derzeit wegen anderer Taten in einem psychiatrischen Krankenhaus. Diese Unterbringung ist von der heutigen Entscheidung nicht betroffen.

Die Jugendkammer stützt sich auf zwei Gründe, welche die Wiederaufnahme notwendig machen.

So habe sich ein – zwischenzeitlich verstorbener – Zeuge mit seiner Aussage vor dem Landgericht Hof einer vorsätzlichen falschen uneidlichen Aussage zu Ungunsten des Angeklagten schuldig gemacht. Dieser Zeuge hat seine Falschaussage im Jahr 2010 vor dem Ermittlungsrichter eingeräumt. Es könne auch nicht sicher ausgeschlossen werden, dass die Aussage dieses Zeugen auf die Urteilsfindung Einfluss hatte. Die Aussage dieses Zeugen habe auch als Tatsachengrundlage für das seinerzeitige psychiatrische Sachverständigengutachten gedient.

Als weiteren Grund für die Wiederaufnahme führt die Jugendkammer das Vorliegen einer sogenannten Tathergangshypothese vom 30.04.2002 an, welche dem Gericht in Hof nicht bekannt gewesen sei. Diese Tathergangshypothese sei erheblich, weil der Sachverständige, der im Verfahren vor dem Landgericht Hof die Glaubhaftigkeit der Geständnisse des Angeklagten zu beurteilten hatte, ausgeschlossen habe, dass deren Inhalt ihm durch vernehmende Kriminalbeamte suggeriert worden sei. Der Sachverständige begründete dies damit, dass den Beamten selbst zum Zeitpunkt der Geständnisse am 02.07.2002 ein hypothetisches Tatszenario gefehlt habe, das sie dem Angeklagten hätten vorhalten können. Eine solche Tathergangshypothese hat es aber, wie sich im Wiederaufnahmeverfahren herausgestellt hat, tatsächlich gegeben. Auf die weiteren von der Verteidigung vorgetragenen möglichen Wiederaufnahmegründe kam es nicht an.

http://www.justiz.bayern.de/imperia/md/content/stmj_internet/gerichte/landgerichte/bayreuth/peggy_13_12_09_pressemitteilung.pdf

Eine bemerkenswert mutige Entscheidung, denn sie zielt in medias res eines konstruierten Verfahrens: die Polizei hatte einen Spitzel auf den bereits im BKH untergebrachten Ulvi Kulac angesetzt, Peter Hoffmann, der dort ebenfalls untergebracht war und der sich Vorteile erhoffte, wenn er der Polizei vorlog, Kulac habe ihm gegenüber ein Geständnis abgelegt. Dieses angebliche durch Hoffman kolportierte Geständnis von Kulac war wiederum Grundlage der Tathergangshypothese der Polizei. Jedenfalls in dem Vernehmungskonzept der durch den Innenminister Günther Beckstein unter Erfolgsdruck gesetzten, seit Februar 2002 neuformierten Soko Peggy II unter der Leitung von Wolfgang Geier, die vorwiegend auf Geständniserwirkung bedacht war.

Die Staatsanwaltschaft Bayreuth hatte sich dem Wiederaufnahmeantrag der Verteidigung zwar angeschlossen, allerdings eine andere, gesichtswahrende, Begründung gewählt:

Presseerklärung der Staatsanwaltschaft Bayreuth vom 20.11.2013 zum Fall Peggy

Die Staatsanwaltschaft Bayreuth hat nach eingehender Überprüfung am 20. Nov. 2013 dem Landgericht Bayreuth ihre Stellungnahme zum Wiederaufnahmeantrag des Verurteilten Ulvi K. vom 03./19. April 2013 vorgelegt.

Zumindest einer der im Antrag des Verurteilten vorgebrachten Punkte – nämlich die Benennung einer Zeugin, die dem damals erkennenden Landgericht Hof nicht bekannt war – könnte nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Bayreuth die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Verurteilung wegen Mordes an Peggy Knobloch rechtfertigen.

Zu Einzelheiten können vor einer Entscheidung durch das Landgericht Bayreuth keine weiteren Erklärungen abgegeben werden.

http://www.justiz.bayern.de/sta/sta/bt/presse/archiv/2013/04132/

Nun ist unbekannt, welche Zeugin die Staatsanwaltschaft dabei im Visier hatte; schließlich gibt es zahlreiche Zeugen und Zeuginnen, die Peggy nach der vom Gericht „festgestellten“ Tötung durch Ulvi Kulac am 7.5.2001 bis 13:45 Uhr gesehen oder gesprochen haben. Aber die Präsentation von neuen Beweismitteln ist immer geeignet, das ersturteilende Gericht zu entlasten…

Man war also guten Mutes, was das Wiederaufnahmeverfahren anging. Bis diese Nachricht hineinplatzte:

Neuer Prozess, alter Gutachter Fall Peggy: Schock-Nachricht für Ulvi K.

Helmut Reister, 14.01.2014 12:21 Uhr

[…]

Ein Skandal?

Für die Jugendkammer des Landgerichts, wo der neue Prozess gegen Ulvi im April starten wird, stellt der Berliner Universitätsprofessor als Gutachter kein Problem dar. „Er hat den gerichtlichen Auftrag bekommen, sein früheres Gutachten zu ergänzen“, erklärt Behördensprecher Thomas Goger die juristische Ebene.

Irgendwelche Interessenskonflikte oder mögliche Befangenheitsgründe sind für ihn nicht erkennbar: „Er hat damals sein Gutachten auf der Grundlage objektiv unzureichender oder falscher Vorgaben gemacht und kann das jetzt berücksichtigen.“

Für Rechtsanwalt Michael Euler, der Ulvi K. vertritt und den neuen Prozess durchgesetzt hat, stellt sich die erneute Beauftragung Kröbers als Gutachter wesentlich komplizierter dar. „Mein erster Gedanke war, sofort einen Befangenheitsantrag zu stellen, als ich das gehört habe“, sagt Euler.

Nach der Schock-Nachricht will er seinen Worten zufolge erst einmal abwarten, zu welchen Ergebnissen der psychiatrische Sachverständige diesmal kommt –  und erst dann entscheiden, wie es weiterläuft.

Skeptisch, sagt Euler, bleibe er auch deshalb, weil er Zweifel an der handwerklichen Qualität des ersten Gutachtens bestünden. Er könne dies auch belegen.

http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.neuer-prozess-alter-gutachter-fall-peggy-schock-nachricht-fuer-ulvi-k.c2ea9834-3aec-445a-86a1-ba6a596eb168.html

Wie wahr. Der Psychiater Prof. Dr. Hans-Ludwig Kröber hatte die zweifelhaften Geständnisse von Juli 2002 trotz fehlender Kompetenz als Aussagepsychologe und unterbliebener Wertung polizeilicher Vernehmungsmethoden im Ergebnis so gewürdigt:

Zusammenfassend sprechen die zu prüfenden aussagepsychologischen Gesichtspunkte im Falle von Herrn Kulac gegen die Nullhypothese, dass das in seinen Geständnissen dargestellte Geschehen unwahr, z.B. von ihm erfunden ist oder ihm suggeriert wurde und mithin für die Annahme, dass diese Angaben in tatsächlichem Erleben begründet sind.

[S. 124 f. seines Gutachtens vom 19.10.2002]

Diese bloße Annahme reichte dem Landgericht Hof für eine Verurteilung von Ulvi Kulac aufgrund seines widerrufenen Geständnisses aus.

Das Landgericht Bayreuth, das diesen Gutachter zur „Ergänzung“ seiner Expertise unter Zugrundelegung des Vernehmungskonzepts der Soko Peggy II beauftragte, ging offenbar davon aus, es mit einem unbefangenen Gutachter zu tun haben, der zur Selbstkorrektur angesichts neuer Sachverhalte fähig ist.

Nun bilden womöglich Richter eine Berufsgruppe, die nicht besonders internetaffin ist – aber es lohnt sich manchmal, sich im Internet zu informieren. Der Journalist Christoph Lemmer, Co-Autor von Ina Jung („Der Fall Peggy. Die Geschichte eines Skandals“, Droemer 2013, ein Buch, in dem exakt jene polizeiliche Geständnisproduktion nach dem rechtlich bedenklichen Reid-Verfahren und die angebliche Unkenntnis des Gutachters Kröbers von der Tathergangshypothese thematisiert wurde), hat bereits am 12.12.2013 offenbart, wie emotional-voreingenommen Kröber auf bloße kritische Nachfragen zu seinen Peggy-Gutachten reagiert.

Warum sich der Fall #Peggy zum Debakel für Psychiatrie-Gutachter #Kröber entwickelt

[…]

Ich habe auch versucht, Kröber selbst zu einer Stellungnahme zu bewegen, und zwar erstmals im April 2012. Da hatte Rechtsanwalt Michael Euler gerade erst mit der Arbeit an seinem – nunmehr erfolgreichen – Wiederaufnahmeantrag begonnen. Ich wollte von Kröber wissen, wie er angesichts der wachsenden Zweifel am Mordurteil gegen Ulvi Kulac zu seinem Gutachten stehe. Er antwortete:

Sehr geehrter Herr Lemmer,
dieser Rechtsanwalt Michael Euler, nicht zu verwechseln mit dem renommierten Rechtsanwalt Wolfgang Euler, hat mich schon vor mehr als einem Jahr “zwecks Wiederaufnahme” mit vermeintlich neuen Erkenntnissen konfrontiert, von denen jedes einzelne im Prozess in Hof lang und breit erörtert und geklärt worden ist.
Die Verschwörungstheoretiker verschweigen übrigens alle, dass Ulvi unstreitig Peggy am Donnerstag vor der Tat am Montag massiv vergewaltigt hatte und vorher bekanntermaßen andere Kinder des Ortes sexuell missbraucht hatte.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Kröber

http://www.bitterlemmer.net/wp/2013/12/12/peggy-justizirrtum-fehlurteil-kroeber-mollath-gutachten-psychiatrie-wiederaufnahme-bayreuth-lichtenberg/

Aus seiner subjektiven Sicht müßten mithin jetzt auch die Staatsanwaltschaft und das Landgericht Bayreuth zu „Verschwörungstheoretikern“ mutiert sein, und, wie auch im Fall Mollath, in dem er bei seiner Verteidigung seines bayernfreundlichen Bestätigungsgutachtens feuilletonistisch zu Werke ging, weist er bei dieser Replik bedenkliche Gedächtnislücken auf *. Von einer „unstreitigen massiven Vergewaltigung“ Peggys durch Ulvi Kulac kann nämlich keine Rede sein, wie er wissen muß. Kröber selbst hat in seinem Gutachten die beiden Varianten des „Geständnisses“ von Ulvi Kulac aufgeführt:

Ulvi Kulac hatte einen schweren sexuellen Mißbrauch der Peggy, begangen am Donnerstag, dem 3.5.2001, in einer Vernehmung am 06.09.2001 gestanden. Bei einer weiteren Beschuldigtenvernehmung zu diesem Thema am 24.06.2002 hatte er, wie auch nachher immer wieder, betont, daß er mit seinem Glied nicht in Scheide oder Anus des Mädchens gewesen sei, sonden dieses zwischen ihren Pobacken auf- und nieder bewegt habe.

[S. 6 des Gutachtens]

Ihm gegenüber hat Ulvi Kulac konstant die zweite Variante aufrechterhalten.

Ulvi Kulacs überaus fragwürdiges und aktuell bestrittenes „Geständnis“, was die Tat vom 3.5.2001 zum Nachteil Peggys angeht – sie weicht von den niedrigschwelligeren sonstigen Sexualdelikten, die durch Zeugenaussagen von ausschließlich männlichen Kindern belegt sind, auffällig ab – ist vom Landgericht Hof in seinem nun wegen der Mord-Verurteilung hinfälligen Urteil vom 30.4.2004 als „Tatsache“ im Sinn des zweiten und der späteren Geständnisse „festgestellt“ worden.

In der Beweiswürdigung zur Geständnisqualität heißt es dort:

Im Fall B V. 4. schilderte der Angeklagte in der Hauptverhandlung das Geschehen gleichfalls in sich widerspruchsfrei in einem stimmigen, zeitlichen, räumlichen und situativen Zusammenhang mit hohem Grad an Konkretisierung und Detaillierung sowohl hinsichtlich des Kerngeschehens als auch des Rahmengeschehens: So bekundete er zum Rahmengeschehen, es sei am Donnerstag gewesen. Das sei der Donnerstag vor dem Verschwinden von Peggy gewesen. Peggy habe am Nachmittag ans Fenster seiner Wohnung geklopft, es sei das linke der beiden Fenster gewesen. Er habe aufgemacht, sie reingelassen, sie hätten sich unterhalten und play-Station gespielt. Zum Geschehen nach den Vorfällen bekundete der Angeklagte, Peggy habe geheult, sie habe raus rennen wollen. Er habe zu ihr gesagt, sie solle sich anziehen. Sie habe sich angezogen und er habe sie gefragt, ob sie so einen Brauereilaster habe, wie er sie sammele. Sie habe gesagt, sie habe so einen und habe einen gebracht. Das sei aber nicht der Richtige gewesen, sondern ein „orangener Straßenbaulaster“.

[UA, S. 22 f.]

Über die Plausibilität einer solchen Nachtat-Schilderung möge jeder selbst urteilen. Für unvoreingenommene Betrachter, die ein Motiv für einen  Verdeckungsmord nicht benötigen, hat dieses Geständnis jedenfalls den Anschein, als sei ein sexueller Vorgang lediglich in einen typischen Alltagsbesuch eingebaut worden.

Erschwerend kommt hinzu, daß eine faktische Überprüfung des „Geständnisses“, wie es Gerichten auferlegt ist, nicht stattgefunden hat. Gudrun Röbel, Ulvi Kulacs rührige Betreuerin, hat aus den Akten den Tagesablauf Peggys am 3.5.2001 rekonstruiert: es kann praktisch ausgeschlossen werden, daß Peggy den Beschuldigten Kulac am Nachmittag des 3.5.2001 besuchte und daß es hier zu einem sie belastenden Geschehen kam.

http://www.ulvi-kulac.de/prozess.html

Prof. Kröber scheint bei seiner Antwort an Christoph Lemmer auch auszublenden, daß Ulvi Kulac entsprechend dem psychiatrischen Gutachten von Prof. Nedopil wegen nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit bezüglich der Sexualdelikte freigesprochen und gegen ihn die Maßregel gemäß § 63 StGB verhängt wurde.

Diese Minderbegabung des Angeklagten mit der darauf fußenden Retardierung im psychosozialen und psychosexuellen Bereich ist den Ausführungen des Sachverständigen Professor Dr. Nedopil zufolge als Schwachsinn im Sinne des § 20 StGB zu qualifizieren.

[UA S. 117]

Daß Kröber zu dieser Wertung im psychiatrischen Teil seiner Beurteilung der Aussagetüchtigkeit nicht gelangte, versteht sich von selbst.

Am 2.4.2014 lancierten Ina Jung und Christoph Lemmer folgendes:

Zeitgleich haben am Mittwoch zwei Journalisten schwere Vorwürfe gegen den Vorsitzenden Richter Michael Eckstein erhoben. Die Autoren Christoph Lemmer und Ina Jung, die ein vieldiskutiertes Buch über den Fall geschrieben haben, erklärten in einer Pressekonferenz in Bayreuth, ihnen lägen Informationen vor, wonach der Richter in einem Telefongespräch mit dem Berliner Gerichtspsychiater Hans Ludwig Kröber „diskutiert“ habe, zu welchem Ergebnis ein von Kröber zu erstellendes Gutachten über die Glaubwürdigkeit des wegen des Mordes an Peggy verurteilten Ulvi K. kommen solle.

„Mehr oder weniger frei erfunden“

Kröber war im ersten Peggy-Prozess vor dem Landgericht Hof zu dem Ergebnis gekommen, das von Ulvi K. später widerrufene Geständnis sei glaubwürdig. Dafür, so Kröber damals, spreche auch, dass die Polizei kein Szenario über den Tathergang gehabt habe, mit dem sie Ulvi hätte konfrontieren und so sein Geständnis beeinflussen können. Dass es ein solches Tatszenario doch gab, war einer der Gründe, warum das Landgericht Bayreuth die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügte.

Das Landgericht will von Kröber nun wissen, ob er unter diesen Umständen zu einer neuen Einschätzung komme. Der Vorsitzende Richter, so Lemmer, habe Kröber nahegelegt, er möge Ulvis Geständnis für „mehr oder weniger frei erfunden“ erklären. Kröber, so besagten die Informationen, deren Quelle Lemmer nicht offenlegte, „soll das vom Richter gewünschte Ergebnis schon zugesagt haben“. Überraschenderweise, so Lemmer, sei Kröber aber in seiner Stellungnahme entgegen dieser Zusage zu dem Ergebnis gekommen, Ulvis Geständnis sei doch glaubwürdig.

http://www.sueddeutsche.de/bayern/wiederaufnahme-im-fall-peggy-staatsanwalt-legt-mandat-nieder-1.1927817

Die beiden Journalisten berufen sich dabei auf nicht näher bezeichnete Quellen aus dem „Berliner Umfeld“ des Gutachters.

http://www.frankenpost.de/regional/oberfranken/laenderspiegel/Schwere-Vorwuerfe-gegen-das-Gericht;art2388,3253552

Im Licht der ersichtlichen Voreinstellung des Gutachters scheint eine solche Fehldeutung des Vorgangs des Gutachtenauftrags plausibel. Denn wie sollte er aus seiner Sicht die wiederholt vorgetragenen Ergänzungswünsche des Gerichts anders verstehen als ein Mißtrauensvotum gegen sein altes Gutachtenergebnis?

Es kann ihm schließlich nicht entgangen sein, daß die Staatsanwaltschaft Hof ihn deshalb bereits am 8.8.2002 mit einem Gutachten über die Aussagetüchtigkeit von Ulvi Kulac betraut hatte, weil die polizeilich erwirkten Geständnisse eines geistig Behinderten allein, die zeitnah aus gutem Grund nicht als Ermittlungserfolg öffentlich gemacht wurden, zur Überführung nicht ausreichten. Bei Abwesenheit von polizeilichem Druck war erfahrungsgemäß jederzeit mit einem Widerruf zu rechnen.

Prompt bestritt Ulvi Kulac gegenüber dem Sachverständigen am 22. und 23.08.2002 sowie am 10.09. 2002 (selbst noch am 14. 10.2002) die Tötung Peggys. War das der Grund, weshalb diese Explorationen entgegen den Mindestbestimmungen für die Anfertigung von aussagepsychologischen Gutachten nicht aufgezeichnet wurden? Waren diese Explorationen nur Aufwärmübungen für die eigentliche (aufgezeichnete) Exploration vom 14.10.2002, in der Ulvi Kulac aufgefordert wurde, sein gegenüber der Polizei abgegebenes Geständnis zu wiederholen?

In seiner methodenkritischen Erstanalyse des Gutachtens kommt der forensische Psychologe Dr. Rudolf Sponsel bei Untersuchung dieser zunächst komplett fehlgeschlagenen Gedächtnisprobe vom 14.10.2002 u.a. zu folgenden Ergebnissen:

4.5  Komplizierte Mehrfachvorgaben – mindestens zwei  – , die miteinander nicht in direktem, unmittelbaren Zusammenhang stehen, die überwiegend auch zudem noch Suggestivfragen beinhalten. Ein ganz fatales Beispiel (siehe auch oben Kröber-01):

Kröber-02.2: Jetzt haben wir uns das angehört, das letzte Stückchen, und das ist soweit okay. Nun haben Sie ja eine Geschichte erzählt, die noch nicht ganz dem entspricht, was Sie bei der Polizei erzählt haben. [S. 74] Da fehlt mittags rum ein Stück. Dieses Stück würde mich noch mal interessieren, was Sie da der Polizei erzählt haben, daß Sie der Peggy begegnet sind. Ich weiß, daß Sie jetzt sagen, Sie sind der Peggy an dem Montag nicht begegnet. Aber damals haben Sie der Polizei was anderes erzählt. Das würde ich gerne noch einmal von Ihnen hören, was Sie damals der Polizei erzählt haben, als Sie da am Henri-Marteau-Platz sitzen, auf der Rentnerbank, glaube ich.“
Kulac-02: Das war nicht die Rentnerbank.“

Wie hätte an dieser Stelle richtig gefragt werden können und müssen? Nun, z.B.

  • Gibt es noch was oder ist diese Geschichte fertig? Falsch suggestiv wären: Gibt es noch was? ebenso wie Ist die Geschichte fertig? Oder: Fehlt noch was?
  • Hm. Ist das haarklein die Geschichte, die Sie der Polizei erzählt haben oder ist das noch nicht haarklein die Geschichte, die Sie der Polizei erzählt haben?
  • Haben Sie etwas vergessen oder fehlt nichts mehr? Falsch suggestiv wäre: Haben Sie etwas vergessen? Oder: Fehlt vielleicht noch was?

Völlig unmöglich sind natürlich Kröbers Suggestionen: 1) entspricht nicht der Geschichte bei der Polizei. 2) Es fehlt mittags rum ein Stück. Und völlig fatal 3) Peggybegegnung. 4) Henri-Marteau-Platz, 5) sitzen, 6)  Rentnerbank  – von Ulvi Kulac übrigens zurückgewiesen. Kröber gibt hier – wie der allerschlimmste Anfänger – genau das vor, was Ulvi erzählen soll, um anschließend zu schlussfolgern, dass Ulvi die „falsche“ Geschichte gut nacherzählen konnte – bei einer Suggestivfragenrate von 68%. Tatsächlich erzählte Ulvi Kulac bereits in seiner ersten umfassenden Antwort weitgehend die seiner Meinung nach richtige (Erst)- Geschichte

[…]

6.2.c  Geständnisvergleiche
Ulvi Kulac wird aufgefordert dem Gutachter „haarklein“ zu erzählen, was er im Juli der Polizei erzählt hat. Die Konstanz bezieht sich auf das widerrufene Geständnis und damit auf die Nacherzählung einer falschen Geschichte, die noch dazu eine ganze Reihe durch Zeugenaussagen und Rekonstruktion bestätigbarer Aussageteile enthält. Was soll das für einen Beweiswert haben? Die Schlusslogik ist mir aus der aussagepsychologischen Literatur auch nicht bekannt. Grundidee und Hauptsatz des Kröber’schen Ergebnisses:
Eine falsche Geschichte ist wahr, wenn sie richtig nacherzählt werden kann. Ein solches Kriterium findet sich nicht unter den 19 Kriterien, die der BGH in seinem aussagepsychologischen Urteil 1999 ausweist.

http://www.sgipt.org/forpsy/Kulac/MKEAKr%C3%B6b.htm

Aus welchen Gründen könnte sein „Berliner Umfeld“ gegenüber Journalisten Auskunft über sein Verständnis des neuen Gutachtenauftrags gegeben haben? Anhaltspunkte dafür ergeben sich aus seinem Gutachten, denn so rechtfertigte er sein Tätigwerden auf einem fachfremden Gebiet:

In der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Einlassungen von Herrn Kulac bei den Vernehmungen am 2. Juli 2002, 23.07.2002 und 24.07.2002 sowie den Video-Rekonstruktionen vom 30.07 und 01.08.2002 stützt sich das Gutachten auf die Kriterien und Qualitätsmaßstäbe zur aussagepsychologischen Beurteilung, wie sie von Max Steller und Renate Volbert, Institut für Forensische Psychiatrie der Freien Universität Berlin, in ihrem Gutachten für den Bundesgerichtshof dargelegt wurden.

Dieses Gutachten bildete eine wesentliche Grundlage des Urteils des BGH vom 30. Juli 1999 (1 StR 618/98)2 „Wissenschaftliche Anforderungen an aussagepsychologische Begutachtungen (Glaubhaftigkeitsgutachten )“.

M. Steller, R. Volbert (1999) Wissenschaftliches Gutachten Forersisch- aussagepsychologische Begutachtung (Glaubwürdigkeitsbegutachtung).

Praxis der Rechtspsychologie 9: 46-112; siehe auch: M. Steller, R. Volbert (2000) Anforderungen an die Qualität forensisch-psychologischer Glaubhaftigkeitsbegutachtungen. Praxis der Rechtspsychologie 10, Sonderheft 1, 102-116: 46-112 2 I;3GH, Urteil vom 30.07.1999 – 1 StR 618198, abgedruckt in: NJW 1999, S. 2746-2751, Strafverteidiger 9199, S. 473-478, Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ) 2000, S. 100-105, sowie Praxis der Rechtspsychologie 9 (1999) 113-125 sowie 10 (Sonderheft Glaubhaftigkeitsbegutachtung) S. 117-130

Der Sachverständige ist als Leiter dieses Instituts in ständiger Diskussion mit Prof. Dr. Max Steiler, Frau Dr. Renate Volbert und weiteren wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen des Instituts im Hinblick auf die fortlaufende Forschung zu Realkennzeichen und Qualitätskriterien der Glaubhaftigkeitsbegutachtung; der konkrete Fall wurde vom Sachverständigen auch eingehend mit Prof. Steller diskutiert.

[S. 3 f. des Kröber-Gutachtens]

Daß er sich mit dieser indirekten Einbeziehung des leitenden Personals der Abteilung „Rechtspsychologie“ in seinem Berliner Umfeld nicht nur Freunde gemacht haben wird, leuchtet ein.

Christoph Lemmer hatte schon im Dezember 2013 versucht, die behauptete Assistenz der aussagepsychologischen Koryphäen Steller/Volbert zu ermitteln:

Dass Kröbers Gutachten erst jetzt kritisch untersucht wird, könnte damit zusammenhängen, dass er als Direktor des Instituts für forensische Psychiatrie in Berlin in seiner Zunft zu den Mächtigen gehört, mit denen man sich nicht ohne weiteres anlegt. Es könnte außerdem damit zusammenhängen, dass er in seinem Gutachten anmerkt, er habe sich mit zweien seiner Kollegen ausgetauscht, nämlich Professorin Renate Volbert und Professor Max Steller, was wohl auf zusätzliche fachliche Autorität weisen soll. Das hätte ich gern hinterfragt, was aber größtenteils misslang. Steller wollte das auf meine Anfrage nicht kommentieren. Auch Frau Volbert beantwortete meine Fragen nicht, schickte mir aber stattdessen einen von ihr verfassten Aufsatz. Der trägt sinnigerweise den Titel “Falsche Geständnisse”, zitiert Studien, bei denen zehn bis 20 Prozent früherer Verhörpersonen sagten, sie hätten schon einmal falsche Geständnisse abgelegt und befasst sich umfassend mit den Motiven für falsche Geständnisse.

http://www.bitterlemmer.net/wp/2013/12/12/peggy-justizirrtum-fehlurteil-kroeber-mollath-gutachten-psychiatrie-wiederaufnahme-bayreuth-lichtenberg/

Was ist demnach von der angeblichen „Absprache“ zwischen dem Vorsitzenden Richter und dem Sachverständigen zu halten?

Das glaubwürdige Dementi des LG Bayreuth liest sich so:

In diesem Zusammenhang hat der Vorsitzende in Telefonaten mit dem Sachverständigen im Rahmen seiner Verpflichtung zur sachgerechten Vorbereitung der Hauptverhandlung diesem den Wiederaufnahmegrund erläutert, der sein Gutachten betrifft. Der Vorsitzende hat dem Sachverständigen, welchem zum Zeitpunkt der vorbereitenden Telefonate die Akten und der Wiederaufnahmebeschluss noch nicht vorlagen, deutlich gemacht, weshalb es sich bei der Existenz der Tathergangshypothese aus Sicht der Kammer um eine wesentliche Änderung der Tatsachengrundlage seines vormals erstatteten Gutachtens handelt. Zu keinem Zeitpunkt hat der Vorsitzende dem Sachverständigen inhaltliche Vorgaben für das von ihm zu erstattende Gutachten gemacht oder gar ein Ergebnis vorgegeben. Der Vorsitzende hat dies auch den Verfahrensbeteiligten heute so mitgeteilt.

http://www.justiz.bayern.de/imperia/md/content/stmj_internet/gerichte/landgerichte/bayreuth/peggy_14_04_03_pressemitteilung.pdf

Übersetzt: es bedurfte mehrere Telefonate, um den Gutachter Kröber davon zu überzeugen, sein damaliges Gutachten zu ergänzen. Kröber mußte mehrfach klargemacht werden, daß die Tathergangsghypothese, die ihm seinerzeit nicht vorgelegen haben soll, eine wesentliche Änderung der Tatsachengrundlage seines Gutachtens darstelle. Diese Wertung greift der sachverständigen Stellungnahme vor; denn wenn eine wesentliche Änderung vorliegt, dann müßte sich auch am Ergebnis etwas ändern – insoweit könnte der Eindruck entstanden sein, das Gericht habe eine inhaltliche Vorgabe gemacht. Daß Prof. Kröber entsprechendes explizit zugesagt haben soll, halte ich angesichts seiner akzentuierten Persönlichkeit wiederum für absolut unwahrscheinlich. Ihm dürfte subjektiv bereits die Annahme des neuen Auftrags als Niederlage erschienen sein, stellt man seine vehemente Mail an Christoph Lemmer von April/Mai 2012 in Rechnung.

Aufklärungsbedarf sehe ich eher bei der Vorfrage, die Gisela Friedrichsen aufwirft:

Kröber, der Ulvi K.s Geständnis für glaubhaft hält, ist Psychiater, nicht Psychologe. Warum ausgerechnet er und nicht, wie üblich und geboten, ein namhafter Aussagepsychologe von der Staatsanwaltschaft beauftragt wurde, bleibt das Geheimnis der Ankläger in Hof. Dass es nur pragmatische oder ökonomische Gründe gewesen sein sollen, ist wenig glaubhaft.

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/fall-peggy-knobloch-ulvi-k-bekommt-neues-verfahren-a-963089.html

Da hat sie recht. Prof. Kröber macht solche pragmatischen Gründe in seinem Gutachten zwar geltend:

Nach den beiden ersten Untersuchungsgesprächen wurde in Rücksprache mit der auftraggebenden Staatsanwaltschaft entschieden, daß auch die aussagepsychologische Beurteilung durch den Sachverständigen übernommen wird, zumal unter pragmatischem Aspekt ansonsten ein Begutachtungsabschluß im Jahre 2002 nicht möglich gewesen wäre.

Speziell unter diesem Gesichtspunkt erfolgten dann die beiden nachfolgenden Gespräche am 10.09. und am 14.10.2002, wobei Herr Kulac bei letztgenanntem Gespräch bereit war, nochmals eingehend sein der Polizei gemachtes Geständnis dem Sachverständigen zu wiederholen und auf Tonband aufzeichnen zu lassen.

[S. 114]

Aber er widerspricht dieser angeblich nachträglichen Auftragserweiterung aus praktischen Gründen durch die Staatsanwaltschaft selbst. Bei der Wiedergabe seiner Belehrung von Ulvi Kulac vor der ersten Exploration am 22.8.2002 heißt es [Hervorhebung von mir]:

Herr Ulvi Kulac wurde nach Vorankündigung erstmals am 22.08.2002 im BKH Bayreuth auf der Station FP 6 aufgesucht. Er war über das Kommen des Sachverständigen informiert.

Es wurden ihm zu Beginn Gegenstand und Ablauf der Begutachtung erläutert.

Er wurde darauf hingewiesen, daß es hierbei speziell um die Aussagetüchtigkeit ginge und um die Glaubhaftigkeit seiner Aussage. Er wurde darauf hingewiesen, daß er die Teilnahme an der Begutachtung verweigern könne.

[S. 47]

Soll man sich jetzt aussuchen, an welcher Stelle Kröber die Unwahrheit spricht?

Daß Kröber bei seinem Gutachtenergebnis trotz Vorliegens einer in ein umfassendes Vernehmungskonzept eingebetteten Tathergangshypothese geblieben sein soll, ist nahezu unerklärlich; Friedrichsen hierzu:

Unter anderem heißt es in der Tathergangshypothese: „Im vorliegenden Delikt dürfte es zu einer Eskalation im Handlungsablauf gekommen sein… Grund für die Eskalation könnte die Vergewaltigung der Peggy durch Ulvi im Vorfeld sein und er am 7.5.01 bei einer erneuten Kontaktaufnahme mit Peggy eine Überreaktion auf ihre ‚Flucht‘ vor ihm zeigte, wobei eine Einwirkung auf den Hals aufgrund von Schreien der Peggy nicht auszuschließen ist. Bei der Beseitigung der Leiche wirkten weitere Personen, evtl. enges familiäres Umfeld des Ulvi mit…“ Dürfte, könnte, eventuell, alles Hypothesen, bis heute. Genauso hat es Ulvi K. dann gestanden. Zudem hatte man ihn mit angeblichen Blutspuren an seiner Kleidung konfrontiert, die tatsächlich nicht existierten.

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/fall-peggy-knobloch-ulvi-k-bekommt-neues-verfahren-a-963089.html

Aber letztlich, da stimme ich ihr zu, wird es auf ein unrichtiges Gutachten zu einem falschen Geständnis gar nicht ankommen. Die Tatsachen sprechen für sich.

Falsch ist auf jeden Fall der Tathergang, von dem die Polizei ausging, da sind sich Jung und Lemmer einig. Ein Indiz: Ulvi K. soll Peggy aus dem Ortskern bis zur Burg nachgelaufen sein (siehe Karte). „Ulvi K. kann gar nicht rennen“, sagt Lemmer.

Am Nachmittag nach dem Pressetermin in Bayreuth stehen er und Jung hinter dem Haus in Lichtenberg, in dem Peggy lebte. Es ist verwahrlost, am Fenster im ersten Stock verblassen Kinder-Aufkleber. Zwischen dem Grundstück und dem Friedhof verläuft der bucklige, schmale Weg, den die Ermittler für Peggys Fluchtweg hielten. „Hätten die Polizisten Ulvi nur ein einziges Mal die Strecke rennen lassen“, sagt Ina Jung, „dann hätten sie gemerkt, dass es so nicht gewesen sein kann.“

Gleich der erste Prozesstag könnte für die Polizei brisant werden. Zwei junge Männer werden aussagen – sie sahen ihre Schulkameradin Peggy am 7. Mai 2001 in einen roten Mercedes mit tschechischem Kennzeichen einsteigen. Sie machten detaillierte Aussagen, wussten sogar noch, dass sie an dem Tag Würstel zu Mittag gegessen hatten. Doch ihre Aussage spielte im ersten Prozess keine Rolle.

Jung und Lemmer machten die beiden ausfindig. Sie erzählten ihnen, dass die Ermittler sie kurz nach ihrer ersten Aussage unter Druck gesetzt hatten: Die Polizisten besuchten die Buben getrennt voneinander, ohne Eltern, erzählten ihnen, der jeweils andere habe seine Angaben zurückgenommen. Die Kinder bekamen Angst, zogen ihre Aussagen zurück. Jetzt bekommen sie eine zweite Chance. Und vielleicht auch Ulvi K.

Von Carina Lechner

http://www.merkur-online.de/aktuelles/bayern/peggy-suche-nach-wahrheit-3466751.html

Die Vernehmung

Am zweiten Tag des „Peggy-Prozesses“ sind etliche Kripo-Beamte als Zeugen geladen. Auf sie warten viele, sehr unangenehme Fragen.

Von Joachim Dankbar

Hof Es spricht viel für die Annahme, dass der kommende Freitag, als der zweite Verhandlungstag des Peggy-Prozesses, ein besonders unangenehmer Tag werden wird. Das gilt weniger für den Angeklagten Ulvi Kulac, als viel mehr für die Polizisten, die ihn im Juli 2002 vernommen haben. Das Bayreuther Gericht hat an diesem Tag die Chance zu klären, wie es zu jenem Geständnis kam, das der wesentliche Grund für die Verurteilung von Kulac am 30. April 2004 durch das Hofer Landgericht geworden ist. Das Wiederaufnahmeverfahren fußt auf der Annahme, dass das Hofer Gericht wesentliche Umstände des – später widerrufenen – Geständnisses nicht kannte. In Bayreuth könnte nun geklärt werden, ob die Richter bewusst getäuscht wurden.

Als Zeugen sind der prominente Profiler bei der Münchner Kripo, Alexander Horn, und Wolfgang Geier, der damalige Chef der „Soko Peggy II“ geladen. Der damals 31-jährige Alexander Horn verfasste eine genaue Gebrauchsanleitung für die Vernehmung von Ulvi Kulac, die am 2. Mai 2001 bei der Soko Peggy II einging. Darin stand, wo die Vernehmung stattfinden sollte, wer an ihr teilnehmen sollte und im Grunde stand auch darin, was dabei herauskommen sollte. Denn Horn gab eine komplette Version der angeblichen Vorgänge vor, die am 7. Mai 2011 zum Tod von Peggy Knobloch geführt haben sollen. Unter dem Begriff „Tathergangshypothese“ sollte diese Version noch traurige Berühmtheit erlangen. Fakt ist: Diese Hypothese ähnelt in weiten Zügen dem Geständnis, das Ulvi Kulac später ablegen sollte.

[…]

Es ist nicht das einzige Mal, dass Geier Ärger mit den eigenen Mitarbeitern bekommt. Nach Informationen unserer Zeitung gab es auch innerhalb der Kripo immer wieder Beschwerden über Geiers Ermittlungsmethoden. So sollen Hinweise der Beamten auf andere Spuren oder Bedenken weggefegt worden sein.

Der forsche Geier gilt als „Mann mit Scheuklappen“. Das wird ihm später spektakulär zum Verhängnis. Die von ihm geleitete „Soko Bosporus“ übersieht jahrelang jede Spur der NSU-Mörder und sucht nur Täter im Umfeld der zumeist türkischen Opfer. Sie kriminalisiert sie und ihre Familien – obwohl Profiler Horn auf die Handschrift rechtsextremer Einzeltäter hinweist.

Trotz aller penibler Vorbereitungen bestreitet Ulvi Kulac auch am 2. Juli zunächst jede Schuld. Nun überschlagen sich die Merkwürdigkeiten: Am Ende des Verhörs soll Kulac in die Psychiatrie zurückgebracht werden. Deswegen verabschiedet sich sein Verteidiger. Kaum ist er fort, soll Kulac es sich anders überlegt haben. Die Beamten bringen ihn zurück in den Verhörraum, wo Kulac gesteht. Auf einmal ist aber das Tonband defekt, mit dem die Vernehmungen sonst protokolliert werden. Im Nebenzimmer soll es ein weiteres Tonband gegeben haben, das aber auch nicht verwendet wird. Warum, das weiß keiner mehr – oder keiner kann es schlüssig erklären.

So gibt es vom Geständnis nur ein Gedächtnisprotokoll eines einfachen Polizeihauptmeisters, eben „jenes väterlichen Freundes“ aus Lichtenberg. Trotz der Tragweite des Geschehens fertigt er es auch erst am nächsten Morgen an. Später wird Ulvi sagen, dass er nur gestanden habe, um wieder in Ruhe gelassen zu werden. Er klagt auch darüber, dass er körperlich angegangen wurde.

Obwohl sich später alles, was Ulvi Kulac an jenem Abend zum Verbleib der Leiche sagt, als erfunden herausstellt, bleibt das Geständnis die wichtigste Grundlage seiner Verurteilung wegen Mordes. Es gibt nicht einen einzigen Sachbeweis gegen ihn.

[…]

Klarheit könnte auch Gerhard Heindl schaffen. Er vertrat 2003 und 2004 die Anklage gegen Ulvi Kulac. Unserer Zeitung sagte Heindl, dass er zu diesem Fall gar nichts mehr sagen werde, da er nicht mehr Staatsanwalt sei. Heindl ist heute Direktor des Amtsgerichts in Weiden. Alexander Horn ist weiter der prominenteste Profiler Bayerns. Wolfgang Geier ist der oberste Verbrechensbekämpfer der Kripo in Unterfranken. Ulvi Kulac freut sich über den ersten Freigang seit zwölf Jahren.

http://www.frankenpost.de/regional/oberfranken/laenderspiegel/Die-Vernehmung;art2388,3263713

Ja, über „Erfolge“ bei einer Staatsanwaltschaft Bayerns macht man Karriere als Richter. Amtsgerichtsdirektor wird nicht jeder.

Nachzutragen bleibt, daß an jenem berüchtigten 2. Juli 2002 nicht nur das Tonbandgerät versagte, sondern auch die Videokamera: da funktionierte nur der Ton…

Beides ist verständlich. Das Geständnis vom 2.7.2002 war ja in seinen nachprüfbaren Teilen schnell widerlegt, und mußte in den nachfolgenden zwei Vernehmungen optimiert werden. Es ist zu hoffen, daß dieser Polizei-, Psychiatrie- und Justizskandal in der jetzt anstehenden Hauptverhandlung geklärt wird. Denn noch steht die Behauptung von Jung/Lemmer im Raum, daß sowohl das Gericht als auch der Gutachter Kröber die Tathergangshypothese gekannt hätten, bevor sie ihr Urteil fällten.

*http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Nachtrag-zur-Anmerkung-der-Verteidigung-2013-11-17.pdf

http://strate.net/de/dokumentation/Mollath-Anmerkung-der-Verteidigung-2013-11-16.pdf

 

Der Fall Mollath: Die Irrwege der Psychiatrie (1)

 Rosenkrieg 1

Fortsetzung von:

https://gabrielewolff.wordpress.com/2013/09/06/der-fall-mollath-das-bundesverfassungsgericht-hat-gesprochen/

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 26.8.2013 zurecht einen Komplex in den Blick gerückt, der in der öffentlichen Diskussion in seiner Bedeutung für die Einweisung Gustl Mollaths in den Maßregelvollzug und für die über siebenjährige Aufrechterhaltung dieser Maßnahme noch nicht hinreichend gewürdigt wurde. Es ist die Psychiatrie und das psychiatrische Gutachterwesen. Ohne deren Unterstützung hätten die Gerichte, angefangen mit dem Landgericht Nürnberg-Fürth (Urteil vom 8.8.2006) über die auswärtige Vollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg beim Amtsgericht Straubing bis hin zu der unseligen Kombination der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth und des 1. Strafsenats des Oberlandesgerichts Bamberg Scheinlegitimität für Unterbringungsurteil und Fortdauerbeschlüsse niemals erlangen können. Wenn fachliche „Expertise“ im Ergebnis mit den Verurteilungs- und Aufrechterhaltungswünschen voreingenommener Gerichte übereinstimmt, dann ist jedes Gutachten, auch ein schlechtes, recht. Dann sehen Richter nur dessen Ergebnis und schließen sich nach leerformelhafter „eigener kritischer Würdigung“ der ärztlichen an.

Paßt das Ergebnis einmal nicht, wie das des Mainkofener Psychiaters Dr. Hans Simmerl, der im Jahr 2007  im Rahmen eines Betreuungsgutachtens keinerlei psychische Erkrankung bei Herrn Mollath feststellen konnte, dann wird eine Koryphäe von außerhalb herbeigerufen, die sich in Bayern schon einmal erfreulich affirmativ betätigt hatte, nämlich 2002 im Fall „Peggy“. Die Rede ist von Prof. Dr. Hans-Ludwig Kröber, Berlin, der sich seinerzeit dazu bereitgefunden hatte, auf der Basis einer – wie ihm bekannt – eigens für ihn zusammengestellten polizeilichen Akte sein Fachgebiet zu überschreiten und das von dem geistig behinderten Ulvi Kulac ohne anwaltlichen Beistand angeblich abgelegte Geständnis, das lediglich als Vermerk eines Polizeibeamten vorlag, weil dummerweise das Tonbandgerät versagt hatte, für erlebensbasiert zu erklären. Dieses bereits im Ermittlungsverfahren widerrufene, in seinen nachprüfbaren Teilen falsche, Geständnis führte neben Kröbers Gutachten und einem viele Jahre später widerrufenen Polizeispitzelbericht eines Mitpatienten der Bayreuther Forensik zur Verurteilung wegen Mordes. Jeder aufgeklärte Bürger wußte, daß die Soko II die vom Innenminister Günther Beckstein angemahnte Aufgabe hatte, den Fall zur Beruhigung der Gemüter schnell zu klären, nachdem die Soko I zu keinem Ergebnis gekommen war. Da hielt man sich eben an einen Schwachen, der dem speziellen Befragensdruck nach der rechtsstaatlich fragwürdigen Reid-Methode nicht gewachsen war.

Näheren Aufschluß gibt das Buch: Der Fall Peggy. Die Geschichte eines Skandals, von Ina Jung und Christoph Lemmer, Droemer Verlag, München 2013. Auf den Seiten 154 – 161 wird das verhängnisvoll uninformierte Wirken von Prof. Kröber beschrieben, auf den Seiten 237 – 245 die von Günther Beckstein in Bayern in den Jahren 2001 – 2003 implementierte amerikanische Reid-Methode zur Erzeugung von Geständnissen, die im Fall Peggy durch die Polizei eingesetzt wurde.

Im Fall Mollath wurde Kröber seinem affirmativen Ruf, zugunsten der Staatsmacht zu wirken, wiederum gerecht und griff den Psychiater Dr. Simmerl ad hominem an, ohne auch nur mit einem einzigen Argument gegen dessen Gutachten aufzuwarten. Es ist nicht erstaunlich, daß nicht nur im Fall Mollath am 6.8.2013 die Wiederaufnahme angeordnet und Gustl Mollaths weitere Unterbringung ab 2011 für verfassungswidrig erklärt worden ist: auch im Fall Ulvi Kulac ist im April 2013 die Wiederaufnahme beantragt worden; bereits seit Mitte 2012 ermittelt die für das Wiederaufnahmeverfahren zuständige Staatsanwaltschaft Bayreuth wieder, und aktuell hat sie einen schon damals Verdächtigen im Visier, Peggy ermordet zu haben. Diese Spur war seinerzeit, trotz widerlegter falscher Alibis, nicht weiterverfolgt worden, nachdem ein anderweitiges Geständnis erwirkt worden war.

http://www.mz-web.de/mitteldeutschland/der-fall-peggy-spur-fuehrt-nach-halle,20641266,24197836.html

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/mordfall-peggy-knobloch-ermittler-folgen-neuer-spur-in-halle-a-920144.html

Soviel zur faktischen Bedeutung von Gutachten, wenn sie von einflußreichen und medial präsenten Vertretern ihres Fachs erstattet werden.

Im Fall des nicht nur in sich widersprüchlichen, sondern sich auch im schriftlichen und mündlichen Ergebnis widersprechenden Gutachtens von Prof. Dr. Pfäfflin ist dessen blinde Übernahme durch Gerichte nun gründlich schiefgegangen. Das Bundesverfassungsgericht moniert, daß es an einer Auseinandersetzung mit diesem Gutachten fehle, dem man sich nicht ungeprüft hätte anschließen dürfen. Daß die bar jeder Wissenschaftlichkeit routinemäßig leerlaufenden Verlaufsbeschreibungen aus dem BKH Bayreuth unter Dr. Leipzigers Ägide nicht prognoserelevant waren, wurde ebenfalls festgestellt. Dennoch reichten diese dürftigen Unterlagen den Gerichten in Bayreuth und Bamberg in den Jahren 2009 – 2012 und dem LG Bayreuth sogar noch im Juni 2013 aus, um die Unterbringung jeweils um ein Jahr zu verlängern.  Mehr als das Klagen über mangelnde „compliance“ des „Patienten“, übersetzt: der Untergebrachte ließ sich nicht unterwerfen und schrieb dreisterweise auch noch Beschwerden, und das Zusammentragen möglichst negativer subjektiver „Beobachtungen“ des Störenfrieds ließ sich den Stellungnahmen indes nie entnehmen. Beobachtungen echten „wahnhaften Erlebens“ oder physischer Aggressionen gab es nie.

Zu besichtigen war vielmehr ein Grabenkrieg zwischen Untergebrachtem und Bezirksklinik, in dem das Personal in Verteidigung des Eingangsgutachtens des Chefs mindestens ebenso rigide agierte wie der sich verweigernde Patient. Unkorrigierbar hielten die Beteiligten an ihren jeweiligen Überzeugungen fest, Maßregelvollzug sei Klinik (das Personal) bzw. Knast (der Untergebrachte), wobei sich die unterschiedlichen Wahrnehmungen zwangsläufig aus den unterschiedlichen Positionen, Macht kontra Ohnmacht, ergeben. Prognoserelevant war das alles nie. Aber den Gerichten reichte ja die platte Mitteilung, daß keine Behandlung stattfinden könne und daher die Diagnose und die Prognose des Eingangsgutachtens aus dem Jahr 2005/2006 weiterhin Bestand hätten, für ihre routinemäßigen Fortdauerentscheidungen aus. In Bayern geht Sicherheit vor Rechtsstaatlichkeit, weshalb überdies auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz mißachtet wurde.

Schon früh hatte ich mich mit der verhängnisvollen Rolle der Psychiatrie, insbesondere mit der der justiznahen Forensik, beschäftigt, die der Justiz per Gutachten zuliefert und zugleich für die Justiz vollstreckt. Ein Interessekonflikt sondergleichen, der unbedingt aufgehoben werden muß.

Am 7.12.2012 hatte ich mich mit der Spirale auseinandergesetzt, die die rechtswidrige „Fernbegutachtung“ Herrn Mollaths durch die Erlanger Psychiaterin Dr. Gabriele Krach vom 18.9.2003  ausgelöst hat, die über die aus der Luft gegriffene Empfehlung des Nürnberger Psychiaters Thomas Lippert vom 22.4.2004 einer Unterbringung gemäß § 81 StPO schließlich zu dem verfassungswidrigen Beschluß von RiAG Eberl führte, den Angeklagten für sechs Wochen zwangsweise in die Forensik Erlangen einzuweisen, um dort ein Gutachten über Schuldfähigkeit und Unterbringung zu erstellen:

https://gabrielewolff.wordpress.com/2012/12/07/der-fall-gustl-mollath-rosenkrieg-und-versagen-von-justiz-psychiatrie-ii/

Hierzu kann ich jetzt nachtragen, daß dem von Richter Eberl als „zuverlässig“ eingestuften privaten Gutachter Lippert, der sich auf Behördengutachten spezialisiert hat und daher von öffentlichen Aufträgen abhängig ist, erst im Jahr 2005 von der Bayerischen Ärztekammer die Bezeichnung „Facharzt für forensische Psychiatrie“* zuerkannt worden ist.

[Ritzer/Przybilla: Die Affäre Mollath. Der Mann, der zuviel wußte, Droemer Verlag, München 2013, S. 165]

Was schrieb Prof. Dr. Thomas Fischer, streitbarer und daher lange verhinderter Vorsitzender Richer des 2. Strafsenats beim BGH am 22.8.2013?

Psychiatrische und psychologische Sachverständige sind: selbstgewiss, kompetenzüberschreitend, unbescheiden. Das gilt selbstverständlich nicht dem Einzelnen, sondern dem Prinzip. Wer alles weiß und darf, hat keinen Grund zur Bescheidenheit. Schon hierin könnte ein Teil der Abhilfe liegen: Gegenseitige Abhängigkeit von unsicherem Gericht und unsicherem Sachverständigen ist ein Übel, das unmittelbar und unweigerlich zulasten der Betroffenen geht. Dem Übel könnten nur gegenseitige kritische Aufmerksamkeit und Distanz abhelfen.

http://www.zeit.de/2013/35/mollath-skandal-strafrecht/komplettansicht

Hieran hat es schon in diesem frühen Stadium eklatant gefehlt.

Am 1.1.2013 hatte ich mich mithilfe des damals verfügbaren Materials mit dem Chefarzt der Bayreuther Forensik, Dr. Klaus Leipziger, seinen Propagandistinnen Sabine Rückert und Beate Lakotta, seiner Dissertation und seinem Gutachten vom 27.7.2005 befaßt, wie es in dem Urteil vom 8.8.2006 aufschien:

https://gabrielewolff.wordpress.com/2013/01/01/der-fall-gustl-mollath-rosenkrieg-und-versagen-von-justiz-psychiatrie-v/

Das Verteidigungsbedürfnis einer Psychiatrie, die Herrn Mollath ausweglos in die Anstalt gebracht und ihn dort jahrelang festgehalten hatte, war schon seinerzeit unverkennbar. Schließlich hatten die Realien alle Gewißheiten ins Wanken gebracht, insbesondere nach der Anordnung eines Wiederaufnahmeauftrags an die Staatsanwaltschaft Regensburg durch die Ministerin Merk am 30.11.2012. Daß die Psychiatrie sich danach dennoch zweier Leitmedien, nämlich der ZEIT und des SPIEGEL, zu Propagandazwecken bedienen konnte, machte allerdings stutzig, zumal die Autorinnen ungeniert und verfälschend aus Gutachten zitierten, wofür sie gewiß keine Autorisierung des Betroffenen hatten. Genau darin besteht ja die Macht der Psychiatrie: Beobachtungen zu machen und sie subjektiv zu werten, ohne daß das bloße Laborratten-Objekt zu der Korrektheit ihrer Notate auch nur angehört werden würde. Der angewiderte Fremdblick eines in den hierarchisch-autoritären Betrieb eingebundenen, auf Lockerungen spekulierenden „Mitpatienten“, abhängiger Pfleger oder Ärzte auf ein widerständiges Objekt konstituiert also ›Wahrheit‹. Ist das tatsächlich die Art von Wahrheit, auf die zwei traditionell eher dem kritischen Blick verpflichtete Medien bauen sollten?

Hier stimmte ersichtlich etwas nicht. Und natürlich reichte dieser parteiische publizistische Rückhalt, der vom Internet-Publikum sogleich kritisch begleitet wurde, als Rückhalt auf die Dauer auch nicht aus.

Die angegriffenen kritikungewohnten Psychiater Dr. Leipziger und Prof. Dr. Kröber schlugen höchstpersönlich öffentlich zurück. Im Rahmen des „17. Forensisch-Psychiatrisches Fallseminars vom 2.- 4. September 2013″ in Potsdam-Babelsberg boten sie Anfang Juni 2013 zu Fortbildungszwecken einen gemeinsamen (Rechtfertigungs?)-Vortrag unter dem hämisch-herablassenden Titel: „Unser Gustl: Realität, Wahn, Justiz und Medien“ an. Hier ist der ursprüngliche Einladungstext gesichert worden:

http://opablogdotnet.files.wordpress.com/2013/06/krc3b6berleipz.jpg

Nachdem dieser Titel im Internet gar nicht gut ankam, wurde er zunächst in „Der Fall Gustl Mollath“ umgetauft, um sodann gänzlich zu entfallen:

http://www.forensik-berlin.de/content/Fallseminar_2013.pdf

Kurz zuvor, am 25.6.2013, hatte die Sozialministerin Christine Haderthauer eine Anfrage auf Abgeordneten-Watch so beantwortet:

Frage zum Thema Soziales
12.06.2013
Von:
Hans-Georg Beuter

Sehr geehrte Frau Haderthauer,

der Chefarzt der Klinik für Forensische Psychiatrie am BKH Bayreuth Dr. med. Klaus Leipziger bietet zusammen mit Prof. Dr.med. -Ludwig Kröber beim “17. Forensisch-Psychiatrisches Fallseminar vom 2.- 4. September 2013″ in Potsdam-Babelsberg eine Veranstaltung unter dem Titel
“Unser Gustl: Realität, Wahn, Justiz und Medien” an.
http://www.forensik-berlin.de

Davon, dass hier liebevoll “Unser Darling” gemeint ist, kann nach den öffentlichen Diskussionen des vergangenen halben Jahres offensichtlich keine Rede sein. Das Possessivpronomen “unser” erhebt sich über einen Person und macht sie zum Objekt des Besitzers.

Ist es für Sie tragbar, dass ein Leiter einer forensischen Psychiatrie sich in dieser Weise über die bei ihm Verräumten (aber Schutzbefohlenen) erhebt und sie damit im Kernbereich ihrer Menschenwürde missachtet?

In welcher Weise kann ein forensischer Psychiater eine derartige Veranstaltung abhalten, ohne dabei gegen seine Schweigepflicht zu verstoßen?

Dass der Titel der Veranstaltung mittlerweile – nach Kritik im Netz – auf “Der Fall Gustl Mollath: Realität, Wahn, Justiz und Medien” geändert wurde, spielt dabei keine Rolle.

Werden Sie aus solchen Verfehlungen Konsequenzen ziehen?

Ist eine solche Verhaltensweise durch einen Leiter einer Forensik für Sie tragbar?

Mit freundlichen Grüßen

Antwort von Christine Haderthauer

25.06.2013

Sehr geehrter Herr Beuter,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich habe diese bereits an das zuständige Fachreferat in meinem Ministerium weitergeleitet. Dieses wird die Angelegenheit fachaufsichtlich prüfen.

Mit freundlichen Grüßen

Christine Haderthauer

http://www.abgeordnetenwatch.de/frage-512-11219–f381545.html#q381545

Ein kausaler Zusammenhang zwischen beiden Vorgängen ist nicht nur nicht auszuschließen, sondern liegt nahe.

Dieser Versuch, wenigstens im Kreis des Gutachter-Nachwuchses Renommé und Meinungshoheit gegen die sich in der Öffentlichkeit durchsetzende Meinung, Herr Mollath sei niemals wahnkrank und gefährlich gewesen, zu verteidigen, war also Ende Juni 2013 gescheitert. Glücklicherweise, muß man sagen, denn der für das dreitägige 490,- Euro-Seminar (ohne Hotelkosten) angesprochene Personenkreis:

(Fallseminar für Psychiater/Psychologen mit Vorerfahrungen in der Begutachtung)

sollte ja sogar noch credit points für die Ausbildung zum forensischen Gutachter erhalten – das wurde zumindest in Aussicht gestellt:

Veranstalter und wissenschaftlicher Leiter ist Prof. Dr. Hans-Ludwig Kröber.

Das dreitägige Seminar kann nur insgesamt belegt werden. Es ist entspricht den Qualifikationsrichtlinien der DGPPN für „Forensische Psychiatrie“. Es ist als forensisch-psychiatrischer Baustein auch verwertbar für die Ausbildung in Rechtspsychologie incl. Leistungskontrolle.

Die Landesärztekammer Brandenburg hat die Veranstaltung für das Fortbildungszertifikat anerkannt (Nr. 2761302013509500008; 24 Punkte, Kategorie C)

http://www.forensik-berlin.de/content/Fallseminar_2013.pdf

Der Kelch, zu erfahren, wie man es nicht machen sollte, ist an den Lernenden also vorübergegangen. Beim geselligen Zusammensein an der Hotelbar wird Prof. Dr. Kröber selbstverständlich seine Sicht der Dinge in Sachen Mollath verbreitet haben – machen wir uns nichts vor.

Dr. Klaus Leipziger verfügt über ein regionales Zentralorgan, dem sich auch schon die nachfragescheue Ex-Ehefrau Herrn Mollaths anvertraute, um schmutzige Ehe-Wäsche zu waschen. Das ist der in Bayreuth beheimatete Nordbayerische Kurier mit seinem Chefreporter Otto Lapp. Ähnlich „opfer“-empathisch agierte ansonsten nur noch Beate Lakotta vom SPIEGEL, der sich immer mehr dem Niveau des Nordbayerischen Kuriers und der BILD annähert, dessen Führungspersonal in Gestalt von Nikolaus Blome konsequenterweise  jetzt Leiter der Hauptstadt-Redaktion und Mitglied der Chefredaktion des SPIEGEL wurde. Alles eine Sauce. Hauptsache, Kampagne und Klicks.

Am 20./21.7.2013 stimmte Otto Lapp die Leser auf S. 1 der Printausgabe auf das auf S. 4 erschienene Interview mit Dr. Leipziger u.a. so ein:

Mollath-Gutachter gibt erstes Interview

Chefarzt Klaus Leipziger im Exklusiv-Gespräch mit dem Kurier

[…]

In einem Exklusiv-Interview gibt der Leiter der Forensik am Bezirksklinikum Bayreuth eine ganz neue Sicht auf den Fall. Mollath sei vor sieben Jahren nicht „ohne Untersuchung“ untergebracht worden, wie ihm das oft zum Vorwurf gemacht wird. Kein ernstzunehmender forensischer Psychiater, der auch den Inhalt der Gerichtsakten kannte, habe jemals sein Gutachten in Zweifel gezogen.

Letzteres ist unwahr.  Daß Dr. Leipziger die ihn bestätigenden Gutachten der Kollegen Prof. Dr. Hans-Ludwig Kröber und Prof. Dr. Friedemann Pfäfflin kannte, muß unterstellt werden. Aus beiden Gutachten geht eindeutig hervor, daß sie die „Gerichtsakten“, sprich „Strafakten“, die ihm selbst vorlagen, nicht beigezogen hatten. Schon aus diesem Grund konnten sie nicht erkennen, wie sehr Dr. Leipziger von der Aktenlage abgewichen war und wie grundstürzend der VRLG Otto Brixner den Sachverhalt weiter verfälscht hatte.

Aber auch der Rechtfertigungsversuch des BKH-Pressesprechers Otto Lapp schlug fehl. Nix da mit „Untersuchung“.

In dem wortgleich mit der Printausgabe bereits am 19.7.2013 erschienenen  Online-Interview heißt es:

Bayreuth

19.07.2013 14:29 Uhr

Mollath: Jetzt spricht sein Gutachter

Von Otto Lapp

Bayreuth. Wenn die Leute das über den Fall Gustl Mollath wüssten, was er weiß. Aber er schwieg bisher. Jetzt sprach Dr. Klaus Leipziger, der Leiter der Forensik in Bayreuth, mit dem Kurier erstmals über seine Tätigkeit als Gutachter. Und auch darüber, dass er eigentlich gar nichts sagen darf.

http://www.nordbayerischer-kurier.de/nachrichten/mollath_jetzt_spricht_sein_gutacher_170680#comment-10372

Schon dieser Einleitung läßt sich die Strategie des Arztes und seines journalistischen Wegbereiters entnehmen: die Schweigepflicht dient dazu, zu insinuieren, er wisse mehr über die Gestörtheit und Gefährlichkeit des „Patienten“ als die Öffentlichkeit, dürfe hierzu aber leider nichts sagen. Wissen ist Macht. Und exclusives erst recht.

Wie kläglich Leipziger aber schon an dem öffentlichen Vorwurf des „Ferngutachtens“ scheitert, belegt seine erste Antwort:

Der häufigste Vorwurf lautet, Mollaths Gutachten sei ohne Untersuchung erfolgt?

Klaus Leipziger: Üblicherweise werden Gutachten vom Auftraggeber mit den vorliegenden Informationen, den Akten und den Unterlagen übersandt. Nach Aktenstudium erfolgen in der Regel eine oder mehrere ausführliche Explorationen. Die sind verbunden mit der Erhebung des psychopathologischen Befundes. Dabei ist zu klären, ob weitere Untersuchungen zu machen sind. Um alle Erkenntnisquellen auszuschöpfen.

[Hier huscht der Chefreporter über die „in der Regel“ erfolgenden Explorationen hinweg, die im Fall Mollath durch Leipziger nicht stattgefunden haben.]

Auch die Briefe von Herrn Mollath?

Leipziger: Es standen mir zur Begutachtung selbstverständlich die von der Ermittlungsbehörde zugesandten Unterlagen zur Verfügung. Es stand mir auch der Duraplus-Ordner zur Verfügung.

Haben Sie die berühmten 106 Seiten gelesen?

Leipziger: Ja.

Ihr Eindruck damals?

Leipziger: Ich will die Schweigepflicht wahren. Ich habe mir durch die Schriften Herrn Mollaths ein gewisses Bild machen können, was es dann galt abzugleichen mit weiteren vorliegenden Informationen und den Eindrücken aus Gesprächen.

Auch die mit den Mitarbeitern?

Leipziger: Ja.

http://www.nordbayerischer-kurier.de/nachrichten/mollath_jetzt_spricht_sein_gutacher_170680#comment-10372

Und schon ist vergessen, daß nicht exploriert wurde. Vage werden „Eindrücke aus Gesprächen“ ins Feld geführt, die das fachunkundige Publikum, das zwischen Exploration und Gesprächen nicht zu unterscheiden vermag, in die Irre führen müssen: wenn „Gespräche“ stattgefunden haben, dann kann es sich doch um kein „Ferngutachten“ nach Aktenlage handeln? Auch die mit Mitarbeitern? Eine geschickte Fragestellung, die nahelegt, es hätten irgendwelche tiefergehende Gespräche zwischen Dr. Leipziger und Gustl Mollath stattgefunden. Das war nicht der Fall. Es gab überhaupt nur zwei kurze Begegnungen zwischen Chefarzt und Proband innerhalb der fünfwöchigen Zwangsinternierung Mollaths im BKH Bayreuth zwischen dem 14.2.2005 und dem 21.3.2005, nämlich ein informatorisches Gespräch am 18.2.2005 und der Versuch einer geordneten Exploration am 18.3.2005, die, wie schon zu Beginn der Unterbringung bekundet, verweigert wurde.

Zur Gefährlichkeit von Gustl Mollath raunt Dr. Leipziger Folgendes:

Mollaths Gefährlichkeit wird seit sieben Jahren von der Strafvollstreckungskammer geprüft. Wo kann man das als Gutachter festmachen?

Leipziger: Die Schweigepflicht verbietet mir, mich zu äußern hinsichtlich noch nicht veröffentlichter Informationen, wenngleich gerade die nicht veröffentlichten Teile, z.B. aus Gutachten, besonders interessant wären.

http://www.nordbayerischer-kurier.de/nachrichten/mollath_jetzt_spricht_sein_gutacher_170680#comment-10372

Aha. Wenn wir alle wüßten, was er weiß, würden wir Herrn Mollath auch für gefährlich halten. Die Schweigepflicht dient also als Beglaubigung seiner unwissenschaftlichen Insinuationen, die das BverfG als irrelevant beiseitegewischt hat.

Natürlich platzte ihm erst recht der Kragen, als ihm sein prominenter Nicht-Patient aufgrund der Anordnung der Wiederaufnahme des Verfahrens durch das OG Nürnberg am 6.8.2013 plötzlich abhanden kam. Jahrelang hatte sich der querulatorische Untergebrachte auf seine Unschuld berufen und ein Wiederaufnahmeverfahren erstrebt, was ja nun geradezu klassisch seine Krankheitsuneinsichtigkeit und die fortbestehende Gefährlichkeit belegte. Wer ein Wiederaufnahmeverfahren erstrebt, der schlägt selbstverständlich auch zu. Und die Berufung auf Grundrechte und Rechtsstaat gilt in Bayreuther Forensik-Kreisen sowieso  als „paralogisch“. Deshalb mußte Dr. Klaus Leipziger am 19.8.2013 im FOCUS nachlegen, zumal ihn die öffentlichen Auftritte von Herrn Mollath, insbesondere der am 15.8.2006 bei Beckmann,

http://www.youtube.com/watch?v=EfqMumP0ODs

nicht behagt haben konnten. Da präsentierte sich ein vollkommen normaler Mensch (ehrlich gesagt hätte man deutliche traumatisierende Effekte einer siebenjährigen hochentwürdigenden Freiheitsentziehung, die ihn vom Menschen zum Symptomträger abwertete, erwartet). Sein Anwalt Gerhard Strate und der investigative Journalist Uwe Ritzer machten die Dimension des Justizskandals deutlich, an dem er, der willfährige psychiatrische Staatsdiener Dr. Leipziger, maßgeblich beteiligt war. Daß dann auch noch eine nicht angepaßte Kollegin, Dr. Hanna Ziegert, von der jedem Insider bekannten Auswahlpräferenz hinsichtlich psychiatrischer Gutachter durch die Gerichte sprach, war wohl zuviel des Schlechten.

Wer die Wahrheit ausspricht, muß Nachteile einkalkulieren: Frau Dr. Ziegert wurde fortan von der Staatsanwaltschaft München I als Gutachterin abgelehnt:

http://www.sueddeutsche.de/muenchen/gerichtsgutachterin-in-bayern-nach-kritik-kaltgestellt-1.1762996

Tatsächlich hat sie nur das gesagt, was Prof. Dr. Norbert Nedopil am 26.8.2013 wiederholte. Er sagte im SPIEGEL 35/2013, S. 44 f.:

2000 wurde eine Zertifizierung zum forensischen Psychiater eingeführt, für die sich ein Facharzt für Psychiatrie zusätzlich drei Jahre ausbilden lassen muss. Nur acht Institute in Deutschland bilden forensische Psychiater aus. Die Fachgesellschaft wollte, dass die Gerichte nur zertifizierte Gutachter nehmen, aber das hat sich nicht durchgesetzt. Jeder Psychiater kann Gutachten machen, es gibt sehr viele Autodidakten.

SPIEGEL: Ein Einfallstor für Willkür und Inkompetenz?

Nedopil: Wir Psychiater haben wiederholt thematisiert, dass das bedenklich ist. Aber die Gerichte bestellen nun mal am liebsten einen Gutachter, den sie kennen, von dem sie wissen, dass er sein Gutachten schnell erstellt, und der nicht querschießt. Das sind tatsächlich die Hauptauswahlkriterien.

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-108794776.html

Er vertrat auch schon im August 2012 die Position von Frau Dr. Ziegert, daß sie sich nie explorieren lassen würde:

Überlegen Sie mal, wie viele Sachen es im menschlichen Leben gibt, die man eigentlich bereuen sollte. Wie viel Kollateralschaden man anrichtet.
Nedopil lächelt und lässt wissen, jetzt könnten wir normal weitermachen im Gespräch. Er hat mal eben gezeigt, was er draufhat.

Das ging ja jetzt ganz schön schnell mit der Exploration.
Ja, auf einmal waren Sie in einer Verteidigungsposition.

Wie lange dauert denn sonst eine Sitzung bei Ihnen?
Es dauert immer lang. Ich würde nicht nach nur einer Stunde eine für Sie wichtige Lebensentscheidung treffen. Keiner soll denken, ich hätte mich gar nicht richtig mit ihm befasst. Ich selbst würde so eine Prozedur übrigens nie über mich ergehen lassen.

Warum nicht?
Das sollten Sie nicht schreiben, wäre ja geschäftsschädigend. Wenn ich etwas getan habe, dann stehe ich dazu und muss mich in die Hände des Gerichts begeben. Aber ich muss nicht auch noch meine Seele vor denen entblättern.

http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/38067/3/1

Das gilt natürlich erst recht, wenn die vorgeworfenen Taten bestritten werden und man damit rechnen muß, daß die verfeindete Ehefrau bereits so viele Erzählungen über die „Verrücktheit“ des Mannes verbreitet hat, die auch schon zu entsprechenden basislosen fachärztlichen „Bescheinigungen“ geführt haben, daß man keine Chance auf eine unvoreingenommene Wahrnehmung mehr hat. Schon gar nicht in einem Stadium der Verzweiflung angesichts einer existenziellen Lebenskrise durch Trennung, Scheidung und Rosenkrieg mit einem sehr speziellen Hintergrund. Psychiater finden schließlich immer etwas: denn wer oder was ist denn eigentlich ›normal‹?

Und so verbreitet Leipziger am 19.8.2013 im FOCUS 34/2013, S. 50:

Psychiatrisch ist alles korrekt verlaufen.

[…]

Den Vorwurf  Ferngutachten muss man ins Reich der Legende verweisen. […] Zudem habe ich alle Erkenntnisse, die während der mehrwöchigen stationären Beobachtung des Herrn Mollath gewonnen wurden, in der Gesamtbeurteilung berücksichtigt. Im Gegensatz zu den immer wieder erhobenen Behauptungen sind hier auch Gespräche, die ich und Mitarbeiter des ärztlichen Dienstes mit Herrn Mollath geführt haben, eingeflossen. Außerdem Beobachtungen aus Alltagskontakten wie bei der Essenausgabe oder von Begegnungen mit Mitpatienten. Nicht zuletzt spielen in einem Gutachten auch Feststellungen eine Rolle, die man auch in einer Hauptverhandlung gewinnt. […] Zusammenfassend kann man sicher sagen, dass sich aus der stationären Begutachtung und den Erkenntnissen aus der Hauptverhandlung mit der Einvernahme von Zeugen ausreichend Hinweise für das Gutachten ergeben haben.

Daß die hier fehlende eingehende Exploration das Herzstück eines psychiatrischen Gutachtens ist, wird bewußt verschwiegen. Aus der stationären „Beobachtung“ – wegen deren Verfassungswidrigkeit Strafanzeige wegen schwerer Freiheitsberaubung erstattet worden ist – wird urplötzlich eine stationäre „Begutachtung“. Im Rahmen einer freiheitsentziehenden Maßnahme, die auch das Anlegen von Handschellen umfaßt, werden „Alltagskontakte“ dokumentiert – als ob es sich bei einer solchen Zwangsunterbringung nicht um einen albtraumhaften Ausnahmezustand für den Betroffenen handelte. Der seinerzeit lediglich angeklagte Proband, für den die Unschuldsvermutung stritt, wird flugs zum „Mitpatienten“ erklärt und damit auf eine Stufe mit rechtskräftig verurteilten psychisch kranken Straftätern gestellt, obwohl er doch nur begutachtet werden soll. Welche Aussagekraft sollen „Kontakte“ zu dieser Personengruppe haben, die man in Freiheit aus nachvollziehbaren Gründen doch eher verängstigt meiden würde?

Auch hier wird die unrichtige Darstellung zum Kenntnisstand Prof. Kröbers verbreitet:

Nach den mir vorliegenden Unterlagen hat Herr Mollath leider die Mitwirkung an der Begutachtung durch Professor Kröber verweigert. Auch dieser hatte die gesamten Gerichtsakten.

[wie vor]

Und wiederum werden exklusive Kenntnisse über die Gefährlichkeit des Entlassenen vorgetäuscht:

Reha, Erprobung, das hat ja nun alles nicht stattgefunden. Ist es falsch, dass Herr Mollath jetzt so schnell entlassen wurde?

Gerichtsentscheidungen habe ich nicht zu kommentieren. Und bei der Frage zur Gefährlichkeit des Herrn Mollath muss ich auf meine Schweigepflicht verweisen.

[wie vor, S. 52]

Mit dieser Taktiererei eines zurecht kritisierten Gutachters und Chefarztes ist es glücklicherweise vorbei. Nur drei Tage nach Erscheinen dieses FOCUS-Interviews eröffnete die Verteidigung eine weitere Transparenz-Offensive:

In Absprache mit Gustl Mollath habe ich heute sämtliche über ihn erstellten psychiatrischen Gutachten ins Netz gestellt. Angesichts der neu einsetzenden Diskussion um die Rolle der Psychiatrie, um die Reform des § 63 StGB, aber auch zur Aufhellung der Veranwortlichkeiten im Umgang mit Gustl Mollath erscheint uns ein Höchstmaß an Transparenz angebracht. Die Veröffentlichung erstreckt sich auch auf alle ärztlichen Berichte an die Strafvollstreckungs-kammern in Regensburg und Bayreuth.

Ein Sondergeschehen betrifft die Akte des für einige Monate beim Amtsgericht Bayreuth anhängig gewesenen Betreuungsverfahrens. Die daraus jetzt publizierten Auszüge drängen den Verdacht auf, dass hier unter Umgehung des in 2006 noch geltenden Status Gustl Mollaths als einem (gemäß einem Unterbringungsbefehl nach § 126a StPO) bloß einstweilen Untergebrachten die Einrichtung einer zivilrechtlichen Betreuung dazu benutzt werden sollte, die Voraussetzungen für eine Zwangsmedikation Mollaths bereits vor Eintritt der Rechtskraft des gegen ihn ergangenen Urteils zu schaffen. Der beherzte Amtsrichter Greindl beim Amtsgericht Straubing (als auch später Dr. Simmerl mit seinem Gutachten) dürften dies verhindert haben.

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Erklaerung-der-Verteidigung-2013-08-22.pdf#page=2

Nachdem man nun die vollständigen Originaldokumente – auch die Gegen-Gutachten von Dr. Simmerl und Dr. Weinberger – studieren konnte,

http://www.strate.net/de/dokumentation/index.html

ist jedenfalls eins klar: derartige Selbstverteidungs-Interviews wie das von Dr. Klaus Leipziger wird man wohl nicht mehr zu lesen bekommen. Und diese zur Schau getragene Selbstgewißheit dürfte ebenfalls ihr Ende gefunden haben:

Würden Sie sagen, dass gut qualifizierte Fachärzte Gustl Mollath begutachtet haben?

Selbstverständlich. Das würde ich für Professor Kröber, Professor Pfäfflin und auch für mich in Anspruch nehmen.

[FOCUS 34/2013, S. 52]

Denn was nützen gute Qualifikationen, wenn sie in einem konkreten Einzelfall zu nicht nachvollziehbaren Meinungsgutachten führen, die auf falschen oder nur angenommenen Anknüpfungstatsachen beruhen? In denen die Neutralitätspflicht eines Gutachters ersichtlich hinter das Bestreben, zu pathologisieren bzw. den Vorgutachter zu bestätigen, zurücktritt? Und das in einer auch für Nicht-Psychiater leicht erschließbaren Art und Weise? Den juristischen Anforderungen, eine Tatsachengrundlage für eine Entscheidung über die Schuldfähigkeit und/oder über die Unterbringung bzw. deren Fortdauer gemäß § 63 StGB zu bieten, genügen alle drei Gutachten nicht, die Gustl Mollath jahrelang der Freiheit beraubten. Mit Oliver García, der sich am 26.8.2013 mit den Gutachten befaßt hat, stimme ich überein:

Mollaths Rechtsanwalt Strate hat vor wenigen Tagen mit dessen Zustimmung die psychiatrische Gutachten des Falles lückenlos veröffentlicht. In den Diskussionen der letzten Monate gab es immer wieder Stimmen, die meinten, die Kritik an den Psychiatern in diesem Fall (wie etwa in meinem Beitrag über Dr. Klaus Leipziger) sei unberechtigt, denn sicherlich seien die Gutachten ausreichend fundiert. Der Unterstützerkreis wüßte schon, warum er Dokumente so selektiv veröffentliche. Die Gutachten könne er nicht veröffentlichen, weil sie das in der Öffentlichkeit gemalte Bild, daß Mollath ungerechtfertigt psychiatrisiert worden sei, widerlegen würden.

Nicht nur denen, die so dachten, sondern allen, die sich für die Rolle der Psychiatrie in der Justiz interessieren, möchte ich es ans Herz legen, die Gutachten zu lesen, insbesondere die drei Gutachten, von Dr. Leipziger, Prof. Kröber und Prof. Pfäfflin, die von den Gerichten der Unterbringung oder weiteren Unterbringung Mollaths zugrundegelegt wurden. Sie mögen die genannte Gegenprobe selbst durchführen. Hätte mir vor einem Jahr jemand gesagt, aufgrund von Schriftstücken dieser Qualität würden Gerichte die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus anordnen – ich hätte ihn für verrückt erklärt.

http://blog.delegibus.com/2013/08/26/fall-mollath-der-schleier-ist-gelueftet/

Angesichts der Reformüberlegungen zum strafrechtlichen Unterbringungsparagraphen 63 StGB, die durch das Verfahren gegen Gustl Mollath und seine Berichte über Willkür, Zwang und Entrechtung im Maßregelvollzug angestoßen worden waren, hat sich selbstverständlich auch die ständische Berufsvertretung, die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) in den Diskurs eingeschaltet und fordert ihre Beteiligung an dem Gesetzesvorhaben ein. Sie kommt nicht ohne den üblichen  Exkulpationsversuch aus, daß nicht die Psychiater, sondern die Gerichte für die Entscheidungen über die Verhängung und Fortdauer von Maßregeln zuständig seien:

Der Fall Gustl Mollath hat gezeigt, dass in Bezug auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen, in denen die forensische Psychiatrie ihrem Behandlungs- und Sicherungsauftrag nachkommt, erhebliche Informationsdefizite bestehen. Dabei ist es die rechtsstaatliche Aufgabe des Gerichts – und nicht der forensischen Psychiatrie – zu prüfen und festzustellen, ob sich die einem Menschen zur Last gelegten Straftaten überhaupt ereignet haben und nicht eventuelle Falschbezichtigungen eine Rolle spielen. Es ist auch alleinige Aufgabe des Gerichts, die Schwere von begangenen Straftaten zu bewerten. Gutachter haben eine diagnostische und prognostische Aufgabe. In Gerichtsverfahren entscheiden nicht sie, ob es eine Straftat überhaupt gegeben haben könnte oder ob der von ihnen untersuchte Proband sie begangen hat, sondern sie arbeiten angeleitet durch das Gericht.

Der Fall Gustl Mollath hat nun den dringenden Reformbedarfs der rechtlichen Rahmenbedingungen der Behandlung im Maßregelvollzug deutlich gemacht. Bereits 2011 hat die DGPPN eine entsprechende Forderung an die Politik adressiert. Die Bedeutung einer korrekten Begutachtung und Behandlung – zum Beispiel in Hinblick auf Diagnose, Gefährlichkeitsprognose und Risikoabschätzung – erfordert zwingend die Beteiligung forensisch-psychiatrischer Experten an den notwendigen Reformen. Deshalb ruft die DGPPN die Initiative Maßregelreform ins Leben. Diese soll unter Einbezug der politischen, juristischen und fachärztlichen Experten auf die Reform des Maßregelrechts hinarbeiten – mit dem Ziel die rechtlichen Rahmenbedingungen einer Behandlung im Maßregelvollzug rasch anzupassen und die medizinische Behandlung von psychisch kranken Straftätern zu gewährleisten. Das konstituierende Auftaktgespräch findet am 11. September 2013 in Berlin statt.

http://www.dgppn.de/presse/pressemitteilungen/detailansicht/article/307/der-fall-mol.html

Letzteres klingt, als ob die Forensiker auf eine Rechtsgrundlage zur Zwangsbehandlung hinwirken wollten, die es nach entsprechenden Entscheidungen des BVerfG seit 2011 in keinem der Länder mehr gibt. Und, wie immer, kommt es auf die Sicht Psychiatrieerfahrener nicht an. „Experten“ wissen schon, was für die gut ist. Was sagen sie zu dem Bericht des unschuldig verurteilten Horst Arnold, der zwei Jahre seiner fünfjährigen Haftstrafe in der Psychiatrie in Hadamar absitzen mußte? Lag dieser Unterbringung gemäß § 64 StGB etwa ein nachvollziehbares Gutachten des nicht zertifizierten Fließbandgutachters Dr. Lothar Staud zugrunde, der einem unbescholtenen Studienrat bescheinigte, sein Alkoholproblem sei tatauslösend und von ihm seien weitere einschlägige Taten zu erwarten?

Da Arnold die Tat in einem Zustand von „nicht ausschließbar erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit“ begangen haben sollte – er hatte am Abend zuvor getrunken -, wurde er zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und wegen seines „Hangs, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen“, zunächst in die Psychiatrie in Hadamar eingewiesen.

„Hadamar war die Krönung“, sagt Arnold und kann sich mittlerweile über seine Erlebnisse dort amüsieren. Er sei sofort negativ aufgefallen, weil er einfach kein Geständnis habe ablegen wollen. „Sechs Psychologen haben die auf mich angesetzt!“ Auch einer Therapie für Sexualstraftäter widersetzte er sich. „Da war ein Psychologe, der teilte Block und Schreibzeug aus und sagte: ,Meine Herren, Sie schreiben jetzt mal einen Opferbrief und entschuldigen sich!‘ Die anderen schrieben alle fleißig. Nur ich nicht. Ich sagte, ich warte, bis ein Brief mit einer Entschuldigung zu mir kommt.“

In der zweiten Therapiestunde ging es um Verhütung. „Was, bitte, hat das mit Therapie zu tun?“ Arnold greift sich an den Kopf. „Der schwule Therapeut schrieb einen einfachen Satz an die Tafel. Darin waren sieben Schreibfehler. Die anderen merkten das nicht. Aber ich. So flog ich aus der Sexualtherapie raus.“

Man hielt ihn mehr als 700 Tage in Hadamar fest, schob ihn von einer Therapiegruppe in die nächste. Er galt als „nicht einsichtig“, als jemand, bei dem alle Bemühungen „sinnlos“ seien.

Sein Eindruck von dieser Klinik ist verheerend. Übertreibt er? Ist es die bittere Wut wegen der verlorenen Jahre? Das Wort „Therapiemätzchen“ fällt. „Wer von den ,Patienten‘ am besten log und scheinheilig auf Reue machte, der bekam Lockerungen. Die Pflegerinnen lesen Frauenzeitschriften, statt sich um ihre Arbeit zu kümmern. Es passiert nichts, es bringt nichts. Als ich gehört habe, dass nach Krankenhaustarif abgerechnet wird, dachte ich: Das ist ja eine schöne Geldmaschine für den Landeswohlfahrtsverband!“

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-79973982.html

Diesem Problem der von Behörden- und Gerichtsaufträgen wirtschaftlich abhängigen Gutachtern stellt sich die DGPPN nicht. Dabei dienen sich die, wie Dr. Staud, auf eine Weise der Justiz an, daß man sie nur noch als Scharlatane betrachten kann:

12.9.2013, SZ, Print, Seite Drei “Die Stunde der Wahrheit” von Hans Holzhaider:

Am 2. Oktober kommt Arnold erneut in Haft. Einen Tag später indes will Heidi K. ihrem Vergewaltiger auf dem Marktplatz in Michelstadt begegnet sein. Sie habe ihn hundertprozentig erkannt….Er sei nahe an sie herangetreten und habe ihr ins Ohr gezischt….Sie bleibt bei ihrer Behauptung, auch als man ihr eröffnet, dass Arnold an diesem Tag unter keinen Umständen in Michelbach gewesen sein könne. Der Psychiater Staud fand auch dafür eine Erklärung: es habe sich um eine ‘Affektillusion’ gehandelt.
Wenn man den Münchner Professor Norbert Nedopil um seine fachliche Meinung zu dieser Erklärung bittet, dann schnaubt er verächtlich. Affektillusion? Die gibt es tatsächlich. Aber mit Sicherheit nicht hier. Ein Mensch, der emotional erregt ist, sieht etwas, was nicht da ist. Einen Räuber, wo nur ein Busch ist. Einen vermeintlichen Verfolger in einer Menschenmenge. Aber immer entpuppt sich eine Illusion bei näherem Hinschauen als eben: eine Illusion. Eine Illusion, die an eine Person herantritt und ihr ins Ohr zischelt – das gibt es nicht.

In ihrem aktuellen Artikel „Verlorene Jahre“ zur Verurteilung der Falschbeschuldigerin gegen Horst Arnold zu fünf Jahren und sechs Monaten Haft wegen schwerer Freiheitsberaubung in SPIEGEL 38/2013, S. 66, schreibt Friedrichsen:

Grund, mit sich selbst ins Gericht zu gehen, haben auch der damalige Psychiater, der laut Leygraf horrenden Unsinn über K. von sich gab […]

Wieso grenzt sich die DGPPN nicht von solchen Schlechtachtern ab, die mit hanebüchenen Erklärungen zugunsten einer Falschbeschuldigerin zur Verurteilung des von ihnen neutral zu begutachtenden Probanden beitragen, nur um sich das Wohlwollen des Gerichts für weitere Auftragserteilungen zu sichern? Warum geht die DGPPN nicht gegen die schwarzen Schafe in ihren eigenen Reihen vor? Warum gibt es von ihr noch keine Stellungnahme zu den veröffentlichten Gutachten von Leipziger, Kröber und Pfäfflin?

Nunja, es geht um Lobbyarbeit und Pfründe. Die Anmahnung von Qualität durch die Kollegen wäre da kontraproduktiv. Die Veranstaltung der DGPPN in Berlin am 11.9.2013 mutierte entsprechend zu der PR-Aktion, als die sie ohnehin zu befürchten war. Der Mollath übertreibe, eine „Dunkelkammer des Rechts“ (Prantl) sei die Forensik keinesfalls, die Hürden für eine Einweisung hoch, die Erfolge der forensischen Psychiatrie glänzend, nur mehr Personal bräuchte man, bessere Nachsorgeeinrichtungen (denn kaputtgespritzt lebensuntüchtig sind die Entlassenen allemal, weshalb sie auch die Energie für kriminelle Taten nicht mehr aufbringen – das Verschwinden aus der Statistik durch Suizid wird ebenfalls nicht thematisiert), einheitliche Rechtsgrundlagen in allen Ländern und gesetzliche Befristungen (dann entfällt die Verantwortung für Prognosen). Wie man die Gutachtenqualität verbessern könnte, war dort offenbar kein Thema.

Die Diskussion über den besonders vertrackten Fall [Mollath] schürte vor allem das Misstrauen der Bevölkerung gegenüber den Fachgutachtern. Ein „unbescholtener Bürger“ sei „zwangseingewiesen“ worden, so war mehrfach zu lesen und zu hören. „Die Begutachtung wird momentan nur als Übel angesehen“, sagte die Ärztliche Direktorin des LWL-Zentrums für Forensische Psychiatrie in Lippstadt, Nahla Saimeh. „Sie kann aber auch dem Schutz des Täters dienen.“

http://www.tagesspiegel.de/wissen/psychiatrie-fall-mollath-lenkt-fokus-auf-massregelvollzug/8805176.html

Nur einer scherte mal wieder aus der Einheitsfront aus – langsam wird es gefährlich für ihn: Prof. Dr. Norbert Nedopil nämlich.

Es sei eine Errungenschaft der europäischen Aufklärung, wenn psychisch kranke Täter heute nicht mit denselben Maßstäben gemessen werden wie voll schuldfähige, sagte Norbert Nedopil, Leiter des Instituts für Forensische Psychiatrie der Uni München. Oft führe das allerdings dazu, dass ihnen die Freiheit länger entzogen ist. „Im Dilemma zwischen Freiheitsanspruch des von Schuld und Strafe freigesprochenen Betroffenen und Sicherheitsanspruch der Gesellschaft gibt es keine Patentlösung.“ Nach Gesetzesänderungen zu rufen, sei nicht sinnvoll, sagte er: „Es bringt mehr, die beteiligten Institutionen zu verbessern und darauf zu achten, dass es kein ungutes Pingpong-Spiel zwischen ihnen gibt.“

http://www.tagesspiegel.de/wissen/psychiatrie-fall-mollath-lenkt-fokus-auf-massregelvollzug/8805176.html

Wie verbesserungsbedürftig das Gutachterwesen im Fall Mollath war und welch ungutes Pingpong-Spiel zwischen Psychiatrie und Justiz in seinem Fall stattfand, werde ich in den nächsten Beiträgen untersuchen.

* korrekt lautet die Bezeichnung eines Facharztes für Psychiatrie, der eine forensische Zusatzausbildung durchlaufen hat: Facharzt für Psychiatrie – Schwerpunkt forensische Psychiatrie

Update (20.9.2013):

Erst heute bin ich auf diesen erhellenden Blogbeitrag von Thilo Baum aufmerksam gemacht worden, der bereits am 16.9.2013 erschienen ist:

Thilo Baum

Die Logik der Forensischen Psychiatrie

Vorigen Mittwoch war ich gleich bei mehreren Psychiatern. Und es war wirklich spannend. Psychiater haben ja einen akademischen Hintergrund, und so hat der Veranstalter einen Namen, bei dem sich der Gebissträger die Hand vor den Mund halten sollte: Die „Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde“ (DGPPN) lud zum Presseworkshop. Das klingt kompliziert, aber der Verband ist mit seinen etwa sechstausend Mitgliedern in der Fachwelt bestens etabliert. Auch der Titel des Presseworkshops war nicht einfach: „Der Fall Mollath – öffentliche Wahrnehmung und Realität der Forensischen Psychiatrie“. Sehnsuchtsvoll denkt man an Doktorarbeiten mit schlanken Titeln wie „Verfassung und Verfassungsvertrag“ oder „Person und Gewissen“. Aber diesen Doktoren hat man ja dann auch die Titel aberkannt. Und selbstverständlich ist das Thema Psychiatrie durchaus komplex.

Die Psychiatrie ist so komplex, dass die Öffentlichkeit sie nicht mehr durchschaut und Angst vor ihr hat. Vor allem die Forensische Psychiatrie am Beispiel des Falles Gustl Mollath. Diesem Eindruck wollten die Veranstalter in den Räumen der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin entgegenwirken. Der Workshop sollte das Misstrauen der Öffentlichkeit ausräumen.

http://www.thilo-baum.de/lounge/verschiedenes/die-logik-der-forensischen-psychiatrie/

Thilo Baum stellte während dieser Veranstaltung am 11.9.2013 sehr kluge Fragen – erntete aber bestenfalls ausweichende Antworten. Schließlich sollte das eine PR-Veranstaltung sein, die dem medialen Blick auf die „Dunkelkammer des Rechts“ (Prantl) das Hellfeld der „Realität“ gegenüberstellen sollte.

Immerhin, die Frage nach dem geplanten und auf Druck der Öffentlichkeit, wahrscheinlich auch dem der bayerischen Fachaufsicht, abgesagten Leipziger/Kröber-Vortrag „Unser Gustl“ erbrachte dann doch eine klare Positionierung der Vertreter der DGPPN:

Offiziell hat die DGPPN hier gar nichts verurteilt und auch nicht Stellung genommen. Nur bei der Veranstaltung erklärte einer der Funktionäre, dass dieses Vorgehen nun überhaupt nicht in Ordnung sei. Die ärztliche Schweigepflicht sei insofern eingeschränkt, als Forensiker dem Gericht und Behörden Bericht erstatten müssen, aber bei einer solchen Veranstaltung – würde es denn zu Äußerungen über den Untergebrachten kommen – wäre dessen Erlaubnis einzuholen.

http://www.thilo-baum.de/lounge/verschiedenes/die-logik-der-forensischen-psychiatrie/

Was natürlich nicht geschehen war. Das hohe Roß der Psychiatrie. Thilo Baum kennzeichnet es genau, seine Fragen zielen aufs Ganze, aufs ganz Genaue und Konkrete. Ausweichen, abtauchen und schweigen ist die Devise. Hier seine Frage zu dem Kröber-Gutachten (Auszug):

Prof. Kröber selbst hielt es nicht für nötig, den Wahrheitsgehalt von Mollaths Behauptungen zu eruieren. Zugleich warf er einem Kollegen vor, nicht nach Aktenlage zu urteilen und sich auf die Aussagen der Belastungszeugin zu berufen wie er (Kröber), sondern sich auf die Aussagen des Betroffenen selbst zu stützen. Wie wir alle wissen, haben sich Mollaths Behauptungen in Sachen Hypovereinsbank als wahr herausgestellt, soweit sie überprüfbar waren (siehe HVB-Bericht).

Es ergeben sich folgende Fragen: Ist das Vorgehen von Prof. Kröber aus Sicht der DGPPN korrekt in Hinsicht auf die Nicht-Überprüfung der von Mollath vorgebrachten Behauptungen? Sollen Gutachter die Akten den Äußerungen des Betroffenen vorziehen? Sollen sie Behauptungen ungeprüft abtun? Wie beurteilt die DGPPN Herrn Prof. Kröbers Verhalten gegenüber dem Gutachter Dr. Simmerl? Welche Konsequenzen werden folgen?

Klare Antwort vor Beginn der Veranstaltung: Über einzelne Kollegen könne man nichts sagen. Außerdem wüsste ich ja bestimmt, dass Kröber einmal DGPPN-Vorstand gewesen sei. Ich antwortete, das wisse ich, aber es spiele ja nun keine Rolle. Erwiderung: Das stimmt, es spielt keine Rolle.

http://www.thilo-baum.de/lounge/verschiedenes/die-logik-der-forensischen-psychiatrie/

Tut es natürlich doch. Nach außen hält der Verband zusammen. Intern wird es hochgezogene Augenbrauen, vielleicht sogar Schadenfreude über den tiefen Fall des Medienstars der Zunft geben, wie in solchen Vereinen üblich. Das alles ist kontraproduktiv, sowohl für Psychiater als auch für die, über die Psychiater Macht ausüben. Thilo Baum formuliert es deutlich:

2. Frage: Das Image von Forensikern

Mit dem Image Ihres Berufsstandes – vor dem ich prinzipiell hohe Achtung habe – steht es im Zuge der Causa Mollath in der Tat nicht zum Besten. Thomas Fischer, Vorsitzender des 2. Strafsenats am Bun­desgerichts­hof, schreibt in der „Zeit“ vom 22. August 2013 auf Seite 13: „Psychiat­rische und psychologische Sachverständige sind: selbst­ge­wiss, kompe­tenzüberschreitend, unbescheiden. Das gilt selbst­ver­ständlich nicht dem Einzelnen, sondern dem Prinzip. Wer alles weiß und darf, hat keinen Grund zur Bescheidenheit.“ Können Sie diese Einschätzung nachvollziehen? Versteht die DGPPN, dass jemand, zumal ein hochrangiger Strafrichter, zu einer solchen Meinung kommen kann? Wie sollten sich psychiatrische und psychologische Sachverständige nach Ansicht der DGPPN verhalten, damit sie nicht mehr einen solchen Eindruck erwecken? Welche Art der Selbstkritik sollte der Berufsstand der Forensiker vornehmen?

Hierauf kam keine Antwort, lediglich zwischen den Zeilen der Äußerungen insgesamt war zu spüren, dass die anwesenden DGPPN-Vertreter durchaus wissen, dass etwas im Argen liegt. Einer fragte mich sogar, was ich an Stelle der DGPPN tun würde, und ich meinte, ich würde eine Pressemeldung rausgeben mit der Nachricht „Ja, es wurden Fehler gemacht“. Denn die unkorrigierbar mangelnde Fehlereinsicht bei den im Fall Mollath beteiligten Juristen und Forensikern ist dann doch mindestens ebenso diskussionswürdig wie eine unkorrigierbar mangelnde Krankheitseinsicht bei einem mutmaßlich Fehleingewiesenen.

http://www.thilo-baum.de/lounge/verschiedenes/die-logik-der-forensischen-psychiatrie/

Lichtblicke in der Veranstaltung waren die Ärztliche Direktorin am LWL-Zentrum für Forensische Psychiatrie in Lippstadt, Dr. Nahlah Saimeh und Prof. Norbert Nedopil, Leiter des Instituts für Forensische Psychiatrie an der LMU München.

Aber lesen Sie selbst!

Die These des Autors, daß die Gutachten über Gustl Mollath mehr über die Psyche der Gutachter als über die des Probanden verraten – und er unterlegt das mit schönen Beispielen – ist zielführend. Der Typus „Mollath“ rührt an lebensgeschichtliche Probleme der Untersucher. Ursula Prem hat die drei zur Freiheitsberaubung Gustl Mollaths führenden Gutachten bereits gewürdigt:

http://www.ein-buch-lesen.de/2013/08/gustl-mollath-leipzigers-allerlei-die.html

http://www.ein-buch-lesen.de/2013/09/gustl-mollath-keiner-ist-grober-als.html

http://www.ein-buch-lesen.de/2013/09/gustl-mollath-die-kapriolen-des.html

Auch diese Lektüre lege ich ans Herz. Denn diese treffenden Kurzanalysen einer psychiatrischen wie juristischen Laiin belegen, daß diese Gutachten schon vor dem Gericht des gesunden Menschenverstands und der Logik scheitern. Auch Ursula Prem gewinnt nach Lektüre der Verfasser ein klares Menschenbild ihrer Verfasser:

Was bleibt, ist der Eindruck der Zerrissenheit des Friedemann Pfäfflin, der sich im Spagat zwischen Gutmenschentum und persönlichem Kalkül diesmal übernommen hat. Wie viel Gewissen kann ein Psychiater sich leisten, der seinen beruflichen Status zu erhalten sucht? Pfäfflin hat den Weg der weichen Formulierungen gewählt, um seinem Dilemma zu entkommen. Niemandem wehtuend: nicht dem Probanden, nicht den Kollegen, und dem Auftraggeber schon gar nicht. Das Unvermeidliche am Schluss kurz und begründungslos abhandelnd, in der sicheren Ahnung, dass das Gericht sowieso nur die letzten Seiten eines Gutachtens liest. Sind der unempathisch-bürokratische Stil eines Klaus Leipziger und das zynisch angehauchte Idiom eines Hans-Ludwig Kröber leicht zu entlarven, so sind es eben die leisen, jovialen Töne eines Friedemann Pfäfflin, in denen die größte Gefahr verborgen liegt.

http://www.ein-buch-lesen.de/2013/09/gustl-mollath-die-kapriolen-des.html

Nunja. Jeder objektiv urteilende Jurist hätte alle drei Gutachten zerrissen, weil sie überdies den spezifisch juristischen Anforderungen nicht genügten.

Was zu dem weiteren Thema führt, daß es um die Fehlerkultur in der Strafjustiz mindestens ebenso schlecht bestellt ist wie in der Psychiatrie.

In Bayern ist es laut ministeriellen Wähnens (und entsprechender Einwirkung auf den unterstellten Apparat) trotz spektakulärster Wiederaufnahmen und zahlreicher Fehlurteile nämlich ganz ausgeschlossen, daß Richter kriminelles Unrecht begehen. Auch diesen Einblick in die Psyche einer Ministerin verdanken wir Thilo Baum:

(Randnotiz: Kürzlich hatte ich Bayerns Justizministerin Dr. Beate Merk (CSU) schriftlich danach gefragt, ob denn in die Richtung ermittelt würde, dass hier eventuell einige Justizangehörige ihre Macht missbrauchen. Frau Dr. Merk schrieb mir zurück: „Ich kann Ihnen versichern, dass es in der bayerischen Justiz den von Ihnen angesprochenen Zirkel eigennütziger Menschen nicht gibt.“ Das ist interessant, denn: Woher weiß Frau Merk das? Wenn es offenbar niemand ermittelt?)

http://www.thilo-baum.de/lounge/verschiedenes/die-logik-der-forensischen-psychiatrie/

Kein Wunder, daß sich die Staatsanwaltschaft Augsburg und die Generalstaatsanwaltschaft München lieber der öffentlichen Lächerlichkeit preisgeben, als auch nur einen Anfangsverdacht gegen Amtsrichter Eberl und Gutachter Dr. Leipziger wegen schwerer Freiheitsberaubung zu erblicken. O.K., die StA Augsburg hat es aus Gründen versucht, die Veröffentlichung ihres unterkomplexen Bescheides zu verhindern, was nun schon in zweiter Instanz gescheitert ist:

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Strate-Beschluss-LG-Hamburg-2013-09-02.pdf

Nun ist allerdings das offiziell von der Nichtmehr-Ministerin mit ungewissem politischen Schicksal (ein Einkommen als Landtagsabgeordnete hat sie auf jeden Fall, und das ist ja was Schönes) unabhängige OLG München am Zug. Und das hat gestern Post bekommen, die es in sich hat.

Da wird genau jenes ungute Pingpong-Spiel zwischen angeblich neutralem Gutachter und einer voreingenommenen Justiz beschrieben, das zum Verruf der Psychiatrie führen muß:

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Klagerzwingung-2013-09-19.pdf#page=4

Ein Psychiater, der dem auftraggebenden Gericht meldet, er könne kein § 63 StGB-Gutachten abliefern, wenn er kein aktuelles Material erhalte, hat seine Neutralität bereits verspielt. Er ist Teil des Verfolgungsapparats. Mag Dr. Leipziger auch die rechtswidrigen Einzelheiten der daraufhin nur für ihn manipulativ zusammengestellten Akte nicht erkannt haben (er liest Akten ja nur oberflächlich), so mußte er jedenfalls aufgrund seiner forensischen Zertifikation wissen, daß tatsächliche und rechtliche Würdigungen durch die Polizei irrelevant sind. Dafür ist sie schlicht nicht zuständig. Er mußte auch wissen – was er durch sein Schreiben vom 26.4.2005 an die Staatsanwaltschaft auch bewiesen hat –, daß allein die Staatsanwaltschaft und nicht das Gericht befugt war, ihm ungeprüfte polizeilichen Akten zu übersenden. Selbst bei Unterstellung einer komplett fehlenden forensischen Kompetenz hätte ihm aber aufgehen müssen, daß es für die Gustl Mollath angehängten Sachbeschädigungen keinen Beweis gab, und daß die Verdachtsstreuung durch klandestine Informationen aus dem Kreis der auf Seiten der Ex-Ehefrau agierenden Protagonisten erfolgte, die offiziell allerdings niemals einen Verdacht äußerten.

Als Gutachter hat sich Dr. Leipziger disqualifiziert. Das Mindeste wäre, daß ihm die Dienstaufsicht die entsprechende Nebentätigkeitsgenehmigung entzöge.

Fortsetzung hier:

https://gabrielewolff.wordpress.com/2013/11/06/der-fall-mollath-die-irrwege-der-psychiatrie-2/